LVwG-770013/5/MB/MSCH

Linz, 11.04.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Markus Brandstetter über die Säumnisbeschwerde vom 27. November 2015 der C M B, vertreten durch RA Dr. H G, betreffend Säumnis des Magistrats der Stadt Wels bei der Entscheidung GZ: BZ-StA-104-2015, über den Antrag vom 9. Mai 2015 auf Feststellung des Familiennamens, den

 

B E S C H L U S S

 

gefasst:

I.         Gemäß § 31 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unzulässig zurückgewiesen.

 

II.      Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Am 9. Mai 2015, eingelangt bei der Behörde am 11. Mai 2015, beantragte die Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) die behördliche Feststellung, dass ihr der Familienname B zukomme. Begründend führte sie aus, dass sie am 20. August 2008 eine eingetragene Partnerschaft nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland eingegangen sei, welche gem. § 27a IPR-G in Österreich als Lebenspartnerschaft anerkannt werde. Sie sei in W geboren und habe ihren Hauptwohnsitz ebendort. Nach den Vorstellungen der Bundesregierung sollten eingetragene Partnerinnen nach Begründung der Partnerschaft keinen Familiennamen mehr haben, sondern einen Nachnamen (RV 485 Blg.-NR XXIV. GP; vgl. Allg. Teil Pkt. 3.3). Nirgendwo im Gesetz sei jedoch statuiert, dass eine Person mit Eingehung einer eingetragenen Partnerschaft ihren Familiennamen verliere und sich ihr bisheriger Familienname in einen Nachnamen wandle (vgl. BGBl I 135/2009). Eine solche Bestimmung und die damit verbundene staatlich vorgenommene Punzierung gleichgeschlechtlicher eingetragener Partnerschaften mit einer neuen, eigenen Namenskategorie würde überdies massiv auf Grund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung diskriminieren, was unzulässig sei (vgl. mutatis mutandis EGMR: L. & V. vs. A. 2003; Kamer vs. A. 2003; E.B. vs. F. 2008; Graupner, Sexuelle Orientierung im europäischen Recht, RZ 2009 178-184). Hinzu komme die Unsicherheit, welchen Namen künftig Kinder der Antragstellerin tragen würden. Als uneheliche Kinder erhielten sie den Familiennamen der Mutter (§ 165 ABGB). Was aber, wenn die Mutter gar keinen Familiennamen (mehr) habe? Hätten die Kinder dann auch einen „Nachnamen“, der sie als Kinder einer homosexuellen Mutter kennzeichnet? Die Antragstellerin habe daher ein rechtliches Interesse an der Feststellung, dass sie nach wie vor einen Familiennamen habe und diesen nicht durch die eingetragene Partnerschaft zugunsten eines Nachnamens verloren habe. Ein anderer Rechtsweg zur Klärung dieser Frage stehe der A nicht offen, insb. habe sie keinen Anspruch auf Ausstellung einer österreichischen Partnerschaftsurkunde (VwGH 23.09.2014, 2012/01/0005). Dem Antrag beigelegt wurden eine Kopie des Staatsbürgerschaftsnachweises der Republik Österreich sowie eine Lebenspartnerschaftsurkunde zwischen der Bf und Frau D B (geb. P) vor dem Standesamt K.

 

I.2. Mit Schriftsatz vom 27. November 2015, bei der Behörde eingelangt am 2. Dezember 2015, erhob die Bf Beschwerde gem. Art 130 Abs. 1 Z 3 i.V.m. Art 132 Abs. 3 B-VG wegen Verletzung der Entscheidungspflicht. Sie erachtete sich in ihrem gem. § 73 AVG gewährleisteten Recht auf fristgerechte Entscheidung verletzt und führte aus, dass die belangte Behörde über ihren Antrag vom 9. Mai 2015 nicht fristgerecht – binnen 6 Monaten – entschieden habe, wozu diese jedoch gem. § 73 Abs. 1 AVG verpflichtet sei.

 

I.3. Mit Schreiben vom 4. Dezember teilte die Behörde dem Rechtsvertreter der Bf mit, dass der Antrag der Bf am 11. Mai 2015 zuständigkeitshalber an das Amt der Oö. Landesregierung zur direkten Erledigung übersandt worden sei, was der Bf auch per Fax und telefonisch zur Kenntnis gebracht worden sei. Darüber, ob von der für Familiennamensfeststellungen zuständigen Behörde (Landeshaupt-mann) fristgerecht über den Antrag der Bf abgesprochen wurde, könne nicht beurteilt werden. Der im Zuge der Beschwerde übermittelte neuerliche Antrag auf Namensfeststellung werde mit gleicher Post wiederum zuständigkeitshalber dem Amt der Oö. Landesregierung zur Entscheidung übermittelt.

 

I.4. Daraufhin wandte sich die Bf mit dem als Vorlageantrag bezeichneten Schriftsatz vom 19. Dezember 2015 wiederum an die belangte Behörde, mit dem Hinweis, dass es sich beim Antrag der Bf vom 9. Mai nicht um einen Antrag auf Namensfestsetzung (§ 66 PStG 2013) (die Bf habe einen Namen: B) sondern um einen Antrag auf Namensfeststellung (dass dieser Name B ein Familienname und kein Nachname sei) handle, für den nicht der Landeshauptmann zuständig sei sondern (wie im Antrag dargelegt) die Zuständigkeit der belangten Behörde bestehe. Selbst dann, wenn tatsächlich der LH zuständig wäre, richte sich die Beschwerde der Bf vom 27. November ausdrücklich gegen eine da. Säumnis, weshalb die Beschwerde, die ausdrücklich „gem. Art 130 Abs. 1 Z 3 i.V.m. 132 Abs. 3 B-VG“ erhoben worden sei, unverzüglich dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorzulegen sei. Eine gem. Art. 130 Abs. 1 Z 3 i.V.m. 132 Abs. 3 B-VG (somit an das zuständige Verwaltungsgericht) erhobene Beschwerde (entgegen der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung: § 14 Abs. 2 VwGVG) nicht dem Verwaltungsgericht vorzulegen sondern dem Landeshauptmann, sei unvertretbar und willkürlich. Auf die entsprechenden zivil- und strafrechtlichen Folgen werde der guten Ordnung halber hingewiesen (§ 1 AHG; § 302 StGB). Die Bf beantragte ihre Beschwerde vom 21. November 2015 unverzüglich dem zuständigen Verwaltungsgericht vorzulegen und die Bf davon unverzüglich zu benachrichtigen.

 

I.5. Am 28. Dezember sandte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich den zuvor ihr übermittelten erstbehördlichen Akt wieder an die belangte Behörde zurück und führte im Begleitschreiben aus, dass gem. § 15 Abs. 3 VwGVG die belangte Behörde verspätete oder unzulässige Vorlageanträge mit Bescheid zurückzuweisen habe, wogegen der Antragsteller wiederum Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erheben könne. Ein Instrument, um die Vorlage der Säumnisbeschwerde durch die Behörde an das Verwaltungsgericht zu erzwingen oder zu beschleunigen, stehe dem Beschwerdeführer jedoch nicht zur Verfügung.

 

I.6. Dies wurde der Bf mit Schreiben vom 18. Jänner 2016 mitgeteilt, worauf diese mit Schriftsatz vom 4. Februar 2016 den Vorlageantrag zurückzog.

 

I.7. Mit Vorlageantrag vom 4. März 2016 beantragt die Bf erneut die Vorlage der Säumnisbeschwerde vom 27. November 2015 an das Landesverwaltungsgericht. Dem kam die Behörde am 8. März (beim LVwG eingelangt am 10. März) auch nach.

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Auf Grundlage der im Akt enthaltenen Unterlagen konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 2 Z 2 VwGVG entfallen, zumal die Bf keine Verhandlung beantragt hat, der zuständige Einzelrichter diese nicht für erforderlich hält und aufgrund des Akteninhalts feststeht, dass die Beschwerde zurückzuweisen ist.

 

II.2. Aufgrund des Akteninhalts steht in Ergänzung zu I. folgender entscheidungswesentlicher SACHVERHALT fest:

 

Der Antrag der Bf vom 9. Mai 2015 auf Feststellung des Familiennamens für C M B wurde von der belangten Behörde am 11. Mai 2015 an das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung übersandt.

 

Der in der Beschwerde vom 27. November 2015 enthaltene Antrag wurde von der belangten Behörde ebenso an das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung übermittelt.

 

II.3. Diese Feststellungen stützen sich auf den Inhalt des Schreibens der belangten Behörde an den Rechtsvertreter der Bf vom 4. Dezember 2015, welches seitens der Bf unbestritten blieb und welches sie ausweislich des Vorlageantrags vom 19. Dezember 2015 auch erhalten hat.

 

III. Die für die gegenständliche Entscheidung wesentliche Rechtsgrundlage des VwGVG lautet wie folgt:

 

§ 6. (1) Die Behörde hat ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen; langen bei ihr Anbringen ein, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, so hat sie diese ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen.

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde der Bf ist, dass die belangte Behörde eine sie treffende Entscheidungspflicht gem. § 73 Abs. 1 AVG verletzt.

 

Im gegenständlichen Verfahren hat die belangte Behörde den die Verwaltungssache begründenden Antrag der Bf vom 9. Mai 2015 am 11. Mai 2015 an die ihres Erachtens zuständige Behörde weitergeleitet. Leitet die Behörde einen Antrag gem. § 6 Abs. 1 AVG an die ihrer Meinung nach zuständige Behörde weiter, ist ihre Entscheidungspflicht erloschen, unabhängig davon, ob die Weiterleitung zu Recht erfolgt ist oder nicht (VwSlg 12.896 A/1989, VwGH 24.4.2002, 2002/12/0056, u.v.a.). Mangels einer die belangte Behörde treffenden Entscheidungspflicht, erweist sich die gegenständliche Beschwerde daher als unzulässig.

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter