LVwG-150783/6/EW/FE

Linz, 14.04.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Wiesbauer über die Beschwerde der I K, M x, x P, vertreten durch S C & P, Rechtsanwälte GmbH, B x, x L, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Perg vom 22.7.2015, GZ: Bau‑64-57-83/2014-2015, den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I. Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als der Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Perg vom 22.7.2015,
GZ: Bau‑64-57-83/2014-2015,
aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG zurückgewiesen wird.

 

 

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Sachverhalt, Verfahrensgang:

 

I.1. Mit Bescheid vom 11.7.2013 wurde der Beschwerdeführerin (im Folgenden kurz: Bf) durch die Baubehörde erster Instanz die Baubewilligung für die Errichtung eines zweiseitig offenen Carports im Ausmaß von 4,67 x 9,10 m und den Abbruch einer Gartenhütte auf Grundstück Nr. x, KG P, erteilt. Daran westseitig anschließend wurde im Zuge eines Anzeigeverfahrens (Anzeige der Bf vom 13.8.2013) ein Geräteschuppen im Ausmaß von 3 x 4 m baubehördlich mit Schreiben der Baubehörde vom 12.9.2013 zur Kenntnis genommen.

 

Bei einem am 4.2.2014 von der Baubehörde mit einem bautechnischen Amtssachverständigen durchgeführten Lokalaugenschein wurde festgestellt, dass der Carport und die Gerätehütte nicht plan- und befundgemäß errichtet worden sind. Der Carport wurde um 0,53 m verlängert und überdies die Nordseite (Seite zur Grundgrenze) mit Glasausfachungen überwiegend abgeschlossen. Da die begrifflichen Voraussetzungen für einen überdachten Stellplatz (als überdachte Fläche zum Abstellen von KFZ bezeichnet, die an höchstens zwei Seiten durch Wände und durch sonstige Bauteile umschlossen ist) nun nicht mehr erfüllt seien, handle es sich daher begrifflich nun um eine Garage. Gemäß OIB 2.2 sei für Garagen unter 50 m² Nutzfläche ein Wandabschluss zur Nachbargrundgrenze mit der Anforderung REI 60 notwendig. Die übrigen Wandkonstruktionen und auch die Dachkonstruktion müssten dabei die Anforderungen REI 30 erfüllen.

 

Beim Geräteschuppen sei im Zuge des Lokalaugenscheines eine Vergrößerung festgestellt worden und ergebe sich dadurch für den Geräteschuppen ebenfalls eine baurechtliche Bewilligungspflicht. Ebenfalls müsste die Gerätehütte den brandschutztechnischen Anforderungen entsprechen. Dadurch ergebe sich auch eine geänderte brandtechnische Einstufung im Sinn der Richtlinie OIB 2.2.

 

Die Baubehörde teilte der Bf auf Grund dieses Ergebnisses mit, dass – wenn nicht der genehmigte Zustand wieder hergestellt wird – bezüglich Garage und Geräteschuppen um Neugenehmigung anzusuchen sei, wobei die gesamten brandschutztechnischen Anforderungen zu erfüllen seien.

 

I.2. Mit Ansuchen vom 7.7.2014, eingelangt am 14.7.2014, suchte die Bf um Erteilung der Baubewilligung für den Zubau Geräteschuppen auf dem gegenständlichen Grundstück an. Den neu vorgelegten Einreichunterlagen liege jedoch nach Ansicht des bautechnischen Amtssachverständigen im Aktenvermerk vom 15.7.2014 ein brandtechnisches Gutachten zugrunde, welches als Schutzziel lediglich die Ausbreitung von Feuer auf benachbarte Gebäude beurteile. Dieses Gutachten reiche für die Gesamtbeurteilung des gegenständlichen Bauvorhabens keinesfalls aus bzw. sei für diesen Sachverhalt nicht anwendbar.

 

Die Bf legte daraufhin einen überarbeiteten Einreichplan vom 7.7.2014 und ein brandschutztechnisches Gutachten der Firma F G GmbH, W S x, x L vom 12.5.2014 vor. Der bautechnische Amtssachverständige kam nach Begutachtung der eingereichten Unterlagen und nach einer Besprechung mit der Bf und dem Privatsachverständigen im Aktenvermerk vom 12.8.2014 zu dem Ergebnis, dass gemäß § 41 Oö. Bautechnikgesetz eine öffnungslose Wand an der Grundgrenze für die gegenständliche Garage verlangt sei. In weiterer Folge werde auch in der OIB 2.2 eine entsprechende brandabschnittsbildende Wand in der Klassifizierung REI 60 als Voraussetzung festgehalten. Diesen Erfordernissen entspreche der eingereichte Plan nicht. Im Aktenvermerk vom 16.9.2014 hält der bautechnische Sachverständige ausdrücklich fest, dass für die brandtechnische Beurteilung die OIB-Richtlinie 2.2 maßgeblich sei. Diese Richtlinie unterscheide mit Schutzdächern überdeckte Stellplätze und Garagen. Laut den Begriffs-bestimmungen der OIB-Richtlinie 2.2, welche nach den oberösterreichischen Baurechtsbestimmungen ebenfalls für verbindlich erklärt wurde, sei als überdachter Stellplatz eine überdachte Fläche zum Abstellen von Kraftfahrzeugen definiert, welche an höchstens zwei Seiten durch Wände bzw. durch sonstige Bauteile (ZB‑Gitter) umschlossen sei. Nachdem der gegenständliche Carport an mehr als zwei Seiten Wandabschlüsse in diesem Sinne aufweise, seien für die Beurteilung die Bestimmungen für Garagen maßgeblich. Für Garagen bis 50 m² sei demnach ein Wandabschluss zur Nachbargrundgrenze mit der Anforderung REI 60 bzw. EI 60 erforderlich und müssen daher alle übrigen Wand- und Deckenbauteile die Anforderungen REI 30 bzw. E 60 erfüllen. Da im vorgelegten Einreichplan eine Einzelbeurteilung für den Geräteschuppen technisch nicht möglich sei und andererseits der im Plan dargestellte Carport die notwendige brandtechnische Ausführung nicht aufweise, sei der vorgelegte Einreichplan für eine positive Beurteilung nicht ausreichend.

 

Die Beurteilung des Amtssachverständigen wurde der Bf mit Schreiben vom 30.9.2014 im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht.

 

I.3. In ihrer Stellungnahme vom 16.10.2014 ersuchte die Bf, das bereits vorgelegte brandschutztechnische Gutachten zur Beweiswürdigung zuzulassen und übermittelte eine Stellungnahme der Firma F G GmbH vom 13.10.2014.

 

Der Amtssachverständige führt in einer fachlichen Stellungnahme im Aktenvermerk vom 18.11.2014 aus, dass im von der Bf vorgelegten brandtechnischen Gutachten die OIB‑Richtlinie 2.2 nicht angeführt und im gesamten Gutachten auf diese Richtlinie nicht Bezug genommen worden sei. Es seien die Schutzziele definiert und werde am Schluss der Schutzzieleinstufung lediglich die Ausbreitung von Feuer auf benachbarte Bauwerke angeführt. Der Brandübergriff auf das anschließende Wohnhaus werde im vorgelegten Gutachten nicht behandelt und diesbezüglich auch keine Aussage getroffen. Die Berechnung der natürlichen Rauch- und Wärmeabzugsanlage gemäß TRVB 125 S könne aus seiner Sicht für die maßgebliche Beurteilung nicht herangezogen werden, da sich diese im Wesentlichen auf vorhandene Öffnungen an der Grundgrenze beziehe und dies – wie bereits erwähnt – gemäß OIB‑Richtlinie 2.2 und auch der Oö. BauTV nicht zulässig seien. Er vertrete daher die Meinung, dass das vorgelegte Gutachten auf Grund des fehlenden Bezugs zu den baurechtlichen Bestimmungen einerseits und auch zur fehlenden Schutzzielsetzung (keine Berücksichtigung des angrenzenden Wohnhauses) andererseits für die Beurteilung des gegenständlichen Bauvorhabens nicht herangezogen werden könne.

 

Zu diesen Ausführungen wurde der Bf mit Schreiben vom 25.11.2014 die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Die Bf führte in ihrer Stellungnahme vom 11.12.2014 aus, dass der Zubau der Gartenhütte laut vorgelegtem Bauansuchen vom 7.7.2014 wie gefordert ausgeführt worden sei. Hüttenseitig zu den Nachbarn sei brandbeständig, Carport und Gartenseite hochbrandhemmend nachträglich ausgeführt worden. Beim Dachvorsprung der Hütte sei die bebaute Gesamtlänge auf 15 m gekürzt und somit eingehalten worden. Betreffend den Carport werde nochmal auf das brandtechnische Gutachten der Firma F G GmbH verwiesen. Eine weitere Stellungnahme der F G GmbH vom 1.12.2014 wurde der Stellungnahme der Bf angehängt.

 

I.4. Mit Bescheid vom 3.3.2015, zugestellt durch Hinterlegung am 9.3.2015, wies die Baubehörde erster Instanz das Ansuchen der Bf vom 7.7.2014 um baubehördliche Bewilligung für den Zubau eines Geräteschuppens gemäß § 30 Abs. 6 Oö. Bauordnung 1994 ab. Begründend wurde ausgeführt, dass das geplante Bauvorhaben baurechtlichen Bestimmungen (entsprechend den Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen) widerspreche.

 

Gegen diese Bescheide erhob die Bf fristgerecht mit Schriftsatz vom 15.3.2015, eingelangt am 18.3.2015, Berufung mit der Begründung, dass im Bescheid in keinster Weise begründet nachgewiesen worden sei, welche abschlägigen Gründe zur Versagung der Baubewilligung führten. Es sei in keiner Weise auf das Sachverständigengutachten der F G GmbH eingegangen worden und es fehle daher die technische Begutachtung und die Beurteilung sowie die rechtliche Beweiswürdigung.

 

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.7.2015 wurde die fristgerechte Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Perg vom 3.3.2015 abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass weder der Carport noch die Gerätehütte entsprechend der vorliegenden Genehmigungen befundmäßig bzw. projektgemäß ausgeführt worden seien. Das Bauvorhaben sei auch an der Nachbargrundgrenze mit einer Verglasung geschlossen. Dies erfordere gemäß der OIB‑Richtlinie 2.2 eine zusätzliche brandschutztechnische Verkleidung des Bauvorhabens. Der Carport sei direkt an ein Wohnhaus in Fertigteilbauweise angebaut. Durch die nicht gegebene Ausführung des Carports gemäß der OIB‑Richtlinie 2.2 seien aus fachlicher Sicht bei einem Brand Übergriffe auf die angrenzenden Gebäude am Grundstück nicht ausgeschlossen. Das von der Bf vorgelegte brandschutztechnische Gutachten könne auf Grund des fehlenden Bezugs zu den baurechtlichen Bestimmungen einerseits und auch zur fehlenden Schutzzielsetzung (keine Berücksichtigung des angrenzenden Wohnhauses) andererseits für die Beurteilung des gegenständlichen Bauvorhabens nicht herangezogen werden. Aus den vorliegenden Gründen könne eine Baubewilligung nicht erteilt werden.

