LVwG-350229/2/KLi/PP

Linz, 15.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die (undatierte) Beschwerde des Mag. Dr. S. W., geb. x, x, E., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11.2.2016, GZ: SJF, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs (Bedarfsorientierte Mindestsicherung)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 11.2.2016, GZ: SJF, wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 14.12.2015 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs gemäß Oö. BMSG in Anwendung der Bestimmungen der §§ 27, 30 Oö. BMSG zurück­gewiesen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26.1.2016 im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht ersucht wurde, die zur Durchführung des Verfahrens erforderlichen Unterlagen, und zwar Kontoauszüge der letzten sechs Monate für beide Ehegatten, AMS-Terminvormerkungen für beide Ehegatten, den Nachweis der Höhe der Alimente für S. W., Schulbesuchsbestätigungen, Schulbesuchsbestätigung S. W. bzw. AMS-Anmeldung, Einkommensnachweise, Vermögensnachweise (Sparbücher, Bausparverträge, Lebensversicherung, Wertpapierdepot), Familienbeihilfen­bescheid, Nachweise darüber, wovon der Lebensunterhalt bislang bestritten werden konnte, beizubringen. In diesem Schreiben sei der Beschwerdeführer nachweislich darauf hingewiesen worden, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt worden sei, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen könne.

 

In rechtlicher Hinsicht sei dazu Nachfolgendes auszuführen: Gemäß § 30 Abs. 1 Oö. BMSG sei die hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht seien insbesondere die zur Durchführung des Verfahrens
1. erforderlichen Angaben zu machen, 2. erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen und 3. erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen. Komme eine hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) ihrer Mitwirkungspflicht innerhalb angemessener Frist nicht nach, könne die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt worden sei, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen. Voraussetzung dafür sei, dass die hilfesuchende Person oder ihr Vertreter nachweislich auf die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden sei.

 

Da der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei, fehle für seinen Antrag die Entscheidungsgrundlage. Es sei somit spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die undatierte und am 2.3.2016 bei der belangten Behörde eingelangte Beschwerde.

 

Der Beschwerdeführer führt aus, dass der Bescheid zu früh zurückgewiesen worden sei. Es sei nicht die volle Verbesserungsfrist abgewartet worden. Gemäß Zustellgesetz hätte eine Frist plus Postlauf abgewartet werden müssen, was in diesem Fall nicht angewendet worden sei. Nachdem die Behörde sich wochenlang (fast monatelang) mit der Bearbeitung des ursprünglichen Bescheides Zeit gelassen habe, könne scheinbar mit der Zurückweisung nicht einmal die gewährte (ohnehin kurze) Verbesserungsfrist abgewartet werden. Es lasse dies fast einen Belastungszwang der Behörde vermuten. Der Beschwerdeführer sei damit in seinen verfassungsgesetzlichen Rechten auf Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz (Art. 7 B-VG, Art. 2 StGG), sowie dem Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art. 5 StGG, Art. 1 1. ZPEMRK) verletzt. Weiters sei das Schikaneverbot von Behörden verletzt worden.

 

Die Beibringung der zur Verbesserung aufgetragenen Unterlagen sei dem Beschwerdeführer innerhalb der gegebenen Frist unmöglich gewesen. Es sei unter Anderem der Familienbeihilfenbescheid des Finanzamtes verlangt worden. Dieser sei jedoch dem Beschwerdeführer nicht in offener Frist zugestellt worden, sodass eine Beibringung desselben dem Beschwerdeführer nicht nur nicht zumutbar sondern unmöglich gewesen sei.

 

Es sei die Beibringung von Unterlagen aufgetragen worden, die für das gegen­ständliche Verfahren nicht zweckdienlich und damit gegenstandslos gewesen seien. Eine Schulbesuchsbestätigung für den Stiefsohn des Beschwerdeführers bzw. AMS-Anmeldung sei für die Entscheidung im gegenständlichen Verfahren nicht zweckdienlich und rechtlich auch nicht vorgeschrieben (Legalitätsprinzip) – insbesondere deshalb, weil sich der Stiefsohn in der Vorbereitung auf die US-amerikanische Externistenmatura befinde. Der Beschwerdeführer sei mit seiner Familie, wegen schwerer Krankheit seiner Gattin, überhastet aus den USA nach Österreich gezogen. Es gebe für diese Externisten-Matura auch keine Schul­besuchsbestätigung und sei eine Anmeldung beim AMS nicht indiziert und auch für die Zuerkennung der bedarfsorientierten Mindestsicherung nicht vor­geschrieben. Die beschwerte Behörde habe zu erklären, wieso eine solche bei einem Angehörigen bestehe, der nicht mehr der Schulpflicht unterliege. Darüber hinaus habe die beschwerte Behörde keinerlei Autorität, den Schulbesuch von Jugendlichen zu überprüfen, selbst wenn diese der Schulpflicht unterliegen würden. Aus diesem Grund würden auch keine Schulbesuchsbestätigungen der anderen beiden Kinder vorgelegt, da diese in häuslichem Heimunterricht geschult würden, wie dies in Österreich nach geltender Rechtslage erlaubt sei. Die Behörde verlange hier wieder Unterlagen, die nicht beigebracht werden könnten und die sie auch nicht befugt sei zu überprüfen. Eine AMS-Terminvormerkung könne für die Gattin des Beschwerdeführers nicht vorgelegt werden, da diese wie bereits angeführt und auch telefonisch gegenüber der Behörde ausgeführt, nicht arbeitsfähig sei. Es werde weiters ein Nachweis für die Alimente des Sohnes verlangt, nicht jedoch ein Nachweis für die Alimente, die der Beschwerdeführer bezahle. Wieder würden nur belastende Fakten gewürdigt und nicht entlastende. Einkommensnachweise gäbe es keine, da der Beschwerdeführer zu dieser Zeit kein Einkommen erzielt hätte und auch im Jahre 2015 überhaupt kein in Österreich zu versteuerndes Einkommen erzielt habe. Es würden auch keine Sparbücher, Wertpapierdepots etc. noch (Er-)Lebensversicherungen vorliegen. Der Lebensunterhalt sei bisher (Zeit seit der Antragsstellung) von mageren Ersparnissen bzw. Privathilfen (Darlehen etc.) bestritten worden. Der Beschwerdeführer könne auch jetzt keinen Termin beim AMS nachweisen, da er inzwischen ein mageres Einkommen erziele.

 

Aus diesen Gründen werde beantragt, den gegenständlichen Bescheid aufzuheben, das Verfahren in seinen ursprünglichen Stand zu heben und aufgrund der Fakten, einen Bescheid in rem zu erlassen.

 

Alles in allem sei das Agieren der Behörde doch etwas besorgniserregend, da es sich bei Antragstellern üblicherweise um Menschen in Not handle, die nicht belastend behandelt werden sollten. Der Beschwerdeführer sei zum ersten Mal auf solche Hilfe angewiesen und sei sehr besorgt über solches Agieren. Gleichzeitig sei sich der Beschwerdeführer darüber im Klaren, dass die Behörde den Steuerzahlern gegenüber für die Ermöglichung etwaigen Sozialbetruges verantwortlich sei.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Mit Anträgen vom 10.12.2015 beantragte der Beschwerdeführer für sich sowie seine Familienangehörigen, nämlich seine Ehegattin, M. W., seinen Stiefsohn S. W., seinem Sohn J. W. und seine Tochter S. W. bedarfsorientierte Mindestsicherung.

 

Seinem Antrag legte der Beschwerdeführer Kontoauszüge sowie Ausweiskopien von sich selbst und seinen Familienmitgliedern vor. Weiters erklärte er an Eides statt, in der Wohnung seiner Mutter mietfrei zu wohnen, keine Fahrzeuge zu besitzen und über kein Vermögen zu verfügen. Weitere Unterlagen wurden dem Antrag nicht beigelegt.

 

II.2. Mit Schreiben vom 26.1.2016 wurde der Beschwerdeführer auf seine Mitwirkungspflicht gemäß § 30 Oö. BMSG hingewiesen.

 

Dieses Schreiben hatte nachfolgenden Inhalt:

 

Sie haben mit Antrag vom 04.12.2015 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und Wohnbedarfs beantragt.

Sie sind gemäß § 30 Abs. 1 Oö. BMSG verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht sind insbesondere die zur Durchführung des Verfahrens

1.  erforderlichen Angaben zu machen

2.  erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen und

3.  erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen.

 

Sie werden daher ersucht, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Schreibens

• folgende Urkunden bzw. Unterlagen beizubringen:

a.    Kontoauszüge der letzten 6 Monate beide Ehegatten

b.    AMS-Terminvormerkungen beide Ehegatten

c.    Nachweis der Höhe der Alimente für W. S.

d.    Schulbesuchsbestätigungen

e.    Schulbesuchsbestätigung W. S. bzw. AMS-Anmeldung

f.     Einkommensnachweise

g.    Vermögensnachweise (Sparbücher, Bausparveträge, Lebensversicherung, Wertpapierdepot)

h.   Familienbeihilfenbescheid

i.     Nachweise darüber, wovon der Lebensunterhalt bislang bestritten werden konnte

 

Hinweis:

Wenn Sie Ihrer Mitwirkungspflicht innerhalb der angegebenen Frist nicht nachkommen, kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, so­weit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen.

Dieses Schreiben gilt als nachweislicher Hinweis gemäß § 30 Abs. 2 Oö. BMSG.

 

II.3. Am selben Tag (26.1.2016) nahm der Beschwerdeführer telefonisch Kontakt mit der belangten Behörde auf und erkundigte sich nach dem Stand des Verfahrens. Ihm wurde berichtet, dass am selben Tag ein Verbesserungsauftrag an ihn ergangen ist. Nachdem der Beschwerdeführer wissen wollte, welche Unterlagen von ihm verlangt werden, wurde ihm dies erklärt. Der Beschwerde­führer teilte daraufhin mit, dass er nicht einsehe, sich beim AMS anmelden zu müssen und dies auch nicht im Gesetz stehen würde und er stehe dem Arbeitsmarkt ja sowieso zur Verfügung.

 

II.4. Der Verbesserungsauftrag vom 26.1.2016 wurde dem Beschwerdeführer mittels RSb-Sendung übermittelt. Sie wurde vom Beschwerdeführer am 28.1.2016 übernommen. Während der 14-tägigen Frist ist der Beschwerdeführer der Aufforderung der belangten Behörde nicht nachgekommen.

 

Nachdem der Beschwerdeführer den Verbesserungsauftrag am 28.1.2016 über­nommen hatte, endete die Frist zur Vorlage der Unterlagen (Verbesserung) am 11.2.2016.

 

Der Beschwerdeführer hat das Schreiben der belangten Behörde innerhalb offener Frist nicht beantwortet und keine Unterlagen vorgelegt.

 

II.5. Daraufhin erging der angefochtene Bescheid der belangten Behörde vom 11.2.2016, GZ: SJF, der zudem den Hinweis enthält, dass mit diesem Bescheid keine inhaltliche Entscheidung über den Antrag erfolgt ist, jedoch unter Hinweis auf die geforderte Mitwirkungspflicht eine neuerliche Antragstellung möglich ist.

 

II.6. Am 2.3.2016 langte bei der belangten Behörde die undatierte Beschwerde des Beschwerdeführers ein, mit welcher ein ELDA-Auszug der Oö. GKK betreffend den Beschwerdeführer, eine Niederschrift über einen Unterhaltsvergleich betreffend seinen Stiefsohn, Kontoauszüge sowie eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe vorgelegt wurden.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Die persönlichen Verhältnisse und die Antragstellung des Beschwerde­führers für sich und seine Familienmitglieder gehen aus dem Akteninhalt hervor. Weitere Erhebungen zur Antragstellung selbst waren insofern nicht erforderlich.

 

III.2. Der weitere Verfahrensverlauf ergibt sich ebenfalls aus dem Akt der belangten Behörde. Aus diesem geht zunächst der Auftrag zur Verbesserung mit den von der Behörde geforderten Unterlagen sowie das Telefongespräch mit dem Beschwerdeführer hervor. Weiters ergibt sich auch, dass der Beschwerdeführer innerhalb der ihm gesetzten Verbesserungsfrist keine Unterlagen vorgelegt hat.

 

III.3. Letzten Endes ergibt sich bereits aus dem Akteninhalt, dass allfällige Unterlagen erst mit der Beschwerde vorgelegt wurden. Insofern konnte von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden, das bereits der Akteninhalt erkennen lässt, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt (§ 24 VwGVG).

 

 

IV. Rechtslage:

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Oö. BMSG setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindest­sicherung einen vorherigen Antrag voraus. Sie ist auch ohne Antrag anzubieten, wenn Umstände bekannt werden, die eine Hilfeleistung erforderlich machen.

 

Gemäß § 28 Abs. 5 Oö. BMSG sind im Antrag auf bedarfsorientierte Mindest­sicherung folgende Angaben zu machen und durch entsprechende Nachweise zu belegen:

1. zur Person und Familien- bzw. Haushaltssituation;

2. aktuelle Einkommens- und Vermögenssituation;

3. Wohnsituation;

4. zum Daueraufenthalt gemäß § 4 Abs. 1 Z 2, soweit die fremdenrechtlichen Vorschriften Dokumente zu dessen Nachweis vorsehen.

 

Gemäß § 30 Abs. 1 Oö. BMSG ist die hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzu­wirken. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht sind insbesondere die zur Durch­führung des Verfahrens

1.   erforderlichen Angaben zu machen,

2.   erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen und

3.   erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen.

 

Gemäß § 30 Abs. 2 Oö. BMSG kann kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen, wenn eine hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) ihre Mitwirkungspflicht innerhalb angemessener Frist nicht nachkommt. Voraussetzung dafür ist, dass die hilfesuchende Person oder ihr Vertreter nachweislich auf die Folgen einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hierzu erwogen:

 

V.1. Zunächst ist auszuführen, dass „Sache“ des nunmehrigen Beschwerde­verfahrens nur die Rechtsmäßigkeit der in Rede stehenden Zurückweisung ist (VwGH 29.4.2010, 2008/21/0302; VwGH 22.10.2013, 2012/10/0213).

 

Im Beschluss vom 17.12.2014, Ra 2014/03/0049, führt der Verwaltungsgerichts­gerichtshof zu den Verfahrensbestimmungen vor den Verwaltungsgerichten aus, dass „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG ist - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungs­behörde gebildet hat, ist. Wenngleich § 66 Abs. 4 AVG einerseits und § 28 Abs. 2 und Abs. 3 VwGVG andererseits unter jeweils verschiedenen Tatbestandsvor­aussetzungen eine Pflicht zur Entscheidung „in der Sache selbst“ normiert, ist das Verständnis dessen, was unter „Sache des Verfahrens“ zu verstehen ist, unverändert geblieben. Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist „Sache“ sowohl eines Berufungsverfahrens vor einer in administrativen Instanzen zu übergeordneten Berufungsbehörde als auch eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die „Rechtmäßigkeit der Zurückweisung“ (vgl. VwGH 18.12.2014, Ra 2014/07/002).

