LVwG-850549/2/Wei/BZ

Linz, 18.04.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Wolfgang Weiß über die Beschwerde des Herrn Mag. (FH) Mag. F P, vertreten durch H & P Anwaltsgesellschaft mbH, L, x, gegen den Bescheid des Plenums des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer vom 9. Dezember 2015, GZ: 276/15, betreffend die Ablehnung der Anerkennung des Seminars „Immobilienrechts JourFixe I – L“ als Ausbildungsveranstaltung

zu Recht    e r k a n n t :

I.         Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Teilnahme des Beschwerde­führers an dem von der A S- und K V GmbH veranstalteten Seminar „Immobilienrechts JourFixe I - L“ am 2. März 2015 im Hotel S in L als Ausbildungsveranstaltung im Sinne der Kriterien des § 2 der Richt-linie für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern (RL-RAA) im Ausmaß von einem Ausbildungshalbtag anerkannt.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Schriftsatz vom 30. Jänner 2015 stellte der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) den Antrag auf Anerkennung seiner Teilnahme am Seminar „Immobilienrechts JourFixe I – L“ am 2. März 2015 von 08.30 bis 12.30 Uhr, veranstaltet von der A S- und K V GmbH, im Hotel S in L als Ausbildungsveranstaltung im Sinne des § 2 RL-RAA im Ausmaß von einem Halbtag. Diesem Antrag schloss der Bf eine Teilnahme­bestätigung, ausführliche Seminarunterlagen, ein Beschreibung betreffend den Vortragenden Doz.(FH) Univ.-Lektor Mag. C K sowie einen von diesem verfassten Fachbeitrag in der Zeitschrift i, einen Ausdruck des Ausbildungs-Seminarkalenders und des Fortbildungs-Seminarkalenders der A, weitere Ausdrucke von der website der A (x), eine Einladung zu einem Fortbildungsseminar „Update Rechtsentwicklung im Liegenschafts- und Wohnrecht“ der A sowie die Seminarunterlagen samt Teilnahmebestätigung des Seminars „Immobilienrechts JourFixe II“ am 23. Mai 2014 mit einem Schreiben der Oö. Rechtsanwaltskammer vom 19. August 2014, in welchem dem Bf mitgeteilt wurde, dass aufgrund seines Antrags das Seminar „Immobilienrechts JourFixe II“ am 23. Mai 2014 in L im Ausmaß von 1 Halbtag im Sinne der RL-RAA anerkannt wird.

 

I.2. Mit Bescheid des Ausschusses der Oberösterreichischen Rechtsanwalts­kammer, Abteilung III, vom 16. September 2015, GZ: 276/15, wurde der Antrag des Bf auf Anerkennung des Seminars „Immobilienrechts JourFixe I – L“ als Ausbildungsveranstaltung für Rechtsanwaltsanwärter abgewiesen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass sich aus den vorgelegten Unterlagen ergebe, dass der Teilnehmerkreis, an den sich das Seminar richte, neben Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern sowie Notaren und Notariatskandidaten auch Hausverwalter, Immobilienmakler, Immobilientreuhänder, gemeinnützige Bau-vereinigungen, Haus- und Wohnungseigentümer, Mieter, Behörden, Interessen-vertretungen, Mitarbeiter in Verwaltungen, Rechtsbüros, Mitarbeiter von Versicherungen, Banken, Rechtsabteilungen, Bauträgern, Immobilienmaklern, Immobilientreuhändern, öffentlich-rechtliche Hausverwaltungen und in der Beratung tätige Personen umfasse. Das Seminar richte sich also auch an einen breit gestreuten Personenkreis ohne juristische Ausbildung. Die Voraussetzungen des § 2 RL-RAA seien daher nicht gegeben.

 

I.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2015 das Rechtsmittel der Vorstellung und beantragte die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass seinem Antrag stattgegeben werde, in eventu die Aufhebung des angefochtenen Bescheids und Zurückverweisung an die Abteilung III des Ausschusses der Oö. Rechts-anwaltskammer zur neuerlichen Entscheidung.

Begründend führte der Bf wie folgt aus:

„Es ist unrichtig, dass es sich bei den in der Begründung des Bescheides angeführten Personenkreisen, an die sich das Seminar richtet, um Personenkreise ohne juristische Ausbildung handelt. Der Großteil der in der Bescheidbegründung angeführten Personenkreise verfügt in der Regel über eine juristische Ausbildung.

 

Hausverwalter, Immobilienmakler, Immobilientreuhänder, Bauträger und Hausverwaltungen üben das reglementierte Gewerbe der Immobilientreuhänder aus und unterliegen hinsichtlich der Berufsausübung den strengen Zugangsvoraussetzungen der Immobilientreuhänder-Verordnung. Zugangsvoraussetzung zu diesen Berufen ist eine entsprechende fachliche Qualifikation, die auch umfassende rechtliche Kenntnisse aus verschiedensten Rechtsgebieten umfasst. Diese Qualifikation kann beispielsweise unter anderem durch den Abschluss eines rechtswissenschaftlichen Studiums (§ 1 Abs 1 Z 2 lit aa) erreicht werden. Zugangsvoraussetzung zu diesen Berufen ist grundsätzlich die Ablegung der Befähigungsprüfung (§ 1 Abs 1 Z 2 lit b leg cit). Die von der Wirtschaftskammer erlassenen Verordnungen Immobilienverwalter-Befähigungs-prüfungsordnung, Bauträger-Befähigungsprüfungsordnung und Immobilienmakler-Befähigungsprüfungsordnung sehen als Prüfungsinhalte umfassende rechtliche Themen und Fragestellungen vor. Die Prüfungen umfassen jeweils die rechtlichen Grundlagen (§ 3 Abs 1 Z 1 der genannten Verordnungen) und jeweils gemäß § 4 der genannten Verordnungen Kenntnisse der relevanten österreichischen Rechtsvorschriften und die daran orientierte Ausarbeitung von Aufgaben und Beantwortungen von Fragen, unter anderem aus den Fächern Abgaben- und Steuerrecht, Arbeits- und Sozialrecht, Baurecht einschließlich Raumordnungsrecht, Denkmalschutz, gewerberechtliche Vorschriften, Grundverkehrsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, öffentliches Recht und Verfahrensrecht, insbesondere Behördenorganisation und Verwaltungsverfahren, Vertragsrecht einschließlich Konsumentenschutzrecht, Wohnbauförderungsrecht, Wohnrecht (wie zum Beispiel Mietrechtsgesetz, Wohnungseigentumsgesetz, Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz einschließlich Nebenbestimmungen) sowie Zivilrecht für Immobilientreuhänder (wie zum Beispiel Bauträgervertragsgesetz). Da somit der Zugang zu den genannten Berufen umfassende rechtliche Qualifikationen und Kenntnisse erfordert, ist die Begründung, diese Personenkreise verfügen über keine juristische Ausbildung, unrichtig. Auch ein Großteil der anderen im Bescheid genannten Personenkreise, insbesondere Beschäftigte in Behörden, Interessenvertretungen, Rechtsbüros und Rechtsabteilungen, verfügen in der Regel über eine juristische Ausbildung, vielfach sogar über ein abgeschlossenes juristisches Studium. Der Großteil jener Personenkreise, an die sich das Seminar richtet, verfügt somit über eine juristische Ausbildung. Der überwiegende Teil der Personen, die am Seminar teilgenommen haben, verfügt auch tatsächlich über eine juristische Ausbildung.

 

Die Frage, an welchen Personenkreis sich eine Ausbildungsveranstaltung richtet und sich diese neben Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsanwärtern auch an Angehörige anderer Berufsgruppen richtet, ist zudem für die Beurteilung, ob es sich um eine nach § 28 Abs 1 lit (m) RAO anzuerkennende Ausbildungsveranstaltung handelt unerheblich. Die Kriterien, nach denen Ausbildungsveranstaltungen anzuerkennen sind, sind in § 2 Abs 1 RL-RAA, welche auf §§ 1, 13 und 20 RAPG verweisen, normiert. Aus keiner der genannten Bestimmungen ergibt sich, dass der Teilnehmerkreis oder das Ausbildungsniveau der Teilnehmer ein Kriterium für die Anerkennung oder Nichtanerkennung darstellt. Maßgeblich im Sinne des § 2 Abs 1 RL-RAA ist ausschließlich der Inhalt der Ausbildungsveranstaltung. Es ist im Sinne des § 2 Abs 1 RL-RAA nicht erforderlich, dass sich eine Ausbildungsveranstaltung überwiegend an Rechtsanwaltsanwärter oder Rechtsanwälte richtet. Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass auch die Seminare der A von anderen Personenkreisen alles Rechtsanwaltsanwärtern und Rechtsanwälten besucht werden können und regelmäßig auch werden.

 

Maßgeblich für die Beurteilung, ob es sich um eine anzuerkennende Ausbildungsveranstaltung handelt, sind gemäß § 2 Abs 1 RL-RAA die Seminarinhalte. Das Seminar vermittelte aufgrund des fachkundigen Referenten und der Seminarinhalte Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne der Erfordernisse des § 1 RAPG, insbesondere solche, die im Sinne der §§ 13 Z 1 RAPG und 20 Z 1, 2 und 9 RAPG für die Rechtsanwaltsprüfung relevant sind und im Sinne des § 2 Abs 1 RL-RAA zur Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt dienen.

 

Dass der Inhalt des Seminars diesen Kriterien entspricht, ergibt sich aus der bereits mit dem Antrag vorgelegten Seminarunterlage.

 

Der Umstand, dass beim gegenständlichen Seminar auch Teilnehmer aus anderen Berufsgruppen als dem Rechtsanwaltsstand teilnahmen, ist im konkreten Fall für die Vermittlung der für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes erforderlichen Kenntnisse nicht nachteilig, sondern sogar vorteilhaft. Durch die von den anderen Berufsgruppen eingebrachten Fragestellungen und Diskussionsbeiträge entsteht beim Seminarteilnehmer ein Bewusstsein für die im Immobilienwesen in der Praxis relevanten Rechtsprobleme und rechtlichen Fragestellungen. Die vom Referenten in Bezug auf die von den Teilnehmern eingebrachten Probleme und Fragestellungen präsentierten Lösungen können für die eigene rechtsanwaltliche Beratungspraxis genutzt werden. Durch die im Seminar diskutierten und gelösten Fälle werden insbesondere die Falllösung im bürgerlichen Recht im Sinne des § 20 Z 1 RAPG und somit für die Rechtsanwaltsprüfung erforderliche Kenntnisse trainiert.

 

Festzuhalten ist, dass gemäß § 3 RL-RAA Rechtsanwaltskammern solche Veranstaltungen, die den Kriterien des § 2 RL-RAA entsprechen, als Ausbildungsveranstaltung anzuerkennen haben. Es besteht diesbezüglich kein Ermessensspielraum.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass von der Abteilung III des Ausschusses der OÖ. Rechtsanwaltskammer bereits ein dem gegenständlichen Seminar vergleichbares Seminar, welches sich an den gleichen Teilnehmerkreis richtete, anerkannt wurde (Immobilienrechts JourFixe II, Mitteilung vom 19.08.2014, GZ 283/14). Auch vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, dass das gegenständliche Seminar nicht anerkannt wird.

 

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das gegenständliche Seminar den Kriterien des § 2 RL-RAA entspricht und das Seminar daher als Ausbildungsveranstaltung anzuerkennen ist.“

 

 

I.4. Mit dem angefochtenen Bescheid des Plenums des Ausschusses der Ober­österreichischen Rechtsanwaltskammer (im Folgenden: belangte Behörde) vom 9. Dezember 2015, GZ: 276/15, wurde die Vorstellung des Bf gegen den Bescheid der Abteilung III der Oberösterreichischen Rechtsanwaltskammer als unbegründet abgewiesen und der Sache nach die Entscheidung der Abteilung III des Ausschusses bestätigt.

 

Nach Darstellung des unstrittigen Sachverhaltes und Gang des Verfahrens führt die belangte Behörde zur rechtlichen Begründung ihrer Entscheidung wie folgt aus:

 

„Gemäß § 2 RL-RAA dienen Ausbildungsveranstaltungen der Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt. Sie haben die Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne der Erfordernisse des § 1 RAPG zu vermitteln, wobei auf die Prüfungsgegenstände der Rechtsanwaltsprüfung gemäß § 13 RAPG sowie § 20 RAPG Bedacht zu nehmen ist.

 

Zu den Fähigkeiten und Kenntnissen im Sinne des § 1 RAPG zählen im Besonderen die Gewandtheit bei der Einleitung und Besorgung der einem Rechtsanwalt übertragenen öffentlichen und privaten Angelegenheiten sowie seine Eignung zur Abfassung von Rechtsurkunden und Rechtsgutachten sowie zum geordneten schriftlichen und mündlichen Vortrag einer Sach- und Rechtslage. (Urteil des Landesverwaltungsgerichtes LVwG-850319/9/HW/MD vom 27.7.2015).

 

Ausbildungsveranstaltungen sollen daher zum einen die Inhalte der Kernbereiche der österreichischen Rechtsordnung, welche durch die Prüfungsgegenstände determiniert sind, und zum anderen die praktische Umsetzung dieses Wissens vermitteln. Der Aus­bildung zum Rechtsanwalt dienen darüber hinaus auch jene Veranstaltungen, die bestimmte Kenntnisse in Bereichen abseits der Gesetze vermitteln, die für eine erfolgreiche Tätigkeit, unabhängig vom zu behandelnden Rechtsgebiet, von Bedeutung sind. Kurz gesagt sollen Ausbildungsveranstaltungen im Gegensatz zu Fortbildungs­veranstaltungen die Grundlagen für das anwaltliche Arbeiten, sozusagen das Hand­werkszeug, vermitteln.

 

Unter dem Begriff Ausbildung ist eine breit angelegte berufliche Grundbildung und die Vermittlung von für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnissen zu verstehen, während der Begriff Fortbildung zusätzlich zur Erweiterung des fachlichen Wissens den Erhalt des bisherigen Wissens (Auffrischung) sowie die Anpassung an fachliche Entwicklungen enthält. Der Begriff Weiterbildung wiederum hat Lernen mit dem Ziel der Spezialisierung der vorhandenen Berufsqualifikation und damit der Befähigung zur Tätigkeit in spezifischen Bereichen zum Inhalt und setzt eine berufliche Vorbildung voraus.

 

Bei diesen Definitionen handelt es sich um eine aus Deutschland stammende Unter­scheidung der Begriffe im Sinne des Berufsausbildungsgesetzes, die auch in Österreich Anwendung findet. Eine amtliche Regelung des Wortgebrauches gibt es zwar nicht. Vielmehr handelt es sich bei den hier verwendeten Definitionen um eine Empfehlung und werden diese Definitionen in den Gremien verschiedenster Berufsordnungen so verwendet (Quelle: x).

 

Wie aus dem Seminarprogramm ersichtlich ist, wurde bei der gegenständlichen Veranstaltung die Wohnrechtsnovelle 2015, Änderungen im WEG und die Judikatur des OGH 2014 zu dem von dem Vorstellungswerber angeführten Thema referiert, sodass selbst in den grundlegend prüfungsrelevanten Rechtsbereichen auf dem Gebiet des Wohnrechts bei dieser Veranstaltung Spezialwissen vermittelt wurde, sodass die Veranstaltung als klassische Fort- bzw. im Hinblick auf das Änderungen im WEG als Weiterbildungsveranstaltung zu sehen ist.

 

Nachdem es sich beim gegenständlichen Seminar um keine Veranstaltung handelt, welche Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne der Erfordernisse des § 1 RAPG unter Bedachtnahme auf die Prüfungsgegenstände der Rechtsanwaltsprüfung gemäß § 13 RAPG sowie § 20 RAPG vermittelt, war eine Anerkennung der Veranstaltung als verbindliche Ausbildungsveranstaltung gemäß § 2 RL-RAA nicht möglich. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

II.1. Gegen diesen Bescheid des Ausschussplenums, der dem Bf am
16. Dezember 2015 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 12. Jänner 2016, mit der die Abänderung und Anerkennung der Ausbildungs­ver­anstaltung im Ausmaß von einem Halbtag, in eventu die Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde beantragt wird.

 

Die Beschwerde hält den Ausführungen der belangten Behörde folgende Beschwerdegründe entgegen:

 

3.1.  Das Seminar vermittelte aufgrund des fachkundigen Referenten und der Seminar­inhalte Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne der Erfordernisse des § 1 RAPG, insbesondere dadurch, dass die aktuelle Judikatur des Wohn- und Immobilienrechts sowie die neue Gesetzeslage im Wohn- und Mietrecht (Wohnrechtsnovelle 2015) erörtert wurde. Diese Rechtsgebiete sind in der Ausübung des Rechtsanwaltsberufes von wesentlicher Bedeutung. Insbesondere handelt es sich bei den im Zuge des Seminars vermittelten Kenntnissen um solche, die den Bereichen Zivilrecht und Zivilverfahrensrecht (§§ 13 Z 1 und 20 Z 2 RAPG), Falllösung im Bereich des österreichischen bürgerlichen Rechts (§ 20 Z 1 RAPG) und Vertragsgestaltung und Urkundenverfassung (insbesondere in Bezug auf die Verfassung von Mietverträgen und Wohnungseigentumsverträgen, § 20 Z 9 RAPG) zuzuordnen sind. Bei den vermittelten Kenntnissen handelt es sich daher um solche, die im Sinne der §§ 13 Z 1, 20 Z 1, 2 und 9 RAPG für die Rechtsanwaltsprüfung relevant sind und im Sinne des § 2 Abs 1 RL-RAA zur Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt dienen. Insbesondere das Wohn- und Immobilienrecht ist zentraler Bestandteil der anwaltlichen beruflichen Tätigkeit und regelmäßig auch Gegenstand von Rechtsanwaltsprüfungen. Von Prüfungskandidaten bei der Rechts­anwaltsprüfung wird regelmäßig verlangt, dass sie die aktuelle mietrechtliche Judikatur kennen, werden Fälle im Bereich des Miet- und Liegenschaftsrechtes gestellt und sind regelmäßig bei den mündlichen Rechtsanwaltsprüfungen Fragen betreffend die Verfassung von Mietverträgen an der Tagesordnung. Es handelt sich daher bei den im gegenständlichen Seminar vermittelten Inhalten und Kenntnissen und Fähigkeiten jedenfalls um solche im Sinne des RAPG.

 

 

 

3.2.       Der Begriff Ausbildung ist weder in der RAO, noch im RAPG oder in den RL-RAA definiert. Die von der belangten Behörde vorgenommene Unterscheidung zwischen Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung ist irrelevant und es handelt sich dabei um Wortklauberei. Die von der belangten Behörde herangezogenen Definitionen für die Begriffe Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung sind gesetzlich nicht definiert, sondern die belangte Behörde greift diesbezüglich auf eine in Deutschland betriebene Internetseite aus dem Bereich der klinischen Psychologie zurück. Es handelt sich dabei um keine allgemein anerkannten Definitionen. Daraus kann in keiner Weise abgeleitet werden, wie der Begriff Ausbildungsveranstaltung im Sinne der RAO und RL-RAA auszulegen ist, zumal diese Definitionen aus einem gänzlich anderen Fachgebiet (klinische Psychologie) und aus einem Land mit einer gänzlich anderen Rechtsordnung (Deutschland) stammen. Ein Rückgriff auf aus Deutschland stammende Definitionen ist nicht angebracht, zumal Deutschland ein von Österreich unterschiedliches Rechtssystem hat und sich insbesondere die Juristen- und Rechtsanwaltsausbildung, das Berufs- und Standesrecht und die Kammer­organisation in Deutschland stark von jener in Österreich unterscheidet und nicht vergleichbar ist.

 

 

 

3.3.       Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit "Ausbildungs­veranstaltungen" iSd RAO lediglich Veranstaltungen meinte, die bloßes Grundwissen und Basiskenntnisse vermitteln, nicht jedoch vertiefendes Wissen oder Spezialwissen. Im Gesetz wird keinerlei Unterscheidung zwischen den Begriffen Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung getroffen. Zwar sind keine gesetzlichen Definitionen dieser Begriffe ersichtlich, der Gesetzgeber hat jedoch in § 5a Abs 3 Ärztegesetz Ausbildung mit Weiterbildung gleichgesetzt, in dem er neben dem Wort Ausbildung in Klammern den Begriff Weiterbildung anführte. Insofern ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber den Begriff "Ausbildung" als umfassend versteht und sich dieser Begriff nicht auf die Vermittlung bloßen Basis- und Grundwissens beschränkt, sondern auch Spezialwissen und vertiefende Kenntnisse mit umfasst. Die Rechtsansicht der belangten Behörde, dass Ausbildungsveranstaltungen im Sinne des RAPG und der RL-RAA lediglich Grundwissen und Basiskenntnisse vermitteln dürfen, nicht jedoch Spezialwissen, ist daher nicht nachvollziehbar. Wäre dies der Wille des Gesetzgebers, dann hätte er dies entweder ausdrücklich erwähnt oder anstelle der Begriffe "Ausbildung" und "Ausbildungsveranstaltung" die Begriffe "Basisausbildung" - wie er dies beispielsweise im Ärztegesetz in § 6a getan hat -oder "Grundausbildung" gewählt.

 

 

 

3.4.       Auch die Erweiterung des fachlichen Wissens (inklusive der Anpassungen fachlicher Entwicklungen) ist Ziel jeder Ausbildung über einen längeren Zeitraum, im Besonderen auch der jahrelangen Ausbildung zum Rechtsanwalt. Die Frage, ob eine Ausbildungsveranstaltung auch Spezialwissen vermittelt, ist für sich allein kein geeignetes Beurteilungs- und Unterscheidungskriterium (Urteil des Landesver­waltungsgerichtes Oberösterreich LVwG-850401/3/Wei/BZ).

 

 

3.5.       Diesbezüglich wird auch auf das Seminarangebot der Anwaltsakademie (A) verwiesen (vgl Beilage./4), welche zahlreiche Seminar anbietet, die nicht bloß Grundkenntnisse und Basiswissen vermitteln, sondern Spezialkenntnisse und vertiefende Kenntnisse in speziellen Rechtsgebieten. Überdies werden von der A zahlreiche Seminare angeboten, die aktuelle Judikatur und aktuelle Rechtsentwicklungen zum Gegenstand haben (wie beispielsweise der eigens kreierte Seminartyp "Update").

 

 

3.6.       Sämtliche Seminare, sowohl jene im Bereich Ausbildung, als auch jene im Bereich Fortbildung, die von der A angeboten werden, sind als Ausbildungsver­anstaltungen iSd RAPG und RL-RAA anerkannt. Dies ergibt sich aus dem beiliegenden Auszug der Website der A (Beilage./5), woraus ersichtlich ist, dass sämtliche Veranstaltungen aus der Sparte "Ausbildung" durch die zuständige Rechtsanwaltskammer approbiert sind. Hinsichtlich der von der A in der Sparte "Fortbildung" angebotene Seminare ist auf der Website der A angeführt: "Die Fortbildungsseminare der Anwaltsakademie dienen nach der erfolgten Eintragung als Rechtsanwalt der Aktualisierung und Intensivierung des bereits erworbenen Wissens. (...) Für interessierte Rechtsanwaltsanwärter sind diese Fortbildungsseminare ebenfalls approbiert" (Beilage./5).

 

 

3.7.       Viele der im aktuellen Seminarkalender der A angebotenen Ausbildungs­seminare zu ausgewählten Themen werden als Seminartyp "special" empfohlen. Diese Seminare zu derartigen Themen beinhalten die Vermittlung besonderer Kenntnisse für den fortgeschrittenen Rechtsanwaltsanwärter auf wichtigen Tätigkeits­feldern des Rechtsanwaltsberufes und dienen insofern auch der Erweiterung des fachlichen Grundwissens durch Erwerb von Spezialwissen (vgl auch Urteil des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich LVwG-850401/3/Wei/BZ).

 

 

3.8.       Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich hat die erforderliche Ausbildung im Sinne des § 1 RAPG zur Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit nicht nur solides Grundwissen, sondern darüber hinaus auch Spezial­kenntnisse auf wichtigen Rechtsgebieten, die für die qualifizierte Ausübung des Rechtsanwaltsberufes schlechthin bedeutsam sind, zu umfassen (Urteil des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich LVwG-850401/3/Wei/BZ).

 

 

3.9.       Nicht zuletzt im Hinblick auf das Seminarangebot der A ist festzuhalten, dass nicht nur bei - im Übrigen auch für interessierte Rechtsanwaltsanwärter approbierten - Fortbildungsseminaren, sondern auch bei Ausbildungsseminaren bei Rechtsan­waltsanwärtern entweder Spezialmaterien oder zumindest Spezialfragen zu grund­legend prüfungsrelevanten Rechtsgebieten thematisiert und unter Heranziehung von meist höchstgerichtlicher Judikatur erörtert werden. Die Ansicht der belangten Behörde, dass Ausbildung im wesentlichen Grund(aus)bildung sei, während ein Spezialwissen nur im Rahmen von Fortbildung und Weiterbildung des ausgebildeten Rechtsanwaltes eine Rolle spiele, ist vor diesem Hintergrund unrichtig (vgl auch Urteil des Landes-verwaltungsgerichtes Oberösterreich LVwG-850401/3/Wei/BZ).

 

 

3.10.     Die Anwaltsakademie bietet sogar ein dem gegenständlichen Seminar inhaltlich vergleichbares Seminar mit dem Titel "Update Rechtsentwicklung im Liegenschafts­- und Wohnrecht" am 22.01.2016 und 23.01.2016 in L an (vgl Seminareinladung Beilage./6). Daraus ist ersichtlich, dass unter anderem Wohnungseigentumsrecht sowie aktuelle Entwicklungen in der miet- und bestandvertraglichen Judikatur Inhalt des Seminars sind. Dieses Seminar ist durch die Rechtsanwaltskammer approbiert, wie auf Seite 2 unten der Seminareinladung Beilage./6 zu lesen ist: "Diese Veranstaltung ist ein Fortbildungsseminar; für die Teilnahme von Rechtsanwalts­anwärtern ist diese aber auch im Sinne des § 6 RL-RAA im Umfang von drei Halbtagen approbiert."

 

3.11.     Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass der Ausschuss der . Rechts­anwaltskammer bereits ein von mir besuchtes Seminare zum Wohn- und Immobilienrecht, das mit dem gegenständlichen Seminar vergleichbar ist, das ebenfalls von der A S- und K GmbH veranstaltet und vom Referenten Doz.(FH) Univ.Lekt. Mag. C K geleitet sowie unter der Seminarreihe "Immobilienrechts JourFixe" veranstaltet wurde, als Ausbildungs­veranstaltung für Rechtsanwaltsanwärter im Ausmaß von einem Halbtag anerkannt hat. Dies erfolgte durch Mitteilung des Ausschusses der . Rechtsanwaltskammer vom 19.08.2014 zu GZ 283/14 (Beilage./7). Bei diesem - vom Ausschuss der Rechtsanwaltskammer anerkannten Seminar - handelte sich um das Seminar "Immobilienrechts JourFixe II", welches am 23.05.2014 in L stattfand. Umso weniger ist es nachvollziehbar, dass das verfahrensgegenständliche Seminar nicht anerkannt wird.

 

 

3.12.     Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass das Seminar "Immobilienrechts JourFixe I - Linz" vom 02.03.2015 sämtliche Voraussetzungen für die Anerkennung als Ausbildungsveranstaltung gemäß § 28 Abs 1 RAO iVm § 2 RL-RAA erfüllt.“

 

 

II.2. Mit Schreiben vom 11. Februar 2016, hat die belangte Behörde diese Beschwerde gemeinsam mit dem Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hat gemäß § 2 VwGVG durch einen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat nach Einsichtnahme in die Beschwerde und den vorgelegten Verwaltungsakt festgestellt, dass der Sach­verhalt unstrittig erscheint und daher nur über gegensätzliche Rechtsauffassungen zu entscheiden ist. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte schon gemäß § 24 Abs 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrages abgesehen werden, da die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und dem auch nicht Art 6 EMRK bzw Art 47 GRC (kein civil right) entgegensteht. Im Übrigen hat die belangte Behörde im Vorlageschreiben ausdrücklich auf eine mündliche Verhandlung verzichtet und auch der rechts­kundige Bf hat keine mündliche Verhandlung in der Beschwerde beantragt.

 

III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem  S a c h v e r h a l t  aus:

 

III.2.1. Der Bf nahm als Rechtsanwaltsanwärter am Seminar „Immobilienrechts JourFixe I – L“ am 2. März 2015 in L im Hotel S teil (Teilnahmebestätigung). Veranstaltet wurde dieses Seminar von der A S- und K GmbH. Der Vortrag fand von 08.30 bis 12:30 Uhr statt. Referent war Doz.(FH) Univ.-Lektor Mag. C K.

 

Die Inhalte des Seminars werden durch aktenkundige Seminarunterlagen dokumentiert:

 

Der Vortrag von Doz. (FH) Univ.-Lektor Mag. C K behandelte zum einen die Wohnrechtsnovelle 2015 und die sich daraus ergebenden Änderungen im WEG und im Mietrecht sowie zum anderen auserwählte Bestimmungen des Mietrechtsgesetz (MRG), des Mietengesetzes (MG) sowie des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) anhand von OGH-Judikaten.

 

III.2.2. Die A (A) ist eine im Zusammenhang mit dem Ö-Arbeitskreis Berufsaus- und Fortbildung gegründete Gesellschaft mbH zur Förderung anwaltlicher Aus- und Fortbildung (vgl Impressum zu x). Die Homepage der A gliedert sich in die Bereiche „Ausbildung“ und „Fortbildung“, wobei zur besseren Unterscheidung der Bereich Ausbildung in Blau und der Bereich Fortbildung in Grün gehalten ist.

 

In grüner Schrift, direkt neben dem Button „Fortbildung“ ist dieser Internetseite der Hinweis zu entnehmen: „für die RAA-Ausbildung approbiert“ (vgl Ausdruck im Akt, Beilage ./5).

 

Das auf der Website „About us“ allgemein beschriebene Angebot unterscheidet zwischen Ausbildung und Fortbildung und nennt die empfohlenen Seminartypen. Danach dienen die Ausbildungsseminare (fünf Seminartypen: Basic, Series, Special, Key qualifications, Checkup) der Vorbereitung auf die Rechtsanwalts­prüfung und sind durch die zuständigen Rechtsanwaltskammern approbiert. Die Fortbildungsseminare (sechs Seminartypen: Infopill, Intensive, Update, Ae, Privatissimum, Extra) dienen der Aktualisierung und Intensivierung des bereits erworbenen Wissens nach erfolgter Eintragung als Rechtsanwalt. Für inter­essierte Rechtsanwaltsanwärter seien diese Fortbildungsseminare ebenfalls approbiert (vgl Ausdruck vom 30.12.2015, Beilage ./5).

 

Nach dem Ausbildungsseminarkalender für die Zeit von Jänner 2016 bis Dezember 2016 (vgl Internet-Ausdruck vom 12.01.2016, Beilage ./4) werden insgesamt 116 Seminare angeboten, wobei ausschließlich empfohlene Seminartypen dem Ausbildungsangebot zu entnehmen sind. Der offenbar für spezielle Inhalte der Ausbildung vorgesehene Seminartyp „special“ kommt dabei sogar 56 Mal vor.

Der Fortbildungsseminarkalender bietet für die Zeit von Jänner 2016 bis Dezember 2016 insgesamt 43 Seminare an (vgl Internet-Ausdruck vom 12.01.2016, Beilage ./4).

 

Unter der Rubrik „Ausbildung“ findet man beispielsweise Seminare vom Typ „special“ wie (vgl Internet-Ausdruck vom 12.01.2016, Beilage ./4 sowie unter x):

 

„Mietrecht“ (drei Halbtage am 11. und 12.11.2016 in S, Referenten: Mag. H S, RA in G, Dr. G S, RA in G, Mag. A T, Richter des OLG G und HR Mag. H P, Richter des OGH) mit dem erklärten Seminarziel, die fünf Säulen des gesetzlichen Mieterschutzes-Kündigungsschutz, Mietzinsobergrenzen, zwingende Vertrags-standards, Weitergaberechte und Außerstreitverfahren – ein kompaktes Mietrechtsgebäude zu errichten, das trotz seines Charakters als Dauerbaustelle stabil und ausbaufähig bleibt, zu vermitteln.

 

Die von dem Bf zum Beweis für anrechenbare Fortbildungsveran­staltungen der A vorgelegte Einladung zum Fortbildungs-Seminar der A „Update Rechtsentwicklung im Liegenschafts- und Wohnrecht“ am 22. und 23. Jänner 2016 in L, drei Halbtage, betrifft ein Angebot zur Fortbildung für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, idR nach Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung, wobei beim „Seminarbeitrag“ auch „andere Berufsgruppen“ genannt sind. Der Einladung ist zu entnehmen, dass Gegenstand des Seminars die wesentliche Rechtsprechung im Liegenschafts-Vertragsrecht, im Mietrecht, im WE-Recht, im Bauträgervertragsrecht, im Grundbuchsrecht und im Grundverkehrsrecht in der letzten Zeit, vor allem im letzten Jahr vor dem Seminar sei. Folgende Vorträge werden in der Einladung angeführt:

-      aktuelle Rechtsprechung und Entwicklungen zum Wohnungseigentumsrecht und Allgemeinen Liegenschaftsvertragsrecht (Univ.-Prov. Dr. K)

-      aktuelle Entwicklungen in der miet- und bestandvertraglichen Judikatur sowie Stand der Mietrechtsreform (Univ.-Prof. Dr. V)

-      Grundbuchsrecht, besonderes Liegenschaftsvertragsrecht (HRdOGH Univ.-Prof. Dr. K, LL.M.).

 

III.2.3. Von der Abteilung III des Ausschusses der Oö. Rechtsanwaltskammer wurde mit Schreiben vom 19. August 2014 aufgrund eines Antrags des Bf das von ihm besuchte Seminar „Immobilienrechts JourFixe II“ vom 23. Mai 2014 in L, veranstaltet von der A S- und K V GmbH als Ausbildungsveranstaltung iSd RL-RAA im Ausmaß von einem Halbtag anerkannt (vgl die ausführlichen Seminarunterlagen zum Seminar „Immobilienrechts JourFixe II“ am 23. Mai 2014 in L, die Teilnahmebestätigung sowie das Schreiben der Abteilung III des Ausschusses der Oö. Rechtsanwaltskammer vom 19. August 2018 betreffend die Anerkennung dieses Seminars als Ausbildungsveranstaltung im Ausmaß von 1 Halbtag im Sinne der RL-RAA, Beilage ./7).

 

III.2.4. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich schlüssig und widerspruchsfrei aus der Aktenlage in Verbindung mit dem unbestrittenen Tatsachenvorbringen in der Beschwerde. Dazu ist auf die Urkunden im Verwaltungsakt der belangten Behörde, insbesondere auf die von dem Bf vorgelegten Seminarunterlagen und Ausdrucke über A-Seminare und ergänzend auf den oben dargestellten Internetauftritt der Anwaltsakademie (Homepage x) hinzuweisen.

 

Dass auch die von der A unter „Fortbildung“ angebotenen Seminare in der Praxis als Ausbildungsveranstaltung im Sinne des § 2 RL-RAA anerkannt werden, ergibt sich für das erkennende Gericht aus dem schlüssigen Beschwerde­vorbringen und den bezogenen Quellen. So findet man auf der A-Homepage bei „Fortbildung“ den ausdrücklichen Hinweis „für die RAA-Ausbildung appro­biert“ sowie in weiterer Folge bei den empfohlenen Fortbildungsseminartypen (vgl Angebot auf website „About us“) einen positiven Approbationshinweis für interessierte Rechtsanwaltsanwärter. Ferner sprechen auch die beim jeweiligen Seminar angeführten Halbtage für eine Anrechenbarkeit.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat rechtlich erwogen:

 

IV.1. Rechtsgrundlagen:

 

Gemäß § 1 Rechtsanwaltsprüfungsgesetz - RAPG (BGBl Nr. 556/1985, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 190/2013) soll die Rechtsanwaltsprüfung die für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse des Prüfungswerbers, im besonderen seine Gewandtheit bei der Einleitung und Besorgung der einem Rechtsanwalt übertragenen öffentlichen und privaten Angelegenheiten sowie seine Eignung zur Abfassung von Rechtsurkunden und Rechtsgutachten sowie zum geordneten schriftlichen und mündlichen Vortrag einer Rechts- und Sachlage nachweisen.

 

Nach § 2 Abs 2 RAPG ist Voraussetzung für die Ablegung der Rechtsanwalts­prüfung überdies die Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen.

 

Gemäß § 13 leg cit hat der Prüfungswerber bei der schriftlichen Prüfung auszuarbeiten:

1.   im Zivilrecht auf Grund einer schriftlichen Information Klage, Klage­beantwortung und Entscheidung oder Antrag, allfällige Gegenäußerung und Entscheidung im außerstreitigen Verfahren oder an Hand von Gerichtsakten eine Rechtsmittelschrift gegen eine Entscheidung erster Instanz,

2.   im Verwaltungsrecht (mit Einschluss des Abgabenrechtes) auf Grund eines Bescheides eine Rechtsmittelschrift oder eine Beschwerde an den Verfas­sungs- oder an den Verwaltungsgerichtshof,

3.   im Strafrecht an Hand von Gerichtsakten eine Rechtsmittelschrift gegen eine Entscheidung erster Instanz.

 

Nach § 20 leg cit sind bei der mündlichen Prüfung die Kenntnisse und Fähig­keiten des Prüfungswerbers in den folgenden Bereichen zu überprüfen:

1.        Falllösung im Rahmen der Rechtsberatung, Rechtsdurchsetzung und Rechts­verteidigung im Bereich des österreichischen bürgerlichen Rechtes einschließlich von Fällen mit Auslandsbezug und Fällen aus dem Arbeits- und Sozialrecht,

2.        Vertretung vor österreichischen Gerichten im zivilgerichtlichen Verfahren einschließlich von Verfahren nach dem AußStrG und der EO,

3.        Falllösung im Rahmen der Rechtsberatung, Rechtsdurchsetzung und Rechts­verteidigung im Bereich des österreichischen Strafrechtes sowie Verteidigung und Vertretung vor Österreichischen Strafgerichten,

4.        Vertretung im Anwendungsbereich des österreichischen Strafvollzugs­gesetzes,

5.        Falllösung im Rahmen der Rechtsberatung, Rechtsdurchsetzung und Rechts­verteidigung im Bereich des österreichischen Unternehmens- und Gesell­schaftsrechtes einschließlich des Wertpapier- und des Immaterial­güterrechtes sowie Vertretung in Verfahren über den gewerblichen Rechtsschutz,

6.        Vertretung im österreichischen Insolvenzverfahren,

7.        Falllösung im Rahmen der Rechtsberatung, Rechtsdurchsetzung und Rechts­verteidigung im Bereich des österreichischen öffentlichen Rechtes sowie Vertretung im Verwaltungsverfahren einschließlich der Vertretung vor den österreichischen Gerichten des öffentlichen Rechtes und internationalen Gerichtshöfen,

8.        Falllösung und Vertretung im österreichischen Abgabenrecht einschließlich des Finanzstrafverfahrens,

9.        Vertragsgestaltung und Urkundenverfassung und

10.     Berufs- und Standesrecht der Rechtsanwälte, Pflichten als Unternehmer und Dienstgeber, Maßnahmen zur Verhinderung von Geldwäscherei (§ 165 StGB) oder Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) sowie Kostenrecht.

 

§ 1 der Richtlinie für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern (Ausbildungs­richtlinie - RL-RAA; kundgemacht am 28.04.2008 und 09.11.2009 auf der Ö- Homepage x) lautet:

 

(1) Rechtsanwaltsanwärter haben an Ausbildungsveranstaltungen im Ausmaß von mindestens 42 Halbtagen teilzunehmen.

(2) Ausbildungsveranstaltungen von mindestens 24 Halbtagen sind als Voraussetzung für die Ablegung der Rechtsanwaltsprüfung gemäß § 2
Abs 2 RAPG zu besuchen.

(3) Die Rechtsanwaltskammern werden die Teilnahme eines Rechtsanwaltsan­wärters an Ausbildungsveranstaltungen im Ausmaß von mindestens zwölf Halbtagen als rücksichtswürdigen Grund nach § 15 Abs 2 RAO werten.

 

§ 2 RL-RAA besagt:

 

(1) Ausbildungsveranstaltungen dienen der Vorbereitung auf die Rechtsan­waltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt. Sie haben die Fähig­keiten und Kenntnisse im Sinne der Erfordernisse des § 1 RAPG zu vermitteln, wobei auf die Prüfungsgegenstände der Rechtsanwalts­prüfung gemäß § 13 RAPG sowie § 20 RAPG Bedacht zu nehmen ist.

(2) Ein anrechenbarer Ausbildungshalbtag hat mindestens drei Stunden zu umfassen.

 

Nach § 3 RL-RAA haben Rechtsanwaltskammern gemäß § 28 Abs 1 RAO nur solche Veranstaltungen als Ausbildungsveranstaltungen anzuerkennen, die den Kriterien des § 2 entsprechen und in ihrem Sprengel stattfinden.

 

Gemäß § 26 Abs 2 Rechtsanwaltsordnung - RAO (StF RGBl Nr. 96/1868 idF StGBl Nr. 95/1919, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 40/2014) sind, sofern der Ausschuss aus mindestens zehn Mitgliedern besteht, die in § 28 Abs 1 lit b, d, f, g, h, i und m aufgezählten Aufgaben, ferner die Aufsicht über Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, die Beschlussfassung nach § 16 Abs 5 sowie die Zuer­ken­nung von Leistungen aus der Versorgungseinrichtung für den Ausschuss durch eine seiner Abteilungen zu erledigen, soweit dies ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens möglich ist. Die Abteilungen setzen sich aus zumindest drei Mitgliedern des Ausschusses zusammen; ferner sind jeweils zumindest zwei Mitglieder des Ausschusses als Ersatzmitglieder vorzusehen. Der Ausschuss hat die Abteilungen zusammenzusetzen und die Geschäfte unter die Abteilungen zu verteilen.

 

Gemäß § 26 Abs 5 RAO kann gegen den von einer Abteilung für den Ausschuss gefassten Beschluss binnen 14 Tagen nach Zustellung des Beschlusses Vorstellung an den Ausschuss erhoben werden.

 

Nach § 28 Abs 1 lit m RAO gehören zu dem Wirkungskreise des Ausschusses die Durchführung, gegebenenfalls die Anerkennung von für Rechtsanwalts­anwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen gemäß den vom Öster­reichischen Rechtsanwaltskammertag erlassenen Richtlinien.

 

IV.2. Verfahrensgegenständlich ist zu prüfen, ob das von dem Bf besuchte Seminar „Immobilienrechts JourFixe I – L“ den Kriterien des § 2 RL-RAA entspricht und somit nach § 3 RL-RAA als Ausbildungsveranstaltung anzuerkennen ist. Eine Voraussetzung gemäß § 2 Abs 1 RL-RAA ist zunächst, dass die in Frage stehende Veranstaltung auf die Prüfungsgegenstände der Rechtsanwaltsprüfung gemäß § 13 RAPG sowie § 20 RAPG Bedacht nimmt.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind auch solche Ausbildungsveranstaltungen für Rechtsanwaltsanwärter anzuerkennen, die ein breit gestreutes Grundlagenwissen nur in Teilbereichen des Zivil- oder Strafrechts oder des öffentlichen Rechts anbieten, sofern die dort vermittelten Inhalte nicht nur punktuelles Detailwissen zu einzelnen Rechtsfragen darstellen, sondern diese Rechtsfragen in einen für den Auszubildenden nachvollziehbaren Zusammenhang stellen und damit einen repräsentativen Querschnitt über die maßgeblichen Rechtsfragen dieses Fachgebiets liefern (vgl jüngst VwGH 27.01.2016, Zl. Ro 2015/03/0044).

 

Der insgesamt vier Stunden dauernde Vortrag von Doz.(FH) Univ.-Lektor Mag. C K beinhaltete einerseits Ausführungen zur Wohnrechtsnovelle 2015 und die sich daraus ergebenden Änderungen im WEG und im Mietrecht sowie andererseits Ausführungen zum MRG, zum MG sowie zum WEG unter Heranziehung von aktueller OGH-Judikatur.

 

Damit wurden praxisrelevante zivilrechtliche Themen erörtert, die sich fachlich dem Prüfungsgebiet „Bürgerliches Recht“ zuordnen lassen (vgl §§ 13 Z 1 und 20 Z 1 RAPG). Dieser Vortrag hat somit im Wesentlichen prüfungsrelevantes Wissen im Fachgebiet „Bürgerliches Recht“ vermittelt und ist auch aus den Seminarunterlagen eindeutig zu erkennen, dass nicht nur punktuelles Detailwissen zu einzelnen Rechtsfragen vermittelt worden, sondern wurde dieser Teilbereich des Bürgerlichen Rechts ausführlich behandelt.

 

Die referierten Themen der Veranstaltung weisen somit den von § 2 RL-RAA geforderten Bezug zu den Prüfungsfächern der Rechtsanwaltsprüfung auf.

 

IV.3. Als weitere Voraussetzung für die Anrechnung normiert § 2 Abs 1 RL-RAA, dass die besuchten Vorträge auch der Ausbildung zum Rechtsanwalt dienen bzw Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne des § 1 RAPG zu vermitteln haben.

 

IV.3.1. Wie bereits im hg. Erkenntnis vom 27. Juli 2015,
GZ: LVwG-850319/9/HW/MD, ausgeführt worden ist, spricht schon der Wortlaut des § 2 Abs 1 RL-RAA dafür, dass für die Qualifikation einer Veranstaltung als „Ausbildungsveranstaltung“ der Umstand, dass sich die bei der Veranstaltung behandelten Themen den in den §§ 13, 20 RAPG aufgezählten Prüfungsfächern zuordnen lassen, alleine nicht ausreichend ist. Andernfalls wäre aufgrund der umfangreichen Aufzählung des § 20 RAPG nahezu jede Veranstaltung, in der juristische Fachthemen behandelt werden, anrechenbar, sofern sie eine Dauer von zumindest drei Stunden erreicht. Vielmehr kommt es auch darauf an, dass bei der in Frage stehenden Veranstaltung die für die Ausübung des Rechts­anwaltsberufes notwendigen Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne des § 1 RAPG vermittelt werden, also insbesondere die Gewandtheit bei der Einleitung und Besorgung der einem Rechtsanwalt übertragenen öffentlichen und privaten Angelegenheiten sowie die Eignung zur Abfassung von Rechtsurkunden und Rechtsgutachten sowie zum geordneten schriftlichen und mündlichen Vortrag einer Sach- und Rechtslage. Damit entspricht die Ausbildungsrichtlinie auch den Vorgaben des Gesetzgebers des RAPG, der die Ausbildungsveranstaltungen in einen Zusammenhang mit der Rechtsanwaltsprüfung stellt, indem nach § 2
Abs 2 RAPG die Teilnahme an den für Rechtsanwaltsanwärter verbindlich vorge­sehenen Ausbildungsveranstaltungen Voraussetzung für die Ablegung der Rechts­anwaltsprüfung ist, welche wiederum die vorgenannten Fähigkeiten und Kenntnisse nachweisen soll.

 

Der gegenständliche Vortrag kann vor diesem Hintergrund daher nur dann als  Ausbildungsveranstaltung anerkannt werden, wenn er dazu beiträgt, die im § 1 RAPG beschriebenen, für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes notwen­digen Fähigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln. Er muss folglich neben der rein abstrakten Vermittlung von Fachwissen auch die Umsetzung des theore­tischen Wissens in die praktische Anwendung durch den Rechtsanwalt(sanwärter) erleichtern bzw die Behandlung von Rechtsfragen in einen Zusammenhang mit den anwaltlichen Berufsaufgaben stellen, wie der anwaltlichen Beratung, der Vertragsverfassung oder der Prozessführung (vgl dazu Zitta, Konzept eines Ausbildungsprogrammes für die österreichischen Rechtsanwaltsanwärter,
AnwBl 1986, 516).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat jüngst konstatiert, dass die Trennlinie zwischen der Vermittlung von „abstraktem Fachwissen“ einerseits und der Schulung von Kenntnissen und Fähigkeiten für den Rechtsanwaltsberuf andererseits nicht leicht zu ziehen ist, zumal der umfassende Aufgabenbereich eines Rechtsanwalts unter anderem auch die Falllösung im Rahmen einer Rechtsberatung, Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung umfasst, was wiederum entsprechende Kenntnisse der betroffenen Rechtsmaterie voraussetzt. Wird das Fachwissen in der zu beurteilenden Veranstaltung in einer Art und Weise dargeboten, dass es auch für die rechtsanwaltlichen Aufgabenstellungen verwertbar ist, reicht dies für die Anerkennung als Ausbildungsveranstaltung jedenfalls aus, und zwar selbst dann, wen in der Veranstaltung nicht spezifisch auf Rechtsanwälte bzw Rechtsanwaltsanwärter und ihre Tätigkeitsbereiche eingegangen wird (vgl jüngst VwGH 27.01.2016, Zl. Ro 2015/03/0044).

 

IV.3.2. Da der Vortrag Fachwissen, insbesondere auch mit Bezug zu den beruflichen Aufgaben eines Rechtsanwaltes, durch einen ausreichend qualifizierten Referenten geboten hat, ist auch die zweite Voraussetzung hinsichtlich des besuchten Vortrags als erfüllt zu betrachten. Ob als Zielgruppe in erster Linie Rechts­anwälte und Rechtsanwaltsanwärter angesprochen waren, erscheint im Hinblick auf die zitierte höchstgerichtliche Judikatur nicht als vorrangig.

 

Der Umstand, dass zum zweiten Themenbereich – Erörterung des MRG, des MG und des WEG – vorwiegend höchstgerichtliche Judikatur zur Vermittlung des Fachwissens herangezogen wurde, schließt nach Ansicht des erkennenden Gerichtes eine Anerkennung der besuchten Veranstaltung keines­falls aus. Im Gegenteil! Diese Lehrmethode unter Einbeziehung und Besprechung der maßgeblichen Judikatur ist der Ausbildung zum Rechtsanwalt besonders dienlich und gehört zum guten Standard von praxisrelevanten Ausbildungs­veranstaltungen. Dadurch wird dem Rechtsanwaltsanwärter die Umsetzung des theoretischen Wissens in der praktischen Anwendung erleichtert und werden ihm Grundlagen für das anwaltliche Arbeiten vermittelt. Insofern geht es auch um das im Bescheid der belangten Behörde betonte sogenannte „Handwerkszeug“, das der Rechtsanwalt zur Bewältigung seiner Berufsaufgaben benötigt. Die Auslegung höchstgerichtlicher Judikatur ist für die realistische Einschätzung der Chancen auf einen Prozesserfolg im Einzelfall sehr wichtig und stellt eine für den Anwaltsberuf grundlegende Fähigkeit dar. Somit ist die Vermittlung von Fach­wissen anhand von Judikaten als wichtiger Beitrag in der Ausbildung zum Rechts­anwalt zu werten.

 

Die Ansicht der belangten Behörde, dass beim Seminar durch die Referierung der Wohnrechtsnovelle 2015, der Änderungen im WEG und der Judikatur des OGH nur Spezialwissen vermittelt worden sei, das nicht zu den Grundlagen des anwaltlichen Arbeitens bzw der beruflichen Grundbildung gehöre, kann nicht geteilt werden. Ein Vortrag zum Wohn- und Immobilienrecht, insbesondere zum Mietrecht, mit besonderem Bezug zur jüngeren höchstgerichtlichen Judikatur schließt nicht aus, dass damit auch Grundbildung vermittelt wird. Auch die Falllösung in der höchstgerichtlichen Judikatur beruht nicht selten auf Grundlagenwissen, weshalb nicht immer Spezialwissen erforderlich ist. Außerdem lässt sich der unscharfe Begriff „Spezialwissen“ nicht einfach nur den von der belangten Behörde angeführten Kategorien der Fortbildung (im Sinne von Erweiterung des fach­lichen Wissens sowie Anpassung an fachliche Entwicklungen) oder der Weiter­bildung (im Sinne von Spezialisierung der vorhandenen Berufsqualifikation) zuordnen. Ohne auf diese nicht unmittelbar relevante Begrifflichkeit näher eingehen zu müssen, scheint dem erkennenden Richter der von der belangten Behörde dargelegte Begriff der „Weiterbildung“ noch einigermaßen plausibel von dem der „Ausbildung“ abgrenzbar, während der vorgetragene Begriff der „Fortbildung“ diese Grenzziehung nicht zu leisten vermag, zumal das angegebene Kriterium der Erweiterung des fachlichen Wissens (inklusive der Anpassung an fachliche Entwicklungen) im Wesentlichen auch ein Ziel jeder Ausbildung über einen längeren Zeitraum, im Besonderen auch der jahrelangen Ausbildung zum Rechtsanwalt, sein wird.

 

Dass der mehrdeutige Begriff „Spezialwissen“ für sich allein kein geeignetes Unterscheidungsmerkmal sein kann, verdeutlicht schon das Seminarangebot der A, das für die Ausbildung zur Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung häufig den empfohlenen Seminartyp „special“ nennt. Im veröffentlichten Seminar­kalender von 01/2016 bis 12/2016 werden insgesamt 116 Ausbil­dungs­seminare und davon nicht weniger als 56 Seminare vom Typ „special“ angeboten. Dieser Umstand beweist schon, dass es im Rahmen des approbierten Seminarprogramms der A für die Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern oft um die Vermittlung von Spezialwissen und nicht bloß um Grundausbildung geht, für die wohl eher die Seminartypen „basic“, „series“ und „key qualification“ vorgesehen sind.

 

Wenn die belangte Behörde unter Ausbildung eine „breit angelegte berufliche Grundbildung“ und die Vermittlung von „für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit notwendigen fachlichen Fertigkeiten und Kenntnisse“ versteht, so besteht dagegen kein Einwand, weil diese Definition auch genügend Raum für die Vermittlung von Spezialwissen auf wichtigen Gebieten der Aus­übung des Rechtsanwaltsberufes zulässt. Dieses Verständnis von „Ausbildung“ entspricht dem aktuellen Angebot der A mit zahlreichen Ausbildungs­seminaren vom Typ „special“ und ist auch mit der Begriffsbildung der belangten Behörde kompatibel, in der Kenntnisse (impliziert auch notwendige Spezial­kenntnisse!) für die Ausübung einer „qualifizierten beruflichen Tätigkeit“ gefor­dert werden.

 

Viele der im aktuellen Seminarkalender der A angebotenen Ausbildungs­seminare zu ausgewählten Themen (vgl bspw: Arbeitsrecht, Verkehrsunfallanalyse, Mietrecht, Schriftsätze im Zivilprozess, Insolvenzrecht, Intellectual Property, Versicherungsvertragsrecht, Einführung in das Umgründungsrecht, Kapitalmarktrecht, Lauterkeitsrecht, Medienrecht, Kartellrecht – das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Der Liegenschaftsvertrag am Beispiel Wohnungseigentum, Ausgewählte Materien des Exekutionsrechtes, Schwerpunkt Leistungsstörungen: Gewährleistung und Schadenersatz, Verkehrs­unfall und Schadenersatzrecht, Bilanzen lesen und verstehen etc.) werden als Seminartyp „special“ empfohlen. Es erscheint evident, dass die Seminare zu solchen Themen die Vermittlung besonderer Kenntnisse für den fortgeschrittenen Rechtsanwaltsanwärter auf wichtigen Tätigkeitsfeldern des Rechtsanwaltsberufes beinhalten und insofern auch der Erweiterung des fachlichen Grundwissens durch Erwerb von Spezialwissen dienen.

 

Nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich hat die erforder­liche Ausbildung im Sinne des § 1 RAPG zur Ausübung einer „qualifizierten“ beruflichen Tätigkeit nicht nur solides Grundwissen, sondern darüber hinaus auch Spezialkenntnisse auf wichtigen Rechtsgebieten, die für die „qualifizierte“ Aus­übung des Rechtsanwaltsberufes schlechthin bedeutsam sind, zu umfassen. Zu diesen Gebieten zählt jedenfalls auch das Wohn- und Immobilienrechtrecht als besonderer Teil des „Bürgerlichen Rechtes“. Dies belegt das Seminarangebot der A und gilt ungeachtet der fehlenden, aber ohnehin nicht notwendigen Nennung im RAPG als vom Prüfungsgegenstand „Bürgerliches Recht“ mitumfasst. Da es in der anwaltlichen Praxis regelmäßig Berührungspunkte mit Fragen des Wohn- und Immobilienrechts gibt, erscheinen ausreichende Kenntnisse für die „qualifizierte“ Ausübung des Rechtsanwaltsberufes unverzichtbar. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Inhalte des gegenständlichen Vortrages (Ausführungen zur Wohnrechtsnovelle 2015 und die sich daraus ergebenden Änderungen im WEG und im Mietrecht sowie Erörterung auserwählter Bestimmungen im MRG, im MG sowie im WEG) erst als „Weiterbildung“ im Sinne einer Spezialisierung der vorhandenen Berufs­qualifikation anzusehen sind. Der bloße Hinweis der belangten Behörde auf die Vermittlung von Spezialwissen ist keine taugliche Begründung, weil Spezial­wissen auch Gegenstand zahlreicher Ausbildungsveranstaltungen ist. Mit gutem Grund bietet die A die Spezialmaterie Mietrecht schon im Rahmen der Ausbildung von Rechtsanwaltsanwärtern als Seminartyp „special“ an (vgl III.2.2.). Es gehört nämlich zum guten beruflichen Standard eines ausge­bildeten Rechtsanwaltes, im Bereich Wohn- und Immobilienrecht auf dem letzten Stand zu sein.

 

Im Übrigen hat auch der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass die vielfältigen Anforderungen an das Wissen und die Fähigkeiten eines Rechtsanwalts im Allgemeinen, wie sie auch in den Prüfungsgegenständen der Rechtsanwaltsprüfung zum Ausdruck kommen, es erforderlich machen, die Ausbildung des Rechtsanwaltsanwärters so zu gestalten, dass ein breit gestreutes Grundlagenwissen verbunden mit entsprechenden praktischen Fähigkeiten insbesondere zur Rechtsberatung, Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung sowie zum Abfassen von entsprechenden Schriftsätzen und Verträgen, vermittelt wird. Ausbildungsveranstaltungen können nach Ansicht des Höchstgerichtes nur solche sein, die ein entsprechend breit gestreutes Grundlagenwissen und die für den Rechtsanwaltsberuf nötigen Fähigkeiten vermitteln (vgl wiederum VwGH 27.01.2016, Zl. Ro 2015/03/0044).

 

Zusammengefasst steht in Zusammenschau mit dem zitierten Judikat des Verwaltungsgerichtshofes und auch im Hinblick auf das Seminarangebot der A fest, dass nicht nur bei - im Übrigen auch für interessierte Rechts­anwaltsanwärter approbierten - Fortbildungsseminaren (vgl unter III.2.2.), sondern auch bei Ausbildungsseminaren für Rechtsanwaltsanwärter entweder Spezialmaterien (vgl bspw Insolvenzrecht, Intellectual Property, Versicherungsvertragsrecht, Europäisches Wirtschaftsrecht, Medienrecht) oder zumindest Spezialfragen (bspw Ausgewählte Materien des Exekutionsrechtes, Schwerpunkt Leistungsstörungen: Gewährleistung und Schadenersatz, Verkehrs­unfall und Schadenersatzrecht) zu grundlegend prüfungsrelevanten Rechtsge­bieten thematisiert und unter Heranziehung von meist höchstgerichtlicher Judikatur erörtert werden. Die Ansicht der belangten Behörde, dass „Ausbildung“ im Wesentlichen Grund(aus)bildung sei, während Spezialwissen nur im Rahmen von „Fortbildung“ und „Weiterbildung“ des ausgebildeten Rechts­anwaltes eine Rolle spiele, erscheint schon vor dem Hintergrund des Seminar­angebotes der A nicht konsistent und kann mangels einer sachlich überzeugenden Begründung nicht geteilt werden.

 

IV.4. Aus den dargelegten Gründen diente das Seminar „Immobilienrechts JourFixe I – L“, an welchem der Bf teilgenommen hat, der Vorbe­reitung auf die Rechtsanwaltsprüfung und der Ausbildung zum Rechtsanwalt, es hat auf die Prüfungsgegenstände der Rechtsanwaltsprüfung (§§ 13 und 20 RAPG) Bedacht genommen und es wurden für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes notwendige Fähigkeiten und Kenntnisse vermittelt.

 

Gemäß § 2 Z 2 RL-RAA hat ein anrechenbarer Ausbildungshalbtag mindestens drei Stunden zu umfassen. Die von dem Bf besuchte Veranstaltung umfasste vier Stunden Vortrag. Dies entspricht einem anrechenbaren Ausbil­dungs­halbtag.

 

Im Ergebnis war der Beschwerde stattzugeben, der angefochtene Ablehnungs­bescheid aufzuheben und das von dem Bf besuchte Seminar „Immobilienrechts JourFixe I – L“  am 2. März 2015 im Hotel S in L gemäß § 3 RL-RAA als Ausbildungsveranstaltung, die den Kriterien des § 2 RL-RAA entsprochen hat, im Ausmaß von einem Ausbildungshalbtag anzuer­kennen.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Partei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 27.01.2016, Zl. Ro 2015/03/0044; 21.03.2016, Zl. Ro 2016/03/0006-4) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzu­bringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungs­gericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen - von Ausnahmen (vgl § 24 Abs 2 VwGG und § 24 Abs 2 VfGG) abgesehen - durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  W e i ß

 

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 10. Oktober 2016, Zl.: Ra 2016/03/0070-5