 

I.5. In ihrer mit Schriftsatz vom 21.8.2015 nun durch einen rechtsfreundlichen Vertreter eingebrachten Beschwerde beantragt die Bf, den bekämpften Bescheid aufzuheben und der Beschwerde Folge zu geben bzw. den bekämpften Bescheid aufzuheben und die Verwaltungssache zur Verfahrensergänzung an die zuständige Behörde zur neuerlichen Entscheidung zurück zu verweisen. Begründend führte sie zusammengefasst aus, dass die belangte Behörde bei der Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes nicht berücksichtigt habe, dass es gemäß dem "Leitfaden zur Abweichung in Brandschutz und Brand-schutzkonzepte" zu OIB‑330.2-068/11 im Fall einer Abweichung zu den Anforderungen der OIB‑Richtlinie 2.2 ausreiche, wenn die gleichwertige Ein-haltung der Schutzziele schlüssig nachgewiesen werde. Dieser Leitfaden diene daher u.a. für Nachweise bei Abweichungen von Anforderungen der OIB‑Richtlinie 2.2 "Brandschutz bei Garagen, überdachten Stellplätzen und Parkdecks". Im von der Bf vorgelegten brandtechnischen Gutachten seien die brandschutztechnischen Schutzziele der OIB‑Richtlinie 2.2 den Untersuchungen zugrunde gelegt worden. Dieser Leitfaden lasse expressis verbis gerade auch für Garagen Abweichungen zu. Die Bf habe daher auf (zumindest) gleicher fachlicher Ebene wie der Amtssachverständige nachgewiesen, dass das Projekt den brandschutztechnischen Vorschriften entspreche. Es seien im genannten Leitfaden Schutzziele definiert und deren Einhaltung schlüssig mit dem brandschutztechnischen Gutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen DI G G von der F G GmbH nachgewiesen worden. Da die belangte Behörde es unterlassen hat, weitere Beweise einzuholen (insbesondere ein Gutachten eines dritten Sachverständigen), sei der Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Darüber hinaus sei der Bescheid nicht ausreichend begründet, da im Wesentlichen nur auf diverse Aktenvermerke verwiesen werde.

 

I.6. Mit Schreiben vom 14.9.2015, eingelangt am 22.9.2015, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

I.7. Auf Grund der in der Beschwerde vorgebrachten Gründe wurde Ing. F K, bautechnischer Amtssachverständiger beim Amt der Oö. Landesregierung, mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Mit Schreiben vom 24.3.2016 legte er zu den gestellten Beweisthemen folgenden Befund samt Gutachten vor:

 

1.a) Ist der „Leitfaden zur Abweichung im Brandschutz und Brandschutzkonzepte zu OIB 330.2-068/11 im gegenständlichen Fall anwendbar?

 

Im § 8 „Abweichungen" der Oö. BauTV 2013 idgF. ist Folgendes festgelegt:

Die Baubehörde hat auf Antrag Abweichungen von den Bestimmungen des 1. Hauptstückes, insbesondere den Richtlinien des Österreichischen Institutes für Bautechnik, zuzulassen, wenn die Bauwerberin oder der Bauwerber nachweist, dass das gleiche Schutzziel wie bei Anwendung der Richtlinie erreicht wird.

Der letzte Absatz der Vorbemerkungen zu der mit § 2 Oö. BauTV 2013 idgF. verbindlich erklärten OIB-Richtlinie 2.2 Ausgabe 2011 besagt Folgendes:

Von den Anforderungen dieser Richtlinie kann abgewichen werden, wenn die Schutzziele auf gleichem Niveau wie bei Anwendung dieser Richtlinie erreicht werden, wobei der OIB-Leitfaden „Abweichungen im Brandschutz und Brandschutzkonzepte" anzuwenden ist.

Aus den beiden Bestimmungen ergibt sich aus fachlicher Sicht eindeutig, dass im gegenständlichen Fall die Anwendbarkeit des vorliegenden Brandschutzgutachtens der F G GmbH 12.05.2014 mit den Ergänzungen vom 29.07.2014, 13.10.2014 und 1.12.2014 gegeben ist.

 

1.b) Ist das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Brandschutzgutachten der F G GmbH vom 12.05.2014 mit den Ergänzungen vom 29.07.2014, 13.10.2014 und 01.12.2014 vollständig und kann zu einer Beurteilung herangezogen werden?