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat insofern im gegenständlichen Verfahren nur zu überprüfen, ob die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde rechtmäßig war oder nicht. Wenn der Beschwerdeführer eine Entscheidung „in rem“ verlangt, so kann auch diese Entscheidung nur über die Zurückweisung des Antrages auf bedarfsorientierte Mindestsicherung erfolgen und nicht über die Zuerkennung der bedarfs­orientierten Mindestsicherung.

 

Mit anderen Worten: Nicht Gegenstand des Verfahrens ist die Prüfung, ob dem Beschwerdeführer bedarfsorientierte Mindestsicherung zu gewähren ist oder nicht. Dadurch, dass der Beschwerdeführer nunmehr im Beschwerdeverfahren erstmals eine Stellungnahme zu den geforderten Unterlagen abgegeben hat, kann daher die Sachentscheidung über die bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht zum Gegenstand des Beschwerdeverfahrens gemacht werden. Auch die außerhalb der Vorlagefrist mit der Beschwerde eingebrachten Urkunden, können nicht Sache des Beschwerdeverfahrens werden.

 

V.2. Aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich unstrittig, dass der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 26.1.2016 von der belangten Behörde aufgefordert wurde, binnen 14 Tagen die erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Dies wurde ihm am selben Tag auch telefonisch mitgeteilt. Bereits in diesem Telefongespräch kündigte der Beschwerdeführer an, die geforderten Unterlagen nicht vorzulegen.

 

Die schriftliche Aufforderung wurde dem Beschwerdeführer durch persönliche Übernahme am 28.1.2016 zugestellt. Die Frist zur Vorlage der Unterlagen endete somit am 11.2.2016. Innerhalb dieser Frist langten keine Unterlagen bei der belangten Behörde ein. Erst mit der Beschwerde wurden diese Unterlagen (teilweise) vorgelegt.

 

Am 11.2.2016 erging der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid. Zum Einwand des Beschwerdeführers, die Behörde habe sich mit der Entscheidung wochenlang Zeit gelassen, während er nur eine kurze Frist zur Verfügung gehabt habe, ist § 32 Abs. 1 Oö. BMSG entgegen zu halten, wonach der Behörde für ihre Entscheidung eine Höchstfrist von drei Monaten gesetzlich gesetzt wird, welche auch die Verbesserung durch den Beschwerdeführer inkludiert.

 

V.3. In rechtlicher Hinsicht steht die Zurückweisung im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

 

Der Beschwerdeführer wurde iSd § 30 Abs. 1 und Abs. 2 Oö. BMSG iVm § 13 Abs. 3 AVG zur Verbesserung seines Antrages sowie zur Vorlage von Urkunden aufgefordert. Erfolgt die Behebung eines nach § 13 Abs. 3 AVG aufgetragenen Formgebrechens verspätet, jedoch vor Erlassung des Zurückweisungsbescheides, wirkt die Verbesserung zwar nicht zurück, führt aber, es sei denn, es wäre eine Frist versäumt, nicht zur Zurückweisung des Anbringens, weil das ursprünglich fehlerhafte Anbringen mit der Behebung des Mangels als fehlerfrei eingebracht gilt (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 § 13 AVG E33b; VwGH 22.2.1995, 93/03/0141). Auch eine nur teilweise Erfüllung des Verbesserungsauftrages ist der gänzlichen Unterlassung der Behebung von Mängeln gleichzusetzen (vgl. VwGH 9.9.1987, 87/01/0144).

 

Die Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG ist auch für die Vorgehensweise nach
§ 30 Oö. BMSG relevant. In der Beilage 434/2011 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtags XXVII. GP wird zu § 30 Oö. BMSG ausgeführt:

„Stellt sich jedoch heraus, dass wesentliche Unterlagen fehlen und eine sachgerechte Entscheidung nicht in Frage kommt, so hat die Behörde den Antrag zurückzuweisen. Auch gilt (wie bei § 13 Abs. 3 AVG), dass die hilfebedürftige Person dadurch zwar nicht die Möglichkeit einer neuerlichen Antragstellung verliert, aber aufgrund des Ausschlusses einer rückwirkenden Antragstellung für die Zeit bis zur wiederholten Antragstellung keine Leistungen mehr geltend machen kann.“

 

Zum Beschwerdevorbringen, dass der Bescheid zu früh erfolgt sei, weil nicht die volle Verbesserungsfrist abgewartet worden sei, zumal gemäß Zustellgesetz die Frist plus Postlauf abgewartet werden hätte müssen, ist Nachfolgendes auszuführen: Gegenständlich handelt es sich nicht um eine gesetzliche, sondern um eine behördliche Frist. Somit gelangt § 33 Abs. 3 AVG nicht zur Anwendung.

 

In seinem Erkenntnis vom 23.5.2007, 2007/04/0045, setzte sich der Verwaltungsgerichtshof mit der verspäteten Vorlage von Urkunden nach Erlassung eines Bescheides auseinander:

„Zu prüfen ist daher, ob die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers darauf gestützt werden kann, dass der Beschwerdeführer die schriftliche Arbeit unstrittig erst nach Ablauf der gemäß § 13 Abs. 3 AVG gesetzten Frist vorgelegt hat. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist - sofern es nicht um die Einhaltung einer gesetzlichen Frist geht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21.6.2001, Zl. 99/20/0462), was gegenständlich nicht der Fall ist - die Zurückweisung eines Anbringens gemäß § 13 Abs. 3 AVG nicht nur dann unzulässig, wenn der Mangel fristgerecht behoben wurde, sondern auch dann, wenn die gemäß der letztgenannten Gesetzesstelle aufgetragene Behebung dieses Mangels verspätet, jedoch vor Erlassung des Zurückweisungsbescheides erfolgt ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, aaO, Rz 31 zu § 13 AVG und z.B. das dort zitierte Erkenntnis vom 22.9.1998, Zl. 98/05/0116). Im letztzitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Frage, ob die Mängelbehebung vor Erlassung des Zurückweisungsbescheides erfolgt ist, darauf abgestellt, ob der Antragsteller die fehlenden Unterlagen vor der Zurückweisung seines Antrages "vorgelegt" hat (vgl. in diesem Sinne auch das hg. Erkenntnis vom 22.2.1995, Zl. 93/03/0141, in dem das Einlangen der Unterlagen vor Erlassung des Zurückweisungsbescheides maßgeblich war). Ist daher die gemäß § 13 Abs. 3 AVG zur Verbesserung des Ansuchens gesetzte Frist verstrichen, so kann die Behörde das Ansuchen zurückweisen, sofern ihr die fehlenden Unterlagen nicht bis zur Erlassung des Zurückweisungsbescheides vorgelegt wurden. Die (bloße) Aufgabe der Unterlagen bei der Post vor der Erlassung des Zurückweisungsbescheides steht daher in einem Fall, in dem die Verbesserungsfrist schon verstrichen ist (§ 33 Abs. 3 AVG kommt somit nicht zur Anwendung) der Zurückweisung des Antrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG nicht entgegen. Im gegenständlichen Beschwerdefall, in dem der angefochtene Bescheid am 31.1.2007 erlassen wurde, kommt es somit nicht darauf an, dass der Beschwerdeführer die schriftliche Arbeit nach seinen Angaben in der Beschwerde noch am 30.1.2007 zur Post gegeben hat. Entscheidend ist vielmehr, dass der belangten Behörde diese Unterlage, wie der Eingangsstempel am diesbezüglichen Begleitschreiben im Verwaltungsakt zeigt, erst am 1.2.2007 und damit erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides zukam.

 

V.4. Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer eine rechtzeitige Urkundenvorlage nicht erstattet. Auch geht der Einwand des Beschwerdeführers ins Leere, die belangte Behörde hätte gemäß den Bestimmungen des Zustell­gesetzes die Verbesserungsfrist und den Postlauf abwarten müssen, zumal es sich einerseits nicht um eine gesetzliche Frist handelte und andererseits der Beschwerdeführer ohnedies (auch noch in der Beschwerde) erklärt hat, die geforderten Unterlagen nicht vorzulegen.

