LVwG-150410/19/VG

Linz, 11.04.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerde der I K in L, vertreten durch x Rechtsanwälte GmbH in L, x, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leonding vom 11. Juli 2014, GZ. 5-259-131/9-2013/14 Dir, betreffend Versagung einer Baubewilligung, den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

I. Aus Anlass der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leonding vom 11. Juli 2014, GZ. 5-259-131/9-2013/14 Dir, aufgehoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG an den Gemeinderat der Stadtgemeinde Leonding zurückverwiesen.

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.             Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

1. Die Beschwerdeführerin I K (in der Folge: Bauwerberin) beantragte mit Ansuchen vom 23. August 2013 (eingelangt am 30. August 2013) die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage mit acht Wohneinheiten und Tiefgarage auf dem in ihrem Alleineigentum stehenden Grundstück Nr. x, EZ x, KG L. Das Baugrundstück ist im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde Leonding als „Wohngebiet“ ausgewiesen.

 

2. Mit Bescheid vom 18. März 2014 wies der Bürgermeister der Stadtgemeinde Leonding dieses Ansuchen gemäß § 30 Abs. 6 Oö. Bauordnung (BauO) 1994 – ohne Durchführung einer Bauverhandlung – wegen Widerspruchs zu der u.a. für das hier relevante Baugrundstück geltenden Neuplanungsgebietsverordnung vom 28. November 2013 ab. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass nach dieser Verordnung im Wohngebiet lediglich Gebäude mit maximal zwei Wohneinheiten je Bauplatz errichtet werden dürften.

 

3. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Bauwerberin wies der Gemeinderat der Stadtgemeinde Leonding (im Folgenden: belangte Behörde) mit Bescheid vom 11. Juli 2014 ab.

 

4. Dagegen erhob die Bauwerberin rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Im Wesentlichen bringt die Bauwerberin – wie schon in der Berufung – näher begründet vor, dass die hier relevante Neuplanungsgebietsverordnung vom 28. November 2013 eine rechtswidrige Verlängerung der Neuplanungsgebietsverordnung vom 6. Juli 2006 darstelle, weil gemäß § 45 Abs. 5 Oö. BauO 1994 keine weitere Verlängerung möglich gewesen sei. Da sich der angefochtene Bescheid ausschließlich auf diese gesetzwidrige Verordnung stütze, sei dieser mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet.

 

5. Aus Anlass der Beschwerde entstanden beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich Bedenken gegen die Anwendung der gegenständlichen Neuplanungsgebietsverordnung vom 28. November 2013, weshalb es gemäß Art. 139 Abs. 1 Z 1 iVm Art. 135 Abs. 4 und Art. 89 Abs. 2 B-VG einen Antrag auf (teilweise) Aufhebung dieser Verordnung beim Verfassungsgerichtshof stellte.

 

6. Mit Erkenntnis vom 29. Februar 2016, V 132/2015 (hg. eingelangt am 1. April 2016), entschied der Verfassungsgerichtshof, dass die Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Leonding vom 28. November 2013 betreffend die Erklärung zum Neuplanungsgebiet über das Planungsgebiet zur Änderung eines Teilbereiches des Bebauungsplanes Nr. x „B-Teil Süd“ kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 5. Dezember 2013 bis 20. Dezember 2013, soweit das Grundstück Nr. x, EZ x, KG L betroffen ist, gesetzwidrig war.

 

 

II.         Beweiswürdigung:

 

Der unter Punkt I. dargelegte entscheidungswesentliche Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde und dem – über Antrag des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich – durchgeführten Verordnungsprüfungsverfahren des Verfassungsgerichtshofes. Die Durchführung der beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

 

III.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 30 Abs. 6 Z 1 Oö. BauO 1994 ist der Baubewilligungsantrag von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, dass das Bauvorhaben zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans, eines Bebauungsplans, einer Erklärung zum Neuplanungsgebiet oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht.

 

Im hier zu beurteilenden Beschwerdefall versagten die Baubehörden die Baubewilligung (ausschließlich) wegen Widerspruchs zur Neuplanungs-gebietsverordnung vom 28. November 2013. Die Versagung erfolgte bereits auf Grund des Ergebnisses der (Vor-)Prüfung durch die Baubehörde und somit auch ohne Durchführung einer Bauverhandlung mit Ortsaugenschein (vgl. § 30 Abs. 6 iVm § 32 Oö. BauO 1994). Da diese Neuplanungsgebietsverordnung – wie der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 29. Februar 2016 nunmehr ausgesprochen hat –, bezogen auf das hier relevante Baugrundstück der Beschwerdeführerin gesetzwidrig war, ist der Beschwerdeführerin darin Recht zu geben, dass sich der angefochtene Bescheid im Ergebnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung (nachträglich) als rechtswidrig erweist.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Für die Beurteilung, ob allenfalls andere Versagungsgründe für das gegenständliche Bauvorhaben vorliegen, bedarf es nach Ansicht des Landes-verwaltungsgerichts zunächst einer neuerlichen (fachlichen) Prüfung. Sollte das gegenständliche Projekt unter Berücksichtigung der nunmehr geänderten Rechtslage bewilligungsfähig sein, wäre allenfalls eine Bauverhandlung mit Ortsaugenschein iSd § 32 Oö. BauO 1994 durchzuführen. Zudem wären allfällige (rechtzeitig erhobene) Nachbareinwendungen gegen das geplante Bauvorhaben zu behandeln. Da die Versagung der Baubewilligung aber bereits im Rahmen der Vorprüfung nach § 30 Abs. 6 Oö. BauO 1994 (und somit ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens unter Einbeziehung der vom Bauvorhaben allfällig betroffenen Parteien, insbesondere der Nachbarn) erfolgte, steht der maßgebliche Sachverhalt für eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts in der Sache selbst noch nicht fest.

 

Im gegenständlichen Fall ist für das Landesverwaltungsgericht auch nicht ersichtlich, dass die eigene Sachverhaltsermittlung eine Kostenersparnis in welche Richtung auch immer (konkrete Amtshandlung/Gesamtverfahren) bewirken könnte. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die belangte Behörde ihr Ermittlungsverfahren erst zu einem späteren Zeitpunkt abschließen wird können als das Landesverwaltungsgericht ein von ihm geführtes abschließen könnte. Im Hinblick auf die Vorgeschichte des gegenständlichen Falles, die örtliche Nähe zur Sache, die jedenfalls die Durchführung einer allfälligen Ortsaugenscheinverhandlung erleichtern würde und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Stadtgemeinde Leonding über einen eigenen Sachverständigendienst verfügt, wird die belangte Behörde die erforderlichen Ermittlungsschritte und damit die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts zumindest mit der gleichen Raschheit und mit nicht höheren Kosten als das Landesverwaltungsgericht bewerkstelligen können.

 

Damit liegen nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts die obzitierten Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG nicht vor. Für diesen Fall normiert Abs. 3 leg.cit., dass das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden hat, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht.

 

Nach dem vorgelegten Verwaltungsakt hat die belangte Behörde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens einen Widerspruch gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG erhoben (Beschluss des Gemeinderates in der Sitzung vom 18.9.2014).

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Zurückverweisung an die belangte Behörde ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 28 Abs. 2 und 3 VwGVG.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Verena Gubesch