LVwG-750327/15/SR/BD

Linz, 18.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des Herrn J W, geb. x, vertreten durch RA Mag. C K, W, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 8. Oktober 2015, GZ: Sich/2523-1992, mit dem gegen den Beschwerdeführer ein Waffenverbot gemäß § 12 Waffengesetz  ausgesprochen wurde, nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 22. März 2016,

 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm. § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996, BGBl. I Nr. 12/1997, in der Fassung BGBl. I Nr. 52/2015, wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, als das in Rede stehende Waffenverbot aufgehoben wird.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G
(in der Folge: belangte Behörde) vom 8. Oktober 2015, GZ: Sich/2523-1992, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) gemäß § 12 Abs. 1 WaffG 1996 ein Waffenverbot verhängt und ausgesprochen, dass dem Bf der Besitz von Waffen und Munition verboten sei.

 

Begründend führte die belangte Behörde darin aus wie folgt:

 

Gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996 hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot) wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Am 17.9.2015 wurde von Beamten der Polizeiinspektion P ein vorläufiges Waffenverbot ausgesprochen und Ihre Waffen sichergestellt. Der Schlüssel für den Waffenschrank befand sich in der Pelzjacke Ihrer Ehegattin, welche über kein waffenrechtliches Dokument verfügt.

 

Mit Schreiben vom 22.9.2015 haben wir Ihnen zur Kenntnis gebracht, dass auf Grund des Vorfalles vom 17.9.2015 ein Verfahren zur Erlassung eines Waffenverbotes eingeleitet wurde und dass bei der Entscheidung von folgendem Sachverhalt ausgegangen wird: Ihre  Ehegattin  hat unter anderem  am  17.9.2015 auf der Polizeiinspektion  P niederschriftlich Folgendes angegeben:

 

„Etwa seit Anfang Februar zeigt mein Mann immer öfter grundlos aggressives Verhalten gegen meinen Sohn S. Seit ungefähr 3 Monaten beschimpft mein Mann S jeden Tag. Er nennt ihn einen Behinderten, Arschloch und ähnliches. Dabei ist es ihm völlig egal, ob fremde Personen im Haus sind oder nicht. Er sagt das auch vor unseren Nachbarn, vor unserem Trauzeugen usw.

Am x hatte mein Sohn S Geburtstag. S ist Bäckerlehrling in P. Er arbeitet sehr fleißig, geht nicht in Lokale, er raucht nicht und trinkt nicht. Aus diesem Grund habe ich ihm von meinem Geld ein Moped gekauft. Abgeholt wurde das Moped von meinem Mann. Er sagte damals wörtlich: „Ich hole das Moped, obwohl es der Trottel nicht verdient."

 

Am vergangenen Montag (14.09.2015) sagte mein Mann, dass er das Moped verkaufen werde, weil dieser Trottel das Moped nicht verdient. Da ich das Moped gekauft hatte, brachte ich es zu einem Freund von S.

Heute, am 17.09.2015, um ca. 18.00 Uhr begann mein Mann plötzlich wieder mit mir und S wegen dem Moped zu schimpfen. Ich sagte zu meinem Mann, dass ich das Moped morgen holen werde. Daraufhin sagte mein Mann, dass das Diebstahl sei und rief die Polizei an. Etwa 10-15 Minuten später kamen dann zwei Polizisten. Diese erklärten meinem Mann, dass dies kein Diebstahl sein könne, weil ich das Moped gekauft habe. Als die Polizisten nach ca. 10 Minuten wieder wegfuhren, ging mein Mann in den Keller. Dort befindet sich das Gästezimmer, in dem er seit ca. einer Woche schläft.

Vom Gästezimmer kam er schon nach wenigen Minuten zurück. Er ging in die Küche und holte sich aus dem Kühlschrank etwas zu trinken. Auf die Frage, ob mein Mann Alkohol trinkt, antworte ich mit nein. Wenn er Alkohol trinkt, dann nur in kleinen Mengen.

S und A saßen im Wohnzimmer auf dem Sofa und sprachen miteinander. Ich war ebenfalls im Zimmer. S rund A redeten belanglose Sachen.

 

Plötzlich kam J ins Zimmer und lief direkt zum Sofa, auf dem S und A saßen. Als ich dies sah, ging ich sofort dazwischen. Mein Mann stieß mich jedoch mit voller Kraft zur Seite. A stieß er ebenfalls zur Seite. Anschließend stürzte er sich sofort auf S. Dabei schrie er laut: „Verfluchtes Arschloch, du machst meine Ehe kaputt, ich bring dich um!“

Dabei schlug er sofort auf S ein. S lag hilflos auf der Couch und versuchte nur noch, seinen Körper so gut als möglich zu schützen. Mein Mann schlug mit den Fäusten wild auf S ein. A sprang meinen Mann in ihrer Verzweiflung von hinten an, und umklammerte ihn am Hals. Ich erfasste ihn gleichzeitig am linken Arm und zog ihn, so gut ich eben konnte, von S weg. Meine jüngste Tochter M musste ebenfalls alles mit ansehen. Sie schrie fürchterlich vor Angst!

Mit Hilfe von A konnte ich meinen Mann so weit von der Couch wegziehen, dass S gleich aus dem Haus laufen konnte. Mein Mann wollte ihm nachlaufen, weshalb ich mich vor ihm hinstellte. Als er vor mir stehen blieb, lief ich mit meinen 3 Kindern durch den Garten zu den Nachbarn. Die Familie O weiß von unseren Verhältnissen und hat mir gesagt, dass ich immer kommen könne, falls ich Hilfe brauchen würde. Wir liefen zu ihrer Terrassentür, die offen war. Von dort riefen wir dann die Polizei an. Zum Nachbarhaus kam mein Mann nicht mehr.

 

S blutete am Kopf und klagte über starke Schmerzen im Bauch. Er saß zusammengekrümmt auf dem Sofa. S wurde dann von der Rettung ins Krankenhaus W gebracht. Die Einweisung hat ein Arzt angeordnet, der zum Nachbar gekommen war.

 

Nachträglich gebe ich noch zu Protokoll, dass mir mein Mann im August per SMS ein Ultimatum gestellt hat. Sinngemäß stand in dem SMS: „Dein Sohn muss innerhalb von 2 Wochen aus dem Haus. Er ist es nicht Wert, dass unsere Ehe auseinander geht."

 

Ich wurde von meinem Mann noch nie mit dem Umbringen bedroht. Im Vorjahr hat er mir einmal seine Waffen gezeigt. Er schoss mit mehreren Waffen aus der Balkontür auf Dosen. Dabei sagte er vor meiner Tochter A zu mir: "Ich treffe alles, weglaufen hat keinen Sinn". Da dieser Äußerung kein Streit vorangegangen war, fasste ich das mehr als Spaß auf. Heute habe ich gesehen, wie gefährlich mein Mann in Wahrheit ist.

Ich fürchte um das Leben meines Sohnes S. So, wie ich meinen Mann heute erlebt habe, traue ich ihm zu, dass er seine Drohung, S umzubringen, wahrmachen könnte. Ich glaube ganz einfach, dass mein Mann den grundlosen Hass gegenüber S nicht mehr im Griff hat."

 

Jedenfalls lässt Ihr oben beschriebenes Verhalten den Schluss zu, dass die Gefahr besteht, dass Sie in einem psychischen Ausnahmezustand Waffen missbräuchlich verwenden könnten. Am 1.10.2015 haben wir Ihrem Rechtsvertreter zur Kenntnis gebracht, dass wir auch die Aussagen von Frau K A und S der Entscheidung zu Grunde legen werden.

 

Frau K A gab unter anderem auf der Polizeiinspektion P am 21.9.2015 Folgendes an:

„W schläft dort seit einer Woche im Gästezimmer alleine. Er ist von sich aus dem gemeinsamen Schlafzimmer mit meiner Mutter ausgezogen. Weil er zu S teilweise so gemein und auch tätlich war, wurde es meiner Mutter auch teilweise zu viel. Sie stellte sich größtenteils hinter S, sodass dadurch auch die Beziehung litt. Nach ca. 10 Minuten kam J W wieder vom Keller herauf und er nahm sich vom Kühlschrank ein Getränk heraus. S und ich saßen im Wohnzimmer und redeten miteinander. J W dürfte geglaubt haben, dass wir über ihn reden würden. Auf einmal rannte er im offensichtlich aggressiven Zustand zu S hin und begann ihn mit voller Wucht zu attackieren, indem er ihm mehrere Faustschläge gegen seinen Kopf versetzte. Ich glaube, dass er sicher 5 bis 6 Mal voll auf S hingeschlagen hat. S zückte zusammen und hielt sich die Hände schützend vor dem Kopf. W schrie S an: „Du hast meine Ehe kaputt gemacht - ich bringe dich um". Ich habe dann J im Halsbereich an der Hand weggezerrt".

 

Herr K S gab auf der Polizeiinspektion P am 21.9.2015 unter anderem Folgendes an:

„Nach der Attacke blutete ich am Kopf, ich verspürte starke Kopfschmerzen, mir war schlecht und schwarz vor den Augen. Ich flehte noch meine Mutter an: Bitte ruf die Polizei. Ich kann mich noch daran erinnern, dass J gesagt hat, er fürchte keine Polizei, dich bring ich noch um. Er hat mich auch schon früher öfters mit dem Umbringen bedroht. Ich habe mich dann nach solchen Drohungen selber öfters ins Zimmer eingesperrt, weil ich Angst vor ihm gehabt habe."

 

In Ihrer Stellungnahme vom 5.10.2015 führten Sie an, dass der Auseinandersetzung mit S K Provokationen, Beleidigungen und Beschimpfungen vorangegangen sind, jedoch nicht eine Aggressivität von Ihnen. Die beiden Ohrfeigen, eine gefährliche Drohung Ihrerseits wird ausdrücklich bestritten, würden jedoch nicht die Annahme rechtfertigen, dass durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen gefährden könnten. Sie wiesen auf die Einvernahme beim Landesgericht W hin. Sie gaben unter anderem an, dass, nachdem S wieder irgendetwas Provokantes gesagt hat, Ihnen die Nerven durchgegangen sind und ihm links und rechts mit der flachen Hand eine Ohrfeige ins Gesicht gegeben haben.

 

Dazu wird festgestellt:

 

Tatsache ist, dass Sie selbst angegeben haben, dass Ihnen die „Nerven durchgegangen" sind. Bezüglich der Körperverletzung bestehen widersprüchliche Aussagen. So hat K A angegeben, dass Sie fünf bis sechs Mal voll auf S eingeschlagen haben. Die Drohung mit dem Umbringen bestreiten Sie. Wir gehen davon aus, dass es sich um Schutzbehauptungen handelt und Sie den Vorfall herunterspielen wollen.

Wir haben keine Zweifel, dass Sie sich sehr aggressiv verhalten haben und auch die Drohung ausgestoßen haben.

Um auszuschließen, dass Sie im Zustand einer von Ihnen nicht kontrollierbaren heftigen Gemütsbewegung, Waffen nicht missbräuchlich verwenden, ist Ihnen daher der Besitz von Waffen und Munition zu verbieten.

 

2. Mit Schreiben vom 3. November 2015 erhob der Bf in rechtsfreundlicher Vertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin wie folgt aus:

 

Gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 08.10.2015 zu Sich/2523-1992, zugestellt am 09.10.2015, wird innerhalb offener Frist eine

 

BESCHWERDE

 

an das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich eingebracht.

 

Der oben näher bezeichnete Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 08.10.2015 zu Sich/2523-1992, wird seinem gesamten Inhalte nach angefochten. Der angefochtene Bescheid leidet an mangelhaften Sachverhaltsfeststellungen infolge unrichtiger Würdigung der aufgenommenen Beweise, wobei aufgrund der mangelhaften Sachverhaltsfeststellungen eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen wurde. Im Einzelnen werden der Begründung nachfolgende Ausführungen zugrunde gelegt.

 

1.      SACHVERHALT

Ich habe im Rahmen meiner Einvernahmen vor der Polizeiinspektion P zugestanden, dass ich am 17.09.2015 dem Sohn meiner Ehegattin, S K, links und rechts eine Ohrfeige gegeben habe, was ich jetzt im Nachhinein betrachtet, zutiefst bereue. Wiewohl ich mir dessen bewusst bin, dass Ohrfeigen oder allgemein körperliche Gewalt keine probaten Mittel sind, um Provokationen zu begegnen ist festzuhalten, dass mich S K, der ein psychisch verhaltensauffälliger Jugendlicher ist, S K ist an ADHS erkrankt, in der Vergangenheit wiederholt und grundlos beschimpft und beleidigt hat.

 

Ausdrücklich festzuhalten ist, dass ich - ich bin unbescholten - zu keiner Zeit, weder vor, am noch nach dem 17.09.2015 eine missbräuchliche Verwendung (m)einer Waffe(n) intendiert habe, weshalb im Ergebnis keine Voraussetzungen vorliegen, welche die Verhängung eines Waffenverbotes begründen würden. Waffen und oder die Anwendung von Waffengewalt waren und sind bei Diskussionen und/oder Meinungsverschiedenheiten, wie sie alltäglich vorkommen (können) und in welche ich involviert war, nie ein Thema (gewesen).

 

Zusammengefasst ist daher davon auszugehen, dass ich keinen Sachverhalt verwirklicht habe, welcher "bestimmte Tatsachen" im Sinne des § 12 Abs. 1 WaffG darstellen würde.

 

Wichtig ist mir anzuführen, dass der Auseinandersetzung mit S K Provokationen, Beleidigungen und Beschimpfungen durch S K vorangegangen sind, nicht jedoch eine Aggressivität von mir. Die beiden Ohrfeigen, eine gefährliche Drohung meinerseits wird ausdrücklich bestritten, erreichen nicht das Maß, um als bestimmte Tatsachen im Sinne des WaffG erkannt zu werden, die die Annahme rechtfertigen würden, dass ich durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte, sodass selbst bei objektiver Betrachtung der Tatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist.

 

Nicht unerwähnt kann in diesem Zusammenhang bleiben, dass über meine Person eine Untersuchungshaft nicht verhängt wurde, was als Indiz zu werten ist, dass auch das Landesgericht W davon ausgegangen ist, dass von mir keine Gefahr ausgehen würde, das Leben, die Gesundheit oä. von Menschen zu beeinträchtigen und/oder zu gefährden. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass die Staatsanwaltschaft W das gegen mich wegen des Verdachtes der gefährlichen Drohung geführte Ermittlungsverfahren mittels Benachrichtigung vom 19.10.2015 eingestellt hat. Die Staatsanwaltschaft W hat zur Begründung kurz zusammengefasst angeführt, dass im Zweifel von einer situativ bedingten Unmutsäußerung auszugehen sei und darüber hinaus das auch angezeigte Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung in puncto Häufigkeit und Intensität nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar sei.

Bereits aus diesem Grunde und im Besonderen aufgrund des objektivierbaren Sachverhaltes - das „Thema Waffen" war nie Gegenstand irgendwelcher Vorhaltungen meiner Person gegenüber - kann ich die im Bescheid genannte Tatbestandsvoraussetzungen des § 12 WaffG in objektiver, noch in subjektiver Hinsicht verletzt haben, weshalb im Ergebnis das über mich verhängte Waffenverbot im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG zu Unrecht ausgesprochen worden ist.

 

Ich beantrage im Besonderen die Beischaffung des Aktes 2 St 130/15 k und 9 Hr 306/15a der Staatsanwaltschaft W bzw. des Landesgerichtes W, welcher meine Ausführungen bestätigt.

 

Zudem lege ich die Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft W vom 19.10.2015 zu 2 St 130/15k vor, welche die Einstellung des gegen mich geführten Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachtes der gefährlichen Drohung sowie der fortgesetzten Gewaltausübung dokumentiert.

 

Ferner ist die Einholung eines waffenpsychologischen Gutachtens angebracht, um eine Gefährdungsprognose auch aus medizinischer Sicht objektivieren zu können.

 

2.      ANTRÄGE

 

Ich beantrage, das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich möge

2.1 Den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft G vom 08.10.2015 zu Sich/2523-1992, aufheben und das gegen mich, J W, geführte Verfahren nach Einholung der unter Punkt 1. angeführten Beweise einstellen;

2.2 eine mündliche Verhandlung durchführen.

 

3. BEGRÜNDUNG

 

Aufgrund der Schilderungen des Sachverhaltes unter Punkt 1. dieser Beschwerde ist davon auszugehen, dass ich die von der Bezirkshauptmannschaft G zur Erlassung eines Waffenverbotes erforderlichen Tatbestandvoraussetzungen des § 12 Abs 1 WaffG weder in objektiver, noch in subjektiver Hinsicht verletzt/verwirklicht habe.

 

Die Bezirkshauptmannschaft G begnügt sich in seinen Ausführungen zum Sachverhalt (Bescheid Seiten 2ff) im Wesentlichen mit der Wiedergabe der Einvernahmen meiner Ehegattin J W sowie deren Kindern A und S und stellt fest, dass ich selbst angegeben habe, mir seien die „Nerven durchgegangen". Hinsichtlich meiner Verantwortung den Tatbestand der „gefährlichen Drohung" betreffend, die ich immer bestritten habe, wurde lapidar festgehalten, dass es sich diesbezüglich um eine Schutzbehauptung meinerseits handeln würde und ich den Vorfall herunterspielen wolle. Die Bezirkshauptmannschaft habe keine Zweifel, dass ... ich die Drohung ausgestoßen habe.

 

Diese Sachverhaltsfeststellungen der Bezirkshauptmannschaft G sind durch die Einstellung des gegen mich geführten Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft W vom 19.10.2015 zu 2 St 130/15k EINDEUTIG widerlegt. Die Staatsanwaltschaft W hat sich ohne Einschränkungen meinen Ausführungen angeschlossen und ausdrücklich festgehalten, dass im Zweifel von einer situativ bedingten Unmutsäußerung auszugehen sei und darüber hinaus das auch angezeigte Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung in puncto Häufigkeit und Intensität nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar sei

 

Gemäß § 12 Abs 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Im vorliegenden Fall war zu prüfen, ob die Voraussetzungen gemäß § 12 Abs 1 WaffG für die Verhängung eines Waffenverbotes gegeben sind.

 

Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der im § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Es genügt, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte.

 

Bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Waffen verbundenen Gefahren ist im Hinblick auf den dem WaffG (allgemein) innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Der Begriff der "missbräuchlichen Verwendung" einer Waffe ist daher nicht restriktiv auszulegen (vgl. ua. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2014, ZI. 2014/03/0063). Wesentlich ist, dass im konkreten Fall mir die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde gemäß § 12 Abs 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen.

 

Im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG müsste ich also Tatsachen gesetzt haben, die die Annahme rechtfertigen, dass ich durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

 

Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine besonders qualifizierte missbräuchliche Verwendung von Waffen zu befürchten ist. Entscheidend für die Verhängung eines Waffenverbotes ist es, ob der von der Behörde angenommene Sachverhalt "bestimmte Tatsachen" iSd § 12 Abs 1 WaffG begründet, ob also die Annahme gerechtfertigt ist, ich könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden.

Der Auseinandersetzung mit S K sind Provokationen, Beleidigungen und Beschimpfungen durch S K vorangegangen, nicht jedoch eine Aggressivität von mir. Die beiden Ohrfeigen, welche letztendlich objektivierbar sind, erreichen nicht das Maß, um als bestimmte Tatsachen im Sinne des WaffG erkannt zu werden, die die Annahme rechtfertigen würden, dass ich durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte, sodass selbst bei objektiver Betrachtung der Tatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG im vorliegenden Fall nicht erfüllt ist.

 

Mangels konkret vorliegender Umstände, die die Besorgnis erwecken würden, dass ich von einer Waffe missbräuchlich Gebrauch machen und dadurch eine Gefährdung im Sinne des § 12 Abs 1 WaffG herbeigeführt werden könnte, kann eine „Prognoseentscheidung in Sinne der belangten Behörde" zu meinen Lasten nicht vorgenommen werden. Abgesehen von den beiden Ohrfeigen, welche ich immer zugestanden habe, ist es zu keiner Zeit zu einem Gewaltexzess gekommen. Mangels bewiesener Aggressionsbereitschaft ist die familiäre Auseinandersetzung vom 17.09.2015 in waffenrechtlicher Hinsicht demnach nicht bedeutsam.

 

Abstellend auf den vorliegenden Sachverhalt und unter Berücksichtigung der oa Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist der Tatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weshalb meiner Beschwerde antragsgemäß stattzugeben sein wird.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft G legte den in Rede stehenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 14. Jänner 2016 zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevorentscheidung wurde nicht erlassen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat für den 22. März 2016 eine öffentliche Verhandlung anberaumt und hiezu die Verfahrensparteien geladen.

 

Die belangte Behörde ist entschuldigt der Verhandlung ferngeblieben. Die ordnungsgemäß geladene Zeugin (Exgattin des Bf) konnte krankheitsbedingt der Verhandlung nicht beiwohnen.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerde-vorbringen. Weitere Beweise wurden in der öffentlichen Verhandlung am 22. März 2016 erhoben.

 

6. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf lebte seit Juli 2014 mit seiner Gattin J W, sowie ihren drei Kindern aus früherer Ehe im gemeinsamen Haushalt. Mittlerweile ist der Bf geschieden und wohnt alleine in seinem Einfamilienhaus.

 

Der 16-jährige Stiefsohn S K ist verhaltensauffällig und diesbezüglich in Behandlung. Die verordneten Medikamente nahm er unregelmäßig. Der Umgang mit anderen Menschen fiel ihm schwer, während der Lehrlingsausbildung fühlte er sich zeitweise gemobbt. Nachdem der Bf seinem Stiefsohn diverse Fahrzeuge unter der Auflage der sogfältigen Wartung zum Gebrauch  überlassen hatte, kam es seit etwa Juli 2015 zwischen Beiden zu verbalen Differenzen, da sich der Stiefsohn nicht an die Vereinbarung gehalten hatte. Dabei sprach der Bf u.a. auch die „Drohung“ aus, ihm bei weiterer Missachtung seiner Vorgaben das überlassene Moped wegzunehmen.

 

Am 17. September 2015 kam es zwischen der geschiedenen Gattin und dem Bf zu Meinungsverschiedenheiten. Streitpunkt waren die Besitz- und Eigentumsverhältnisse des überlassenen Mopeds. Die verbale Auseinandersetzung führte gegen 19.30 Uhr zu einer Intervention der Polizei, die die Situation zwar beruhigen konnte, sich zur Klärung der Eigentumsverhältnisse aber nicht zuständig erachtete. Strafrechtlich relevante Vorfälle wurden nicht wahrgenommen.

 

Nach Beendigung der polizeilichen Amtshandlung begab sich der Bf vorerst in das Gästezimmer in den Keller, kehrte aber nach ein paar Minuten wieder in den Wohnbereich im Erdgeschoss zurück und nahm sich ein Getränk aus dem Kühlschrank. Die weiteren Familienmitglieder befanden sich im Wohnzimmer. Gespräche zwischen den Stiefkindern bezog der Bf auf sich. Da sich der zur Rede gestellte Stiefsohn nicht so verhielt wie es der Bf wollte, gingen dem Bf die Nerven durch. Er eilte auf den Stiefsohn zu und gab ihm zumindest zwei Ohrfeigen. In der öffentlichen Verhandlung zeigte der Bf vor, wie er mit der flachen Hand (Innenseite) und dem Handrücken auf den Stiefsohn eingeschlagen hat. Infolge des Dazwischentretens der geschiedenen Gattin und der ältesten Stieftochter unterblieben weitere Tätlichkeiten durch den Bf. Um eine weitere Gewaltanwendung zu verhindern, zogen Mutter und Tochter den Bf, der weiterhin  lautstark seinen Ärger kundtat, vom Stiefsohn weg. Anschließend verließ die geschiedene Gattin mit ihren drei Kindern fluchtartig das Haus und sie begaben sich zu Nachbarn. Der Bf verblieb im Haus.

 

Im Hinblick auf die unklare Sachlage, des Besitzes mehrerer Waffen, darunter 2 Waffen der Kategorie B, und mangels Kontaktaufnahmemöglichkeit mit dem Bf wurde ein Cobra-Einsatz in die Wege geleitet. Als der Bf diverse Geräusche vor dem Haus wahrgenommen hat, trat er ins Freie und wurde dort von der Polizei festgenommen. Der Bf leistete keinen Widerstand. Die im Besitz des Bf befindlichen Waffen sowie Munition wurden noch am selben Abend sichergestellt und ein vorläufiges Waffenverbot sowie eine Wegweisung und ein Rückkehrverbot ausgesprochen.

 

Der Stiefsohn wurde am 17. September 2015 um 20.30 Uhr im Nachbarhaus durch den Gemeindearzt untersucht. Dieser stellte einen „Bluterguss an der Stirn rechts, Druckschmerz am Kopf links und eine Sehstörung linkes Auge“ fest. Abschließend hielt der Gemeindearzt fest, dass die Verletzungen und die Angaben des Verletzten für mehrere Faustschläge gegen den Kopf sprechen.

 

Im Klinikum W-G wurde der Stiefsohn am 17. September 2015 um 21.40 Uhr einer weiteren Untersuchung unterzogen. Auf Grund der Anamnese (Patient wurde vom Stiefvater geschlagen, Verletzung im Bereich des Bauches und Kopfes; linkes Auge) wurde folgende Aufnahmediagnose erstellt: Prellung des Kopfes mit Erbrechen, Prellung in Umgebung der linken Augenhöhle, Prellung im Bereich der rechten Wange und Prellung des Bauches. Die Verletzungen sind dem Grade nach als leicht bis 14 Tage beurteilt worden.  

 

Die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben den Bf wegen der §§ 83 Abs. 1, 107 Abs. 1 und 2 und 107b StGB bei der Staatsanwaltschaft W zur Anzeige gebracht.

 

Hinsichtlich der angezeigten gefährlichen Drohung erfolgte gemäß § 190 Z. 2 StPO die Einstellung, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung bestand (siehe Benachrichtigung vom 19. Oktober 2015). Die Staatsanwaltschaft ist im Zweifel von einer situativ bedingten Unmutsäußerung ausgegangen. Das angezeigte Verhalten der fortgesetzten Gewaltausübung war in puncto Häufigkeit und Intensität nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar.

 

Das Strafverfahren wegen der §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 1 StGB ist nach wie vor anhängig. Zuletzt erfolgte eine Sachverständigenbestellung  zwecks Objektivierbarkeit der Körperverletzungen oder Gesundheitsschädigungen, Zustandekommen der Verletzungen, Schwere der Körperverletzungen oder Gesundheitsschädigungen, Dauer der Gesundheitsschädigungen und Schmerzperioden.

 

II.

 

Unbestritten ist, dass der Bf am 17. September 2015 gegen den damaligen Stiefsohn tätlich vorgegangen ist und ihn dabei am Körper verletzt hat. Im Zuge der niederschriftlichen Befragung unmittelbar nach der Tat spricht er selbst von einer Gewaltanwendung gegen den Stiefsohn. Strittig ist, wie die Verletzungen zugefügt worden sind.

 

In der öffentlichen Verhandlung schilderte der Bf glaubwürdig den Geschehensablauf. Im Hinblick auf die äußerst kräftige und durchtrainiert anmutende Statur des Bf erscheint sein Vorbringen, dem damaligen Stiefsohn ausschließlich „saftige Watschen“ (mit der flachen Hand bzw. dem Handrücken) verabreicht zu haben, nachvollziehbar. Der Bf bestreitet auch nicht, dass ihm unmittelbar vor der Tat die „Nerven gewaltig durchgegangen“ sind. Folgte man den Schilderungen des damaligen Stiefsohns und der Zeugen (niederschriftliche Befragung durch die einschreitenden Polizeibeamten), wonach der Bf „mit voller Wucht S attackiert und ihm mehrere Faustschläge gegen den Kopf versetzt (sicher 5 bis 6 Mal voll hingeschlagen)“ habe (Zeugenaussage der Schwester), sich auf „S gestürzt und wie wild mit den Fäusten auf ihn eingeschlagen“ habe (Zeugenaussage der geschiedenen Gattin), mit „so einer Intensität und Brutalität auf mich eingeschlagen, mich mit seinen Beinen fixiert und dann mit den Fäusten auf meinen Kopf eingedroschen und noch einen Schlag in den Bauchbereich verabreicht“ (Zeugenaussage des damaligen Stiefsohns), wäre naheliegend, dass sich der damalige Stiefsohn deutlich schwerere Verletzungen zugezogen hätte. Der Gemeindearzt, der das Opfer unmittelbar nach der Tat untersucht hat, ging davon aus, dass die Verletzungen „für mehrere Faustschläge sprechen“. Diesbezüglich ist aber anzumerken, dass der Gemeindearzt mangels Gegenüberstellung keinen Bezug zum Bf und dessen körperlicher Statur machen konnte und im Wesentlichen auf die Angaben des Opfers angewiesen war. Hätte er sich, wie in der öffentlichen Verhandlung, einen Eindruck vom Bf verschaffen können, wäre er höchstwahrscheinlich zu einem anderen Ergebnis gekommen.   Bei der anschließenden Untersuchung im Klinikum W-G und der erstellten Verletzungsanzeige ist von Faustschlägen als Verletzungsursache nicht mehr die Rede. Einleitend wird allgemein von Schlägen gesprochen und die Verletzungen (Prellungen) werden als „dem Grade nach leicht bis 14 Tage“ eingestuft. Dieses Untersuchungsergebnis stärkt zumindest ansatzweise die Darstellung des Bf.

 

Ob der Bf schon früher gegen den damaligen Stiefsohn gewalttätig vorgegangen ist, kann auf Grund der widersprüchlichen Angaben seiner Familienangehörigen nicht erwiesen werden. Seine Mutter hat zwar verbale Übergriffe wahrgenommen, von Schlägen hat sie nicht berichtet.

 

Der mit der Gewaltanwendung des Bf einhergehende verbale Wutausbruch wurde - abgesehen vom Bf - als gefährliche Drohungen angesehen. Sowohl im gerichtlichen als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat der Bf derartige Drohungen wiederholt bestritten. Die zuständige Staatsanwaltschaft hat das diesbezügliche Verfahren eingestellt und ist im Zweifel von einer „situativ bedingten Unmutsäußerung“ ausgegangen. Die „fortgesetzte Gewaltausübung“ wertete sie „in puncto Häufigkeit und Intensität nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar“. Auch wenn die gerichtliche Vorgangsweise keinerlei Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren bewirkt, zeigt das vorliegende Ergebnis auf, dass die Staatsanwaltschaft in Teilbereichen zu einer ähnlichen Beurteilung gekommen ist.   

 

III.

 

1. Gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996, BGBl I 12/1997 idF 161/2013 (in der Folge: WaffG) hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

 

Gemäß § 12 Abs. 2 WaffG sind die im Besitz des Menschen, gegen den ein Waffenverbot erlassen wurde, befindlichen

1. Waffen und Munition sowie

2. Urkunden (ausgenommen Jagdkarten), die nach diesem Bundesgesetz zum Erwerb, Besitz, Führen oder zur Einfuhr von Waffen oder Munition berechtigen,

unverzüglich sicherzustellen. Für die damit betrauten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes gilt § 50 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl.
Nr. 566/1991.

 

Gemäß § 12 Abs. 3 WaffG hat eine Beschwerde gegen ein Waffenverbot keine aufschiebende Wirkung. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Waffenverbotes gelten

 

1. die sichergestellten Waffen und Munition als verfallen;

2. die im Abs. 2 Z 2 angeführten Urkunden als entzogen.

 

Gemäß § 12 Abs. 4 WaffG hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag für die verfallenen Waffen und verfallene Munition, soweit er deren rechtmäßigen Erwerb glaubhaft macht, mittels Bescheides eine angemessene Entschädigung zuzuerkennen. Ein solcher Antrag ist binnen einem Jahr ab Eintritt der Rechtskraft des Verbotes nach Abs. 1 zu stellen.

 

Gemäß § 12 Abs. 5 WaffG gelten die gemäß Abs. 2 sichergestellten Waffen und Munition trotz eines rechtmäßig verhängten Waffenverbotes nicht als verfallen,

1. wenn das ordentliche Gericht, dem sie anlässlich eines Strafverfahrens vorgelegt worden sind, ihre Ausfolgung an deren Eigentümer verfügt oder

2. wenn jemand anderer als der Betroffene binnen sechs Monaten, vom Zeitpunkt der Sicherstellung an gerechnet, der Behörde das Eigentum an diesen Gegenständen glaubhaft macht und dieser Eigentümer die Gegenstände besitzen darf.

 

2. § 12 Abs. 1 WaffG erlaubt es ua. nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, im Interesse der öffentlichen Sicherheit bestimmten Menschen den Besitz von Waffen überhaupt zu verbieten; eine Einschränkung des Waffenverbotes auf eine bestimmte Art von Waffen (etwa genehmigungspflichtige Schusswaffen) kommt nicht in Betracht (vgl ua. VwGH vom 18. September 2013, 2013/03/0050)

 

Der Verbotstatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG setzt voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine besonders qualifizierte missbräuchliche Verwendung von Waffen zu befürchten ist. Entscheidend für die Verhängung eines Waffenverbotes ist es, ob der von der Behörde angenommene Sachverhalt "bestimmte Tatsachen" iSd § 12 Abs. 1 WaffG begründet, ob also die Annahme gerechtfertigt ist, der Betroffene könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden. Demgegenüber ist die Versagung bzw. der Entzug waffenrechtlicher Urkunden (vgl. § 21 Abs. 1 bzw. § 25 Abs. 3 WaffG) schon bei fehlender waffenrechtlicher Verlässlichkeit (vgl. § 8 WaffG) gerechtfertigt, die insofern an andere, weniger strenge Anforderungen geknüpft sind (vgl. etwa VwGH vom 28. November 2013, 2013/03/0084).

 

Bei der Beurteilung der mit dem Besitz von Waffen verbundenen Gefahren ist im Hinblick auf den dem WaffG (allgemein) innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Der Begriff der "missbräuchlichen Verwendung" einer Waffe ist daher nicht restriktiv auszulegen (vgl. ua. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Juni 2014, Zl. 2014/03/0063). Wesentlich ist, dass dem Betroffenen die missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist. Liegt diese Voraussetzung vor, so hat die Behörde gemäß § 12 Abs. 1 WaffG vorzugehen und ein Waffenverbot auszusprechen. Die Erlassung eines Waffenverbotes liegt somit nicht im Ermessen der Behörde (vgl. auch VwGH vom 18. Mai 2011, 2008/03/0011, und VwGH vom 27. November 2012, 2012/03/0134).

 

Bei einem Waffenverbot wird nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht über eine strafrechtliche Anklage (iSd Art 6 EMRK) entschieden, vielmehr handelt es sich dabei um eine administrativrechtliche Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung (vgl. etwa VwGH vom 19. März 2013, 2012/03/0180).

 

Zur Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Erlassung eines Waffenverbots nach § 12 Abs. 1 WaffG vorliegen, ist es auch nicht entscheidend, ob die Strafverfolgungsbehörde wegen des strittigen Vorfalls von einer Verfolgung, allenfalls nach diversionellem Vorgehen, Abstand genommen hat, weil diese Entscheidung für die Waffenbehörde keine Bindungswirkung entfaltet (vgl. etwa VwGH vom 30. Jänner 2014, 2013/03/0154, und VwGH vom
19. März 2013, 2012/03/0180).

 

3. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass der Bf zu keiner Zeit eine missbräuchliche Verwendung seiner Waffe intendierte. Auch bei den Auseinandersetzungen mit seinem Stiefsohn war die Waffe nie Thema.

 

Bis dato liegt keine strafgerichtliche Verurteilung vor. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche auch nicht erforderlich (vgl. VwGH vom 30. November 2000, Zl. 98/20/0226). Läge aber eine strafgerichtliche Verurteilung vor, so bestünde eine Bindung einerseits im Hinblick auf den Umstand der Existenz der Verurteilung, als auch im Hinblick auf die Frage, ob die Tat unter die jeweiligen Voraussetzungen der Strafnorm zu subsumieren wäre (vgl. 22. Februar 2010, Zl. 2009/03/0145, sowie Keplinger/Löff, Waffengesetz4 1996, § 12 Anm. 3.4.2. mwN).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu Situationen familiärer Gewalt mit Verletzungsfolgen bereits festgehalten, dass nach den Umständen des Einzelfalls auch schon ein einmaliger Vorfall (Gewaltexzess) ungeachtet eines untadeligen Vorlebens die Verhängung eines Waffenverbots gemäß § 12 Abs 1 WaffG rechtfertigen kann, wobei nicht entscheidend ist, durch welches Verhalten die Auseinandersetzung ihren Ursprung genommen hat. Wesentlich ist ausschließlich die Tatsache, dass dem vom Waffenverbot betroffenen Menschen, der im Affekt gewaltsam gegen einen anderen Menschen vorgegangen ist, auch weiterhin eine missbräuchliche Verwendung von Waffen zuzutrauen ist (vgl das hg Erkenntnis vom 19. März 2013, Zl 2012/03/0180).

 

Wie dem Ermittlungsverfahren zu entnehmen ist, kommt dem Bf, mangels entgegenstehender Beweisergebnisse,  ein  untadeliges Vorleben zugute. Dennoch könnte der gegenständliche Vorfall die Verhängung eines Waffenverbotes rechtfertigen. Dies würde aber voraussetzen, dass es bei der familiären Gewalt mit den festgestellten Verletzungsfolgen zu einem Gewaltexzess gekommen ist. Auch wenn die Zeugenaussagen dies auf den ersten Blick nahelegen könnten, weist, wie oben unter Punkt II ausgeführt, der Geschehensablauf nicht auf einen Gewaltexzess hin. Unbestritten hat der Bf am Vorfallstag die Nerven verloren, ist lautstark und gewaltsam auf seinen damaligen Stiefsohn losgegangen und hat ihn im Zuge der einseitigen körperlichen Auseinandersetzung auch verletzt. Für den unmittelbar betroffenen Stiefsohn und die anwesenden Familienangehörigen mag das Verhalten des Bf wie ein Gewaltexzess empfunden worden sein. Bei Betrachtung aller relevanten Sachverhaltselemente und Abwägung der unterschiedlichen Darstellungen kommt man zum Ergebnis, dass der Bf zwar unvertretbar gewaltsam gegen seinen Stiefsohn vorgegangen ist, die Gewaltausübung aber nicht eine solche Intensität erreicht hat, dass sie als Gewaltexzess zu werten wäre. Insgesamt lassen sich beim vorliegenden Sachverhalt keine ausreichenden Gründe finden, die vertretbar die Annahme einer Gefahr eines Missbrauches von Waffen rechtfertigen würde.

 

Unabhängig anderer hervorgetretener Umstände, welche die Verlässlichkeit des Bf fragwürdig erscheinen lassen, ist auf Grund des festgestellten Sachverhalts unter Berücksichtigung der oa Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Tatbestand des § 12 Abs. 1 WaffG im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

 

4. Es war also im Ergebnis der Beschwerde mit der Maßgabe stattzugeben, als das in Rede stehende Waffenverbot aufzuheben und spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag. Christian Stierschneider