LVwG-600915/6/SE

Linz, 10.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin        Mag.a Sigrid Ellmer über die Beschwerde von Herrn A H, vertreten durch Mag. L K, vom 7. Juni 2015 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 4. Mai 2015, GZ: VerkR96-24656                                              -2014/JK, wegen Inbetriebnahme eines Fahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand am 2. November 2014 in der Gemeinde Vöcklabruck

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.          Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG  wird der Beschwerde, insoferne teilweise stattgegeben als die Geldstrafe auf 800 Euro, falls diese uneinbringlich eine Ersatzfreiheitsstrafe von einer Woche, herabgesetzt wird.

 

II.         Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag auf Befragung eines konkret namhaft gemachten Zeugen wird abgewiesen.

 

III.        Nach § 38 VwGVG iVm § 64 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) ermäßigt sich der Kostenbeitrag zum Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde auf 80 Euro. Für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich ist gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

IV.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (kurz: belangte Behörde) vom 4. Mai 2015, GZ: VerkR96-24656-2014/JK, wurde Herr A H, geb. am x 1966, vertreten durch Mag. L K, (kurz: Beschwerdeführer) belangt, da er am 2. November 2014 um 07:25 Uhr, das Fahrzeug der Marke Mercedes-Benz E 220 CDI mit dem amtlichen Kennzeichen x in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,82 mg/l Atemluftalkoholgehalt) in Betrieb genommen hat.

 

Der Beschwerdeführer habe daher eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. a iVm § 5 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) begangen. Es wurde eine Geldstrafe in Höhe von 1.800 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Wochen verhängt. Ferner wurde ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 160 Euro vorgeschrieben.

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Parkplatz vor dem Lokal K in den Anwendungsbereich der Straßenverkehrsverordnung fällt. Zum Tatzeitpunkt sei das Tor offen gewesen und es habe von jedem unter den gleichen Bedingungen der Parkplatz benützt werden können. Ein Benützungsverbot, das auf den Ausschluss des öffentlichen Verkehrs abzielt, sei nicht sichtbar gewesen.

 

I. 2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die innerhalb der gesetzlichen Frist erhobene Beschwerde vom 7. Juni 2015, eingelangt am 8. Juni 2015, in der der Beschwerdeführer zusammengefasst Folgendes ausführt:

 

Der Beschwerdeführer habe sich zum Tatzeitpunkt im Tiefschlaf befunden. Zu einem früheren Zeitpunkt, als das Einfahrtstor geschlossen war, habe der Beschwerdeführer in alkoholisiertem Zustand das KFZ in Betrieb genommen.

Es sei auch davon auszugehen, dass der Schranken an der Grundstückshinterseite zu diesem früheren Zeitpunkt geschlossen gewesen war.

Ein am Grundstückszaun angebrachtes Schild weise darauf hin, dass es sich um ein Privatgrundstück handle und das Parken außerhalb der Betriebszeiten der sich auf dem Grundstück befindlichen Disco an Freitagen und Samstagen von 21:00 Uhr bis 04:00 Uhr verboten sei. Das Grundstück sei überdies mit einem Metallzaun eingefriedet.

Dem äußeren Anschein nach sei die Fläche, als sich der Beschwerdeführer in sein KFZ begab, nicht zur allgemeinen Benützung frei gestanden. Als der Beschwerdeführer das KFZ in Betrieb nahm, sei die StVO nicht anwendbar gewesen.

Der Beschwerdeführer sei eingeschlafen. Bis zum Eintreffen der Polizei habe jemand das Tor geöffnet und offen gelassen. Davon habe der Beschwerdeführer bis zum Eintreffen der Polizei keine Kenntnis gehabt. Es liege kein Verschulden des Beschwerdeführers vor.

 

I. 3. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 10. Juni 2015, eingelangt am 15. Juni 2015, wurde die Beschwerde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich durch die nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichterin.

 

I. 4. In der am 2. Mai 2015 durchgeführten mündlichen Verhandlung beantragte der Beschwerdeführer die Befragung von Herrn R W, Betriebsleiter des x, zum Beweis dafür, dass zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrzeuges durch den Beschwerdeführer der Schwenkschranken im hinteren Teil des gegenständlichen Geländes geschlossen war. 

 

Der Beschwerdeführer gab weiters an, dass er nicht mehr genau wisse, wann er sein Fahrzeug gestartet habe, es sei aber jedenfalls nach 4:00 Uhr am 2. November 2014 gewesen. Das Schiebetor (Zufahrt von der Telefunkenstraße) sei zu diesem Zeitpunkt geschlossen, aber nicht verschlossen gewesen. Er hätte es eigenständig öffnen können. Es sei geduldet worden, dass Gäste auch nach Lokalschluss mit den Autos noch parken dürfen, eben für den Fall, dass sie zu viel getrunken haben.

Der Beschwerdeführer sei der festen Annahme gewesen, insbesondere aufgrund des auf dem angebrachten Schild beim Schiebetor, dass es sich um Privatgrund handele, sonst hätte er das Fahrzeug nicht in Betrieb genommen. Er habe nicht alkoholisiert fahren wollen. Es sei ihm nicht bewusst gewesen, dass dies ein „öffentlich zugänglicher“ Parkplatz sein könnte.

Der Beschwerdeführer habe im November 2014 mehrere Tage in dieser Diskothek gearbeitet. Er sei immer der Annahme gewesen, dass es sich um ein Privatgrundstück handle.

Er beantragte die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens.

 

Die belangte Behörde beantragte die Abweisung der Beschwerde.

I. 5. Nach der mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2016 konnte über Internetrecherche die aktuelle Telefonnummer des beantragten Zeugen erhoben werden. Im anschließend geführten Telefonat bestätigte der beantragte Zeuge seine vor der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen gemachte Aussage. Er hatte aber keine Erinnerung mehr darüber, ob der Schranken auf der Grundstückshinterseite zum Tatzeitpunkt am 2. November 2014 geschlossen war oder nicht.

 

 

II. 1. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verfahrensakt und Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 2. Mai 2016, an der alle Parteien teilnahmen.  

 

II. 2. Folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt, der unbestritten geblieben ist, gilt als erwiesen:

 

Der Beschwerdeführer hat im Oktober mehrmals im Lokal K in Vöcklabruck gearbeitet und hatte auch ein Zimmer für notwendige Übernachtungen angemietet. Sein letzter Arbeitseinsatz war von 1. auf 2. November 2014. Zuvor hat er aus seinem Zimmer ausgecheckt, weil er beabsichtigte, nach der Arbeit gleich direkt nach Hause (Wien) zu fahren. Da der Beschwerdeführer aber in dieser Nacht zu viel Alkohol konsumierte und nicht in einem alkoholisierten Zustand ein Fahrzeug lenken wollte, legte er sich -jedenfalls nach Betriebsschluss um 4:00 Uhr am 2. November 2014- in seinen PKW, der vor dem Lokal am Parkplatz parkte, um zu schlafen. Da es aber jahreszeitlich bedingt schon kalt war, startete er den Motor seines PKW, um die Heizung in Betrieb zu setzen.

 

Am 2. November 2014 um ca. 7:15 Uhr stellten zwei Polizeibeamte den abgestellten PKW des Beschwerdeführers mit laufendem Motor und Außenbeleuchtung am Parkplatz des Areals, auf dem sich das Lokal K, T, befindet fest. Der Beschwerdeführer wurde am Fahrersitz schlafend vorgefunden. Nach mehrmaligem Klopfen an den Fahrzeugscheiben, konnte Kontakt mit dem Beschwerdeführer aufgenommen werden. Beim Öffnen der Fahrertür nahmen die Polizeibeamten deutlichen Alkoholgeruch wahr. Der um 7:29 Uhr durchgeführte Alkovortest ergab einen Messwert von 0,74 mg/l Atemalkoholgehalt der Atemluft. Auf der Polizeiinspektion Vöcklabruck wurde eine Untersuchung der Atemluft auf Alkohol mittels dem geeichten Messgerät der Marke Dräger MK III A 7110, Geräte Nr. ARFB-0039 (nächste Überprüfung am 10. Jänner 2015) durchgeführt. Die erste Messung um 07:49 Uhr ergab einen Messwert von 0,82 mg/l, die zweite Messung um 07:50 Uhr ergab einen Messwert von 0,83 mg/l.

