LVwG-780033/21/MB

Linz, 17.11.2015

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde des A A, vertreten durch RA Mag. G H, W, wegen Verletzung der Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch das Durchführen eines Harntests sowie durch das Erwecken der Voreingenommenheit betreffend des Verstoßes gegen das Suchtmittelgesetz durch der Landespolizeidirektion Oberösterreich zurechenbare Organe der PI L am 20. Dezember 2014, nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2. November 2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 89 Abs. 4 Sicherheitspolizeigesetz wird festgestellt, dass die Richtlinie für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch das Handeln der der Landespolizeidirektion Oberösterreich zuzurechnenden Organe am 20. Dezember 2014 Uhr nicht verletzt wurde.

 

II.      Gemäß §§ 53 iVm 35 iVm § 1 VwG-Aufwandsersatzverordnung wird der Beschwerdeführer verpflichtet dem Bund (Verfahrenspartei: Landespolizeidirektion Oberösterreich) den Verfahrensaufwand in Höhe von 887,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Schreiben vom 22.4.2015 stellte der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) den Antrag das Landesverwaltungsgericht möge nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gem. § 89 Abs. 4 SPG über die Beschwerde wegen der Verletzung der Richtlinien-Verordnung durch die Landespolizeidirektion Oberösterreich (in der Folge: belangte Behörde) in der Sache erkennen und die vorgebrachten Richtlinienverletzungen feststellen. Gleichzeitig beantragt der Bf den Ersatz der Kosten.

 

Der Bf führt dazu im Wort wie folgt begründend aus:

 

„In Vorbereitung der beantragten Entscheidung durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und in Replik auf die Stellungnahme der LPD-Oberösterreich vom 08.04.2015, erlaube ich mir nachfolgende Sachverhaltsdarstellung darzulegen:

 

Entgegen der Stellungnahme der LPD-Linz stellt sich der verfahrensgegenständliche Abend wie folgt dar:

 

Ich verließ das Lokal alleine. Ich kannte auch niemanden im Lokal. Die Gruppe, die kurz nach mir das Lokal verließ, nahm ich überhaupt erst wahr, nachdem ich durch die handelnden Beamten angehalten worden war.

 

Bezüglich der Rechtfertigung der Personenkontrolle durch Beobachtung einer verdeckten Übergabe (aus einem fahrenden Auto!) ist folgendes festzuhalten. Die in keiner Weise nachvollziehbare Darstellung des Sachverhaltes der LPD-Oberosterreich zeigen drei zusammenfallende Parameter:

 

eine Gruppe soll das Lokal verlassen haben, genau in diesem Moment macht sich jemand Fremder die Mühe einer "verdeckten Übergabe" beizuwohnen und noch mal in genau diesem Moment kann diese "verdeckte Handlung" durch zufällig vorbeifahrende Beamte als solche erkannt werden. In einem schlecht konstruierten Film, finden sich solche Szenen besonders in Eingangssequenzen. Dort dienen sie in der Regel dazu, komplexe Sachverhalte schnell in einem einfachen Bild fassbar zu machen. In der Realität sieht es doch oft ganz anders aus.

 

Im Gegensatz zur Begründung der Personenkontrolle in der nunmehrigen Stellungnahme durch die Beobachtung einer „verdeckten Handlung" wurden sowohl im Abschlussbericht vom 16.01.2015 als auch im Schreiben zum Führerscheinentzugsverfahren vom 20.01.2015 dafür noch beobachtete Ausfallserscheinungen bzw. Suchtmittebeeinträchtigungen ins Feld geführt. Offensichtlich versucht die LPD-Oberösterreich nun ihre Rechtfertigung für rechtswidrige Vorgehensweise zu ändern. Dies ist ein deutliches Indiz dafür, dass hier im Nachhinein versucht wird das rechtswidrige Handeln der Meldungsleger zu legitimieren. Sowohl der Behauptung ich hätte drogeninduzierte Ausfallserscheinungen gezeigt als auch der Behauptung es hätte eine Übergabe gegeben weise ich mit aller Entschiedenheit zurück.

 

Hingegen wiederhole ich meine Darstellung des sich schnell herannahenden Autos, welches in einem spitzen Winkel, frontal in eine Parklücke fahrend, mir auf dem Bürgersteig den Weg abschnitt und anschließend parallel zum Fahrbahnrand zum Stehen kam. Unmittelbar im Anschluss ist die Personenkontrolle so durchgeführt worden, wie in der Beschwerde wegen Verletzung der Richtlinien-Verordnung beschrieben.

 

Bezüglich der Begründung für die Mitnahme meiner Person auf die Polizeistation bringe Nachstehendes vor:

 

Aus Diskretionsgründen führte ich nicht die ganze Packung eines Potenzmittels mit mir, dies sollte bereits aus Diskretionsgründen verständlich sein, zumal der Umgang mit Potenzmittel zumindest als durchaus sensibel anzusehen ist. Dass selbiges Potenzmittel in Pulverform bei mir auffindbar war lag daran, dass es sich um eine zerbrochene Tablette handelte und diese Menge die für mich übliche Konsumdosis darstellt. Die Reste der Tablette bewahrte ich in meiner Brieftasche auf.

 

Vollkommen unverständlich ist mir das Vorbringen betreffend die vermeintliche Freiwilligkeit des Urintests:

 

Wieso soll ich in einem Moment, in dem ich verdächtigt werde, ein Klemmsäckchen mit Suchtmitteln zu besitzen (was ich dementierte!), auf die Idee kommen, mich freiwillig einer Urinprobe unterziehen zu wollen? Zumal ich von einer kriminaltechnischen Untersuchung des besagten Klemmsäckchens einhundertprozentig nichts zu befürchten hatte, wohingegen ich einer Urinprobe mit Sorgen entgegensah, da mir mein unüberlegtes, naives Verhalten im Club bezüglich der besagten "Hasenmilch" im Kontext einer Suchtmittelkontrolle nicht mehr ganz unbedenklich erschien. Im Club habe ich den Namen "Hasenmilch" noch sexuell konnotiert. Bei der Kontrolle nicht mehr. Warum sollte ich mich, wie in dem Bericht vom 08.04.2015 behauptet, aus Eigeninitiative und geradezu bettelnd an die Beamten gewendet haben, damit ich mich mit einer Urinprobe von etwas entlaste, wofür das einzige vorhandene Beweismittel für eine illegale Handlung ja gerade keines war? Die Frage hat vielmehr zu lauten, welche Alternative sich mir bot? Ich wäre einfach die zweihundert Schritte zu meiner Haustüre und ins Bett gegangen. Die Behauptung, ich wollte mich freiwillig von einer Schuld befreien, ist schlichtweg unzutreffend. Bei CIALIS handelt es sich um legales Medikament. Es gab also einen Grund mich von einer „Schuld" zu befreien. Vielmehr forderten mich die handelnden Meldungsleger entgegen des Selbstbelastungsverbotes und in Umkehr der Beweislast mich dazu auf vom Tatvorwurf frei zu beweisen. Ich hatte keinerlei strafrechtliche Konsequenzen zu befürchten, insofern ist es in keiner Weise nachvollziehbar weshalb ich mich freiwillig in die erniedrigende Situation der Abgabe eines Urintests hätte begaben sollen.

 

Bezüglich der Wahrung der Persönlichkeitsrechte und Intimsphäre durch die Beamten bei Urintest und Auswertung ist folgendes aufzuführen:

 

Die Toilette in der Eingangsschleuse von der PI L lässt sich, wie Insp. S mir (fast entschuldigend) erklärte, nach einer Schließung nicht ohne Autorisierung von außen wieder öffnen, daher müsse die Türe immer offen bleiben. Nach dem ich wiederholt darum gebeten hatte, wurde die Türe wenigstens so weit geschlossen, dass der Parteienverkehr nicht mehr Einsicht hatte. Während meinem dreiviertelstündigen Versuch Wasser zu lassen, ist Herr Insp. S nie von seiner Position direkt in der Tür gewichen (also ca. Im schräg hinter mir). Nur ein einziges Mal, ließ er sich von AI A ablösen. Und zwar mit den Worten: "jetzt muss ich sogar schon selber, ..." (erinnerlich). Danach hat er sich wieder breitbeinig neben mich gestellt, latent genervt. Dies brachte er durch unterschiedliche Bemerkungen zum Ausdruck, wie zum Beispiel über den laufenden Wasserhahn, welchen ich aufgedreht hatte, um mich möglichst bald aus dieser misslichen Situation zu befreien.

 

Ich habe nie gesagt, ich wolle diesen Versuch des Urintests fortsetzen. Die Beamten teilten mir ja gerade mit, dass ich erst nach Abgabe des Urintests die Wache verlassen dürfe. Ich habe lediglich zum Ausdruck gebracht, dass ich die Beamten nicht "verarschen" möchte, was mir wegen der beanspruchten Zeit, mit genau diesen Worten, vorgeworfen wurde. Die Kommunikation über „das Verarschen" wurde im Übrigen mit einer Person außerhalb der Toilette über mich in der dritten Person geführt: „Ich glaube, der verarscht uns" (erinnerlich).

 

Dass mein Verhalten nicht renitent sondern nach Möglichkeit zuvorkommend war, ist meiner Erziehung und dem Respekt gegenüber der Polizei geschuldet gewesen und wird nunmehr herangezogen, um die nicht zutreffenden Aussagen der Beamten zu untermauern. Es wurde mir nie in Aussicht gestellt, ich könne den Versuch abbrechen. Vielmehr wurde wiederholt, dass ich ja was „ganz schlimmes ausgefressen haben muss, wenn ich so lange nicht könne"... etc.