 

Eine detaillierte Prüfung der Berechnungsergebnisse kann nicht vorgenommen werden, zumal dazu so spezifische Fachkenntnisse (ingenieurmäßige Rechenverfahren im Bereich des Brandschutzes) meinerseits nicht vorliegen und auch keine Berechnungsprogramme dem Amt zur Verfügung stehen.

 

Da die Brandschutztechnische Bewertung „Zustimmung im Einzelfall" durch die Firma F G GmbH als staatlich akkreditierte Prüf- und Inspektionsstelle erfolgte, wird davon ausgegangen, dass jedenfalls die getroffenen Annahmen und Voraussetzungen sowie die Schlussfolgerungen in der Zusammenfassung stimmen.

Sollte das LvWG eine darüber hinausgehende vertiefte fachtechnische Überprüfung benötigen, so wird angeraten dies durch Befassung eines speziellen nichtamtlichen SVD (z.B. der Brandverhütungsstelle für Oberösterreich) abzuklären.

 

Abgesehen davon wird zum vorliegenden Gutachten Folgendes festgestellt:

In diesem Gutachten wird vor allem ein möglicher Brandübergriff auf Nachbarbaubestände als Schutzziel behandelt und darin auch angeführt welche Baulichen Gegebenheiten vorliegen bzw. welche Vorgaben zu berücksichtigen sind.

 

Als Bauliche Gegebenheiten ist unter 4.2.1 Nachstehendes angeführt:

 

Carport:

• Tragkonstruktion vertikal und horizontal besteht aus Holz

• Außenwände sind teils aus Holz und aus Glas (Einscheibensicherheitsglas-ESG) und seitens der Gerätehütte in El 90 mit eingebauter El2 30-C Tür auszuführen.

• Der Bodenbelag (Pflastersteine) ist nicht brennbar ausgeführt.

• Die Dachhaut wird mit Plexiglas – Wellplatten (El 0)ausgeführt.

 

Als Vorgabe (Voraussetzung) sind nachstehende Maßnahmen angeführt:

1. Die Öffnungsflächen der Rauch- und Wärmeabzugsanlage (Freibereich zwischen der Glaswandverkleidung und der Garagenwand entlang der Nachbargrundgrenze).

2. Die Tür zur Gartenhütte muss in El2 30-C ausgeführt werden.

3. Im Carport darf sich nur ein (1) Kraftfahrzeug befinden.

 

Anzumerken ist, dass die im Gutachten der F G GmbH angeführten Maßnahmen teilweise mit dem Einreichplan datiert mit 07.07.2014 und Vorprüfungsvermerk vom 15.07.2014 nicht übereinstimmen bzw. diese Maßnahmen darin nicht ausgewiesen sind.

 

Grundsätzlich ist aber festzustellen, dass das Gutachten logisch und nachvollziehbar aufgebaut ist, so dass es plausibel ist, dass die geplante Ausführung das gleiche Schutzniveau wie in der OIB-Richtlinie erreicht.

 

2. Werden durch den Carport mit Zubau einer Gerätehütte die brandschutztechnischen Bestimmungen eingehalten?

 

Im Zusammenhang mit den Festlegungen der OIB Richtlinie 2.2 „Brandschutz bei Garagen, überdachten Stellplätzen und Parkdecks" ist im Punkt 2.2.8 Nachstehendes festgelegt:

Für Garagen auf Grundstücken bzw. Bauplätzen, auf denen nur Gebäude der Gebäudeklasse 1 errichtet werden bzw. vorhanden sind, die an höchstens drei Seiten durch Wände umschlossen und nicht überbaut sind sowie keine Garagentore aufweisen, genügen folgende Anforderungen:

(a)       Wände, Decken bzw. Dächer müssen aus Baustoffen D bestehen.

(b) Sofern diese Garagen nicht mindestens 2 m von der Grundstücks- bzw. Bauplatzgrenze entfernt sind, muss eine der jeweiligen Grundstücks- bzw. Bauplatzgrenze zugekehrte Wand über die gesamte Länge und bis zur Dacheindeckung in REI 60 bzw. El 60 errichtet werden. Dies ist nicht erforderlich, wenn aufgrund der baulichen Umgebung eine Brandübertragung auf Nachbargebäude nicht zu erwarten ist.

 

zu (a) Den Anforderungen an Wände, Decken bzw. Dächer hinsichtlich des Baustoffes D (Holz bzw. Holzwerkstoffe) wird laut den vorliegenden Unterlagen im übermittelten Bauakt entsprochen.

 

zu (b) Da in der OIB- Richtlinie 2 „Brandschutz" Punkt 4.1 bei einem Abstand ab 2,00 m zur Grundgrenze keine besonderen Brandschutzanforderungen im Hinblick auf Brandübertragung auf Nachbargebäude vorgesehen sind, ist davon auszugehen, dass beim doppelten Abstand (4,00 m) im Sinne des letzten Satzes des Punktes 2.2.8 (b)der OIB- Richtlinie 2.2 „Brandschutz bei Garagen, überdachten Stellplätzen und Parkdecks" eine Brandübertragung auf Nachbargebäude nicht zur erwarten ist.

Damit ist aber auch nicht erforderlich, dass die der Grundgrenze zugekehrte Wand der gegenständlichen Garage in REI 60 bzw. El 60 errichtet wird.

Tatsächlich wird zum Nachbargebäude ein Abstand von ca. 8,00 m an der kürzesten Stelle eingehalten. Zur am Nachbargrundstück vorhandenen Gerätehütte wird ein Abstand von ca. 5,00 m (gemessen als geringste Entfernung) eingehalten.

Diese Messungen gründen auf ein maßstabsgetreues Orthofoto (Doris), geringfügige Messungenauigkeiten sind dabei nicht relevant.

 

Auf Grund der gegebenen Abstände kann aus fachlicher Sicht davon ausgegangen werden, dass eine Brandübertragung auf Nachbargebäude nicht zu erwarten ist.

 

3. Wenn ja, entspricht dieses Bauprojekt auch sonst allen bautechnischen Bestimmungen, insbesondere mit Hinblick darauf dass die Überlänge (des Carports) des Geräteschuppens, beseitigt wurde?

 

Abgesehen von den obigen Ausführungen zum Brandschutz ist im Hinblick auf die weiteren bautechnischen Bestimmungen noch Folgendes festzustellen:

Grundvoraussetzung für die Errichtung von Gebäuden im Nahbereich der Nachbargrundgrenze ist die Erfüllung der Kriterien gem. § 41 Abs. 1 Z.5 des Oö. Bautechnikgesetzes 2013 i.d.g.F.

        die zulässige Nutzung (als Garage u. Geräteschuppen) sowie die Höhenbestimmungen werden erfüllt.

        durch die im Einreichplan dargestellte Kürzung des Dachvorsprunges der Gerätehütte wird auch die max. zulässige Gesamtlänge aller im Bauwich gelegenen Bauwerke einschließlich der anzurechnenden Dachvorsprünge erfüllt.

 

Abschließend kann ausgesagt werden, dass unter Berücksichtigung der im Brandschutzgutachten der F G GmbH getroffenen Festlegungen und deren Einarbeitung in den Einreichplan samt Darstellung der Nachbarbaubestände einer nachträglichen Baubewilligung nichts entgegensteht.“

 

 

II. Beweiswürdigung:

 

Der unter Punkt I. dargelegte entscheidungswesentliche Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt der belangten Behörde und dem vom Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich eingeholten brandschutztechnischen Gutachtens vom 24.03.2016. Die Durchführung der beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben und zurückzuverweisen ist.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Gemäß § 30 Abs. 6 Z 1 Oö. BauO 1994 ist der Baubewilligungsantrag von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, dass das Bauvorhaben zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans, eines Bebauungsplans, einer Erklärung zum Neuplanungsgebiet oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht.

 

Im hier zu beurteilenden Beschwerdefall versagten die Baubehörden die Baubewilligung (ausschließlich) wegen Mangelhaftigkeit des von der Bf vorgelegten Brandschutzgutachtens der Firma F G GmbH.

 

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

Im behördlichen Verfahren wurde das Ansuchen der Bf bereits aufgrund des wegen des Brandschutzes negativen bautechnischen Gutachtens des Amtssachverständigen nach § 30 Abs. 6 Oö. BauO 1994 abgewiesen. Die belangte Behörde hat aufgrund dieses Gutachtens die Parteien im Verfahren nicht ermittelt und ihnen im Verfahren auch nicht die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

 

Infolge des vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eingeholten brandschutztechnischen Gutachtens vom 24.03.2016, in welchem der vom Gericht beauftragte Amtssachverständige zu dem schlüssigen Ergebnis kommt, dass das Brandschutzgutachten der F G GmbH vom 12.05.2014 (mit den Ergänzungen vom 29.07.2014, 13.10.2014 und 1.12.2014) im gegenständlichen Fall Anwendung findet, ist den Parteien aber auch im behördlichen Verfahren die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen. Da die Versagung der Baubewilligung bereits im Rahmen der Vorprüfung (und somit ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens unter Einbeziehung der vom Bauvorhaben allfällig betroffenen Parteien, insbesondere der Nachbarn) erfolgte, steht der maßgebliche Sachverhalt für eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts in der Sache selbst noch nicht fest. Diese sich daraus ergebende „Ermittlungslücke“ im Verfahren der belangten Behörde zieht gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG eine Behebung und Zurückverweisung nach sich (vgl VwGH vom 26. Juni 2014, GZ: Ro 2014/03/0063).

IV.2. Für eine Anwendung des § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG bleibt weiters zu prüfen, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

 

In diesem Zusammenhang ist davon auszugehen, dass eine Behebung des angefochtenen Bescheides und eine Zurückverweisung an die Behörde zur neuerlichen Entscheidung zulässig sind, wenn die Behörde danach ihr neuerliches Ermittlungsverfahren voraussichtlich mindestens zum gleichen Datum abschließen kann wie es das Verwaltungsgericht könnte. Bezüglich des Kriteriums der Kosten ist eine Zurückverweisung zulässig, wenn dadurch höchstens etwas höhere Kosten entstünden, als wenn das Verwaltungsgericht sein Ermittlungsverfahren durchführt (vgl zur wortgleichen Bestimmung in Art 130 Abs. 4 Z 2 B-VG Leeb, Das Verfahrensrecht der [allgemeinen] Verwaltungs-gerichte unter besonderer Berücksichtigung ihrer Kognitionsbefugnis, in Janko/Leeb (Hrsg), Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz [2013] 85 [99f]; ebenso Fischer, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte I. Instanz [VwGVG], in Österreichische Juristenkommission [Hrsg], Justizstaat Chance oder Risiko, [2014] 311 [316ff]).

 

Im gegenständlichen Fall ist für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht ersichtlich, dass die eigene Sachverhaltsermittlung eine Kostenersparnis in welche Richtung auch immer (konkrete Amtshandlung/Gesamtverfahren) bewirken könnte. Es ist auch davon auszugehen, dass die belangte Behörde die erforderlichen Ermittlungsschritte und damit die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts zumindest mit der gleichen Raschheit und mit nicht höheren Kosten als das Landesverwaltungsgericht bewerkstelligen können.

 

Eine Verpflichtung des Verwaltungsgerichtes zur Sachentscheidung lag somit im gegenständlichen Fall nicht vor und war daher insgesamt aufgrund der dargestellten Sach- und Rechtslage der ausgesprochene Beschluss der Zurückweisung zu fassen.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Zurückverweisung an die belangte Behörde ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 28 Abs. 2 und 3 VwGVG.

 

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs-gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Elisabeth Wiesbauer