LVwG-600182/19/Br

Linz, 27.07.2015

IM   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Dr. Bleier  über die Beschwerde der D K, geb. 1985, vertreten durch  Dr. A S Rechtsanwältin, gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Oberösterreich, vom 16.01.2014, GZ: S-35562/LZ/13,  nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 1.4.2014 und nach Entscheidung über den h. Antrag auf Verordnungsprüfung an den Verfassungsgerichtshof durch Erkenntnis vom 11. Juni 2015, GZ: V51/2014-12

 

zu Recht:

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

 

II. Gemäß § 52 Abs.9 VwGVG entfallen sämtliche Verfahrenskosten-beiträge.

 

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine Revision der Beschwerdeführerin an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig; für die belangte Behörde und die revisionslegitimierte Formalpartei ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4   B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

 

I. Der Beschwerdeführerin wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis zur Last gelegt, sie habe am 19.7.2013 um 8:38 Uhr in Linz, Franzosenhausweg x, Fahrtrichtung stadtauswärts den PKW mit dem Kennzeichen x gelenkt und dabei das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen „Einfahrt verboten“ nicht beachtet, wobei sie unter keine der auf der Zusatztafel angeführten Ausnahmeregelungen gefallen sei.

Wider sie wurde eine auf § 99 Abs.3 lit.a iVm  § 52 Z2 StVO 1960 gestützte Strafe in Höhe von 60 Euro und im Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe ausgesprochen.

 

 

 

II. Die belangte Behörde stützte den Schuldspruch auf die fotografisch dokumentierte Anzeige des Meldungslegers und die diesbezüglich durch die Verordnung geschaffene rechtliche Grundlage.

 

 

II.1. Dagegen wendet sich die Beschwerdeführerin mit ihrer fristgerecht durch deren Rechtsvertreterin erhobenen Beschwerde worin die Gesetzwidrigkeit der Verordnung und demnach die zu Unrecht erfolgte Bestrafung eingewendet wird. Abschließend wurde von der Beschwerdeführerschaft eine umfassende Beweisaufnahme im Rahmen eines Ortsaugenscheins und einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und letztlich die Bescheidbehebung beantragt.

 

 

 

III. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war im Verwaltungsstrafverfahren nach § 44 Abs.1 VwGVG durchzuführen.

 

 

III.1. Beweis erhoben wurde durch Verlesung der wegen Verhinderung am Verhandlungstag abgesondert erfolgten zeugenschaftlichen Vernehmung des auswertenden Polizeibeamten Th. L. Ebenfalls durch Sichtung des umfassenden Bildmaterials und der Verlesung der der Bestrafung zu Grunde liegenden Verordnung.

Die Behörde nahm an der öffentlichen mündlichen Verhandlung entschuldigt nicht teil.

 

 

 

IV.  Sachverhalt und Beweiswürdigung:

Unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin zur fraglichen Zeit ihren Pkw entgegen dem durch Verkehrszeichen kundgemachten Verbotsbereich lenkte. Die Hinweise auf der Zusatztafel gestalteten sich mehr als unübersichtlich und für einen Fahrzeuglenker ohne vor der Tafel anzuhalten kaum erfass- und nachvollziehbar.

Der Meldungsleger gab an, am fraglichen Tag mehr als 300 Lenker wegen des Befahrens dieses Bereiches zur Anzeige gebracht zu haben. Die dadurch von den Lenkern erreichte Abkürzung wurde vom Meldungsleger mit vielleicht zwei Kilometer beschrieben. Insgesamt erklärte der Meldungsleger dort im Rahmen von zehn Überwachungsdiensten etwa 1.700 Anzeigen generiert zu haben.

Das Landesverwaltungsgericht teilte die Bedenken an der Gesetzmäßigkeit der dem Strafausspruch zu Grunde liegenden Verordnung vom 21.11.2003, GZ: 101-5/19-330106993 und stellte am 15.4.2014,
GZ: LVwG-600182/10/Br/MaS einen Antrag gemäß Art. 139 Abs.1 B-VG.

Darin wurde aufgezeigt, dass die gegenständliche Verordnung erstmals am 11.12.1998, GZ: 101-5-19/570001935 (Stammfassung) erlassen und am 31.7.2000 zu  GZ: 101-5/19-330109693 bzw. am 5.9.2000 zur GZ: 101-5/19-330109693 sowie am 21.11.2003 zur GZ: 101-5/19-330106993 geändert worden war. Vor dem Vorfall am 19.7.2013 um 8:38 Uhr, war diese Verordnung in deren Fassung vom 21.11.2003, GZ: 101-5/19-330106993, anzuwenden. Zwischenzeitig wurde diese Verordnung abermals am 30.7.2013, GZ: 0006141/2013 und zuletzt nochmals am 3.2.2014 geändert.

 

 

 

V. Rechtlich hat das Landesverwaltungsgericht erwogen:

 

Mit seinem Erkenntnis vom 11.6.2015, V 51/2014-12 stellte der Verfassungsgerichtshof die Gesetzwidrigkeit dieser Verordnung fest, dies neben zwei anderer ebenfalls vom Landesverwaltungsgericht durch zwei andere in vergleichbaren Verfahren von den zuständigen Richtern gestellten Anträgen
(V 63/2014-7 u. V 86/2014-14). Die Oö. Landesregierung wurde zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches verpflichtet.

Da somit der Bestrafung die gesetzliche Grundlage entbehrte, war das Verfahren nach § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

 

 

VI. Unzulässigkeit einer ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist für die belangte Behörde und die revisionsberechtigte Formalpartei unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240.- Euro zu entrichten.

Da für den vorliegenden Fall gemäß § 25a Abs. 4 VwGG eine Revision nur wegen Verletzung in subjektiven Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) ausgeschlossen ist, steht der belangten Behörde / der revisionslegitimierten Formalpartei die außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof offen, die beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen ist.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Dr. H. B l e i e r