 

Der Test meiner Urinprobe selber wurde dann im Schleusenbereich vor den Augen mehrerer Personen durchgeführt, was eine weitere unangenehme und erniedrigende Situation für mich darstellte. Das Kopieren des Teststreifens nahm dabei einige Zeit in Anspruch, weil es wiederholt durchgeführt werden musste, um ihn in einer noch dunkleren Einstellung zu kopieren. Der Kopierapparat war nicht einsichtig für mich, ich hatte im Besucherbereich zu warten. Hernach musste ich diese Kopien des Teststreifens unterschreiben, was ich ohne Widerspruch, mürbe von dem peinlichen Prozess zuvor, auch tat. Weitere Papiere wurden mir vorgelegt. Die Befragung begann, wurde aber sogleich wieder unterbrochen, da der öffentliche Rahmen plötzlich nicht mehr adäquat schien. Somit wurde die Befragung in ein leerstehendes Büro verlegt (auf Initiative von AI A).

 

Bezüglich der Belehrung über meine Rechte und Widersprüche in den Beamtenaussagen möchte ich ausführen:

 

Bei der weiteren Befragung wurde mir erläutert, dass mir an dieser Stelle gesagt werden müsse, dass ich einen Anwalt hinzuziehen könnte. Dies wäre in meinem Fall allerdings „überhaupt sehr unnötig" (erinnerlich), da es sowieso nicht strafbar sei, was mir vorgeworfen wird. Und es würde sehr lange dauern. Die Widersprüchlichkeit dieser Aussage ist mir in diesem Moment nicht aufgefallen, also stimmte ich zu, mich ohne Anwalt weiter befragen zu lassen.

 

Die Befragung gestaltete sich in etwa wie sie im Abschlussbericht dazu dokumentiert wurde. Jedoch schien der Markenname Cialis Herr Insp. S völlig unbekannt, schließlich musste dieser von Herr AI A buchstabiert werden. Soviel zu der Behauptung "den Beamten sei bekannt, dass das Medikament Cialis in Tablettenform eingenommen wird".

 

Abschließend darf ich anmerken, dass ich bei einem Einkommen von lediglich € 1.500/Monat die Kosten und Mühen dieses Verfahrens auf mich genommen habe. Aus welchen Motiven sollte ich eine Beschwerde einbringen, wenn das Handeln der Beamten letztlich gesetzeskonform gewesen wäre? Es ist mir ein dringendes Bedürfnis, dass in einem ordentlichen Verfahren der Sachverhalt einer rechtlichen Prüfung unterzogen wird.“

 

2. Mit Schreiben vom 23. Juni 2015 erstattete die belangte Behörde eine Gegenschrift und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Richtlinienbeschwerde.

 

Begründend führt die belangte Behörde im Wort wie folgt aus:

 

„I. Sachverhalt

 

Am 20. Dezember 2014 erfolgte über Auftrag des Stadtpolizeikommandos Linz eine Schwerpunktstreife zur Eindämmung der Suchtmittelkriminalität. Im Zuge dieser Streife überwachten Abtlnsp H A und Insp P S der Polizeiinspektion L das Lokal X in L, weil im Zusammenhang mit diesem Lokal bzw. dessen Gästen in der Vergangenheit wiederholt Amtshandlungen nach dem Suchtmittelgesetz geführt werden mussten und Hinweise auf Drogenhandel bekannt waren.

 

Als der Beschwerdeführer A A um 10:15 Uhr in einer aus mehreren Personen bestehenden Gruppe das Lokal verließ, nahmen die Beamten wahr, dass innerhalb dieser Personengruppe etwas verdeckt weiter gegeben wurde. Da für die Beamten der Verdacht einer Weitergabe von Suchtmitteln bestand, wurden diese Personen kontrolliert. Dabei kontrollierte Abtlnsp A jene Person, die zuvor ein Klemmsäckchen zu Boden fallen ließ, während Insp S die Amtshandlung gegen den Beschwerdeführer A A führte.

 

Bei der Personsdurchsuchung fand Insp S in der linken Hosentasche des Beschwerdeführers ein Klemmsäckchen mit weißem Pulver, welches er in der Folge sicherstellte. A A gab an, dass es sich dabei nicht um Suchtmittel, sondern um ein Potenzmittel namens CIALIS handeln würde.

 

Da aufgrund des äußeren Eindruckes (schläfriges Verhalten, Pupillenreaktion) sowie aufgrund des aufgefundenen Klemmsäckchens mit weißem Pulver für die einschreitenden Beamten der Verdacht des Suchtmittelmissbrauches entstand, wurde A über die beabsichtigte Anzeigeerstattung informiert und auf die Möglichkeit hingewiesen, dass er sich durch die freiwillige Vornahme eines Drogenschnelltest entlasten könne. Er stimmte zu und fuhr im Dienst-Kfz mit den bei-den Beamten zur Polizeiinspektion L, wo ihm die Harnabgabe in der Besuchertoilette im Eingangsbereich der Dienststelle ermöglicht wurde. Dabei war die Toilettentür zwar geschlossen, aber nicht versperrt. Da sich die Harnabgabe gemäß den Angaben der Beamten in die Länge zog, führte Insp S mehrere Kontrollen durch, um sicherzustellen, dass der Beschwerdeführer keine unzulässigen Manipulationen der Harnprobe vornahm und er fragte ihn dabei, ob er von der Durchführung des freiwilligen Drogen-Schnelltests Abstand nehmen möchte. Gemäß den Aussagen des Beamten wollte der Beschwerdeführer den Test fortsetzen um sich vom Vorwurf des Drogenmissbrauchs zu entlasten.

 

Anschließend wurde ein Drogenschnelltest durchgeführt, welcher die Einnahme von fünf Wirkstoffen (Cocain, Amphetamin, Metamphetamin, THC und Ecstasy) indizierte, worüber sich A A sehr überrascht zeigte und erklärte, dass ihm vermutlich eine Frau im Lokal ohne sein Wissen Suchtmittel in sein Getränk gemischt hätte. Das Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung ergab, dass das vom Beschwerdeführer mitgeführte Klemmsäckchen keine Drogen enthielt.

 

Der Beschwerdeführer fühlt sich durch diese Amtshandlung nach den §§ 4 und 5 der Richtlinien-Verordnung verletzt, weil er seinen Angaben zufolge nicht darauf hingewiesen worden sei, dass die Harnabgabe freiwillig wäre und er die mangelnde Möglichkeit, beim Urinieren die Tür der Toilette zu versperren, als erniedrigende Behandlung betrachte.

 

Seitens der Dienstaufsichtsbehörde wurde ihm mit Schreiben vom 8. April 2015 mitgeteilt, dass keine Verletzung der Richtlinien-Verordnung vorliegen würde.

 

 

II. Rechtliche Würdigung

 

Gemäß § 118 Abs. 1 StPO ist eine Identitätsfeststellung durch die Kriminalpolizei zulässig, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen angenommen werden kann, dass eine Person an einer Straftat beteiligt ist, über die Umstände der Begehung Auskunft geben kann oder Spuren hinterlassen hat, die der Aufklärung dienen könnten.

 

Weiters ist gemäß § 119 Abs. 2 Z. 2 StPO die Durchsuchung einer Person zulässig, wenn diese einer Straftat verdächtig ist und auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie Gegenstände, die der Sicherstellung unterliegen, bei sich habe und können Gegenstände, deren Besitz allgemein verboten ist (zB Drogen), gemäß § 110 Abs. 3 Z. 2 StPO von der Kriminalpolizei von sich aus sichergestellt werden.

 

Aufgrund des geschilderten Sachverhaltes konnten die einschreitenden Beamten zu Recht vom Verdacht einer strafbaren Handlung nach dem Suchtmittelgesetz ausgehen und waren sowohl die Identitätsfeststellung als auch die Durchsuchung nach Drogen, die sicherzustellen sind, gerechtfertigt.

 

Die Vornahme des Drogenschnelltests bzw. die in diesem Zusammenhang erfolgte Harnabgabe erfolgte vom Beschwerdeführer freiwillig.

 

Gemäß § 4 der Richtlinien-Verordnung dürfen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes Freiwilligkeit nur in Anspruch nehmen, wenn nach den Umständen des Falles kein Zweifel daran besteht, dass der Betroffene sich der Freiwilligkeit bewusst ist.

 

Abtlnsp H A und Insp P S gaben übereinstimmend an, dass dem Beschwerdeführer erklärt worden sei, dass die Durchführung eines Drogen-Schnelltests in den Räumen der Polizeiinspektion L auf freiwilliger Basis durchgeführt werden könnte und dass sich der Beschwerdeführer aus freiem Willen dazu bereit erklärt habe, um den vorhandenen Tatverdachtes nach dem Suchtmittelgesetz zu entkräften, siehe Beilagen 1 und 2.

 

Weiters wurde von A A das Protokoll (Formular) der Be-schuldigtenvernehmung unterfertigt, in dem auf Seite 2 die Erklärung „Ich stimme der Durchführung eines Drogenschnelltests (einer Urinabgabe) auf freiwilliger Basis zu" angekreuzt wurde, siehe Beilage 3.

 

Gemäß den Aussagen der einschreitenden Beamten war der Beschwerdeführer somit klar darüber informiert worden, dass die Vornahme des Drogenschnelltests auf Freiwilligkeit beruhe und dies hat der Beschwerdeführer auch mit seiner Unterschrift am Protokoll bestätigt.

 

 

Gemäß § 5 Abs. 1 der Richtlinien-Verordnung haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Erfüllung ihrer Aufgaben alles zu unterlassen, das geeignet ist, den Eindruck von Voreingenommenheit zu erwecken oder als Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes, der Rasse oder Hautfarbe, der nationalen oder ethnischen Herkunft, des religiösen Bekenntnisses, der politischen Auffassung oder der sexuellen Orientierung empfunden zu werden.

 

Gemäß § 5 Abs. 2 der Richtlinien-Verordnung haben die Organe des Öffentlichen Sicherheitsdienstes alle Menschen, bei denen dies dem üblichen Umgang entspricht oder die es verlangen, mit „Sie" anzusprechen.

 

Gemäß § 5 Abs. 3 der Richtlinien-Verordnung haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dafür zu sorgen, dass die Durchsuchung eines Menschen (Durchsuchung der Kleidung und Besichtigung des Körpers) nur von jemandem desselben Geschlechtes oder von einem Arzt vorgenommen wird; dies gilt nicht, soweit ein hiezu erforderlichen Aufschub der Durchsuchung deren Zweck gefährden würde. Hievon ist die Durchsuchung von Kleidungsstücken ausgenommen, die nach den Umständen ohne Verletzung des Anstandes und ohne Verletzung anderer schutzwürdiger Interessen des Betroffenen abgelegt werden können.

 

Die Beamten geben übereinstimmend an, dass die Harnabgabe des A A in der Besuchertoilette der Polizeiinspektion L erfolgt sei. Dabei sei die Tür geschlossen, aber nicht versperrt gewesen. Insp P S gab an, dass er aufgrund der langen Zeitdauer (ca. 3/4 Stunde) vier Kontrollen in der Toilette durchgeführt habe, um zu verhindern, dass der Beschwerdeführer die Harnabgabe manipuliere. Dennoch sei der Vorgang der Harnabgabe mit möglichster Schonung der Privatsphäre erfolgt. Da sich der Vorgang der Harnabgabe in die Länge gezogen habe, sei gegen Mittag von den Beamten das Mittagessen bestellt worden und dies habe der Beschwerdeführer möglicherweise mitgehört.

 

Seitens der Beamten wurde angegeben, dass die Amtshandlung ohne jegliche Voreingenommenheit geführt worden sei und es dabei auch zu keiner erniedrigenden Behandlung gekommen sei.

 

 

Die Landespolizeidirektion Oberösterreich stellt den Antrag, die Richtlinienbeschwerde wegen behaupteter Verletzung nach den §§ 4 und 5 der Richtlinien-Verordnung kostenpflichtig als unberechtigt abzuweisen.

 

III. Kosten

 

An Kosten werden im Sinne der Verordnung des Bundeskanzlers über die Pauschalierung der Aufwandersätze im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (VwG-AufwErsV), BGBl. II Nr. 517/2013, verzeichnet.

 

Vorlageaufwand: € 57,40

Schriftsatzaufwand: € 368,80

 

Gegebenenfalls wird als Ersatz des Verhandlungsaufwandes der belangten Behörde
€ 461,00 geltend gemacht.“

 

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht erhob Beweis durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Akt, die eingebrachten Schriftsätze und Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unter Ladung der handelnden Organe.

 

2. Aufgrund der sich so darstellenden Beweislage, der Aussagen der Zeugen A und S und der Angaben des Bf in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 2.11.2015 ist nachfolgender Sachverhalt festzustellen:

 

Am 20. Dezember 2014 erfolgte eine Schwerpunktkontrolle zur Eindämmung von Suchtgiftkriminalität. Im Zuge dieser Schwerpunktkontrolle waren AbtInsp. H A und Insp. P S gemeinsam im Einsatz. Gegen 10.15 Uhr verließ der Bf mit einer Gruppe von Gästen das Lokal X in der R-straße. Dieses Lokal wurde im Zuge der Schwerpunktkontrolle überwacht, da wiederholt in der Vergangenheit Amtshandlungen nach dem SMG notwendig und Hinweise auf Drogenhandel gegeben waren. Es wurde daraufhin von den Beamten wahrgenommen, dass innerhalb der aus dem Lokal heraustretenden Personengruppe – in der sich der Bf befand – etwas verdeckt weitergegeben wurde. Dies wurde zum Anlass genommen, um diese Personengruppe einer Kontrolle zu unterziehen. Insp. S befasste sich in diesem Zusammenhang mit dem Bf. AbtInsp. A mit einer anderen Person. Im Zuge dieser Amtshandlung wurde beim Bf ein Klemmsäckchen mit einem weißen Pulver gefunden. Nach Befragung gab der Bf an, dass es sich um ein Medikament handelt. Nachdem etwas Zeit verstrich gab der Bf auch den Namen des Medikamentes preis (CIALIS). Die einschreitenden Organe gingen zu diesem Zeitpunkt aber noch immer davon aus, dass es sich um Suchtgift handelt – obschon sie nun den Namen kannten –, da in Zusammenschau mit der Lokalität, aus der der Bf kam und dem Umstand, dass in einem Klemmsäckchen ein weißes Pulver enthalten war, die weitere Information, dass es sich um ein Medikament handelt, untergeordnet eingestuft wurde. In weiterer Folge wurde dem Bf die Möglichkeit eröffnet, dass er einen Urintest machen könne, um sich „frei zu beweisen“. Dass die einschreitenden Organe den Bf zum Mitkommen befohlen haben, kann vom Landesverwaltungsgericht nicht festgestellt werden. In diesem Zusammenhang eröffnete der Bf Insp. S, dass er mitkomme, wenn dies notwendig sei. Es wurde dem Bf nicht ausdrücklich mitgeteilt, wie das weitere Prozedere ist, wenn er nicht zum Urintest mitkommt. In weiterer Folge stieg der Bf in das Dienstauto ein und wurde zur PI L gebracht. Die Urinabgabe erfolgte im Besucher-WC, wobei dir Tür angelehnt und nicht gänzlich geschlossen war. Dies ergibt sich insofern, als die Tür des Besucher-WC nur vom Journalpult mittels Tastendruck wieder geöffnet werden könnte. Dass die Tür „sperrangelweit“ offen war, kann nicht festgestellt werden. Gegenteiliges ergibt sich vielmehr aus den übereinstimmenden und schlüssigen Angabe der Zeugen. Weiters ist festzustellen, dass dem Bf im Zuge der Urinabgabe (ca. 45 Minuten) eröffnet wurde, dass er die Urinabgabe abbrechen könne. Zu diesem Zweck und zum Zweck der Kontrolle ging der Zeuge S mehrere Male in die Toilette. Die gegenteiligen Aussagen des Bf erweisen sich als unschlüssig. Vor allem vor dem Hintergrund, dass aus der Sicht der Beamten durch den mittels Klemmsäckchen untermauerten Verdacht keine weiteren Umstände notwendig waren, um den Anlassbericht an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln. Wenn der Bf keinen Urintest abgeben hätte, hätte im Anschluss daran eine Beschuldigtenvernehmung stattgefunden und der Bericht hätte trotzdem übermittelt werden können, da der Verdacht gegeben war. Der Urintest hätte diesen Verdacht entweder beseitigen oder bestätigen können, war jedoch für die einschreitenden Organe letztlich nicht von Relevanz für ihr weiteres Vorgehen.

 

Im weiteren Verlauf ist festzustellen, dass sich der Bf die Formulare (Beschuldigtenvernehmung) durchlesen konnte und jedenfalls der Abschnitt betreffend die freiwillige Urinabgabe nicht überdeckt wurde.

 

Sachverhaltsumstände, welche über die Bekanntgabe und weitere Erhebung des Verdachtes auf Suchtmitteldelinquenz hinausgehen und eine Vor-eingenommenheit der amtshandelnden Organe begründen könnten, konnten vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich nicht festgestellt werden. Vielmehr machten die handelnden Organe im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung einen sehr objektiven und an der Sache orientierten Eindruck. Insbesondere der Zeuge S wirkte auf das Landesverwaltungsgericht als sehr umgänglicher Mensch, welcher auch in seiner Erscheinung nicht als einschüchternd gewertet werden kann. Sowohl der Zeuge S, als auch der Zeuge A zeichnen sich insofern durch ihre pragmatisch, direkte Herangehensweise an Probleme aus. In diesem Sinne findet auch die Kommunikation statt (arg. nach ca 10 Minuten drehte ich das Wasser ab, ich wollte, dass nicht mehr Wasser verschwendet wir; es wird jedermann die Möglichkeit zum Abbruch des Urintests gegeben – ich kann ja niemanden zum Urinieren zwingen, etc). Diametral dazu stellt sich die Person des Bf dar. Der Bf wird vom Landesverwaltungsgericht als Mensch beobachtet, welcher von ausgesuchter Höflichkeit geleitet wird und sehr sensibel auf sprachliche Formulierungen reagiert. Er hinterlässt zudem beim Landesverwaltungsgericht den Eindruck, dass er „alles richtig machen“ möchte. Hinzutritt, dass der Bf die Situation selbst als persönliche Ausnahmesituation erkannte und sich zum damaligen Zeitpunkt in einer Krise im persönlichen Umfeld befand.

