LVwG-750329/2/MB/MSCH

Linz, 02.05.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des H G, vertreten durch RA Dr. J L, E, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung vom 18. Dezember 2015, GZ. BAS-3/14, wegen Berichtigung im Geburtenbuch, den

B E S C H L U S S

gefasst:

I.         Der Beschwerde wird stattgegeben. Der Bescheid des Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz vom 18. Dezember 2015, GZ: BAS-3/14, wird aufgehoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides gem. § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG an den Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz zurückverwiesen.

 

II.      Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Schreiben vom 14. September 2015 brachte der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) dem Standesamt des Magistrats der Landeshauptstadt Linz ein von ihm an seine geschiedene Ehegattin, Frau K, verfasstes Aufforderungsschreiben zur Kenntnis, in welchem er diese zur Rückgängigmachung der von ihr ohne seine Zustimmung vorgenommenen Namensbestimmung betreffend die gemeinsame Tochter, E F E, geb. am x, aufforderte.

 

I.2. Mit Schriftsatz vom 11. November 2015, bei der Behörde eingelangt am 12. November 2015, beantragte der Bf die Eintragung im Geburtenbuch zu Nr. x der Landeshauptstadt Linz, Einwohner- und Standesamt, vom 28.10.2014, E F E, geb. am x, betreffend wie folgt zu berichtigen:

„Familienname: G

Vorname: E F E

Geschlecht: weiblich

Zeitpunkt und

Ort der Geburt: x, 14 Uhr 50, L, S 2“

und begründete diesen Antrag zusammengefasst damit, dass die Kindesmutter den Namen der gemeinsamen Tochter ohne sein Einverständnis auf K geändert habe. Obwohl diese Vertretungshandlung, nämlich die Änderung des Familiennamens bei gemeinsamer Obsorge – im Scheidungsvergleich sei die gemeinsame Obsorge vereinbart worden – zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen obsorgebetrauten Elternteils, also die Zustimmung des Bf, bedurft hätte, habe die Kindesmutter diese nicht eingeholt. Sie habe vielmehr am entsprechenden Formular angekreuzt, „[d]ie Mutter bestimmt allein und versichert, dass der andere Teil damit einverstanden ist,...“. Der Bf habe jedoch eine solche Zustimmung nie erteilt. Zudem handle es sich nicht um eine erstmalige Namensbestimmung gem. § 155 Abs. 2 ABGB. Auf das entsprechende Aufforderungsschreiben zur Rückgängigmachung habe die Kindesmutter nicht reagiert. Das Pflegschaftsgericht könne nicht angerufen werden, da es sich um keine „erstmalige Namensbestimmung“ handle, sondern um eine „Änderung des Familiennamens“. Im hier geschilderten Fall sei eine Berichtigung der Eintragung möglich.

 

I.3. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung vom 18. Dezember 2015 wurde der Antrag als unbegründet abgewiesen. Die Kindesmutter habe nach Scheidung der Ehe ihren früheren Familiennamen wieder angenommen und in der Folge für ihre mj. Tochter eine Namenserklärung auf den Namen K abgegeben. Die Namensbestimmung sei unter anderem dann zulässig, wenn sich etwa der Name eines Elternteils geändert habe (§ 155 Abs. 2 ABGB). Gem. § 156 ABGB sei die inhaltliche Richtigkeit der Versicherung über das Einverständnis des Vaters zur Namensbestimmung nicht auf seine inhaltliche Richtigkeit zu prüfen gewesen.

 

I.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche Beschwerde des Bf vom 19. Jänner 2016. Der Bf bringt darin zusammengefasst vor, dass die Rechtsansicht der Behörde betreffend § 156 ABGB falsch sei und es sich im gegenständlichen Fall außerdem um eine Namensänderung gem. § 167 Abs. 2 ABGB handle, welche jedoch zu ihrer Rechtswirksamkeit seiner Zustimmung bedurft hätte. Die Anrufung des Pflegschaftsgerichts sei daher ausgeschlossen. Unter Zitierung einschlägiger Literatur und dem Verweis auf § 42 PStG wird in der Beschwerde zudem vertreten, dass der einschreitende Standesbeamte gem. § 156 ABGB sehr wohl zu einer inhaltlichen Prüfung der Zustimmungserklärung berufen sei.

 

I.5. Mit Schreiben vom 3. Februar 2016 wurde die gegenständliche Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Auf Grundlage der im Akt enthaltenen Unterlagen konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 2 VwGVG entfallen, zumal die Bf keine Verhandlung beantragt hat, der zuständige Einzelrichter diese nicht für erforderlich hält und die Entscheidung von der Lösung von Rechtsfragen abhängt.

 

II.2. Aufgrund des Akteninhalts steht in Ergänzung zu I. folgender entscheidungswesentlicher SACHVERHALT fest:

 

Mit Beschluss vom 1. Juli 2015 des Bezirksgerichtes Traun wurde die Ehe des Bf und der Kindesmutter geschieden, wobei im Scheidungsvergleich vereinbart wurde, dass die Obsorge betreffend der gemeinsamen Tochter gemeinsam ausgeübt wird (Scheidungsbeschluss des und Scheidungsvergleich vor dem BG Traun vom 1. Juli 2014).

 

Am 28. Oktober 2014 ließ die Kindesmutter ihren Familiennamen von „G“ durch Wiederannahme auf ihren vorehelichen Namen „K“ ändern. Am selben Tag wurde auch der Familienname des Kindes „durch Bestimmung“ von „G“ auf „K“ geändert (Auszug aus dem Geburtenbuch).

 

III. Die für die gegenständliche Entscheidung wesentlichen Rechtsgrundlagen des ABGB lauten auszugsweise wie folgt:

 

§ 156. (1) Den Familiennamen des Kindes bestimmt die mit der Pflege und Erziehung betraute Person. Mehrere damit betraute Personen haben das Einvernehmen herzustellen; es genügt aber die Erklärung einer von ihnen, sofern sie versichert, dass die andere damit einverstanden ist oder das Einvernehmen nicht mit zumutbarem Aufwand erreicht werden kann.

 

[...]

 

§ 157. [...]

 

(2) Ändert sich der Familienname der Eltern oder eines Elternteils oder heiraten die Eltern einander, so kann der Familienname des Kindes erneut bestimmt werden. Das Gleiche gilt bei Änderungen in der Person eines Elternteils, etwa bei einer Annahme an Kindesstatt oder bei einer Begründung oder Änderung der Abstammung des Kindes.

 

§ 167. (1) Sind beide Eltern mit der Obsorge betraut, so ist jeder Elternteil für sich allein berechtigt und verpflichtet, das Kind zu vertreten; seine Vertretungshandlung ist selbst dann rechtswirksam, wenn der andere Elternteil mit ihr nicht einverstanden ist.

 

(2) Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteils, die die Änderung des Vornamens oder des Familiennamens, den Eintritt in eine Kirche oder Religionsgesellschaft und den Austritt aus einer solchen, die Übergabe in fremde Pflege, den Erwerb einer Staatsangehörigkeit oder den Verzicht auf eine solche, die vorzeitige Lösung eines Lehr-, Ausbildungs- oder Dienstvertrags und die Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind betreffen, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen obsorgebetrauten Elternteils. Dies gilt nicht für die Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellstücken.

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter über die zulässige und rechtzeitige Beschwerde erwogen:

 

IV.1. Dem gegenständlichen Fall geht eine Namensbestimmung gem. § 156 ABGB durch die mit dem Bf zur gemeinsamen Obsorge berechtigte Kindesmutter voraus. Eine solche Namensbestimmung war zulässig, da sich der Familienname der Mutter geändert hatte. In einem solchen Fall kann gem. § 157 Abs. 2 ABGB der Name des Kindes neu bestimmt werden.

 

IV.2. Ausweislich § 156 ABGB ist über die Namensbestimmung das Einverständnis der mit der Obsorge betrauten Personen herzustellen. Es genügt zur Durchführung der Bestimmung, wenn eine der zur gemeinsamen Obsorge berechtigten Personen diese vornimmt und versichert, dass die andere Person damit einverstanden ist. Eine spezielle Form des Nachweises des Einverständnisses wird nicht gefordert, insb. hat diese nicht z.B. in Schriftform vorzuliegen. Nicht festgelegt wurden im Gesetz die Folgen, sollte das Einverständnis zur Namensherstellung nicht vorliegen, die die Namensbestimmung durchführende zur gemeinsamen Obsorge berechtigte Person jedoch anderes vor dem Standesamt angeben.

 

Nicht zuletzt aufgrund der Parallele in den Folgen einer solchen Namensbestimmung zur Namensänderung wirkt das Zustimmungserfordernis bei mit der gemeinsamen Obsorge betrauten Personen auch auf das Außenverhältnis durch. Das heißt, eine mit der gemeinsamen Obsorge betraute Person kann zwar alleine eine Namensbestimmung durchführen ohne beweisen zu müssen, dass über die Bestimmung das Einverständnis hergestellt wurde, wobei auch die Behörde – solange kein Grund besteht, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln – dies nicht näher zu überprüfen hat. Voraussetzung zur Richtigkeit der darauf folgenden Eintragung ist allerdings, dass tatsächlich das Einverständnis der mit der gemeinsamen Obsorge betrauten Personen vorliegt. Ist dies nicht der Fall, liegt eine falsche Eintragung vor, die den Berichtigungsmechanismen des Personenstandgesetzes (§ 42) zugänglich ist (vgl. Wagner, Neuerungen im Namensrecht, in Deixler-Hübner/Ulrich [Hg.] Kindschafts- und Namensrechtsänderungsgesetz 2013, 33 [53]; Böhsner in Kletecka/Schauer, AGBG-ON 1.03, § 156 Rz 2; darauf verweisend Fischer-Czermak in Kletecka/Schauer, AGBG-ON 1.03, § 167 Rz 9; Hopf in KBB4, §§ 155- 157 ABGB Rz 11; aA jedoch Deixler-Hübner in Deixler-Hübner/Fucik/Huber, Das neue Kindschaftsrecht, 59, die das vorliegende Problem über eine Namensänderung gem. § 2 NÄG und im Streitfall durch Anrufung des Pflegschaftsgerichtes in den Griff bekommen will; Pesendorfer in Barth/Deixler-Hübner/Jelinek, Handbuch des neuen Kindschafts- und Namensrechts, 88; Kutscher/Wildpert, Personenstandsrecht, § 156 ABGB Rz 3).

 

IV.3. Für das gegenständliche Verfahren bedeutet dies, dass im Rahmen des vom Bf beantragten Berichtigungsverfahrens zu überprüfen gewesen wäre, ob die Zustimmung des Bf zur Namensbestimmung tatsächlich vorgelegen hat oder nicht. Wird letzteres festgestellt, ist die sich somit als falsch herausstellende Namensbestimmung durch die Mutter zu berichtigen. Andernfalls ist der Berichtigungsantrag als unbegründet abzuweisen.

 

IV.4. Nach gefestigter Rsp des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 26.6.2014, Ro 2014/03/0063; 10.09.2014, Ra 2014/08/0005; 26.3.2015, Ra 2014/07/0077) kommt eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen insbesondere dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer „Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).

 

Die Zurückverweisung der Beschwerdesache an die zuständige Behörde erster Instanz liegt darin begründet, dass diese – basierend auf einer falschen Rechtsansicht – jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat und es im verwaltungsökonomischen Interesse liegt, wenn das Ermittlungsverfahren von der Behörde 1. Instanz geführt wird. Nur diese ist nämlich in der Lage, direkte Berichtigungen im Personenstandsregister vorzunehmen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

V. Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Das gänzliche Unterlassen eines Ermittlungsverfahren iSd §§ 37 und 39 AVG berechtigt nach der Rsp des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH vom 26.6.2014, Ro 2014/03/0063; 10.09.2014, Ra 2014/08/0005; 26.3.2015, Ra 2014/07/0077) das Verwaltungsgericht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung an die belangte Behörde. Die ordentliche Revision ist jedoch zulässig, da zur Wirkung der im gegenständlichen Fall vorliegenden Konstruktion (Namensbestimmung durch nur eine der zur gemeinsamen Obsorge berechtigten Personen) und den daraus resultierenden Problemen – wie sie auch im gegenständlichen Fall zu Tage treten – noch keine höchstgerichtliche Judikatur existiert.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter