LVwG-410483/30/ER/AM

Linz, 05.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Reitter über die Beschwerde der C & X GmbH, vertreten durch P Rechtsanwälte, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 4. November 2014, GZ: Sich96-323-2010, wegen Einziehung eines Geräts nach dem Glücksspielgesetz

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

 

I. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Einziehungsbescheid ersatzlos aufgehoben.

 

 

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid vom 4. November 2014, GZ: Sich96-323-2010, sprach die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land (im Folgenden: belangte Behörde) die Einziehung eines Geräts nach dem Glücksspielgesetz – GSpG wie folgt aus:

 

Das mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Wels-Land vom 19.01.2011, Zahl Sich96-323-2010 rechtskräftig beschlagnahmte Glücksspielgerät:

1. Tipomat   Y-Line   II   samt   Chipkarte,    FA-Nr.   8,   Seriennummer   x,

Versiegelungsplaketten Nr. 07729 bis 02284

wird zur Verhinderung weiterer Übertretungen des § 52 Abs 1 Glücksspielgesetz eingezogen.

Rechtsgrundlage: § 54 iVm § 52 Abs 1 Glücksspielgesetz (GSpG)

 

Begründung

Am 14.12.2010 fand im Lokal ‘A S’ in M, L-straße 7, eine Glücksspiel-Kontrolle gemäß § 50 Abs 4 GSpG durch Organe des Finanzamtes Grieskirchen-Wels als Organe der öffentlichen Aufsicht statt. Dabei stellten die Kontrollorgane fest, dass im öffentlich zugänglichen Bereich des Lokals unter anderem ein elektronisches Walzenspielgerät (FA-Nr. 8) betriebsbereit aufgestellt war. Nachdem der hinreichend begründete Verdacht vorlag, dass mit dem Gerät gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 GSpG verstoßen wurde, ordnete die Behörde mit Bescheid vom 19.01.2011 die Beschlagnahme der Geräte nach § 53 Abs 1 GSpG an. Die Berufung dagegen wurde vom UVS mit Erkenntnis vom 22.09.2011, Zahl VwSen-300996/4/AB/Ba, als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

Die daraufhin erfolgte Beschwerde an den VwGH wurde von diesem mit Erkenntnis vom 23. Mai 2012, Zl. 2011/17/0298-6, ebenso als unbegründet abgewiesen.

Der Beschlagnahmebescheid der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land erwuchs sodann in Rechtskraft.

Über den Lokalbetreiber, Herrn C S, wurde in Folge von der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land mit Strafverfügung vom 09.06.2011 eine Strafe von 360 Euro wegen Zugänglichmachens von verbotenen Ausspielungen gem. § 52 Abs 1 GSpG verhängt. Diese Strafe wurde am 30.06.2011 rechtskräftig.

 

Rechtliche Beurteilung

(...)

Die einem Spieler bei diesen virtuellen Walzenspielen möglichen Spielhandlungen hatten in keiner Weise Einfluss auf das Spielergebnis. Die Entscheidung über das Spielergebnis erfolgte somit ausschließlich zufallsbestimmt. Die Spiele wurden in Form von Glücksspielen im Sinne des § 1 Abs. 1 GSpG durchgeführt. Die Glücksspiele konnten nur gegen Erbringung einer Vermögenswerten Leistung durch den Spieler ausgelöst werden, für welche vom Veranstalter der Glücksspiele in Verbindung mit bestimmten Spielerfolgen Vermögenswerte Gewinne in Aussicht gestellt wurden. Die Glücksspiele wurden also in Form von Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 1 GSpG durchgeführt.

Die festgestellten, von den Kontrollorganen dokumentierten Glücksspiele waren nachweislich weder von einer Konzession oder Bewilligung nach dem Glücksspielgesetz umfasst, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen. Die gegenständlichen Ausspielungen wurden somit in Form von verbotenen Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG durchgeführt.

Der anlässlich der vorläufigen Beschlagnahme gerechtfertigt bestehende Verdacht bezüglich eines Verstoßes gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG konnte bis heute nicht entkräftet werden. Aufgrund des wegen der Versiegelung der Geräte nicht bloß unverändert vorliegenden Verdachtes, sondern durch die vorstehend dargelegte Dokumentation der Organe der öffentlichen Aufsicht zweifelsfrei nachgewiesenen Verstoßes gegen § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG, wurde die Beschlagnahme mit Bescheid vom 19.01.2011, Zahl: Sich96-323-2010, angeordnet.

(...)

Aufgrund der vorstehend dargelegten Tathandlung war der Verstoß nicht geringfügig, da in gegenständlichem Fall in geradezu typischer Art und Weise - nämlich durch öffentlich zugängliche Aufstellung einer Vielzahl von Glücksspielgeräten- in das Glücksspielmonopol des Bundes eingegriffen wurde. Für eine Geringfügigkeit iSd § 54 Abs 1 muss sich es sich entsprechend des Schutzzweckes des Glücksspielgesetzes um einen von der tatbestandstypischen Form abweichenden gelinderen Eingriff, ja einen geradezu marginalen Eingriff handeln. Die Aufstellung und der Betrieb von den beiden gegenständlichen Glücksspielgeräten stellt demnach jedenfalls keinen geringfügigen Eingriff in das Glücksspielmonopol dar.

Mit Eingabe vom 12.11.2013 durch Ihre Rechtsvertretung gaben Sie an, dass mit dem gegenständlichen Gerät Wetten auf aufgezeichnete Hunde- und Pferderennen (sogenannte ‘Power Races’) angeboten werden, die ausnahmslos Einsätze von über 10 Euro pro Spiel ermöglichen. Sie boten Beweise an (zB Erkenntnisse VfGH B635/2013, UVS Vorarlberg UVS-1-797/E9), nach denen bei baugleichen Geräten Einsätze von 20 bis 27 Euro pro Spiel festgestellt wurden. Aufgrund der seit der Beschlagnahme erfolgten Änderung der Rechtslage ist nunmehr klargestellt, dass die Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 Abs 1 Glücksspielgesetz auch dann anwendbar sind, wenn durch die Tat der Tatbestand des § 168 StGB verwirklicht wird. Somit ist im gegenständlichen Fall zu befürchten, dass mit dem Glücksspielgerät, selbst wenn Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel getätigt werden, eine weitere Verwaltungsübertretung begangen werden kann und hat die Behörde gemäß § 54 Abs 1 Glücksspielgesetz zur Verhinderung mit Einziehung vorzugehen.

Die Einziehung war somit anzuordnen. (...).“

 

I.2. Gegen diesen am 7. November 2014 zugestellten Bescheid richtet sich die rechtzeitige Beschwerde vom 27. November 2014, in der die beschwerde­führende Partei (im Folgenden: Bf) die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheids beantragte.

Begründend führte die Bf Folgendes aus:

 

1. Unzuständigkeit der Verwaltungsbehörden

Die Verwaltungsbehörden sind sowohl für das Strafverfahren, als auch für die Einziehung unzuständig. Maßgeblich für die Zuständigkeit ist nicht der willkürliche Einsatz der Probe spielenden Beamten, sondern die tatsächliche Einsatzmöglichkeit, die bei beiden Geräten jeweils über EUR 10,00 lag. Nach ständiger aktueller Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ist im Lichte des verfassungsgerichtlichen Doppelbestrafungs- und -verfolgungsverbotes gemäß Art 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK (ZPzEMRK) von einer stillschweigenden Subsidiarität der allenfalls anzuwendenden glücksspiel­gesetzlichen Verwaltungsstrafbestimmung gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand des § 168 StGB auszugehen (vgl. VwGH 08.09.2009, ZI. 2009/17/0181; VwGH 22.3.1999, ZI 98/14/0134; VfSlg 15,199/1998). Diese Rechtslage war zum Zeitpunkt der Beschlagnahme gegeben und ist daher noch nicht das GSpG in derzeit gültigen Fassungen anzuwenden. Daraus folgt, dass eine Bestrafung nach der Verwaltungsstrafbestimmung dann zu unterbleiben hat, wenn sich der Täter nach dem $  168 StGB strafbar gemacht hat. Auch der Wegfall der Strafbarkeit nach dem primär heranzuziehenden Tatbestand infolge Eintritt eines Strafaufhebungsgrundes könne nicht die Anwendbarkeit des subsidiären Straftatbestandes (neu) begründen, handelt es sich bei dieser Form der Konkurrenz doch um die Verdrängung des subsidiären Tatbestandes durch den vorrangig anzuwendenden (so VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134).

Ob eine Tat den Tatbestand einer gerichtlichen strafbaren Handlung erfüllt, ist grundsätzlich als Vorfrage iSd. § 38 AVG zu beurteilen, wobei die Behörde im Zweifelsfall die Verfahrensvorschrift des § 30 Abs 2 VStG zu beachten hat (vgl. VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134; VwGH vom 22.08.2012, Zl. 2012/17/2012 unter Hinweis auf VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233). Dabei ist die Behörde an einen strafgerichtlichen Einstellungsbeschluss nicht gebunden, sondern hat iSd ständigen Rechtsprechung des VwGH selbst zu beurteilen, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag (vgl etwa VwGH 14.12.2011, Zl. 2011/17/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134).

Mit der Glücksspielgesetz-Novelle 2008, BGBl I Nr. 54/2010, wurde in § 52 Abs 2 GSpG eine ausdrückliche Zuständigkeitsklausel zur Abgrenzung zwischen verwaltungsbe­hördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit eingefügt. Danach handelt es sich dann, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Ausspielung (mit oder ohne Glücksspielautomaten) von einem Spieler Vermögenswerte Leistung eines Einsatzes von mehr als 10 Euro in einem einzelnen Spiel abstelle. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergebe sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz 10 EUR übersteigt. In diesem Erkenntnis äußerte sich der Verwaltungsgerichtshof allerdings bloß zu einer der beiden Voraussetzungen des Straflosigkeitsmerkmals der 2. Variante im letzter Gliedsatz des § 168 Abs 1 StGB (‘oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge’). Da die Wendung ‘geringe Beträge’ lediglich eine der beiden kumulativen Voraussetzungen für die in § 168 Abs 1 letzter Teilsatz StGB normierte Straffreiheit bildet, ist auch von einer gerichtlichen Strafbarkeit hinsichtlich jener Glücksspiele auszugehen, bei denen die Einsätze pro Einzelspiel zwar unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen, die aber nicht ‘bloß zum Zeitvertreib’ gespielt werden. Dies ist nach ständiger Rechtssprechung des Obersten Gerichtshofs, welcher sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/17/0134, angeschlossen hatte, etwa dann der Fall, wenn der Spielveranstalter vorsätzlich Serienspiele veranlasst oder zu solchen Gelegenheit bietet (vgl OGH 3.10.2002, Zl. 12 Os 49/02; OGH 2.7.1992, Zl. 15 Os 21/92; OGH 22.8.1991, Zl. 15 Os 27/91). Da somit eine Strafbarkeit gemäß § 168 StGB auch dann gegeben sein kann, wenn zwar Einsätze von unter 10 Euro pro Einzelspiel geleistet werden, es sich aber um Serienspiele iSd OGH-Judikatur handelt, ist in diesen Fällen hinsichtlich des Verhältnisses zu Verwaltungsstraftatbeständen des GSpG nicht auf § 52 Abs 2 GSpG, sondern auf die eingangs zitierte Judikatur zurückzugreifen, der zufolge eine allenfalls anzuwendende glücksspielgesetzliche Verwaltungsstrafbestimmung hinter den gerichtlichen Straftat­bestand des § 168 StGB stillschweigend zurücktritt.

Auch der renommierte Verfassungsrechtler H M vertritt in seinem Beitrag: ‘Das Verbot der Doppelbestrafung im Glückspielrecht’, ecolex 2013, Seite 80 ff, die Auffassung, dass mit dem § 168 Abs. 1 StGB präzisiert wurde. Nach Analyse der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfSfg 15199 und VfSIg 18.833) betreffend Vermeidung eines Verstoßes gegen das Doppelbestrafungsverbot durch verfassungskonforme Interpretation hält M dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 22. August 2012 mit Recht kritisch entgegen (vgl ecolex 2013, 81f): ‘Wenn der VwGH im Erk v 22.8.2012 (FN 5: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) nunmehr die Subsidiarität nur insoweit gelten lassen will, als es ausschließlich um Einsätze von mehr als 10 Euro,- geht, so verkennt er die verfassungsrechtliche Bedeutung des Doppelbestrafungsverbots und das Erk des VfGH VfSIg 15.199. Folgt man dem VwGH, so hätte § 52 Abs. 2 GSpG eine Doppelbestrafung dort ermöglicht, wo sie nach früherer Rechtslage nicht möglich war; dies lediglich deshalb, weil § 52 Abs 2 GSpG nunmehr den Begriff des ‘geringen Betrages’ des § 168 Abs 1 StGB definiert. Diese Auffassung ist unzutreffend; sie kann sich weder auf den Gesetzestext noch auf die Gesetzesmaterialien stutzen. Die ErläutRV (FN 6: 658 BlgNr 14. GP 8) zur GSpG-Nov 2008 (FN 7: BGBl I 2010/54) zeigen deutlich, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, der Rsp des VfGH Rechnung zu tragen und eine subsidiäre Kompetenz der Verwaltungsstrafbehörde zu nominieren. Die vom VwGH im Erk 22.08.2012 (FN 8: VwGH 22.8.2012, 2012/17/0156) gewählte Auslegung des § 52 Abs. 2 GspG unterstellt dieser Bestimmung einen verfassungswidrigen Inhalt, indem sie nicht nur diese Bestimmung verkennt, sondern auch die Reichweite des verfassungsrechtlichen Doppelbestrafungsverbots gern Art 4 Abs 1 7. ZP. Die vom VwGH in diesem Erk vertretene Rechtsansicht macht es im Ergebnis ausschließlich vom Verhalten eines von ihm nicht beeinflussbaren Dritten abhängig, ob ein Veranstalter nur vom Gericht oder zusätzlich auch von der Verwaltungsbehörde bestraft wird; eine solche Auslegung scheint auch unsachlich und damit gleichheitswidrig.

Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die im Erk VwGH 22.8.2012 vertretene Auffassung in Konflikt mit der Rsp des OGH im Falle von Serienspielen gerät; in diesen Fällen nimmt der OGH auch bei geringen Einsätzen eine Strafbarkeit gem § 168 StGB an (FN 9: Vgl OGH 14.12.1982, 9 Os 137/82; 22.8.1991, 15 Os 27/91; 3.10.2002, 12 Os 49/02 EvBl 2003/22).’

Gemäß § 22 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ist, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, eine Tat als Verwaltungs­übertretung nur dann strafbar, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Mit dem am 1. März 2013 in Kraft getretenen § 22 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 soll nach dem Willen des Gesetzgebers nunmehr eine generell subsidiäre verwaltungsbehördliche Strafbarkeit nominiert werden und eine Tat als Verwaltungsübertretung nur dann strafbar sein, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet (vgl Erl RV BFBII Nr. 33/2013, 2009 BlgNR 24. GP, Seite 20 ‘Zu Z 4 (§ 22 samt Überschrift)’ Aus dem § 22 Abs 2 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 ergibt sich nunmehr, dass sowohl Taten, die zueinander in Realkonkurrenz stehen (‘Hat jemand durch mehrere selbstständige Taten mehrere Verwaltungsübertretungen begangen’) als auch Taten, die zueinander in echter Idealkonkurrenz stehend (‘oder fällt eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen’), entweder von einer oder von mehreren Verwaltungsbehörden nebeneinander zu bestrafen sind. Auf Grund der in der Neufassung des § 22 Abs. 1 VStG generell vorgesehenen ausdrücklichen Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber Gerichtsdelikten ist konsequenter Weise die in der alten Fassung des § 22 Abs 2 VStG noch enthaltene Bestimmung, nach der auch bei Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit von einem Gericht zu ahndenden strafbaren Handlung die Strafen nebeneinander zu verhängen waren, entfallen. Offenbar im Interesse der Rechtssicherheit zwecks zuverlässiger Vermeidung einer verfassungsrechtlichen Konfliktlage soll eine Tat ganz allgemein nur mehr dann als Verwaltungsübertretung strafbar sein, wenn sie nicht auch - wenn auch nur teilweise - den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Auf diese Weise können auch schwierige Auslegungsfragen im Zusammenhang mit einer bisher nur stillschweigend anzunehmenden Subsidiarität (vgl etwa ‘same essential elements’ Doktrin des VfGH) vermieden und die Verwaltungsbehörde entlastet werden.

Im richtungweisenden Erkenntnis vom 11. Mai 1998, Zl. 98/10/0040 (=VwSlg 14890 A/1998) hat der Verwaltungsgerichtshof unter Auswertung von Vorjudikatur für eine ausdrückliche Subsidiaritätsklausel betreffend eine Tat, die den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, ausgesprochen, dass es nicht erforderlich sei, dass das verdrängende und das verdrängte Delikt die gleiche Angriffsrichtung haben und dass die Subsidiarität auch dann greife, wenn der Gerichtstatbestand nicht allein durch die verwaltungsstrafrechtlich relevanten Elemente des Verfahrens, sondern erst durch Hinzutreten weiterer Sachverhaltselemente erfüllt werde. Zusammenfassend kann daher festgestellt werden, dass die zunächst vom Verfassungsgerichtshof in VfSlg 15199/1998 und anschließend auch vom Verwal­tungsgerichtshof (VwGH 22.03.1999, Zl. 98/17/0134) angenommene verfassungskon­forme Interpretation im Wege der stillschweigenden Subsidiarität der Bestimmungen des Glücksspielgesetz gegenüber dem § 168 StGB nunmehr ex lege durch die generelle ausdrückliche Subsidiarität nach dem § 22 Abs 1 VStG idF BGBl I Nr. 33/2013 nicht nur abgesichert wurde, sondern der (bedingungslose) Vorrang des konkurrierenden Gerichtsdelikts im Sinne von VwSlg 14890 A/1998 nunmehr durch ausdrückliche gesetzliche Subsidiarität angeordnet worden ist. Diese bedeutet weiter im Ergebnis, dass bei Glücksspielen (verbotenen Ausspielungen) mit Einsätzen über 10 Euro, möge sie auch mit solchen darunter einhergehen, sowie bei Glücksspielen, die nicht bloß zum Zeitvertreib (Serienspiele) gespielt werden, jedenfalls eine die Verwaltungsdelikte ausschließende gerichtliche Strafbarkeit anzunehmen ist.

Diesen Rechtsausführungen hat sich auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 13.06.2013, B-422/2013, angeschlossen. Es laut dem oben zitierten Erkenntnis des VfGH sowie jenes auf diesem aufbauenden Erkenntnis des VwGH vom 23.07.2013 zur Zl. 2011/17/0249, wo er von seiner bisherigen Judikatur zur Unzuständigkeit abgegangen ist, lediglich auf die Einsatzmöglichkeit, und nicht auf den tatsächlich geleisteten Einsatz an. Diese Möglichkeit hat eindeutig bestanden.

Nun kam es zu der Gesetzesnovelle BGBl I 2014/13 zu einer Neufassung des Straftatbestandes nach § 52 GSpG, wobei insbesondere dem Abs. 3 eine besondere Bedeutung zukommt. Dieser Absatz lautet wie folgt: (...) Dieser Absatz verletzt die verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechte des beschuldigten in mehrfacher Hinsicht. Zum einen obliegt die Prüfung, ob eine Sachverhalt nach § 168 StGB vorliegt wohl zweifellos nicht den Verwaltungsbehörden, sondern den Gerichten bzw. Staatsanwaltschaften. Nimmt jedoch die Verwaltungsbehörde diese Prüfung für sich in Anspruch wird das Recht des Beschuldigten auf den gesetzlichen Richter verletzt. Aber mit der erwähnten Novelle BGbL I 2014/13 wurde die Abgrenzung zwischen verwaltungsbehördlicher und gerichtlicher Strafbarkeit, die zuvor schon zu einer Unzahl von Höchstgerichtsbeschwerden geführt hat, vollends beseitigt. Ein Gesetz, dass diesem Erfordernis nicht entspricht, ist wegen des Verstoßes nach Art. 18 iVm Art 83 B-VG als verfassungswidrig aufzuheben. Die Frage der Strafbarkeit nach § 168 StGB ist nach der Neufassung des Gesetzes nicht mehr ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts, sondern nach dem Willen des Gesetzgebers auch eine solche der Verwaltungsbehörde. Theoretisch denkbar ist auch eine unterschiedliche Beurteilung der Strafbarkeit nach § 168 StGB durch Gericht und Verwaltungsbehörde. Die Frage, ob die gerichtliche Verneinung der Zuständigkeit für die Verwaltungsbehörde bindend ist, bleibt ungelöst. Letztendlich ist es für den Beschuldigten undurchschaubar, von welcher Behörde er letztendlich (zu Recht) verfolgt wird. Auch eine Doppelverfolgung ist durch die neue Rechtslage nicht ausgeschlossen und hat der Gesetzgeber die schon vorher durch den VfGH in dem oben zitierten Erkenntnis klarzustellende Rechtslage im Lichte des Doppelbestrafungsverbots, durch die Novelle massiv verkompliziert bzw. ist dieser letztendlich zu einem (aufgezeigten) eindeutigen verfassungswidrigen Ergebnis gekommen. Nach eindeutiger Auffassung des Verfassungsgerichtshofes muss die Zuständigkeit des Rechtsunterworfenen klar vorhersehbar sein (VfSIg. 14.192). Aber auch aus grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Erwägungen kann es nicht angehen, dass eine dem Grunde nach gegebene Zuständigkeit der Strafgerichte plötzlich einfachgesetzlich in eine Zuständigkeit der Verwaltungsstrafbehörden umgewandelt wird.

Hierzu wird auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes verwiesen, wonach im Strafrecht eine Abstufung der ‘Sozialschädlichkeit’ vorzunehmen ist. Ein Kernbereich des Strafrechtes kann nicht nach Gutdünken an Verwaltungsbehörden abgetreten werden. Letztendlich stellt sich auch die Frage nach dem Rechtsschutz. Steht der Beschuldigte in einem gerichtlichen Strafverfahren zwei ‘vollwertigen’ unabhängigen richterlichen Instanzen gegenüber, ist er im Verwaltungsstrafverfahren im Wesentlichen auf die einzige unabhängige zweite Instanz, die regelmäßig auch einzige Ermittlungsinstanz ist, angewiesen, deren Entscheidungen nur in Ausnahmefällen, die als revisionswürdig beurteilt werden, an den VwGH herangetragen werden können. Auch verletzt die Neuregelung des § 52 GSpG den Gleichheitsgrundsatz, als der Gesetzgeber ohne ersichtlichen Grund von dem von ihm geschaffenen Ordnungssystem abweicht, indem er zu der Auffassung gelangt, dass eine an sich gerichtlich strafbare Tat nicht von Gerichten, sondern (in erster Instanz) weisungsgebundenen Verwaltungsbehörden abgeurteilt wird. Eine sachliche Rechtfertigung für die Umkehrung des Systems (bei offensichtlicher zumindest gleichbleibender Bewertung der Sozialschädlichkeit der Tatbestände nach § 168 StGB) liefert der Gesetzgeber nicht. Auch ist aus Rechtsschutzerwägungen nicht nachvollziehbar, warum exorbitante Strafen, die durchschnittliche gerichtliche Geldstrafen bei Weitem übersteigen, nunmehr von mit geringeren rechtsstaatlichen Garantien ausgestatteten Behörden zu verhängen sind. Nicht umsonst haben schon im Vorfeld der Novelle unter anderem viele Verwaltungssenate der Länder Bedenken an der Verfassungskonformität der Strafbestimmungen angemeldet. Verwiesen wird auch auf die aktuelle herrschende Judikatur des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich, der die gegenständlichen Strafregelungen des GSpG als europarechtswidrig beurteilt und die Strafbestimmungen nicht anwendet.

Auf die weit verbreitete gerichtliche Judikatur zur EU-Rechtswidrigkeit des GSpG und seiner Strafbestimmungen wird unter einem verwiesen, auch wenn bekannt ist, dass sich die Verwaltungsbehörden dieser Judikatur gerne verschließen.

(...) Zumal die einschlägigen Bestimmungen des GSpG wie aufgezeigt europarechts- und verfassungswidrig sind, ist auch der Vorwurf einer Bestrafungsoption nach § 52 GSpG hinfällig.

 

2. Strafverfahren nach S168 StGB

Im konkreten Fall fand wegen des verfahrensgegenständlichen Geräts bereits ein umfangreiches gerichtliches Strafverfahren gegen den Betreiber der Lokalität ‘A S’ vor dem Bezirksgericht Wels statt. Die Aktenzahl lautet 16 U 208/11 i. Der Freispruch des verantwortlichen Betreibers vom 08.01.2013 erwuchs in Rechtskraft. Es kann nicht angehen, dass nunmehr wegen ein und desselben Tatvorwurfs die Verwaltungsbehörde für sich die Kompetenz in Anspruch nimmt, ein bereits in einem Strafverfahren durchjudiziertes Wettgerät in einem gesonderten Verwaltungsverfahren einzuziehen. Im Sinne der Einheit der Rechtssprechung müsste jedenfalls die Gerichtsjustiz über eine allfällige Einziehung absprechen. Die geänderte (verfassungswidrige) Rechtslage vermag nicht für die betroffenen Parteien eine ‘doppelte’ rechtliche Betrachtung nach sich ziehen, schon gar nicht ist die aktuelle Rechtslage für die betroffenen Parteien günstiger, auch wenn einzelne Verwaltungsbehörden das Günstigkeitsprinzip für sich in Anspruch nehmen. Im Hinblick auf den Tatvorwurf ist die Rechtslage zum Tatzeitpuntik heranzuziehen. Gegen keinen der Verantwortlichen der Einschreiterin, noch gegen den Lokalbetreiber erfolgte eine Verurteilung nach § 168 StGB bzw. § 52 GSpG. Ein die Einziehung rechtfertigendes Tatbild nach 52 GSpG lag zum Tatzeitpunkt und liegt auch jetzt im Hinblick auf das bereits abgeführte Gerichtsverfahren nicht vor. Das Vorgehen der erstinstanzlichen Behörde widerspricht dem verfassungsrechtlichen Gebot der Doppelbestrafung bzw. dem Gebot der Einheit der Rechtssprechung. Ein Vorgehen nach dem Motto, ‘ein Freispruch beim Gericht kümmert uns wenig, dann nehmen wir das Gerät eben im Rahmen des Verwaltungsverfahrens weg’ kann mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht in Einklang gebracht werden. Jede ein derartiges Vorgehen rechtfertigende Gesetzesänderung (oder auch nur Interpretation des Gesetzes) ist gröblichst verfassungswidrig. Allein der zeitliche Ablauf der Einziehung (Beschlagnahme im Dezember 2010; AzR im Oktober 2012; Information der Behörde vom erfolgten gerichtlichen Freispruch im November 2013; nunmehr Erlassung des Einziehungsbescheides im Oktober 2014) zeigt auf, dass die Erstbehörde das gegenständliche Verfahren knapp vier Jahre lang ‘geführt’ hat, und sich im Bescheid nunmehr auf eine Gesetzesänderung im März 2014 beruft, die sie zulasten der Einschreiterin auslegt. Die Einschreiterin wird hierdurch mehrfach in ihren verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechten verletzt. (...)

 

3. Verfahrensmängel

Die Erstbehörde hat trotz der langen Verfahrensdauer kein ordnungsgemäßes Verfahren zur Feststellung der Grundlagen der Einziehung durchgeführt. Es wurden weder die Probe spielenden Beamten gehört, noch sonst tragfähige Feststellungen über das einzuziehende Gerät getroffen. Die Voraussetzungen für eine Einziehung liegen auch nach neuester ‘Rechtslage’ nicht vor, da es sich bei dem einzuziehenden Wettterminal um nichts anderes als um einen Internetterminal handelt, mit mangels des Angebots von Hunderennen in der Vergangenheit keine derartigen Wetten angeboten werden. (...)“

 

I.3. Die belangte Behörde legte dem Oö. Landesverwaltungsgericht die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt mit Schreiben vom
1. Dezember 2014 zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen. Die belangte Behörde führte ergänzend aus, dass die Beschlagnahme des verfahrensgegenständlichen Geräts vom Verwaltungs­gerichtshof bestätigt worden sei (VwGH vom 23. Mai 2012 2011/17/0298). Ferner sei der Betreiber des verfahrensgegenständlichen Lokals mit Strafver­fügung vom 9. Juni 2011 rechtskräftig wegen einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG bestraft worden.

Nach Ansicht der belangten Behörde seien aufgrund der Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung gemäß § 52 Abs. 3 GSpG Ausspielungen mit dem verfahrensgegenständlichen Gerät gemäß § 52 Abs. 1 GSpG zu bestrafen, selbst wenn dafür Einsätze von mehr als 10 Euro pro Spiel geleistet werden können. Somit lägen die Voraussetzungen des § 54 Abs. 1 GSpG, nämlich eine bereits rechtskräftig bestrafte Übertretung des § 52 Abs. 1 GSpG sowie die begründete Befürchtung einer künftigen weiteren Verwaltungsübertretung vor. Der Einwand, dass es sich bei dem Gerät lediglich um ein Internet-Terminal handle, sei bereits im Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenats zum Beschlagnahmeverfahren (VwSen-300996) behandelt worden.

 

I.4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat im ersten Rechtsgang Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt und durch die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. April 2015. In weiterer Folge hat das Oö. Landesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 05. Mai 2015, Zl. LVwG-410483/14/ER den angefochtenen Bescheid bestätigt.

 

I.5. Gegen dieses Erkenntnis des Oö. Landesverwaltungsgerichtes erhob die Bf Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Der Verwaltungsgerichtshof gab dieser Revision Folge und hob mit Erkenntnis vom 1. März 2016, Zl. Ra2015/17/0045-6, das angefochtene Erkenntnis des Oö. Landesverwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

 

In der Begründung verwies der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf sein Erkenntnis vom 10. Februar 2016, Ra2015/17/0036. In diesem konstatierte er, dass, wenn die Anlasstat, an die die Einziehung nach § 54 Abs. 1 GSpG anknüpft, aufgrund der zeitlichen Lagerung des Falles nicht als Verwaltungsübertretung bestraft hätte werden dürfen, sich eine daran anschließende Einziehung als rechtswidrig erweist. Der gegenständliche Revisionsfall gleiche bezüglich des entscheidungswesentlichen Sachverhalts und der zu lösenden Rechtsfrage dem angeführten Erkenntnis.

 

I.6. Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind die Verwaltungsgerichte, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

 

I.7. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Zum Zeitpunkt der finanzpolizeilichen Kontrolle im Lokal „A S“ in M, L-straße 7, wurde das im Spruch des angefochtenen Bescheids angeführte Gerät betriebsbereit vorgefunden. Die Bf ist Eigentümerin des gegenständlichen Geräts. Die Bf ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in G bei W.

Das verfahrensgegenständliche Gerät war zumindest im Zeitraum von Ende des Jahres 2008 bis zum Kontrolltag, dem 14. Dezember 2010, am vorgeworfenen Tatort betriebsbereit aufgestellt, um damit nachhaltig und selbstständig Ein­nahmen aus der Durchführung von Glücksspielen zu erzielen. Das Gerät wurde in der Folge vorläufig beschlagnahmt, mit Bescheid der nunmehrigen belangten Behörde vom 19. Jänner 2011, GZ: Sich96-323-2010, wurde die Beschlagnahme des Geräts angeordnet. Dieser Bescheid wurde durch den Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 22. September 2011, VwSen-300996/4/AB/Ba, und in weiterer Folge durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 25. Mai 2012, VwGH 2011/17/0298, bestätigt.

 

Der Spielablauf der auf dem Gerät angebotenen „power races“ stellt sich wie folgt dar: Mit dem verfahrensgegenständlichen Gerät wurden für einen bestimmten Einsatzbetrag Gewinne in Aussicht gestellt (vgl. dazu die Aus­führungen in der Niederschrift des Finanzamtes vom 14. Dezember 2010, S 5, wonach bei einem tatsächlich vor Ort gespielten Spieleinsatz von 20 Euro ein Gewinn in Höhe von 612 Euro in Aussicht gestellt wurde), wobei wiederholt „Wetten“ auf den Ausgang von bereits in der Vergangenheit stattgefundenen aufgezeichneten Hunderennen (sog „power-races“) abgeschlossen wurden.

Nach Eingabe von Geld für das Spielguthaben, Auswahl des gewünschten Spieleinsatzes und nach Festlegen eines vermuteten Rennergebnisses konnte die "Wette" durch Betätigung einer entsprechenden virtuellen Bildschirmtaste abgeschlossen werden. Ein Wettschein konnte ausgedruckt werden. Die aufgezeichneten, bereits in der Vergangenheit stattgefundenen Rennen wurden am Bildschirm dargestellt. Der Kunde konnte eine "Wette" auf den Sieger oder eine Kombinationswette auf den ersten und zweiten durch das Ziel laufenden Hund abschließen. Es standen „Leistungskurven“ über die erzielten Ränge der Hunde in den letzten fünf Rennen und die Namen der Hunde vor Abschluss der folgenden „Wette“ sowie die Quotenblätter der folgenden fünf Rennen zur Verfügung. Ferner stand im Vorhinein fest, wann die anstehenden fünf Rennen am Gerät starten würden.

Die Rennen wurden per Zufallsgenerator aus einem „Pool“ von 1.000 vorauf­gezeichneten Rennen durch eine Firma ausgewählt, die Quoten wurden durch eine andere Firma bestimmt. Jedem möglichen Einlaufergebnis war eine bestimmte Quote zugeordnet, welche am Gerätebildschirm in einem Quotenblatt dargestellt war. Der in Aussicht gestellte Gewinn errechnete sich durch Multiplikation des gewählten Einsatzbetrags mit der dem erwarteten Rennverlauf entsprechenden Quote.

Im Vorhinein konnte auf den Ausgang der nächsten fünf Rennen „gewettet“ werden. In Abständen von etwa fünf Minuten erfolgte regelmäßig ein Rennstart, wobei die einzelnen Rennen etwa 60 Sekunden dauerten. Danach stand der Verlust des Einsatzes oder ein Gewinn fest. Eine Einflussnahmemöglichkeit der Wettkunden auf das Zustandekommen bestimmter Rennergebnisse bestand nicht.

 

Die Bf verfügt über keine Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG.

 

 

II. Das Vorhandensein des Geräts im Lokal samt Aufstelldauer und die Höhe der möglichen Einsätze ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Fotodokumentation der Kontrolle und wurden vom Vertreter der Bf in der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestätigt.

Dass das Gerät im Eigentum der Bf steht, gab deren Vertreter bereits im Beschlagnahmeverfahren an und bestätigte dies in der öffentlichen mündlichen Verhandlung. Dass weder eine Bewilligung noch eine Konzession nach dem GSpG vorlag, wurde von der Bf nicht bestritten bzw. wurden zum Beweis des Gegenteils keinerlei Beweismittel angeboten.

Dass die Bf eine GmbH mit Sitz in Österreich ist, ergibt sich aus dem öster­reichischen Firmenbuch.

Die Funktionsweise des Geräts ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und der Aussage des in der öffentlichen mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen.

 

 

III. Gemäß § 54 Abs. 1 Glücksspielgesetz – GSpG sind Gegenstände, mit denen gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs. 1 GSpG verstoßen wird, zur Verhinderung weiterer Verwaltungsübertretungen gemäß einer oder mehrerer Bestimmungen des § 52 Abs. 1 einzuziehen, es sei denn der Verstoß war geringfügig.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist [...] zu bestrafen, wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt.

 

Nach § 168 Abs. 1 StGB ist derjenige mit einer Freiheitsstrafe bis zu 6 Monaten oder mit einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, der "ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögens­vorteil zuzuwenden, [...] es sei denn, dass bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird".

 

Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich gem. § 52 Abs. 2 GSpG in der zum Tatzeitpunkt maßgeblichen Fassung BGBl I Nr. 73/2010 nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück.

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Die Bf bringt vor, dass die belangte Behörde zur Einziehung des gegenständlichen Geräts unzuständig sei, da der Zeitpunkt der Kontrolle und somit das Ende des vorgeworfenen Tatzeitraums vor der Erlassung des BGBl I Nr. 13/2014 gelegen sei. Aufgrund der zum vorgeworfenen Tatzeitpunkt geltenden Rechtslage sei ausschließliche gerichtliche Zuständigkeit gegeben, zumal am gegenständlichen Gerät Einsätze von über 10 Euro möglich gewesen seien.

 

Auch wenn die Einziehung nach § 54 GSpG unabhängig von einer Bestrafung eines Beschuldigten vorgesehen ist und nach den Erläuterungen zu § 54 GSpG in der Fassung BGBl I Nr 73/2010 eine Sicherungsmaßnahme und keine Strafe darstellen soll (657 BlgNR 24. GP, zu Z 20 und 24 (§ 54 und § 60 Abs 25 GSpG)), hängt sie doch gemäß § 54 Abs 1 GSpG von der Verwirklichung eines Tatbilds nach § 52 Abs 1 GSpG ab, da sie voraussetzt, dass mit dem von der Einziehung betroffenen Gegenstand "gegen eine oder mehrere Bestimmungen des § 52 Abs 1 verstoßen wird" und der Verstoß überdies nicht geringfügig sein durfte.

Auch wenn in den erwähnten Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Novelle zum GSpG mit BGBl I Nr 73/2010 hervorgehoben wird, dass kein Zusammenhang zu "dem" Strafverfahren bestehe, setzt sie nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes die Verwirklichung eines der Tatbestände des § 52 Abs 1 GSpG voraus (vgl VwGH vom 22. August 2012, 2011/17/0323).

Eine Einziehung nach § 54 GSpG ist daher jedenfalls dann rechtswidrig, wenn die Anlasstat im Zeitpunkt ihrer Begehung nicht mit Strafe bedroht war (vgl § 1 Abs 1 VStG). Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. Jänner 2016, Ra 2015/17/0068, ausgesprochen hat, kann der Rechtssatz des § 1 Abs 1 VStG, dass als Verwaltungsübertretung eine Tat nur bestraft werden kann, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war, im systematischen Zusammenhang nur bedeuten, dass die Tat zur Zeit der Begehung den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung gebildet hat, dh einer Übertretung, die von solchen Behörden zu ahnden ist, auf die das Verwaltungsstrafgesetz Anwendung findet.

 

Die Tat, die im vorliegenden Beschwerdefall als Anknüpfungspunkt für die Einziehung nach § 54 Abs 1 GSpG dienen könnte, wurde im Zeitraum von Ende 2008 bis zum Kontrolltag, dem 14. Dezember 2010, begangen.

Wie unter I.7. festgestellt, waren am verfahrensgegenständlichen Gerät Einsätze von über EUR 10,- möglich.

Da bereits aufgrund der festgestellten möglichen Einsatzhöhe im vorgeworfenen Tatzeitraum eine von einer Verwaltungsbehörde zu ahndende strafbare Handlung nicht vorlag (vgl ein weiteres Mal VwGH vom 20. Jänner 2016, Ra 2017/17/0068), konnte gegen eine Bestimmung des § 52 Abs 1 GSpG nicht verstoßen werden.

Die Anlasstat, an die die Einziehung nach § 54 Abs 1 GSpG anknüpft, hätte daher nicht als Verwaltungsübertretung bestraft werden dürfen.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. Jänner 2016, Ra 2015/17/0068, ferner ausgesprochen hat, führt auch die zwischen Tatzeit und Entscheidungszeitpunkt des Verwaltungsgerichts eingetretene Änderung der Zuständigkeit zwischen Verwaltungsbehörden und Strafgerichten für die Bestrafung durch § 52 Abs 3 GSpG idF der Novelle BGBl I Nr 13/2014 nicht zur Heranziehung des Günstigkeitsprinzips im Revisionsfall, weil eine Bestrafung schon unter Anwendung einer einfachgesetzlichen Bestimmung (§ 1 Abs 1 VStG) ausgeschlossen ist.

 

 

V. Im Ergebnis war ausgehend von der möglichen Einsatzhöhe von über EUR 10,-und der damit im vorgeworfenen Tatzeitraum verbundenen ausschließlichen gerichtlichen Strafbarkeit die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden für die Einziehung nach § 54 Abs 1 GSpG nicht gegeben und der angefochtene Bescheid daher zu beheben.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.



Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Reitter