LVwG-350204/12/KLi/PP

Linz, 25.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 21. Dezember 2015 der E.S., geb. x, x, L., vertreten durch Mag. (FH) C.P., x, L., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16. November 2015, GZ: SJF, wegen Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs (Bedarfsorientierte Mindestsicherung), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 16.11.2015, GZ: SJF, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 27.1.2015 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs abgewiesen.

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin volljährig sei und Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe habe. Ihr Wohnsitz sei L., x. Sie verfüge über kein Einkommen und kein Vermögen.

 

Am 27.1.2015 habe sie einen Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung gestellt. Sie befinde sich im Rahmen einer Einweisung nach § 21 Abs. 1 StGB seit 2009 mit Unterbrechungen in der L-N W. Im Rahmen einer Unterbrechung der Unterbringung gemäß § 166 StVG habe sie von 23.1.2015 bis 30.1.2015 ein Probewohnen im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf eine bedingte Entlassung in einer Wohngemeinschaft  von E. S. absolviert. Entsprechend der Angaben des für sie zuständigen klinischen Sozialarbeiters erfolge bei der Unterbrechung der Unterbringung grundsätzlich eine Kostentragung durch die Häftlinge, soweit Ansprüche aus Versicherungs­verhältnissen bestehen würden oder ein Vermögen vorliege. Da sie keine Ansprüche aus einem etwaigen Versicherungsverhältnis und kein Vermögen habe, trage der Bund die Kosten ihrer Unterbringung (Kost, Logis, etc.) zur Gänze. Sie verfüge über keine gesetzliche Krankenversicherung, werde jedoch im Falle einer Erkrankung im Rahmen der Haft in der L-N W. behandelt, bzw. würden Arztrechnungen vom Bund bezahlt.

 

Aufgrund der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme sei es zu einer Vorsprache der Beschwerdeführerin am 19.10.2015 gekommen. Sie habe mitgeteilt, dass seitens des Bundes die Unterbrechung der Haft grundsätzlich nur dann genehmigt werde, wenn sie selbst ihren Lebensunterhalt bestreiten könne, es sei heuer auch das bisher ausbezahlte Taschengeld im Rahmen der Haftunterbrechung gestrichen worden. Im Rahmen des Probewohnens im Zeitraum von 23.1.2015 bis 30.1.2015 seien die Kosten vom Bund übernommen worden. Ab 30.1.2015 habe sie sich wieder im Strafvollzug befunden.

 

Unter Wiedergabe der rechtlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde sodann aus, dass die Beschwerdeführerin während ihrer Haft und auch während des Probewohnens (Antrag vom 27.1.2015, Ende des Probewohnens am 30.1.2015) im Rahmen der Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes auf der Basis anderer gesetzlicher Grundlagen ausreichend versorgt gewesen sei, somit liege bei ihr keine soziale Notlage im Sinne des Mindestsicherungsgesetzes vor. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

 

 

I.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 21.12.2015.

 

Darin bringt die Beschwerdeführerin vor, sich seit 2009 in einer Anhaltung im Rahmen des Maßnahmenvollzugs nach § 21 Abs. 1 StGB zu befinden. Mit Jänner 2015 habe sie für eine Unterbrechung der Unterbringung um eine Leistung aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung angesucht, da sie über keinerlei Einkommen verfüge. Die Leistung, konkret in Form eines Taschengeldes, hätte für die Deckung ihrer persönlichen Bedürfnisse herangezogen werden sollen. Seitens der Justiz werde, basierend auf einer Entscheidung des OGH (10 ObS 214/97m) keine finanzielle Unterstützung mehr ausbezahlt. Die Betreuungskosten seien vom Bund übernommen worden. Wie im Bescheid angeführt, beschreibe § 5 Abs. 3 Oö. BMSG, dass andere persönliche Bedürfnisse, wie die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe über die Mindestsicherung zu gewährleisten seien. Aufgrund der vorliegenden Entscheidung sei ihr dies aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht möglich.

 

Zudem würde ausgeführt, dass laut § 99 StVG eine Unterbrechung der Unterbringung nur gewährt werden dürfe, wenn eine Unterkunft und der Unterhalt des Strafgefangenen für die Zeit der Unterbrechung gesichert seien. Hierzu wolle sie angeben, dass aus § 99 StVG keinerlei Ableitung herzustellen sei, dass der Bund für die Kosten des Lebensunterhaltes aufzukommen habe. Vielmehr werde lediglich festgehalten, dass dieser gesichert sein müsse. Die Entscheidung des OGH halte hier fest, „(...) sein Unterhalt [Anm.: des Strafgefangenen] und seine Versorgung, die auch den Mangel an Freizügigkeit während der hoheitlichen Freiheitsbeschränkung bei Verbüßung der Freiheits­strafe oder der Anhaltung in der Anstalt geleistet werden, lebt während der Unterbrechung im vollen Ausmaß auf; er hat selbst dafür zu sorgen“.

 

Vor ihrer Anhaltung nach § 21 Abs. 1 StGB habe die Beschwerdeführerin Sozialhilfe bezogen. In der Entscheidung des OGH werde auch klar darauf hingewiesen, dass Ansprüche, die vor einer Anhaltung im Straf- bzw. Maßnahmenvollzug bestanden hätten, für die Zeiten der Unterbrechung der Unterbringung wieder aufleben würden, da es während einer Unterbrechung der Unterbringung zu keiner Anhaltung komme, da: „die Zeiten der Unterbrechung (...) nach den §§ 166, 99 Abs. 4 StVG in die Strafzeit einzurechnen seien, was aber nichts daran ändert, dass in der Zeit der Unterbrechung der Anspruchsberechtigte nicht angehalten wird (...). Auch dies spricht so wie der Wortlaut der Bestimmung dafür, dass während der Zeit der unwiderrufenen Unterbrechung nicht angehalten wird“ (vgl. 10ObS214/97m).

 

In den Ausführungen zu ihrer persönlichen Vorsprache würde die belangte Behörde festhalten, dass von Seiten der Beschwerdeführerin mitgeteilt worden sei, dass Unterbrechungen der Unterbringung nur dann genehmigt würden, wenn der Lebensunterhalt selbst bestritten werden könne. Dies sei schlichtweg falsch. Entgegen der Meinung der belangten Behörde sei sie in finanzieller Hinsicht nicht aufgrund anderer gesetzlicher Bestimmungen ausreichend abgesichert. Seit Jänner 2015 habe sie auf eine Entscheidung warten müssen, mehrmals seien gegensätzliche Meinungen seitens der belangten Behörde (negativer Bescheid) bzw. der Rechtsabteilung des Landes Oberösterreich (positiver Bescheid) kundgetan worden. Offensichtlich bestehe hier auf beiden Ebenen eine hohe Rechtsunsicherheit.

 

Sie beantrage mittels dieser Beschwerde, dass ihre Entscheidung aufgehoben werde und eine neuerliche Einschätzung ihrer finanziellen Ansprüche aus der bedarfsorientierten Mindestsicherung während der Unterbrechung der Unterbringung durchgeführt werde. Sie sei sehr daran interessiert, ihren Standpunkt im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu erläutern bzw. mit der nächsthöheren Entscheidungsinstanz zu erörtern.

 

 

I.3. Mit Schreiben vom 4.1.2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem Bezug habenden Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor. Vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat daraufhin am 22.2.2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung stattgefunden, zu welcher sowohl die Beschwerdeführerin und ihr Rechtsvertreter als auch eine Vertreterin der belangten Behörde erschienen sind. Im Anschluss daran legte die Beschwerdeführerin im Wege ihres Betreuers eine Betreuungsvereinbarung zwischen der Republik Österreich, vertreten durch die Bundesministerin für Justiz und der P. GmbH beim Landesverwaltungsgericht Linz vor. Das Gericht räumte daraufhin der belangten Behörde die Möglichkeit einer Stellungnahme zu dieser Betreuungsvereinbarung bis zum 1. April 2016 ein; die Behörde hat keine Stellungnahme erstattet.

 

Mit Eingabe vom 12.4.2016 erklärte die Behörde, eine weitere mündliche Verhandlung nicht für erforderlich zu erachten. Der Vertreter und Betreuer der Beschwerdeführerin erklärte mit Eingabe vom 20.4.2016 ebenfalls eine weitere Verhandlung für nicht notwendig zu erachten. Beide Parteien haben auf die Fortsetzung der Verhandlung verzichtet.

 

Nachdem der Sachverhalt darüber hinaus unstrittig ist und lediglich im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung zwischen den Parteien unterschiedliche Auffassungen bestehen, hätte eine Verhandlung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lassen.

 

Insofern konnte von einer weiteren mündlichen Verhandlung abgesehen werden (§ 24 Abs. 4, Abs. 5 VwGVG).

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Die Beschwerdeführerin ist am x geboren und österreichische Staatsbürgerin. Sie verfügt derzeit über kein Einkommen. Grundsätzlich besteht Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe. Dieser Anspruch ruht derzeit. Die Beschwerdeführerin ist bei ihrem Vater mitversichert.

 

Seit 2009 befindet sich die Beschwerdeführerin in einer Anhaltung im Rahmen des Maßnahmenvollzugs nach § 21 Abs. 1 StGB. Im Jänner 2015 hat eine Unter­brechung der Unterbringung stattgefunden. In der Zeit von 23.1.2015 bis 30.1.2015 fand ein Probewohnen im Zusammenhang mit der Vorbereitung auf eine bedingte Entlassung in einer Wohngemeinschaft von E. S. statt. Am 27.1.2015 stellte die Beschwerdeführerin einen Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung.

 

Von 31.1.2015 bis 30.11.2015 befand sich die Beschwerdeführerin wieder im Maßnahmenvollzug. Eine zweite Haftunterbrechung hat am 1.12.2015 begonnen; im Zeitpunkt der öffentlichen mündlichen Verhandlung war diese aufrecht.

 

II.2. Für die zweite Haftunterbrechung wurde bis zur öffentlichen mündlichen Verhandlung kein neuer Antrag auf Mindestsicherung gestellt. Verfahrensgegen­ständlich ist der Zeitraum von 27.1.2015 bis 30.1.2015.

 

II.3. Zwischen der Republik Österreich (vertreten durch die Bundesministerin für Justiz) und die P. GmbH besteht eine Vereinbarung betreffend die Erbringung und Abgeltung stationärer Intensivbetreuungsleistungen. Die Kosten für die Unterbrechung der Unterbringung der Beschwerdeführerin im Jänner 2015 wurden auf Basis der vorzitierten Vereinbarung vom Bund getragen.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

III.1. Die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin, der Maßnahmen­vollzug sowie die Unterbrechungen der Unterbringung von 23.1.2015 bis 30.1.2015 und seit 1.12.2015 ergeben sich aus dem Akteninhalt sowie aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.2.2016. Diese Tatsachen wurden der belangten Behörde darüber hinaus außer Streit gestellt.

 

III.2. Dass ein Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung für die Zeit 1.12.2015 bis zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich nicht gestellt wurde, hat der Betreuer der Beschwerdeführerin im der Verhandlung angegeben (Protokoll ON 5, Seite 1, Abs. 3). Inwiefern die Zeit ab 1.12.2015 von dem hier verfahrensgegen­ständlichen Antrag vom 27.1.2015 abgedeckt ist, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

III.3. Die Vereinbarung zwischen der Republik Österreich (vertreten durch die Bundesministerin für Justiz) sowie der P. GmbH wurde von der Beschwerdeführerin beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt. Der belangten Behörde wurde die Möglichkeit eingeräumt, dazu bis zum 1.4.2016 eine Stellungnahme abzugeben. Die belangte Behörde hat von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht.

 

Dass die Kosten für den Zeitraum von 23.1.2015 bis 30.1.2015 vom Bund übernommen wurden, hat die Beschwerdeführerin im Rahmen der Verhandlung am 22.2.2016 ausgesagt.

 

 

IV. Rechtslage:

 

§ 4 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011 idgF, lautet:

(1) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, nur Personen geleistet werden, die

1.   ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl.Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.   a) österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familien­ angehörige,

b) Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

c) EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

d) Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“ oder „Dauer­aufenthalt - Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

e) Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

sind.

(2) Bedarfsorientierte Mindestsicherung kann im Einzelfall – abweichend von Abs. 1 – auf der Grundlage des Privatrechts geleistet werden, soweit

1.   der Lebensunterhalt nicht anderweitig gesichert ist oder gesichert werden kann und

2.   dies zur Vermeidung besonderer Härten unerlässlich ist.

 

Gemäß § 5 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBL. Nr. 74/2011 idgF, ist Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung, dass eine Person im Sinn des § 4

1. von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist

2. bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor, die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf nicht decken können. Nach Abs. 2 leg.cit. umfasst der Lebensunterhalt den Aufwand für die regelmäßig wiederkehrenden Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung und Strom sowie andere persönliche Bedürfnisse für die angemessene soziale und kulturelle Teilhabe.

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hierzu erwogen:

 

V.1. Im vorliegenden Fall ist zwischen der generellen Frage, wer im Falle einer Unterbrechung der Unterbringung für welche Kosten aufzukommen hat (der Bund im Rahmen des StVG) oder ob Ansprüche der betroffenen Person gemäß dem Oö. BMSG bestehen zu unterscheiden. Im gegenständlichen Fall wurden für die Unterbrechung der Unterbringung im entscheidungsrelevanten Zeitraum von 23.1.2015 bis 30.1.2015 diese Kosten jedenfalls vom Bund übernommen.

 

Wie in weiterer Folge noch auszuführen sein wird, kann es verfahrens­gegenständlich dahin gestellt bleiben, ob der Bund diese Kosten aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung nach den Bestimmungen des StVG getragen hat oder ob es sich dabei um freiwillige Zahlungen handelte. Für die Zukunft, nämlich auch die zweite Unterbrechung der Unterbringung seit 1.12.2015 wäre diese Frage gesondert zu beantworten.

 

V.2. Das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat ergeben, dass die erste Unterbrechung der Unterbringung in der Zeit von 23.1.2015 bis 30.1.2015 vom Bund finanziert wurde. Die Beschwerdeführerin nimmt dazu den Standpunkt ein, dass diese Kostenübernahme auf freiwilliger Basis und aufgrund einer privatrechtlichen Vereinbarung erfolgte, aber keine gesetzliche Verpflichtung dazu bestanden habe.

 

Tatsächlich kann es verfahrensgegenständlich aber dahingestellt bleiben, auf welcher Basis der Bund die Kosten im Jänner 2015 getragen hat. Jedenfalls waren diese Kosten für die Beschwerdeführerin gedeckt.

 

§ 2 Oö. BMSG legt Grundsätze für die Leistung bedarfsorientierter Mindest­sicherung fest. Gemäß § 2 Abs. 5 Oö. BMSG sind die Leistungen bedarfs­orientierter Mindestsicherung subsidiär (Subsidiaritätsprinzip). § 9 Oö. BMSG regelt Ausnahmen vom Einsatz des eigenen Einkommens. § 9 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSG sieht vor, dass beim Einsatz der eigenen Mittel Einkünfte nicht berücksichtigt werden dürfen, die freiwillige Zuwendungen der freien Wohlfahrtsträger oder Leistungen, die von Dritten ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, außer diese erreichen ein Ausmaß oder eine Dauer, dass keine Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung mehr erforderlich wären - es sei denn, es handelt sich bei der Empfängerin oder dem Empfänger dieser Leistungen um eine Person im Sinn des § 4 Abs. 2 Oö. BMSG.

 

Umgelegt auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass die Kosten für die Unterbrechung der Unterbringung (ob nun freiwillig oder aufgrund einer gesetzlichen Regelung) in der Zeit von 23.1.2015 bis 30.1.2015 vom Bund getragen wurden. Eine soziale Notlage iSd § 6 Oö. BMSG lag daher für diesen Zeitraum – nur dieser ist verfahrensgegenständlich – nicht vor.

 

V.3. Generell wird aber im Hinblick auf die Unterbrechung der Unterbringung und die Kostentragung die bisherige Rechtsprechung der Höchstgerichte zu berücksichtigen sein.

 

V.3.1. Der Verfassungsgerichtshof führte dazu in seinem Erkenntnis vom 27.9.2005, B 421/05 = VfSlg. 17.632 aus:

Der Beschwerdeführerin ist zwar mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 18.05.01 aufgetragen worden, "im Verein W.I.R. zu wohnen", doch folgt daraus nicht, dass die Kosten dieses Aufenthaltes vom Bund zu tragen wären (und die Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. 1 lit. e Tiroler Rehabilitationsgesetz insoweit keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz hätte):

Wie sich nämlich aus § 179a Abs. 2 StVG (idF des Art. III des Strafrechtsänderungsgesetzes 1987, BGBl. Nr. 605) ergibt, sind vom Bund lediglich die Kosten "einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer anderen medizinischen Behandlung", die dem bedingt Entlassenen aufgetragen worden ist, zu übernehmen. Der Bund wäre somit nur dann zur Kostenübernahme verpflichtet, wenn das Gericht der Beschwerdeführerin die Weisung erteilt hätte, im Verein W.I.R. nicht nur zu wohnen, sondern sich dort auch einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen. Nach dem klaren Wortlaut des oben wiedergegebenen (hinsichtlich der dritten Weisung offenbar auf § 51 Abs. 2 StGB gestützten) Gerichtsbeschlusses vom 18.5.2001 ist dies aber nicht der Fall (siehe dazu den mittlerweile ergangenen Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 31.5.2005, 7 Os 201/05z).

Eine grobe Verkennung der Rechtslage ist der Behörde aber auch insofern zum Vorwurf zu machen, als sie - in der (unrichtigen) Annahme, der Beschwerdeführerin sei aufgetragen worden, sich im Wohnheim des Vereines W.I.R. einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen - nicht beachtet hat, dass selbst in diesem Fall die Kosten vom Bund nur bis zu dem Ausmaß zu tragen wären, "in dem die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter für die Kosten aufkommen könnte, wenn der Entlassene in der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter versichert wäre" (§ 179a Abs. 2 StVG), sodass - im Ausmaß des vom Bund nicht übernommenen Anteiles an den Kosten - durchaus Raum für einen Anspruch auf Leistungen nach dem Tiroler Rehabilitationsgesetz bliebe. Diese Frage wurde im angefochtenen Bescheid aber nicht einmal ansatzweise geprüft.

 

V.3.2. Daran anknüpfend beschäftigte sich der Verwaltungsgerichtshof mit dieser Rechtsfrage:

 

In seiner Entscheidung vom 27.3.2012, 2008/10/0157, führte der Verwaltungs­gerichtshof aus:

2. Die Beschwerde ist begründet.

2.1. Die belangte Behörde hat keine Feststellungen dahin getroffen, dass sich die Beschwerdeführerin entgegen ihrem Antrag nicht in einer Notlage befände. Sie hat auch nicht festgestellt, dass die Beschwerdeführerin über eigene Mittel zur Bestreitung ihres Unterhaltes verfüge oder die Mittel für ihren Unterhalt „von anderen Personen oder Einrichtungen“ faktisch erhielte. Auch nach der Aktenlage gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Mitunterhaltsbedarf der Beschwerdeführerin durch Dritte gedeckt wäre. Schon aus diesem Grund ist § 6 Abs. 1 des Salzburger Sozialhilfegesetzes nicht geeignet, die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin zu tragen.

Soweit die belangte Behörde in der Gegenschrift aufzuzeigen versucht, dass die Beschwerdeführerin über ausreichende eigene Mittel verfüge, genügt der Hinweis, dass eine mangelhafte Begründung des Bescheides nicht in der Gegenschrift nachgetragen werden kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. April 2006, Zl. 2003/10/0207, mwN.).

2.2. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid ausschließlich auf ihre Rechtsansicht, im Beschwerdefall komme die Subsidiaritätsklausel des § 7 des Salzburger Sozialhilfegesetzes zum Tragen, derzufolge die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes nicht zu gewähren ist, soweit andere Personen oder Einrichtungen "auf Grund gesetzlicher, statutarischer oder vertraglicher Regelung Hilfe leisten".

Damit hat die belangte Behörde jedoch die Rechtslage verkannt.

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VfSlg Nr. 17.632/2005 zu einem Fall, in dem einer bedingt aus dem Maßnahmenvollzug entlassenen Person Rehabilitationsmaßnahmen nach dem Tiroler Rehabilitationsgesetz unter Hinweis auf die Subsidiaritätsklausel dieses Gesetzes verweigert wurden, Folgendes ausgeführt:

"Der Beschwerdeführerin ist zwar mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 18.5.2001 aufgetragen worden, "im Verein W.I.R. zu wohnen", doch folgt daraus nicht, dass die Kosten dieses Aufenthaltes vom Bund zu tragen wären (und die Beschwerdeführerin gemäß § 3 Abs. lit. e des Tiroler Rehabilitationsgesetzes insoweit keinen Anspruch auf Leistungen nach diesem Gesetz hätte):

Wie sich nämlich aus § 179a Abs. 2 StVG (idF des Art. III des Strafrechtsänderungsgesetzes 1987, BGBl. Nr. 605) ergibt, sind vom Bund lediglich die Kosten "einer Entwöhnungsbehandlung, einer psychotherapeutischen oder einer anderen medizinischen Behandlung", die dem bedingt Entlassenen aufgetragen worden ist, zu übernehmen. Der Bund wäre somit nur dann zur Kostenübernahme verpflichtet, wenn das Gericht der Beschwerdeführerin die Weisung erteilt hätte, im Verein W.I.R. nicht nur zu wohnen, sondern sich dort auch einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen. Nach dem klaren Wortlaut des oben wiedergegebenen (hinsichtlich der dritten Weisung offenbar auf § 51 Abs. 2 StGB gestützten) Gerichtsbeschlusses vom 18.5.2001 ist dies aber nicht der Fall (siehe dazu den mittlerweile ergangenen Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 31.5.2005, 7 Bs 201/05z).

Eine grobe Verkennung der Rechtslage ist der Behörde aber auch insofern zum Vorwurf zu machen, als sie - in der (unrichtigen) Annahme, der Beschwerdeführerin sei aufgetragen worden, sich im Wohnheim des Vereines W.I.R. einer psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen - nicht beachtet hat, dass selbst in diesem Fall die Kosten vom Bund nur bis zu dem Ausmaß zu tragen wären, "in dem die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter für die Kosten aufkommen könnte, wenn der Entlassene in der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter versichert wäre" (§ 179a Abs. 2 StVG), sodass - im Ausmaß des vom Bund nicht übernommenen Anteiles an den Kosten - durchaus Raum für einen Anspruch auf Leistungen nach dem Tiroler Rehabilitationsgesetz bliebe. Diese Frage wurde im angefochtenen Bescheid aber nicht einmal ansatzweise geprüft."

Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich der Auslegung des § 179a StVG durch den Verfassungsgerichtshof an. Diese Bestimmung enthält keine Verpflichtung des Bundes zur Übernahme von Kosten, einer anlässlich der bedingten Entlassung durch Weisung vorgeschriebenen Unterkunftnahme in einem Wohnheim.

Aus dem Umstand, dass Strafrechtspflege in Gesetzgebung und Vollziehung gemäß Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG Bundessache ist, kann nicht geschlossen werden, dass der Bund aufgrund gesetzlicher Regelung, wie dies § 7 des Salzburger Sozialhilfegesetzes voraussetzt, Hilfe leistet. Auch der in der Gegenschrift enthaltene Hinweis auf   2 F-VG ist nicht geeignet, eine fehlende gesetzliche Regelung iSd § 7 des Salzburger Sozialhilfegesetzes zu substituieren. Der Umstand, dass das Land aufgrund seiner Gesetzgebungs- und Vollziehungskompetenz auf dem Gebiet der Sozial- und Behindertenhilfe Leistungen erbringt, die unter bestimmten Voraussetzungen und für einen bestimmten Personenkreis allenfalls vorrangig vom Bund zu organisieren und zu finanzieren wären, stellt keinen im Salzburger Sozialhilfegesetz vorgesehenen Abweisungsgrund dar (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichts­hofes VfSlg. Nr. 18.954/2009, ebenfalls zum Tiroler Rehabilitationsgesetz).

Für den Beschwerdefall – der dem vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. Nr. 17.632/2005 entschiedenen Fall auch insoweit gleicht, als der Beschwerdeführerin nicht die Weisung erteilt wurde, im Wohnheim N. nicht nur zu wohnen, sondern sich dort auch einer Behandlung zu unterziehen – folgt daraus, dass ein Anspruch der Beschwerdeführerin nicht allein mit dem Hinweis auf die Subsidiaritätsklausel des § 7 des Salzburger Sozialhilfegesetzes verneint werden durfte.

Sollte, wie in der Gegenschrift hervorgehoben, eine Vereinbarung zwischen dem Träger des Wohnheims und dem Bundesministerium für Justiz bestehen, nach der der Bund eine Kostenvergütung in Form eines Tagsatzes leistet, träfe es zwar zu, dass insofern "aufgrund vertraglicher Regelung" Hilfe geleistet würde, ein Sozialhilfeanspruch wäre nach dem klaren Wortlaut des § 7 des Salzburger Sozialhilfegesetzes aber auch dann noch (arg. "soweit") gegeben, wenn die Hilfeleistung aufgrund vertraglicher Regelung nicht den gesamten Lebensbedarf der Beschwerdeführerin abdeckte. Hiezu fehlt es freilich an Feststellungen der belangten Behörde.

 

V.4. Im gegenständlichen Fall hat das Verfahren vor dem Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich einerseits ergeben, dass eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen der Republik Österreich (vertreten durch die Bundesministerin für Justiz) und der P. GmbH besteht. Andererseits hat der Betreuer der Beschwerdeführerin in der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich auch angegeben, dass die Versorgung der Beschwerdeführerin aufgrund einer Sondervereinbarung für diese geregelt ist. Nachgefragt dazu, wer im Jänner 2015 für das einwöchige Probewohnen aufgekommen ist, gab er an, dass dafür die Justiz aufgekommen ist, weil die Beschwerdeführerin ja kein Einkommen hatte (Protokoll ON 5, Seite 3, Abs. 5-6).

 

Insofern hat sich ergeben, dass die Kosten für den verfahrensgegenständlich relevanten Zeitraum von 23.1.2015 bis 30.1.2015 vom Bund abgedeckt wurden. Unabhängig davon, ob es sich bei dieser Kostendeckung durch den Bund um eine gesetzliche oder eine vertragliche Verpflichtung handelte oder ob die Kostendeckung freiwillig erfolgte, bestand in dieser Zeit eine soziale Notlage, die einen Anspruch auf bedarfsorientierte Mindestsicherung begründet hätte, nicht.

 

Inwieweit eine derartige Kostendeckung aber auch für die zweite Haftunter­brechung seit 1.12.2015 vorliegt, ist gegenständlich offen, insbesondere ob tatsächlich alle Bedürfnisse der Beschwerdeführerin abgedeckt werden, oder ob bestimmte Bedürfnisse offen bleiben, für die die Beschwerdeführerin selbst aufkommen muss (§ 1 Abs. 1 Oö. BMSG). Diese Frage musste vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich aber nicht beantwortet werden, zumal dieser zweite Zeitraum nicht verfahrensgegenständlich ist.

 

Je nach Sachverhalt könnte sich für die zweite Haftunterbrechung einerseits ergeben, dass die Kosten wiederum vom Bund abgedeckt sind, andererseits aber auch, dass im Sinne der oben dargestellten Rechtslage und Judikatur Ansprüche der Beschwerdeführerin auf bedarfsorientierte Mindestsicherung bestehen. Dies wird im Wesentlichen von dem für den zweiten Zeitraum der Haftunterbrechung festzustellenden Sachverhalt abhängen. Für diesen Zeitraum wird die belangte Behörde jedenfalls zu überprüfen haben, welche Weisungen der Beschwerdeführerin erteilt werden, insbesondere im Hinblick auf psychotherapeutische und medizinische Maßnahmen und inwieweit eine allfällige Kostenübernahme durch den Bund die Bedürfnisse der Beschwerdeführerin (nicht) vollständig abdeckt.

 

V.5. Somit war spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde (für die erste Haftunterbrechung) keine Folge zu geben.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer