LVwG-550748/17/Wg - 550749/2

Linz, 18.05.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde von R und J B, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, x, M, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 18. Dezember 2015, GZ: Wa10-320-24-2012, betreffend Anordnung eines Schutzgebietes im Sinne des § 34 Wasserrechtsgesetz (beteiligte Parteien:

1.   K B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F R, x, R

2.   M B und S E, beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. J P, x, M)

den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I.            Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als die in Spruch­abschnitt II. des bekämpften Bescheides festgelegten Verbote und Gebote in der Schutzzone III des Schutzgebietes hinsichtlich der Grundstücke Nr. x, x und Baufläche x, alle KG W, gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG behoben werden und die Angelegenheit insoweit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG an die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn zurück­verwiesen wird.

 

II.         Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.            Sachverhalt:

Auf dem im Eigentum der erstmitbeteiligten Partei (erstmP) stehenden Grund­stück Nr. x, KG W, befindet sich ein Bauernhof, zu dessen Stallgebäude vor kurzem ein Schlachthof gebaut wurde. Der Schlachtbetrieb soll in Zukunft gewerblich genutzt werden. Der bestehende Brunnen, der von der Familie B bereits vor einigen Jahren errichtet wurde, soll dabei als Wasserversorgungs­anlage dienen. Im Fall einer gewerblichen Nutzung des Trinkwassers muss eine wasserrechtliche Bewilligung vorliegen. Aus diesem Grund legte die erstmP der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (im Folgenden: belangte Behörde) das Projekt vom Jänner 2015 zur wasserrechtlichen Bewilligung vor, in dem auch ein Schutzgebietsvorschlag enthalten ist. Im Schutzgebietsvorschlag wird angege­ben, dass sich Schutzzone III unter anderem auf die Grundstücke Nr. x und x, beide KG W, erstreckt. Zu den Eigentumsverhältnissen wird angegeben, dass Grundstück Nr. x im Miteigentum des B R und der B M, Grundstück Nr. x im Miteigentum des B J und der B M stehen würde (Einreichprojekt).

 

Tatsächlich steht Grundstück Nr. x im Mit- und Wohnungseigentum des B R, der S E, des B J und der B M. Grundstück Nr. x steht im Miteigentum des B J und der B M. Die in räumlicher Hinsicht ebenfalls von der vorgeschlagenen Schutzzone III erfasste - im Eigentümerverzeichnis nicht gesondert ausgewiesene - Baufläche x steht im Miteigentum des J und der M B (Grundbuchsauszug, Beilage 2 der Niederschrift, Erörterung Tonbandprotokoll).

 

Die erstmP räumte in der Verhandlung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG) ein, dass, wenn im Projekt (Seite 17/24) bezüglich Parzelle Nr. x als Grundeigentümer lediglich B M und B R angeführt werden, es sich insoweit um einen Irrtum handeln wird (Vorbringen erstmP Tonband­protokoll).

 

Die erstmP informierte die Miteigentümer vor der Einreichung nicht über den Schutzgebietsvorschlag, der als Gefahrenpotenzial die Bewirtschaftung der Wiesen sowie den Siedlungsbereich anführt. Tatsächlich befindet sich aber auf Grundstück Nr. x seit dem Jahr 2005 ein betriebsanlagenrechtlich genehmigtes Elektrounternehmen. Zunächst befand sich der Betrieb auf Baufläche x, die im Miteigentum von J und M B steht. In weiterer Folge wurde der Betrieb auf Grundstück Nr. x erweitert. Diese 1. Erweiterung auf Grundstück Nr. x fand im Jahr 2012 statt. Im Jahr 2012 wurde dafür auch die erforderliche Betriebs­anlagengenehmigung eingeholt. Im Jahr 2012 wurde die betriebsanlagenrecht­liche und baurechtliche Genehmigung für den Ausbau in drei Stufen erteilt. Die 1. Stufe ist zurzeit bereits realisiert und aktueller Stand. Für die 2. Stufe sind bereits die Fundamente gegossen und ist geplant, diese 2. Erweiterung im Laufe des Jahres 2016 in Betrieb zu nehmen. Die 3. Stufe wäre für Ende 2016, Anfang 2017 geplant. Die Liegenschaft sowie der Gewerbebetrieb werden über einen Hausbrunnen versorgt. Es werden über diesen Hausbrunnen der Betrieb und zwei Wohnhäuser versorgt. Dieser Hausbrunnen befindet sich auf Grundstück Nr. x. Es liegt dafür keine wasserrechtliche Bewilligung auf, der Brunnen wird für den eigenen Haus- und Wirtschaftsbedarf verwendet. Es gibt in der Siedlung keine öffentliche Wasserversorgungsanlage. Die Landwirtschaft der Familie B ist derzeit stillgelegt. Grundstück Nr. x ist als Grünland ausgewiesen. Auf ihr befindet sich eine Photovoltaikanlage (Aussage R B und einleitendes Vorbringen Tonbandprotokoll).

 

Die belangte Behörde führte über das Projekt ein Vorprüfungsverfahren durch und beraumte mit Kundmachung vom 8. Oktober 2015 für 9. November 2015 die Verhandlung gemäß § 42 AVG an. Die Verhandlung wurde laut Hinweis in der Kundmachung durch Anschlag in der Gemeinde S und weiters auch im Internet kundgemacht. In der Kundmachung findet sich folgender Hinweis: „Einwen­dungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde bekannt gegeben werden oder während der Verhandlung vorgebracht werden, werden nicht berücksichtigt. Gemäß § 42 Abs. 1 und 2 AVG hat die Versäumung der Frist zur Erhebung von Einwendungen den Verlust der Parteistellung zur Folge.“ Die Kundmachung wurde von der be­langten Behörde, die dabei vom im Projekt enthaltenen Eigentümerverzeichnis ausging, B J, B M und B R persönlich zugestellt. Die Miteigentümerin S E wurde nicht persönlich verständigt. Vor der mündlichen Verhandlung langten seitens der vier Miteigentümer keine schriftlichen Eingaben bei der Behörde ein. In der mündlichen Verhandlung am 9. November 2015 war Herr B J auch in Vertretung seiner Gattin B M anwesend. Herr B R ist nicht zur Verhandlung erschienen. In der Niederschrift vom 9. November 2015 sind keine konkreten Einwendungen der Miteigentümer bzw. Bf protokolliert. In weiterer Folge erließ die belangte Behörde den Bescheid vom 18. Dezember 2015, in dem in Spruchabschnitt I. die beantragte wasserrechtliche Bewilligung zur Grundwasserentnahme erteilt wur­de. In Spruchabschnitt II. wurde ein Schutzgebiet festgesetzt. In der Schutzzone III wurden u.a. die Verbote 1, 4 und 10 festgesetzt. Verbot Nr. 1 bezieht sich auf „weitere Grundwasserentnahmen“, Verbot Nr. 4 auf „Leitung, Lagerung oder Manipulation wassergefährdender Stoffe (inkl. Abwässer); Leitung, Lagerung und Manipulation von Kraft-, Brenn- und Schmierstoffen; ausgenommen die Manipu­lation mit Kleinstmengen in gesicherten Behältnissen und auf Grund zwingender örtlicher oder technischer Umstände notwendige und bestehende Abwasseranla­gen; wenn diese dem Stand der Technik entsprechen“ und Verbot Nr. 10. auf „die Errichtung oder Erweiterung von gewerblichen und industriellen Anlagen und Betrieben“. Die belangte Behörde stützte sich insoweit auf die gutachtlichen An­gaben des Amtssachverständigen für Hydrogeologie Mag. E, der sich wiederum auf den eingereichten Schutzgebietsvorschlag bezog. Der Bescheid wurde an B J und M adressiert und zugestellt. B R und E S erhielten keine Bescheidaus­fertigung (Akteninhalt, Erörterung Tonbandprotokoll).

 

In der Folge erhoben R B und J B gegen die genannten Schutzgebietsanord­nungen Beschwerde, über die das LVwG am 12. Mai 2016 eine öffentliche Verhandlung durchführte. Die Bf wenden sich gegen das auf Grundstück Nr. x angeordnete Schutzgebiet und bringen vor, durch das Schutzgebiet würde die Erweiterung des auf Grundstück Nr. x bestehenden Betriebes unmöglich gemacht und sind mit dem Verbot Punkt 1 nicht einverstanden, da sie eine Erweiterungs­möglichkeit für den Fall haben möchten, wenn sie in Zukunft die stillgelegte Landwirtschaft wieder aufnehmen möchten. Die erstmP wendete ein, hinsichtlich der Bf sei Präklusion eingetreten. Diese Rechtsansicht wird auch von der belang­ten Behörde im Vorlageschreiben vertreten (Parteivorbringen Tonbandprotokoll und Vorlageschreiben).

 

Wie sich in der Verhandlung des LVwG herausstellte, wird - wie schon erwähnt - im Befund des Projektes, betreffend die Gefährdungspotenziale, der Betrieb des R B nicht erwähnt. Aus fachlicher Sicht wäre hier der Betrieb jedenfalls als Gefährdungspotenzial auch auszuweisen gewesen. Die Frage, ob hier betreffend Punkt 4 der Schutzgebietsverbote im Zusammenhang mit Leitung, Lagerung oder Manipulation wassergefährdender Stoffe eine Ergänzung im Sinne der max. Rechtssicherheit für R B möglich wäre, kann anhand der vorhandenen Unterlagen nicht beantwortet werden. Es wäre hier eine genauere Erhebung der tatsächlich verwendeten wassergefährdenden Stoffe als Gefährdungspotenzial nötig. Dies wäre als Ergänzung im Befund laut Projekt vom Jänner 2015 als solches darzu­stellen. Nach der derzeitigen Informationslage kann aus Sicht der Hydrogeologie nicht beurteilt werden, mit welchen Einschränkungen für den bestehenden Betrieb im Sinne des vorbeugenden Grund- und Trinkwasserschutzes das Aus­langen gefunden werden könnte. Nach derzeitiger Sicht bzw. derzeitiger Akten­lage wäre bei vollständiger Ausweisung des Betriebes im Befund von einer fehlenden Schutzmöglichkeit auszugehen und würde das vorgeschlagene Schutz­gebiet, auf das sich der Amtssachverständige für Hydrogeologie im Verfahren der belangten Behörde auch gestützt hat, in dieser vorgeschlagenen Weise nicht in Betracht kommen. Die Schutzmöglichkeit wäre hier zu hinterfragen, es ist an und für sich offen, ob hier überhaupt die wasserrechtlich bewilligte Anlage dem Stand der Technik bzw. im Sinne der Hydrogeologie überhaupt geschützt werden kann (gutachtliche Stellungnahme ASV Mag. E Tonbandprotokoll).

 

Auch betreffend Punkt 10 „Errichtung oder Erweiterung von gewerblichen und industriellen Anlagen und Betrieben“ ist grundsätzlich keine detaillierte Beurtei­lung möglich, was den gegenständlichen Betrieb betrifft. Als Richtwert könnte hier aber, was wassergefährdende Stoffe in der erweiterten bzw. zu erweiternden Betriebsanlage betrifft, 50 Liter in gesicherten Behältnissen als maßgebliche Kleinstmenge definiert werden. Punkt 1 „weitere Grundwasserentnahmen“ ist aus hydrogeologischer Sicht nicht so zu verstehen, dass die bestehenden Grund­wasserentnahmestellen bzw. Brunnen nicht mehr betrieben werden dürfen. Bestehende Grundwasserentnahmen, wie gegenständlich der bestehende Brun­nen auf Grundstück Nr. x, dürfen natürlich weiter verwendet werden (gutacht­liche Stellungnahme ASV Mag. E Tonbandprotokoll).

 

Eine Verkleinerung des Schutzgebietes kommt in räumlicher Hinsicht nicht in Betracht. Das ausgewiesene und vorgeschriebene Schutzgebiet erfasst ent­sprechend dem Stand der Hydrogeologie den 60 Tage-Zustrom-Bereich, umfasst und bezieht sich dabei insbesondere auf die Grundstücke Nr. x, Baufläche x und x. Die Frage ist, ob in inhaltlicher Hinsicht hier für den Betrieb bzw. die Anlagen der Bf konkretisierende Vorgaben getroffen werden können (gutachtliche Stellungnahme ASV Mag. E Tonbandprotokoll).

 

R B wurde in der Verhandlung des LVwG eingehend befragt. Er gab Folgendes zu Protokoll: „Von Mag. Weigl befragt, ob hier ‚Kleinstmengen in gesicherten Behältnissen‘ bspw. 50 Liter-Behälter bzw. Kanister abgestellt werden können, gebe ich an, dass dies durchaus möglich wäre. Die entsprechenden Stoffe werden in Kanistern mit einem Inhalt von max. 50 Litern gelagert. Von Mag. Weigl befragt, wie groß die Menge an wassergefährdenden Stoffen insge­samt zu beziffern ist, wie diese im genehmigten Betrieb gelagert wird, so gebe ich an, dass ich dazu keine Angaben machen kann. Ich schätze, dass hier zurzeit insgesamt max. 300 Liter wassergefährdende Stoffe, jeweils getrennt in den 50 Liter-Behältnissen, gelagert werden. Von Mag. Weigl befragt, ob hier sich durch die bewilligten Erweiterungen bis zur 3. Stufe eine weitere Ausdehnung bzw. eine Erweiterung der wassergefährdenden Stoffe ergeben wird, gebe ich an, dass hier unverändert von 300 Litern insgesamt auszugehen ist.“ (Aussage R B Tonbandprotokoll)

 

Aus hydrogeologischer Sicht sind zur abschließenden Beurteilung betreffend Schutzgebiet folgende Unterlagen erforderlich: Der IST-Bestand auf Grundstück Nr. x hinsichtlich des Elektrounternehmens des R B ist genau zu erheben und zu dokumentieren. Dies gilt insbesondere für geplante Maßnahmen und vorhandene Genehmigungen und Bewilligungen. Weiters sind die Berechtigungen zur Lagerung von wassergefährdenden Stoffen vorzulegen. Dies gilt auch für die Photovoltaikanlage auf Grundstück Nr. x. Der Bestand, was im Regelfall gelagert wird, ist zu erheben. Erst nach Vorlage dieser Informationen kann eine abschlie­ßende Begutachtung erfolgen. Wäre auf den Betrieb bereits im Befund des wasserrechtlichen Einreichprojektes vom Jänner 2015 hingewiesen worden, hätte der Amtssachverständige für Hydrogeologie die erwähnten Unterlagen bereits im behördlichen Verfahren jedenfalls vom Antragsteller auch verlangt. Aus Sicht des Amtssachverständigen für Hydrogeologie sind diese Unterlagen im Sinne des § 104 Abs. 1 lit. f WRG für die Überprüfung der Standorteignung unbedingt erforderlich. Zurzeit steht nicht fest, ob die Anlage der erstmP entsprechend dem Stand der Geohydrologie geschützt werden kann (gutachtliche Stellungnahme ASV Mag. E Tonbandprotokoll).

 

Seitens des LVwG wurde in der Verhandlung die beabsichtigte Entscheidung vor­läufig zur Diskussion gestellt, woraufhin die erschienenen Verfahrensparteien (Bf und beteiligte Parteien) auf eine weitere Beweisaufnahme durch das Verwal­tungsgericht verzichteten. Der Verhandlungsleiter verfügte den Schluss der Beweisaufnahme und gab den Verfahrensparteien die Gelegenheit, ein Schluss­vorbringen zu erstatten.

 

 

II.         Beweiswürdigung:

 

Die erstmP brachte unstrittig den Schutzgebietsvorschlag bei der Behörde ein, ohne zuvor mit den betroffenen Miteigentümern das Gespräch gesucht zu haben oder diese zu informieren. S E wird offenbar irrtümlich im Eigentümerverzeichnis des Projektes nicht angeführt und wurde daher von der belangten Behörde nicht vom Verhandlungstermin verständigt. Sie erhielt - wie R B - keine Bescheidaus­fertigung. Der Amtssachverständige für Hydrogeologie hätte - wäre im Projekt auf das Unternehmen des R B hingewiesen worden - jedenfalls weitere Unter­lagen verlangt. Zur abschließenden Beurteilung sind die vom Amtssachver­ständigen geforderten Nachreichungen erforderlich. Zurzeit steht nicht fest, ob die Anlage der erstmP entsprechend dem Stand der Geohydrologie geschützt werden kann. Der maßgebliche Sachverhalt (I.) steht unbestritten fest.

 

 

III.       Rechtliche Beurteilung:

 

Der allein aus öffentlichem Interesse zu gewährende Schutz der Wasserversor­gung nach § 34 WRG 1959 ist vom Bestehen oder Nichtbestehen der Partei­stellung Dritter im Verfahren unabhängig. Diese Bestimmung hat uneinge­schränkt den allein im öffentlichen Interesse liegenden Schutz einer Wasserver­sorgungsanlage im Auge. So besteht keine Verpflichtung der Wasserrechts­behörde, eine Abwägung zwischen den öffentlichen und den damit kollidierenden privaten Interessen Dritter vorzunehmen, vielmehr ist lediglich die Tauglichkeit der vorgesehenen Schutzmaßnahmen im Hinblick auf die im § 34 Abs. 1 WRG 1959 festgelegten Schutzziele zu prüfen (vgl. VwGH vom 21.06.2007,
GZ: 2005/07/0086). Ist eine Schutzgebietsfestsetzung nötig, aber nicht möglich, dann ist ein auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung gerichtetes Ansu­chen abzuweisen (VwGH vom 28.04. 2005, GZ: 2004/07/0197). Die Anordnung von Schutzmaßnahmen nach § 34 Abs. 1 WRG darf nur zum Schutz vor konkre­ten Nachteilen zum Einsatz gebracht werden (VwGH vom 12.12.1996, GZ: 95/07/0055).
Grundeigentümern im Schutzgebietsbereich kommt das Recht zu, sowohl gegen die Einbeziehung ihrer Grundstücke in ein Schutzgebiet als auch gegen die vorgesehenen Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung ihrer Grundstücke Einwendungen zu erheben (vgl. VwGH vom 27.06.2013, GZ: 2010/07/0205).

 

Mit der doppelten Kundmachung präkludieren an sich auch persönlich zu verstän­digende Beteiligte (vgl. VwGH vom 28.01.2016, GZ: Ro 2014/07/0017). Bei den in Spruchabschnitt II. getroffenen Anordnungen nach § 34 Abs. 1 WRG und der wasserrechtlichen Bewilligung handelt es sich um trennbare Spruchabschnitte (vgl. VwGH vom 23.05.2002, GZ: 2002/07/0037). Mit dem Schutzgebiet verbun­dene Anordnungen richten sich unmittelbar an die betroffenen Grundeigentümer, regeln sie doch „die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung“ der in das Schutz­gebiet einbezogenen Grundstücke. Unabhängig von der Frage, ob hinsichtlich (einzelner) Schutzgebietsanordnungen Präklusion eintreten kann, hat der betroffene Grundeigentümer jedenfalls einen Anspruch auf Bescheidzustellung. Die Schutzgebietsanordnung ist gegenüber dem Grundeigentümer nur wirksam, wenn ihm der Bescheid zugestellt wird. Ansonsten könnte er vom Inhalt der zu befolgenden Anordnungen keine Kenntnis erlangen.

 

Im Falle der S E würde die Annahme der Präklusion unzweifelhaft eine besondere Härte darstellen. Die erstmP nahm vor der Einreichung mit keinem der Miteigen­tümer Kontakt auf. S E wurde nicht zur mündlichen Verhandlung geladen und erhielt auch keinen Bescheid. Ohne jemals davon erfahren zu haben, würden für sie mit dem bekämpften Bescheid Eigentumsbeschränkungen wirksam. Es würde im Ergebnis auch die betriebsanlagenrechtliche Genehmigung - v.a. im Rahmen des Verbotes Punkt 4 - präkludieren. Zurzeit werden nach der Schätzung des R B ca. 300 Liter wassergefährdende Stoffe gelagert, was mit Rechtskraft der Schutz­gebietsanordnung auf „Kleinstmengen“ reduziert würde.

 

Da die erstmP weder mit den Miteigentümern vor der Verhandlung Kontakt auf­genommen hat, das Eigentümerverzeichnis unvollständig war und darüber hinaus der Befund des Projektes das Elektrounternehmen nicht ausgewiesen hat, er­scheint es unverhältnismäßig, insoweit hinsichtlich der Bf - wie auch M B und S E - Präklusion anzunehmen. Der Sachverhalt ist bei einer Gesamtwertung einem Ereignis im Sinne des § 42 Abs. 3 AVG gleichzuhalten. Die Beschwerde des J B macht zulässige Einwendungen geltend. Wie in der Verhandlung des LVwG präzi­siert wurde, wird das Schutzgebiet hinsichtlich der Grundstücke Nr. x, x und Bau­fläche x angefochten.

 

Unklar erscheint dagegen, ob R B - im Hinblick auf die von Behörde und erstmP bestrittene Parteistellung - nicht zunächst die Bescheidzustellung beantragen müsste und erst danach eine zulässige Beschwerde erheben könnte (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger „Verwaltungsverfahrensrecht“ 10. Aufl. RZ 432). Nach alter Rechtslage würde der Umstand, dass der Bescheid noch nicht allen Mit­eigentümern zugestellt wurde, einer umfassenden Ergänzung des Bescheides unter Beteiligung der betroffenen Parteien nicht entgegenstehen (vgl. VwGH vom 21.03.2013, GZ: 2011/06/0118, Eder/Martschin/Schmid; Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, 2013, Seite 37, K 11 zu § 7 VwGVG).

 

Das LVwG versuchte in der Verhandlung eine Einigung über die Schutzgebiets­auflagen zu erzielen, was letztlich daran scheiterte, dass nicht feststeht, ob die Anlage überhaupt entsprechend geschützt werden kann. Die abschließende Fest­stellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst erscheint weder im Sinne der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kos­tenersparnis verbunden (§ 28 Abs. 2 VwGVG), zumal einerseits unklar ist, ob das Verwaltungsgericht hier überhaupt eine Änderung des Schutzgebietes vornehmen dürfte, die ja schließlich für alle Miteigentümer wirksam werden müsste. Abgese­hen davon ergab sich im Beschwerdeverfahren - durch die unvollständige Aus­weisung der Gefährdungspotenziale im Befund des Einreichprojektes - eine Ermittlungslücke, die eine Behebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG nach sich zieht (vgl. VwGH vom 26.06.2014, GZ: Ro 2014/03/0063). Zum Umfang der Behebung ist festzuhalten: Das Verwaltungsgericht hat grund­sätzlich in der Sache selbst zu entscheiden und somit nicht nur die gegen den verwaltungsbehördlichen Bescheid eingebrachte Beschwerde, sondern auch die Angelegenheit zu erledigen, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war; bei Parteibeschwerden im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG von Parteien mit nur einzelnen subjektiv-öffentlichen Rechten - wie etwa Grundeigentümern im Verfahren im Sinne des § 34 Abs. 1 WRG - aber stets nur im Rahmen dieser Bestimmung, also nur insoweit, als die Frage einer Verletzung derartiger subjektiv-öffentlicher Rechte Gegenstand ist (vgl. VwGH vom 30.06.2015, GZ: Ra 2015/03/0022). Wie schon erwähnt sind die Spruchabschnitte I. und II. des bekämpften Bescheides nach der ständigen Rechtsprechung trennbar. Im Beschwerdeverfahren war daher nur die in Spruchabschnitt II. erfolgte Schutz­gebietsfestsetzung - soweit dadurch die genannten Grundstücke der Bf betroffen sind - zu behandeln. Eine Behebung nur hinsichtlich einzelner Miteigentums­anteile wäre nicht sinnvoll, da die Eigentumsbeschränkungen nicht auf einzelne Anteile aufgeteilt werden können. Die Behebung des gesamten Spruchab­schnittes II. wäre dagegen überschießend, würde damit doch die wasserrecht­liche Bewilligung ohne jegliches Schutzgebiet in Rechtskraft erwachsen. Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV.        Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren folgende Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt:

-    Inwieweit tritt hinsichtlich Schutzgebietsanordnungen im Sinne des § 34 Abs. 1 WRG Präklusion ein?

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 24. November 2016, Zl.: Ro 2016/07/0012-5