LVwG-601263/10/WP

Linz, 04.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Peterseil über die Beschwerde des Mag. R S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 26. Jänner 2016, GZ: VerkR96-1181-2015, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. März 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt.

 

II.         Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

III.        Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Abs 4 VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Bisheriges Verwaltungsgeschehen:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt (in der Folge kurz: belangte Behörde) wirft dem Beschwerdeführer (in der Folge kurz: Bf) im angefochtenen Straferkenntnis vor, er habe am 24.3.2015 von 10:21 bis 11:45 Uhr in Freistadt, Ortsgebiet, Hauptplatz, gegenüber dem Haus Nr. 15, sein Fahrzeug, PKW, BMW 745i, Kennzeichen x, nicht entsprechend der Bodenmarkierung zum Parken aufgestellt. Der Bf habe dadurch § 9 Abs 7 StVO verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Bf gem § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe idHv 40 Euro sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 19 Stunden verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskosten­beitrages idHv 10 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde. Begründend führt der Bf darin aus:

 

Der Beschuldigte hatte am 24.03.2015, 10:21 bis 11.45 Uhr seinen Pkw auf dem Hauptplatz in 4240 Freistadt gegenüber dem Haus Nr. 15 derart abgestellt, dass dieser nicht außerhalb der markierten Parkplätze oder dazwischen, sondern auf einem Kreuz gestanden ist. An dieser Stelle befinden sich keine Bodenmarkierungen zum Halten und Parken im Sinne des § 9 Abs. 7 StVO. Es war daher schon aus diesem Grund unmöglich für den Beschuldigten, seinen Pkw innerhalb derartiger Bodenmarkierungen aufzustellen. Schon aus diesem Grund kann ein Verstoß des Beschuldigten gegen § 9 Abs. 7 StVO nicht erfolgt sein.

 

Im Beweisverfahren hat die belangte Behörde eine Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Freistadt vom 15.078.2013 vorgelegt betreffend die Erlassung von Bodenmarkierungen zur Ordnung des ruhenden Verkehrs auf dem Hauptplatz in Freistadt. In § 1 dieser Verordnung werden Stellplätze von der südlichen Grundstücksgrenze des Hauses Hauptplatz 17, auf der östlichen Hauptplatzseite bis zum Eingang des Hauses Hauptplatz 1 auf der westlichen Hauptplatzseite, jeweils senkrecht vor den vorgezogenen Gehsteigen angeordnet. Diese Verordnung wurde nicht ordnungsgemäß kundgemacht, weil die an der Stelle, wo der Beschuldigte seinen Pkw abgestellt hatte, vorhandene Bodenmarkierung nicht dem Wortlaut der Verordnung entspricht und die zur Kundmachung erforderlichen Bodenmarkierungen eben nicht senkrecht vor den vorgezogenen Gehsteigen angebracht sind. Darüber hinaus ist die Bodenmarkierung völlig unkenntlich, weshalb schon aus diesem Grund ein Kundmachungsmangel vorliegt. Die Behörde hat offenbar in keiner Weise überprüft, ob die Bodenmarkierung noch ausreichend erkennbar ist.

 

Die Zeugin […] hat anlässlich ihrer Einvernahme am 23.07.2015 ausgesagt, der PKW des Beschuldigten hätte sich gegenüber der Sparkasse am Hauptplatz am dort angebrachten Kreuz, welches markiert wurde, um eine Zufahrt auf den Hauptplatz zu ermöglichen, abgestellt hatte. Auf dem der Verordnung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Freistadt vom 15.078.2013 beigefügten Lageplan ist eine derartige von der Parkfläche ausgenommene Zufahrt nicht ersichtlich und auch in der Verordnung nicht genannt bzw. ausgespart. Sollte sich an dieser Stelle tatsächlich eine entsprechend markierte, von der Parkfläche ausgenommene Zufahr befinden, so erfolgte deren Markierung an dieser Stelle ohne entsprechende Rechtsgrundlage und kann daraus daher ebenfalls kein Verstoß des Beschuldigten gegen § 9 Abs. 7 StVO abgeleitet werden. Ein Halte- und Parkverbot ist an dieser Stelle ebenfalls nicht verordnet.

 

Abschließend beantragt der Bf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des gegen ihn eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens.

 

3. Mit Schreiben vom 19. Februar 2016, beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 25. Februar 2016 eingelangt, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

 

 

II.            Beweiswürdigung und festgestellter Sachverhalt:

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde samt des Schriftsatzes des Bf, Heranziehung eines Luftbildes des Hauptplatzes der Stadtgemeinde Freistadt aus dem Digitalen Oberösterreichischen Rauminformationssystem (DORIS) mit Flugdatum 6. Juni 2014 sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 30. März 2016. Tatzeit und Tatort werden vom Bf nicht bestritten. Im Hinblick auf die Sichtbarkeit der Bodenmarkierungen hat die Zeugin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung glaubhaft ausgesagt, die Bodenmarkierungen seien gut sichtbar gewesen. Bestätigt wird diese Aussage durch das vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich herangezogene Luftbild mit Flugdatum 6. Juni 2014 (also ca zehn Monate vor der Tat), auf dem die Bodenmarkierungen auf dem Hauptplatz gut erkennbar sind. Der unten dargestellte entscheidungserhebliche Sachverhalt ergab sich daher widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt, dem ergänzend eingeholten Luftbild sowie der Aussage der Zeugin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung.



 

 

2. Folgender Sachverhalt steht daher fest:

 

2.1. Am 24. März 2015 stellte der Bf seinen PKW (BMW 745i, amtliches Kennzeichen x) von 10:21 bis 11:45 Uhr am Hauptplatz in Freistadt, gegenüber dem Haus Nr. 15 (Sparkasse) außerhalb der durch Bodenmarkierungen kundgemachten Parkflächen auf einer Fläche, die mit einem weißen Kreuz versehen ist, ab.

 

2.2. Am 24. März 2015 waren die Bodenmarkierungen der Parkflächen am Hauptplatz in Freistadt sowie das weiße Kreuz auf jener Fläche, auf der der Bf seinen PKW abgestellt hatte, gut sichtbar.

 

 

III.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG) hat gem Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter im Rahmen des § 27 VwGVG über die zulässige und rechtzeitige Beschwerde erwogen:

 

1. Wird die Aufstellung der Fahrzeuge zum Halten oder Parken durch Bodenmarkierungen geregelt, so haben gemäß § 9 Abs 7 StVO 1960, BGBl 159 in der hier anzuwendenden Fassung, die Lenker die Fahrzeuge dieser Regelung entsprechend aufzustellen.

 

Gemäß §§ 94d Z 4 iVm 43 StVO 1960 hat der Bürgermeister der Stadtgemeinde Freistadt mit Erledigung vom 15. Juli 2013, GZ: Verk 144/0-2013, Regelungen über die Ordnung des ruhenden Verkehrs auf dem Hauptplatz in Freistadt verordnet. Gemäß § 1 dieser Verordnung „wird das Parken auf dem Hauptplatz in Freistadt gemäß dem beiliegenden Plan, welcher einen wesentlichen Bestandteil dieser Verordnung bildet, geregelt. […] Entlang der östlichen Seite der Mittelinsel und östlich der Fahrspur auf der Mittelinsel, werden […] senkrechte Parkplätze angeordnet“.

 

Gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO 1960, BGBl 159 in der hier anzuwendenden Fassung, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

a) wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Abs. 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist, […]

 

2. Nach der bei Pürstl, StVO-ON14.00 § 9 StVO, E 55 (Stand Oktober 2015, rdb.at) wiedergegebenen Rsp des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 28.4.1976, 2036/75) ordnet der Gesetzgeber durch die Vorschrift des § 9 Abs 7 StVO das Halten und Parken nur innerhalb des durch Bodenmarkierungen gekennzeichneten Aufstellungsraumes an und bringt dadurch zum Ausdruck, dass das Aufstellen von Fahrzeugen außerhalb der Bodenmarkierungen unzulässig ist.

 

Mit Entscheidung eines verstärkten Senates vom 8.6.1993, 92/02/0263, ist der Verwaltungsgerichtshof von der oben wiedergegebenen Rsp ausdrücklich abgegangen und hat festgehalten, dass sich die „normative Wirkung der Bodenmarkierungen […] in örtlicher Hinsicht nur auf den Bereich, der von den Bodenmarkierungen (zumindest teilweise) umschlossen ist“, erstreckt. Außerhalb des genannten Bereichs „gelten hingegen, sofern nicht eine andere Verordnungsbestimmung kundgemacht ist, die gesetzlichen Regeln für das Halten und Parken von Fahrzeugen, also die gesetzlichen Verbote nach § 24 Abs. 1 und 3 StVO, im übrigen die Abs. 1 und 2 des § 23“.

 

3. Da der PKW des Bf außerhalb der verordneten Bodenmarkierungen abgestellt war, hat der Bf unter Berücksichtigung der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes keinen Verstoß gegen § 9 Abs 7 StVO begangen. Der Bf hat daher das ihm von der belangten Behörde vorgeworfene Delikt in objektiver Hinsicht nicht begangen. Auf einen allenfalls vorliegenden Verstoß gegen die allgemeinen Regeln für das Halten und Parken (§ 23 Abs 1 und 2 StVO) war vor dem Hintergrund der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht weiter einzugehen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen – in der Entscheidung wiedergegebenen – Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Gem § 25a Abs 4 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) ist für den Bf eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art 133 Abs 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde und der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Peterseil