 

Nachdem eine rechtzeitige Urkundenvorlage nicht erstattet wurde, hat der Beschwerdeführer die ihm gesetzte Frist versäumt.

 

Der Zurückweisung steht auch die Bestimmung des § 33 Oö. BMSG nicht entgegen. Der Beschwerdeführer hat erst im Rahmen seiner Beschwerde Urkunden vorgelegt, jedoch nicht alle von der belangten Behörde geforderten und für die Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen erforderlichen Unterlagen übermittelt.

 

Dazu ist zunächst anzuführen, dass – sollte es dem Beschwerdeführer nicht möglich sein, die geforderten Unterlagen der Behörde in der gesetzten Frist zu übermitteln – er gehalten wäre, einen begründeten Antrag auf Fristerstreckung an die Behörde zu richten. Im gegenständlichen Fall wurden zudem lediglich der Kontostand, sowie ein ELDA-Auszug der Oö. GKK betreffend den Beschwerdeführer selbst und eine Mitteilung über den Erhalt der Familienbeihilfe vorgelegt. Damit wird die Behörde jedoch nicht in die Lage versetzt, sich bei der Prüfung des Antrages auf Zuerkennung bedarfsorientierter Mindestsicherung einen Überblick über die aktuelle Einkommens- und Vermögenssituation des Antragstellers und seiner Familienmitglieder, wie im § 28 Abs. 5 Z 2 Oö. BMSG gefordert, zu verschaffen. Die zu diesem Zweck nachgefragten Urkunden liegen nach wie vor nicht vor. Von der belangten Behörde kann nicht gefordert werden, dass diese die familiäre und finanzielle Situation des Beschwerdeführers interpretiert. Darüber hinaus ist für die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Kinder des Beschwerdeführers sehr wohl relevant, ob diese über ein Einkommen verfügen oder ob sie aufgrund eines Schulbesuchs nicht erwerbstätig sind bzw. nicht erwerbstätig sein können. Im Hinblick auf den Stiefsohn ist auch relevant in wie weit dieser Alimente seines leiblichen Vaters erhält. Anhand der vorliegenden Unterlagen kann insofern eine abschließende Beurteilung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht bewerkstelligt werden.

 

Dazu ist anzumerken, dass gemäß § 8 Abs. 1 Oö. BMSG die Leistung bedarfs­orientierter Mindestsicherung unter Berücksichtigung des Einkommens und des verwertbaren Vermögens zur hilfebedürftigen Person(en) sowie der tatsächlich zur Verfügung stehenden Leistungen Dritter zu erfolgen hat. D.h., dass bei der Bemessung von Leistungen der Mindestsicherung das Einkommen und das verwertbare Vermögen der hilfesuchenden Person zu berücksichtigen sind. Das kann nur anhand der von der belangten Behörde geforderten Unterlagen, die Einblick in die Einkommens- und Vermögensverhältnisse geben, gewähren. Der Beschwerdeführer ist mit seiner Behauptung nicht im Recht, dass Schulbesuchs­bestätigungen oder Nachweise über Unterhaltszahlungen seiner Kinder nicht angefordert werden dürfen. Konkrete Angaben, welche Unterlagen die Behörde anfordern darf, sind dem Oö. BMSG nicht zu entnehmen (vgl. VwSen-560239/2/Kl/TK v. 29.1.2013). Die belangte Behörde ist gemäß § 30 Oö. BMSG allerdings dazu berechtigt, jene Urkunden und Unterlagen zu verlangen, die zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlich sind.

 

V.5. Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer zutreffend im angefochtenen Zurückweisungsbescheid unter Hinweis auf die erforderliche Mitwirkungspflicht auf die Möglichkeit einer neuerlichen Antragstellung hinge­wiesen.

 

V.6. Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des
Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer