LVwG-150635/9/RK/GD

Linz, 06.11.2015

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Roland Kapsammer über die Beschwerde des DI W M, x vom 26.01.2015, in der Rechtssache betreffend die Beschwerde gegen den Bescheid des „Stadtamtes Vöcklabruck vom 19.01.2015, GZ: BP 100/09 Ing. Wi/jw“,

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

    I.        Gem. § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Vöcklabruck vom 22.12.2014, GZ: BP 19/13 Ing. Wi/jw bestätigt.

 

II. Gegen dieses Erkenntnis Erkenntnis ist gem. § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I.1. Mit Bescheid vom 18.05.2010, GZ: BP 100/09 Ing. Wi/jw wurde der Bauwerberin x mbH die Baubewilligung für das Bauvorhaben xsiedlung x (33 Wohnungen mit dazugehörigen Stellplätzen und Kinderspielplatz) erteilt. Herr  DI W M  (im folgenden Bf) hat, wie er selbst betont, in diesem Baubewilligungsverfahren keine Einwände gegen das Bauvorhaben erhoben.

Mit Eingabe vom 21.03.2014 suchte die Bauwerberin nachträglich um Baubewilligung gem. § 28 Oö. BauO 1994 für die Abänderung der Tiefgaragenlüftung, die Änderung der Stiegenläufe im Bereich der Achse x, die Abänderung der Lage und Größe der Müllplätze und den Einbau einer Wohneinheit anstatt des bewilligten „Café L“ an. Im Rahmen des Parteiengehörs wurden die Nachbarn mit Schreiben vom 01.07.2014 über das vorgelegte Projekt informiert und eingeladen, Einsicht zu nehmen und bis spätestens 23.07.2014 eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

 

I.2. Der Bf als  Eigentümer des Grundstücks Nr. x und Nachbar im Sinne des
§ 31 Oö. BauO 1994, beeinspruchte mit Schreiben vom 17.07.2014 die Änderung des gegenständlichen Projekts aus formalrechtlichen Gründen (da die Abänderung der Müllplätze bereits durchgeführt war) und aus Gründen der Umweltauswirkungen und Lebensqualität.

 

I.3. Mit Bescheid vom 22.09.2014 wurde vom Bürgermeister der Stadt Vöcklabruck als Baubehörde erster Instanz die Baubewilligung für die beantragten Abänderungen für die Gebäude xsiedlung x und x unter Auflagen erteilt.

Auf Grund der zitierten Stellungnahme des Bf wurde folgende Auflage vorgeschrieben:

 

„2. Entsprechend dem Außenanlagenplan vom 05.09.2014 sind zumindest 4 Grünstreifen in ausreichender Größe vorzusehen. An der Ecke xstraße/xstraße ist ein einheimischer Laubbaum (Buche, Eiche, Ahorn) mit einem Stammumfang von 25 – 30 cm zu setzen. In die restlichen Grünstreifen sind Sträucher mit einer Höhe von zumindest 1,5 m zu setzen. Weiters ist die straßenseitige Außenwand des Müllraumes mit immergrünen Kletterpflanzen zu bepflanzen, die auch im Winter das Laub nicht abwerfen.“

 

 

I.4. Gegen diesen Bescheid erhob der Bf am 07.10.2014 rechtzeitig Berufung unter Anführung folgender Punkte:

- Die Auflage 2. entspreche nicht den Originalplänen und der getroffenen Vereinbarung und stelle eine eklatante Verkürzung der Grünflächen dar.

- Mangelnde Behördenaufsicht und Desinteresse aufgrund späterer Rechtfertigung einer bewilligungslosen Änderung.

- Der Befund des technischen Amtssachverständigen in Bezug auf die Zusammenlegung von zwei Müllplätzen unter Integrierung des Fahrradabstellplatzes sei eine wesentliche Veränderung der Ostfassade des Bauvorhabens.

- Negative Auswirkungen auf Umwelt und Lebensqualität durch konzentrierte Müllsammelplätze, überproportionale Baudichte, erweiterte vertikale Betonflächen, Schallreflektion, verminderte Begrünungsmöglichkeiten, keine Lärmpegelmessungen, optische Ausgeglichenheit.

- Die vertikale Betonwand mit 4 Metern Länge sei unzumutbar und abzuändern; immergrüne Kletterpflanzen wurden vereinbart.

- Neben Fahrbahn und Gehsteig wurden großzügige Asphaltzonen verlegt, die eine Asphalt/Betonwüste konstituieren und als Erholungs- und Ruhefläche völlig ungeeignet seien.

- Mangelhafte Parkplatzsituation

- Unzureichende Straßenbeleuchtung

- Unzureichende Baustellenkoordination durch Stadtpolizei und Behörde

 

Zusammenfassend hielt der Bf fest, dass eine völlige Neugestaltung der M-P-Straße und des Grundstücks des Bauwerbers als sinnvoll erachtet werde.

 

I.5. Mit dem nun angefochtenen Berufungsbescheid des Gemeinderats der Stadt Vöcklabruck (in der Folge: belangte Behörde) vom 22.12.2014 wurde die Berufung auf Rechtsgrundlage des § 31 Oö. BauO 1994 als zurück- bzw. als unbegründet abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass hinsichtlich der Themen Asphalt/Betonwüste, Parkplatzsituation, Erholungs- und Grünflächen, Gestaltung öffentlicher Verkehrsflächen und optischer Ausgeglichenheit keine subjektiven Nachbarrechte bestünden und diese Einwendungen zurückzuweisen seien.

Die Ausführungen zur „bewilligungslosen Änderung“ wies die belangte Behörde unter Bezugnahme auf § 49 Oö. BauO 1994 (nachträgliche Bewilligung) zurück. Das Vorbringen, es handle sich um eine wesentliche Veränderung der Ostfassade, wurde zurückgewiesen, da die belangte Behörde darin keinen konkreten Einwand sah. Hinsichtlich der negativen Auswirkungen auf Umwelt und Lebensqualität begründete die Behörde, dass die Geltendmachung einer besonderen Immissionsbelastung im Einwand des Bf nicht erkannt werden könne.

 

I.6. Der Bf erhob am 26.01.2015 fristgerecht Beschwerde gegen den „Bescheid des Stadtamtes vom 19.01.2015“, die dem erkennenden Gericht am 02.04.2015 vorgelegt wurde und beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung. Aufgrund der vorgelegten mangelhaften Beschwerde (falsche Behördenbezeichnung, unklares Bescheiddatum, fragliches Begehren, mangelnde Anführung verletzter subjektiver Rechte und Verweise auf nicht angeschlossene Schriftstücke) erteilte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich dem Bf einen Verbesserungsauftrag. Der Bf schickte ein kurzes Antwortschreiben, dem er drei Schreiben (vom 17.07.2014, 07.10.2014, 15.09.2014) anschloss.

 

Begründet wurde die Beschwerde mit folgenden Stichwörtern:

1.   „Abänderung der gesamten Ostfassade des Gebäudes ohne Genehmigung

2.   Unterlassung der im Originalplan vorgesehenen Grünflächen

3.   Erhebliche negative Auswirkungen auf Umwelt und Lebensqualität: Lärm, Verunreinigung

4.   Nicht existierende Koordinierung von Großbaustellen in Wohngebieten

5.   Nichtbeachtung wohnstraßengerechter Gestaltung von Fahrbahnen und Gehsteigen sowie der anschließenden Privatgründe

6.   Exzessive Bodenversiegelung und Verdichtung der Bausubstanz im Stadtzentrum, insbesondere im Widerspruch zu den vielseitigen „ökologischen“ Verpflichtungen und Abkommen, die das Stadtamt Vöcklabruck einging.

7.   Eklatanter Widerspruch im Agieren des Stadtamtes Vöcklabruck bei der Schaffung von „Grünzonen“ in verschiedenen Teilen des Stadtgebietes, u.a. Nachbarschaftsgarten in D, U G und B im Stadtzentrum

8.   Mangelnde Kontrollen von Umweltauflagen in der Bauphase (Grünzonen, Lärm, Kontaminierung)

9.   Falsche Beurteilungen von Sachverständigengutachten durch das Stadtamt

10.               Missachtung demokratischer Spielregeln in Gemeinderatssitzungen (29.09/2014)

11.               Schaffung von Parkplätzen nicht gesetzeskonform

12.               Straßenbeleuchtung der Wohnstraße xstraße in Vöcklabruck nicht ausreichend

13.               Aberkennung des Parteiengehörs und der Nachbarschaftsrechte durch den Gemeinderat der Stadt Vöcklabruck“

 

Der Bf begehrte die originalplangetreue Herstellung der Ostfassade des Bauvorhabens, die Einbindung der derzeitigen Bewohner der Wohnanlage betreffend die Umgestaltung der M-P-Straße in eine wohnstraßengerechte, menschen- und umweltfreundliche Zone, die Gleichbehandlung verschiedener Stadtteile betreffend Grünraumgestaltung durch das Stadtamt, die Erweiterung und Verbesserung der bestehenden Minimalbegrünung in der M-P-Straße sowie deren effektive und nachhaltige Kontrolle durch das Stadtamt Vöcklabruck, die Wiederherstellung seines Parteiengehörs und der Nachbarschaftsrechte.

 

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und Anforderung einer Beschwerdeverbesserung gem. §§ 13 Abs. 3 AVG iVm 17 VwGVG. Der unter I. dargestellte Sachverhalt ergibt sich daraus widerspruchsfrei.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hielt die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG für nicht erforderlich. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist geklärt. In der Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatsachenfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte.

 

 

III. Gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

 

Nach § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Gem. Abs. 4 leg. cit. kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66, in der anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 90/2013 lauten:

 

 

§ 31

Einwendungen der Nachbarn

 

(1) Nachbarn sind   

1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;

 

[…]

 

(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.

 

(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauwerke nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauwerke auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, dass die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.

 

[…]

 

 

§ 34, 2. Satz

Änderungen des Bauvorhabens im Zug des Verfahrens

 

Wurde schon eine Bauverhandlung durchgeführt, kann eine neuerliche Bauverhandlung entfallen, wenn die Änderung im Vergleich zum verhandelten Bauvorhaben unwesentlich ist und das Parteiengehör auf eine andere Weise gewahrt wird.

 

 

 

§ 39

Beginn der Bauausführung, Planabweichungen

 

(2) Vom bewilligten Bauvorhaben darf - sofern nicht Abs. 3 oder 4 zur Anwendung kommt - nur mit Bewilligung der Baubehörde abgewichen werden. § 34 gilt sinngemäß.

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Einleitend muss ausgeführt werden, dass das erkennende Gericht aufgrund der vorgelegten Mängel in der Beschwerde (falsche Behördenbezeichnung, unklares Bescheiddatum, fragliches Begehren, mangelnde Anführung verletzter subjektiver Rechte und Verweise auf nicht angeschlossene Schriftstücke) dem Bf einen Verbesserungsauftrag erteilte.

 

Der Bf schickte ein kurzes Antwortschreiben, dem er drei Schreiben (vom 17.07.2014, 07.10.2014, 15.09.2014) anschloss.

Auch in diesem Schreiben des Bf wurde der bekämpfte Bescheid mit falschem Datum und Angabe einer falschen Behörde bezeichnet. Da die belangte Behörde jedoch mit dem Vorlageschreiben einen Bescheid vorlegte, der im Gesamtkontext mit dem Inhalt und Angaben des Bf übereinstimmte, kommt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zum Schluss, dass der Bf den oben angeführten Bescheid (des Gemeinderates der Stadtgemeinde Vöcklabruck vom 22.12.2014, GZ: BP 19/13 Ing. Wi/jw) bekämpfen möchte.

 

IV.2. Der Beschwerde zufolge fühlt sich der Bf durch die „Aberkennung des Parteiengehörs und der Nachbarschaftsrechte“ (BP 13) durch die belangte Behörde beschwert.

 

Der Bf ist unstrittig Nachbar iSd § 31 Oö. BauO 1994.

Vorweg ist festzuhalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt ist:

Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (VwGH 28.04.2006, Zl. 2004/05/0257).

Der Nachbar kann nach der oberösterreichischen Rechtslage im Baubewilligungsverfahren daher nur eine Verletzung seiner ihm vom Gesetz eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen (vgl. als Beispiel für viele etwa das Erkenntnis des VwGH vom 12.6.2012, Zl. 2009/05/0105, mwN).

Infolge sind die vorliegenden öffentlich-rechtlichen Einwendungen gem. § 31 Abs. 4 Oö. BauO 1994 zu prüfen, wonach öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen sind, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen.

Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.

 

 

IV.3. Nach der Rechtsprechung des VwGH (VwGH 16.06.1992, Zl. 88/05/0246) gilt für Abweichungen vom „bewilligten Bauvorhaben“ § 39 Abs. 2 Oö. BauO 1994:  „Vom bewilligten Bauvorhaben darf - sofern nicht Abs. 3 oder 4 zur Anwendung kommt - nur mit Bewilligung der Baubehörde abgewichen werden. § 34 gilt sinngemäß.“ Dies bedeutet, dass in diesem Fall die Verfahrensvereinfachungen des § 34 Oö. BauO 1994 sinngemäß anzuwenden sind.

Gem. § 34, 2. Satz leg. cit. kann eine neuerliche Bauverhandlung entfallen, wenn die Änderung im Vergleich zum verhandelten Bauvorhaben unwesentlich ist und das Parteiengehör auf eine andere Weise gewahrt wird.

Vor diesem Hintergrund war zu prüfen, ob eine unwesentliche Projektänderung im Sinne dieser Bestimmung vorliegt. Im Sinne der Rechtsprechung des VwGH darf eine Modifikation des Bauvorhabens jedenfalls nicht das Wesen des Bauvorhabens treffen (VwGH 24.04.1990, Zl. 89/05/0044 mit Hinweis E 10.9.1979, 2041/79, VwSlg 10526 A/1979). Im gegenständlichen nachträglichen Bewilligungsverfahren wurde das Bauprojekt hinsichtlich der Tiefgaragenlüftung, der Änderung der Stiegenläufe, der Zusammenfassung von zwei Müllsammelplätzen auf einen und der Einbau einer Wohneinheit anstatt des bewilligten „Café L“ verändert. Im Vergleich zum ursprünglich bewilligten Neubau einer mehrgeschossigen Wohnanlage im Ausmaß von 33 Wohnungen mit dazugehörigen Stellplätzen und Kinderspielplätzen sind im gegenständlichen Fall Änderungen zu bewilligen, die das Wesen des Bauvorhabens nicht verändern, sondern lediglich Adaptierungen darstellen, die im Sinne der Oö. BauO 1994 eine unwesentliche Projektänderung darstellen.

Vor diesem Hintergrund hat die Baubehörde die Nachbarn mit Schreiben vom 01.07.2014 über das vorgelegte Projekt informiert und eingeladen, Einsicht zu nehmen und bis spätestens 23.07.2014 eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. Dadurch wurde dem § 34 leg. cit. entsprochen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH ermöglicht eine Projektänderung neue Einwendungen nicht in den Bereichen, in denen das bisherige Projekt überhaupt nicht geändert worden ist (vgl. dazu VwGH 19.09.2000, Zl. 98/05/0171, 15.09.1992, Zl. 92/05/0020). Dies bedeutet, dass Einwendungen der Nachbarn nur hinsichtlich der nachträglich am 21.03.2014  beantragten Abänderung des bewilligten Bauprojektes zu prüfen sind und andere Einwendungen nicht zulässig sind. Somit sind jene Einwendungen des Bf, welche die Abänderung der Tiefgaragenlüftung, die Änderung der Stiegenläufe im Bereich der Achse x, die Abänderung der Lage und Größe der Müllplätze und der Einbau einer Wohneinheit anstatt des bewilligten „Cafe L“ betreffen vom erkennenden Gericht zu prüfen:

 

Die folgenden Beschwerdepunkte wären vom Bf bereits im Baubewilligungsverfahren vorzubringen gewesen und sind im gegenständlichen Verfahren aufgrund der oben angeführten Rechtsprechung als unzulässig zurückzuweisen:

1. Abänderung der gesamten Ostfassade des Gebäudes ohne Genehmigung

2. Unterlassung der im Originalplan vorgesehenen Grünflächen

4. Nicht existierende Koordinierung von Großbaustellen in Wohngebieten

5. Nichtbeachtung wohnstraßengerechter Gestaltung von Fahrbahnen und Gehsteigen sowie der anschließenden Privatgründe

6. Exzessive Bodenversiegelung und Verdichtung der Bausubstanz im Stadtzentrum, insbesondere im Widerspruch zu den vielseitigen „ökologischen“ Verpflichtungen und Abkommen, die das Stadtamt Vöcklabruck einging.

7. Eklatanter Widerspruch im Agieren des Stadtamtes Vöcklabruck bei der Schaffung von „Grünzonen“ in verschiedenen Teilen des Stadtgebietes, u.a. Nachbarschaftsgarten in D, U G und B im Stadtzentrum

8. Mangelnde Kontrollen von Umweltauflagen in der Bauphase (Grünzonen, Lärm, Kontaminierung)

10. Missachtung demokratischer Spielregeln in Gemeinderatssitzungen (29.09/2014)

Politische Anfragen im Gemeinderat sind nicht Gegenstand der hier behandelten Baubewilligung und tragen in keiner Weise zur Lösung gegenständlicher Rechtsfrage bei. Was nicht Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens ist, kann nicht Gegenstand der Verletzung eines Nachbarrechtes sein und ist daher auch keine Einwendung im Sinne des Gesetzes (VwGH 13.06.1979, Zl. 49/79), weswegen der Beschwerdepunkt als unzulässig zurückzuweisen ist.

11. Schaffung von Parkplätzen nicht gesetzeskonform

Entsprechend der ständigen Rechtsprechung bewirken Vorschriften über die Schaffung von Stellplätzen und Garagen keine subjektiven Rechte der Nachbarn (VwGH 12.11.1991, Zl. 91/05/0169; 15.12.1994, Zl. 91/06/0065). Vor diesem Hintergrund ist der Einwand des Bf als unzulässig zurückzuweisen.

12. Straßenbeleuchtung der Wohnstraße xstraße in Vöcklabruck nicht ausreichend.

 

IV.4. In Zusammenhang mit Beschwerdepunkt „3. Erhebliche negative Auswirkungen auf Umwelt und Lebensqualität: Lärm, Verunreinigung“ führt der Bf in den Beilagen 1 und 2 aus, dass konzentrierte Müllsammelplätze und Fahrradunterstände überproportionale Baudichte verursachen. Stichwortartig werden erweiterte vertikale Betonflächen bis weit über Augenhöhe und vergrößerte horizontale Asphaltflächen angeführt, ohne konkreten Hinweis darauf in welchem Recht sich der Bf verletzt erachtet. Weiters moniert der Bf, es gäbe erhöhte Lärmbelästigung durch Schallreflektion, verminderte Möglichkeiten der Begrünung und gesteigerte Kontaminierung auf engstem Raum. Laut Bf verursachen konzentrierte Müllsammelplätze eine überproportionale Baudichte und das Sachverständigengutachten enthalte keine Angaben zur konzentriert auftretenden Kontaminierung durch erweiterte Müllsammelplätze.

Der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 23.01.1996, Zl. 95/05/0004; 28.03.1995, Zl. 95/05/0016 mwN) zufolge, haben die Nachbarn die mit dem Wohnen (in einem Wohnhaus mit den dazugehörigen Stellplätzen) üblicherweise verbundenen Immissionen hinzunehmen.

Der Bf weist in allgemein gehaltener Weise auf Lärm und Verunreinigung hin und bringt in seinem Beschwerdepunkt keine Argumente vor, die auf eine überdurchschnittliche Immissionsbelastung hinweisen würden. Aus dem vorgelegten Sachverhalt lassen sich keine Hinweise auf eine überdurchschnittliche Immissionsbelastung entnehmen. Da der Müllsammelplatz eingehaust wurde und auf Begehren des Bf eine Begrünung vorgesehen wurde, ist von keiner überdurchschnittlichen Immissionsbelastung auszugehen. Vor diesem Hintergrund ist dieser Beschwerdepunkt abzuweisen.

 

In diesem Zusammenhang führt der Bf in seinem Beschwerdepunkt „9. Falsche Beurteilungen von Sachverständigengutachten durch das Stadtamt“ in der Beilage zur Beschwerde Nr. 2 an, dass der Befund des Sachverständigen keine vergleichenden Studien oder an Ort und Stelle durchgeführte Lärmpegelmessungen, keine Angaben zur konzentriert auftretenden Kontaminierung durch erweiterte Müllsammelplätze enthalte und aus technischer Sicht als nicht ausreichend begründet zu bewerten sei. Im Befund werde keinerlei Rücksicht auf die optische Ausgeglichenheit der Gesamtanlage und der Planung als Wohnstraße genommen. Der Bf bemängelt offenkundig den Inhalt des Sachverständigengutachtens auf fachlicher Ebene.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss einem tauglichen Sachverständigengutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten werden (VwGH 20.02.1992, Zl. 91/09/0154). Nachdem der Bf sich nicht auf gleicher fachlicher Ebene geäußert hat, geht dieser Einwand des Bf ins Leere.

Darüber hinaus sei darauf hingewiesen, dass die Verfahrensrechte des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nicht weiter gehen als seine materiell rechtlichen Ansprüche. Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine Nachbarbeschwerde nur dann erfolgreich sein kann, wenn die im § 31 Abs. 4 BauO 1994 angesprochenen Rechte verletzt sind (VwGH 15.02.2011, Zl. 2009/05/0003 mwN).

Da im gegenständlichen Fall die Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte nicht vorliegen, können Verfahrensmängel durch den Bf nicht geltend gemacht werden.

 

IV.5. Nachträgliche Genehmigung

Mit Bescheid vom 18.05.2010, GZ: BP 100/09 Ing. Wi/jw, wurde der Bauwerberin x mbH die Baubewilligung für das Bauvorhaben xsiedlung x erteilt. Der Bf hat, wie er selbst betont, in diesem Baubewilligungsverfahren keine Einwände gegen das Bauvorhaben xsiedlung x erhoben. Mit Eingabe vom 21.03.2014 suchte die Bauwerberin nachträglich um Baubewilligung gem. § 28 Oö. BauO 1994 für die Abänderung der Tiefgaragenlüftung, die Änderung der Stiegenläufe im Bereich der Achse x, die Abänderung der Lage und Größe der Müllplätze und der Einbau einer Wohneinheit anstatt des bewilligten „Cafe L“ an.

 

Der Bf beeinsprucht die Änderung des vorgelegten Projektes aus formalrechtlichen Gründen, da die Abänderung der Müllplätze bereits Monate vor Einräumung des Parteiengehörs errichtet worden waren und moniert eine eklatante Verhöhnung der Anrainerrechte.

 

In Betracht auf die Nachbarrechte wird auf die Bestimmungen der Oö. BauO 1994 verwiesen, die in den §§ 39 und 49 die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung vorsieht. Die gegenständliche Abweichung vom Originalplan wurde gem. §§ 39 iVm  34 Oö. BauO 1994 ohne neuerliche Bauverhandlung durchgeführt indem das Parteiengehör der Nachbarn nachweislich auf schriftlichem Wege gewährt wurde. Insofern ist die Behörde korrekt vorgegangen und Nachbarrechte wurden nicht verletzt. Darüber hinaus sei auf die unter IV.4. angeführte ständige Rechtsprechung hingewiesen, nach welcher die Verfahrensrechte des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nicht weiter gehen als seine materiell rechtlichen Ansprüche, der zufolge dieser Einwand des Bf zurückgewiesen wird.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

IV.6.  Fristsetzungsantrag:

Mit Eingabe vom 28.09.2015, eingelangt beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 29.09.2015, stellte der Bf einen Fristsetzungsantrag gem. § 38 VwGG.  Da dieser Antrag vor Ablauf der sechsmonatigen Entscheidungsfrist und somit zu früh gestellt wurde, war er zurückzuweisen was durch das Erkenntnis LVwG-150635/7/RK/GD geschah.

 

 

V. Zusammengefasst bringt der Bf größtenteils Einwendungen vor, die er bereits im ursprünglichen Baubewilligungsverfahren erheben hätte müssen und die daher im gegenständlichen Verfahren als unzulässig zurückzuweisen waren. In Zusammenhang mit den angeführten verfahrensrechtlichen Mängeln  wird auf die ständige Rechtsprechung des VwGH verwiesen, nach der die Verfahrensrechte des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nicht weiter gehen als seine materiell rechtlichen Ansprüche.

Gem. § 31 Abs. 4 Oö. BauO 1994 haben Nachbarn ein subjektives Recht auf Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen, jedoch wurden vom Bf keine substantiellen Einwendungen im Sinne des Gesetzes erhoben und musste dieser Beschwerdepunkt abgewiesen werden.

 

 

 

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. dazu die im Erkenntnis zitierte höchstgerichtliche Judikatur). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.-- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Dr. Roland Kapsammer