 

 

III.

 

1. Funktionell zuständig sind in Bezug auf sämtliche der in Art. 130 Abs. 1 B-VG geregelten Beschwerdetypen – und damit auch für auf § 89 SPG gestützte Richtlinienbeschwerden – nach der Generalklausel des Art. 131 Abs. 1 B-VG grundsätzlich die Verwaltungsgerichte der Länder.

 

2. Gemäß § 2 VwGVG iVm SPG iVm § 3 VwGVG ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch Einzelrichter zur Entscheidung zuständig.

 

3. Gemäß 4 Abs. 1 der Richtlinien-Verordnung, BGBl.Nr. 266/1993 i.d.g.F. BGBl.Nr. II 155/2012 (im Folgenden: RLV), dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, wenn ein Mensch an einer Amtshandlung freiwillig mitwirken soll oder diese freiwillig dulden soll, diese Freiwilligkeit nur in Anspruch nehmen, wenn nach den Umständen des Falles kein Zweifel daran besteht, dass der Betroffene sich der Freiwilligkeit bewusst ist.

 

3.1. Gemäß § 5 Abs. 1 RLV haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bei der Erfüllung ihrer Aufgaben alles zu unterlassen, das geeignet ist, den Eindruck von Voreingenommenheit zu erwecken.

 

4. Gemäß § 89 Abs. 4 SPG hat jeder, dem gemäß § 89 Abs. 2 SPG mitgeteilt wurde, dass die Verletzung einer Richtlinie nicht festgestellt worden sei, das Recht, binnen 14 Tagen die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts zu verlangen, in dessen Sprengel das Organ eingeschritten ist; dasselbe gilt, wenn eine solche Mitteilung (Abs. 2) nicht binnen drei Monaten nach Einbringung der Aufsichtsbeschwerde ergeht. Das Landesverwaltungsgericht hat festzustellen, ob eine Richtlinie verletzt worden ist.

 

5. Einleitend ist festzuhalten, dass die Beschwerde des Bf rechtzeitig iSd § 89 Abs. 4 SPG eingebracht wurde.

 

6. Im Hinblick auf die RLV ist zunächst zu erkennen, dass diese keine subjektiven Rechte des Bf begründet (Hauer/Keplinger, SPG4 § 89 Anm. A.1.).

 

7. § 4 RLV normiert, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes Freiwilligkeit nur dann in Anspruch nehmen dürfen, wenn nach den Umständen des Einzelfalles keine Zweifel daran bestehen, dass der Betroffene sich der Freiwilligkeit bewusst ist. In diesem Punkt ist zunächst zu erkennen, dass die Formulierung des § 4 RLV die Gewissheit über das Wissen einer anderen Person voraussetzt und insofern die Differenz zwischen der Wahrnehmung und Bewertung der Freiwilligkeit von zwei Seiten in sich trägt und akzeptiert. Gegenteiliges würde dazu führen, dass Fälle, in denen aus einer objektiven Sicht heraus keine Zweifel daran bestehen, dass sich der Handelnde seiner Freiwilligkeit bewusst ist, er dies jedoch aus seiner Perspektive heraus nicht derart wahrnimmt, zu einer Berufspflichtverletzung führen, obwohl der Verpflichtete keine Möglichkeit zur Erkenntnis seiner Pflichtwidrigkeit hat. Auch eine direkte Frage nach der Freiwilligkeit könnte diese Divergenz nicht gänzlich beseitigen, denn auch hier kann der Handelnde auf die Ausnahmesituation bestehen und sich etwa derart verantworten, dass ihm nicht vollends bewusst war, was er sagt.

 

Legt man dies nun auf den festgestellten Sachverhalt um, so ergibt sich, dass für die handelnden Organe kein Zweifel daran Bestand hatte, dass der Bf freiwillig zum Urintest auf den Posten kam. Aufgrund des Fundes des „weißen Pulvers“ beim Bf hegten die einschreitenden Organe den Verdacht eines Suchtmittelgesetzverstoßes. Ein Urintest durch den Bf hat vor dem Hintergrund dieser Sachlage und der Aufgabe der Polizei in diesem Stadium der StPO für die einschreitenden Organe überhaupt keinen Sinn, da ein Anfangsverdacht bereits vorhanden und eine „Bestätigung“ dieses Verdachtes nicht erforderlich war. Hier liegt der wesentliche Unterschied im Vergleich zur vom Bf angeführten Judikatur (insb. UVS Steiermark vom 28.11.2013, UVS 22.8-1/2013-20); in diesem Fall war der Verdacht nicht durch weitere Beweismittel erhärtet! Gerade aber im Fall, dass ein derartiges Beweismittel im Besitz eines „Verdächtigen“ gefunden wurde und der Verdächtige davon ausgeht, dass es lediglich ein Medikament, Staubzucker oä ist, die einschreitenden Organe dieser Verantwortung keinen Glauben schenken, macht ein Urintest für einen Verdächtigen sehr wohl Sinn. Denn hier kann der Anfangsverdacht a limine falsifiziert werden und es muss kein Anlassbericht an die Staatsanwaltschaft übermittelt werden, da eben kein Anfangsverdacht gegeben ist. Dass der Bf im Zeitpunkt der Eröffnung der Möglichkeit des Urintestes gegenüber den Organen formuliert hat: „wenn es notwendig ist, komme ich mit...“ kann insofern zwar als gegenteiliger Anhaltspunkt erkannt werden, wird jedoch durch das weitere Verhalten des Bf wiederum neutralisiert. Hinzutritt, dass der Bf aus eigenen Stücken im Anschluss daran nicht nachgefragt hat, was passiert, wenn er nicht mitkommt. Insofern kann auch die oben angeführte Formulierung eher dahingehend verstanden werden, als der Bf es für sich als notwendig zur Beseitigung des Verdachtes angesehen hat und schließt dies die Freiwilligkeit sohin ebenso nicht aus.

 

Weiters gilt zu bemerken, dass dem Bf im weiteren Zeitverlauf mehrfach eröffnet wurde, dass er den Urintest (wegen der langen Zeit, des erfolglosen Urinierens) abbrechen könne. Der Bf setzte den Urintest aber weiter fort. Auch dies sind Umstände, die die Annahme der Freiwilligkeit stützen.

 

Rückwirkend findet diese Annahme Bestätigung dadurch, als der Bf die Freiwilligkeit der Urinabgabe durch seine Unterschrift auf dem Formular der Beschuldigtenvernehmung bestätigt hat. Hier hat die öffentliche mündliche Verhandlung ergeben, dass die Zeile über die freiwillige Urinabgabe nicht durch eine Hand eines einschreitenden Organes verdeckt war. Der Bf konnte sich vielmehr das Formular durchlesen und es als „gelesen und einverstanden“ signieren.

 

8. Im Hinblick auf die vom Bf vorgebrachte Verletzung des § 5 RLV ist festzuhalten, dass die Artikulierung und Nachverfolgung eines (Anfangs)Verdachtes in der Sache nicht mit der Voreingenommenheit iSd RLV einhergeht. Die Thematik der vom Bf monierten möglichen Umkehr der Beweislast vermag dieses Ergebnis nicht zu beseitigen – die so angesprochene Unschuldsvermutung würde vielmehr dadurch verletzt werden, als die einschreitenden Organe dem Bf auf dessen Bitten hin, einen Urintest abzugeben, sagen würden: nein, das brauchen wir nicht, sie sind ja schon überführt. Durch eine derart vorgreifende Beweiswürdigung im Hinblick auf das angebotene Beweismittel käme es zu einer Verletzung der Strafprozessordnung (Bertel/Venier, Strafprozessrecht7 Rz 41).

 

Der Bf muss sich nicht „frei beweisen“. Er hat lediglich die Möglichkeit dem durch den Klemmsäckchenfund „begründeten“ Verdacht auf Sachverhaltsebene schon im Stadium des Anfangsverdachtes entgegen zu treten. Im Sinne des strafprozessualen Legalitätsprinzips hat nämlich die Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft diesen „festgestellten“ Anfangsverdacht von Amts wegen aufzuklären (§ 2 Abs. 1 StPO). Im Ergebnis entscheidet aber das Strafgericht nach Abhaltung eines Strafprozesses über den Verdacht – so nicht schon zuvor von der Anklage abgesehen wird (Verurteilungswahrscheinlichkeit). In dieser Abwägung ist im Zweifel für den Angeklagten in der Form zu entscheiden, als der für ihn günstige Lebenssachverhalt angenommen wird.

 

Darüber hinaus wurden von den einschreitenden Organen keine Handlungen gesetzt, die eine Voreingenommenheit hinsichtlich der Person des Bf, seines Geschlechtes, der Rasse, Hautfarbe, der nationalen oder ethnischen Herkunft, des religiösen Bekenntnisses, der politischen Auffassung oder der sexuellen Orientierung begründen könnten. Die Wahrnehmungen des Bf erklären sich für das Landesverwaltungsgericht vielmehr aus den unterschiedlichen Persönlichkeits- und Kommunikationstypen, die in der verfahrens-gegenständlichen Situation miteinander zu tun gehabt haben.

 

9. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach den §§ 53, 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl II 2013/517 ein Aufwandsersatz in Höhe von insgesamt 887,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro + Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro + Verhandlungsaufwand: 461 Euro) zuzusprechen.

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt; vielmehr galt es einen einzelnen speziellen Sachverhalt zu bewerten. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter