LVwG-700130/2/MB/BD

Linz, 31.03.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des Herrn Z B, W-straße 93/2.ST 8, L, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich vom 9. September 2015, GZ: VStV/915300800799/2015, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und das Straferkenntnis der belangten Behörde bestätigt.

 

II.      Gemäß § 52 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 20 Euro zu leisten.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.

 

1. Mit Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich (in der Folge: belangte Behörde) vom 9. September 2015, GZ: VStV/915300800799/2015, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 10 Abs. 1 lit. b Oö. Polizeistrafgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von 100 Euro sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen 2 Stunden verhängt.

 

Die belangte Behörde führt dabei folgenden Tatvorwurf aus:

 

„Sie haben am 3.6.2015 um 12:43 Uhr in L, X, wie durch Organe des SPK der Stadt Linz festgestellt wurde, in aufdringlicher und aggressiver Weise um Geld an einem öffentlichen Ort gebettelt, indem Sie sich vorbeigehenden Passanten mit ausgestreckter Hand in den Weg gestellt und diese angebettelt haben.

 

Der Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 1 Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) über Sie folgende Strafe(n) verhängt:

Geldstrafe von         falls diese uneinbringlich ist, Gemäß

  Ersatzfreiheitsstrafe von

100,00 Euro 2 Tage(n) 2 Stunde(n) § 10 Abs. 1 lit. b

0 Minute(n) Oö. Polizeistrafgesetz

 

Ferner hat der Beschuldigte gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG zu zahlen:

€ 10,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro für jedes Delikt (je ein Tag Freiheitsstrafe gleich € 100,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher € 110,00

 

Zahlungsfrist:

Wird keine Beschwerde erhoben, so ist dieses Straferkenntnis sofort vollstreckbar. Der Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) ist sodann binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft des Straferkenntnisses entweder mit dem beiliegenden Zahlschein zu überweisen oder bei uns einzuzahlen. Bitte bringen Sie in diesem Fall das Straferkenntnis mit.

 

Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann der gesamte Betrag eingemahnt werden. In diesem Fall ist ein pauschalierter Kostenbeitrag in der Höhe von 5 Euro zu entrichten. Erfolgt dennoch keine Zahlung wird der ausstehende Betrag vollstreckt und im Falle seiner Uneinbringlichkeit die diesem Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen.“

 

 

In ihrer Begründung führt die belangte Behörde Folgendes aus:

 

„Der Tatbestand der Ihnen zur Last gelegter Verwaltungsübertretung ist durch die eigene dienstliche Wahrnehmung der Beamten des Stadtpolizeikommandos der Stadt Linz, der hierüber vorgelegten Anzeige vom 04.06.2015 sowie aufgrund des behördlich durchgeführten Ermittlungsverfahrens zweifelsfrei erwiesen.

 

Es steht daher fest, dass Sie die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begangen haben.

 

Gegen die Strafverfügung vom 9.6.2015 erhoben Sie fristgerecht einen schriftlichen unbegründeten Einspruch.

 

 

Mit Aufforderung vom 04.03.2015 wurde Ihnen der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht und wurden Sie zur Rechtfertigung binnen einer Frist von 2 Wochen aufgefordert. Gleichzeitig wurden Sie aufgefordert, die Ihrer Verteidigung dienlichen Beweismittel bekanntzugeben. Die Aufforderung zur Rechtfertigung enthielt gemäß § 42 Abs. 1 VStG die Androhung, dass das Strafverfahren ohne Ihre Anhörung durchgeführt wird, falls Sie dieser keine Folge leisten.

 

Laut Rückschein wurde Ihnen die Aufforderung am 13.8.2015 zu eigenen Händen zugestellt. Sie haben weder innerhalb der Frist von zwei Wochen noch bis zum heutigen Tag eine Stellungnahme abgegeben, sodass das Strafverfahren, wie bereits angedroht, ohne Ihre Anhörung durchgeführt wurde.

 

Gemäß § 1a Abs.1 Pol. StG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer in aufdringlicher oder aggressiver Weise, wie durch Anfassen oder unaufgefordertes Begleiten oder Beschimpfen, um Geld oder geldwerte Sachen an einem öffentlichen Ort bettelt oder von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus umherzieht, um so zu betteln.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 lit. b OÖ. Pol. StG sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 1a Abs.3 Pol. StG mit Geldstrafe bis zu € 720,- zu bestrafen.

 

 

In der Sache selbst bestand für die erkennende Behörde keinerlei Anlass, an der Richtigkeit des angezeigten Sachverhaltes zu zweifeln, zumal dieser vom Meldung sieg er in der Anzeige glaubwürdig und schlüssig geschildert wurde, Da von Ihnen weitere Angaben im Strafverfahren unterblieben sind, war für die erkennende Behörde erwiesen, dass Sie tatsächlich gegen die angeführte Bestimmung des OÖ. Polizeistrafgesetzes verstoßen haben, weshalb nun spruchgemäß zu entscheiden war.

 

Bei der Bemessung der Strafe wurde das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, berücksichtigt.

 

Die verhängte Geldstrafe entspricht dem Unrechts- und dem Schuldgehalt der Tat und erscheint der Behörde notwendig, Sie in Hinkunft von der Begehung derartiger Übertretungen abzuhalten.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kam Ihnen nicht mehr zugute.

  

Bei der Strafbemessung wurde davon ausgegangen, dass Sie kein hierfür relevantes Vermögen besitzen und auch kein Einkommen beziehen.

 

Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.“

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Bf binnen offener Frist die Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, bei der belangten Behörde eingelangt am 4. November 2015.

 

Begründet wurde dies wie folgt:

 

„Gegen das Straferkenntnis der LPD Oberösterreich vom 09.09.2015 mit der GZ VstV/9153000800799/2015  erhebe. ich  hiermit  in  der offenen  Frist  Beschwerde  an  das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wegen Gesetzwidrigkeit und stelle den Antrag, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge das hier angefochtene Straferkenntnis aufheben und das gegen mich eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

 

Zur Begründung führe ich aus:

 

Aufgrund der schwierigen finanziellen und wirtschaftlichen Lage in meiner Heimat R ist es mir nicht möglich, dort ein existenzsicherndes Einkommen zu erwerben. Auch in Österreich bin ich aufgrund eines Mangels an Arbeitsplätzen darauf angewiesen, mein Einkommen durch stilles (und somit erlaubtes) Betteln zu sichern.

 

Ich versichere, dass ich hier in L nur auf stille, also legale Art und Weise bettle. Das mir vorgeworfene Verhalten am X war in keiner Weise aggressiv, ich habe die Passanten lediglich still um Geldspenden ersucht.

 

Daher ersuche ich, meiner Beschwerde Folge zu geben und das Verwaltungsstraf-verfahren einzustellen.“

 

3. Mit Schreiben vom 9. Dezember 2015 legte die belangte Behörde den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

 

 

 

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen. Gem. § 44 Abs. 3 VwGVG konnte von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

2. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt erweist sich insofern als unstrittig als der Bf sich zwar gegen die Form des aggressiven Verhaltens wendet, er aber weder das Ausstrecken der Hand, noch das Begleiten in Abrede stellt und das Verhalten in dieser Art und Weise Wahrgenommen und zur Anzeige gebracht wurde. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich stellt daher nachfolgenden Sachverhalt fest: Der Bf hat am 3.6.2015 um 12.43 Uhr am X in L gebettelt, indem er sich mit ausgestreckter Hand Personen in den Weg gestellt und diese um Geld angebettelt hat. Darüber hinaus ist festzustellen, dass der Bf über 20 Verwaltungsvorstrafen gegen sich gelten lassen muss. Von diesen Verwaltungsvorstrafen stellen 3 wiederum einschlägige Vorstrafen dar.

 

 

III.

 

1. Gem. § 1a Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz, LGBl 36/1979 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (in der Folge: Oö. PolStG) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer in aufdringlicher oder aggressiver Weise, wie durch Anfassen oder unaufgefordertes Begleiten oder Beschimpfen, um Geld oder geldwerte Sachen an einem öffentlichen Ort bettelt oder von Ort zu Ort oder von Haus zu Haus umherzieht, um so zu betteln, oder gewerbsmäßig oder als Beteiligter einer organisierten Gruppe in dieser Weise bettelt.

 

Gem. § 10 Oö. PolStG sind Verwaltungsübertretungen gemäß den §§ 1, 1a, § 2 Abs. 2 und § 3 Oö. PolStG von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, von der Landespolizeidirektion, bei Übertretungen nach § 1a Abs. 1, 3 und 4 und § 2 Abs. 2 Oö. PolStG mit Geldstrafe bis 720 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu einer Woche zu bestrafen.

 

2. Gem. § 1a Abs. 1 Oö. PolStG begeht auch diejenige Person eine Verwaltungsübertretung, die bloß in aufdringlicher Weise bettelt, auch wenn dieses Verhalten nicht aggressiv ist (arg. „...oder...“). Als in der Intensität beispielhafte Verhaltensweisen, werden das Anfassen, das unaufgeforderte Begleiten oder das Beschimpfen vom Gesetzgeber angeführt (Blg. 1172/2014 StenProt LT 27. GP, 3).

 

Die Grenze des Verwaltungsstraftatbestandes soll derart gezogen werden, dass nur ein passives, stilles Betteln zur Überbrückung einer persönlichen Notlage (inkl. der nahen Angehörigen) zulässig ist.

 

3. Vor diesem Hintergrund gilt es das Verhalten des Bf einzuordnen. Der Bf hat sich mit ausgestreckter Hand in den Weg von Passanten gestellt und diese um Geld an einem öffentlichen Ort angebettelt. Das Verhalten des in den Weg stellen mit ausgestreckter Hand, stellt sich nach Ansicht des erkennenden Gerichtes zwar nicht als eine aggressive Verhaltensweise dar, ist aber dem unaufgeforderten Begleiten iSd § 1a Abs. 1 Oö. PolStG gleichzuhalten und daher tatbildmäßig.

 

4. § 1a Abs. 1 Oö. PolStG stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Der Bf hat keine dem § 5 VStG entsprechende Glaubhaftmachung dargelegt und sind derartige Umstände auch nicht indiziert. Sohin ist die subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen.

 

5. Mit seinem weiteren Vorbringen vermag der Bf auch keinen Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund aufzuzeigen. Insbesondere der implizit angesprochene wirtschaftliche Notstand – sei es in direkter oder indirekter Form – vermag den Bf weder zu rechtfertigen noch zu entschuldigen (s dazu grundlegend Kienapfel/Höpfel/Kert, Strafrecht Allgemeiner Teil14, Z 12 Rz 10, 29 und Z 20 Rz 12 mwN).

 

6. Betreffend die Strafbemessung gilt es festzuhalten, dass diese vom Bf in seiner Beschwerde nicht bekämpft wird (§ 27 VwGVG) und für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auch keine Umstände ersichtlich sind von der Strafbemessung der belangten Behörde abzuweichen.

 

7. In diesem Sinn war dem Bf auch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem LVwG in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe aufzuerlegen (vgl. § 52 VwGVG).

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. Markus Brandstetter