 

Das Areal, auf dem sich das Lokal K befindet, ist eingefriedet. Es gibt zwei Zufahrtsmöglichkeiten. Die hauptsächlich genutzte Zufahrtsmöglichkeit ist im Norden des Areals von der T.straße möglich. Hier besteht ein Tor. Auf diesem Tor und auch rechts daneben ist ein Schild mit dem Text „Privatgrundstück Parken verboten außerhalb der Betriebszeiten Fr & Sa von 21:00 bis 4:00 Uhr“. Dieses Tor wurde an Freitagen und Samstagen generell nach Betriebsschluss des Lokals K immer geschlossen, jedoch nicht abgesperrt. Am 2. November 2014 war es jedenfalls ab 4:00 Uhr bis nach der Inbetriebnahme des PKW durch den Beschwerdeführer geschlossen.

Als den Polizeibeamten der PKW des Beschwerdeführers auf dem gegenständlichen Parkplatz um ca. 7:15 Uhr wegen des laufenden Motors auffiel, stand das Tor offen und der Parkplatz war für jedermann zugänglich.

Die zweite Zufahrtsmöglichkeit besteht auch von der T.straße, liegt aber im Süden des gegenständlichen Areals. Hier ist ein Schranken vorhanden. Es kann nicht mehr festgestellt werden, ob dieser zum Tatzeitpunkt bzw. zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des PKW durch den Beschwerdeführer geschlossen war oder nicht. Ein Schild wie bei der anderen Zufahrt war hier nicht angebracht.

Es wurde geduldet, dass Gäste des Lokals K ihre geparkten Fahrzeuge auch noch nach Betriebsschluss am Parkplatz stehen lassen können, insbesondere für den Fall, dass beim Besuch des Lokals K zu viel Alkohol konsumiert wurde und die Gäste deshalb ihr Fahrzeug nicht mehr in Betrieb nehmen wollten.

 

III. Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:  

 

III. 1. Die maßgeblichen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl. Nr. 159/1960, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung lauten:

 

㤠1. Geltungsbereich.

 

(1) Dieses Bundesgesetz gilt für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.

(2) Für Straßen ohne öffentlichen Verkehr gilt dieses Bundesgesetz insoweit, als andere Rechtsvorschriften oder die Straßenerhalter nichts anderes bestimmen. Die Befugnisse der Behörden und Organe der Straßenaufsicht erstrecken sich auf diese Straßen nicht.

 

§ 5. Besondere Sicherungsmaßnahmen gegen Beeinträchtigung durch Alkohol.

 

(1) Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

 

[...]

 

99. Strafbestimmungen.

 

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

a)   wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,

 

[...]“

 

 

III. 2. Vorab ist zu klären, ob es sich beim gegenständlichen Parkplatz um eine „Straße mit öffentlichem Verkehr“ i. s. d. § 1 Abs. 1 StVO 1960 handelt.

Die Wortwendung „gilt für Straßen“ bedeutet, dass sich der Geltungsbereich auf Sachverhalte erstreckt, die mit Straßen mit öffentlichem Verkehr in unmittelbarem Zusammenhang stehen.

Verkehr ist die räumliche Fortbewegung (Raumüberwindung) von Personen und/oder Sachen mit oder ohne technische Fortbewegungsmittel samt dem Abstellen dieser Fortbewegungsmittel für weitere Fortbewegungszwecke.

Unter „Verkehr“ ist auch der Fußgängerverkehr zu verstehen (räumliche Fortbewegung ohne technische Fortbewegungsmittel). Kann dieser oder wird dieser nicht ebenso wirksam von der Benützung ausgeschlossen, so liegt jedenfalls öffentlicher Verkehr vor.

 

Für den Ausschluss des öffentlichen Verkehrs ist ein allgemein sichtbares Benützungsverbot erforderlich, allenfalls mit einem Hinweis auf die Eigenschaft als Privatstraße, wobei der letztgenannte Hinweis straßenverwaltungsrechtlich vor allem dann von Bedeutung sein wird, wenn jeglicher öffentliche Verkehr, das heißt auch der Fußgängerverkehr, ausgeschlossen werden soll (vgl. dazu VwGH vom 20. 6. 2001, Zl. 99/06/0187).

 

Im konkreten Fall war am Tor bei der Hauptzufahrt sowie rechts davon am Zaun ein Schild vorhanden, dass darauf hinwies, dass es sich beim gegenständlichen Areal um ein Privatgrundstück handelt. Ferner wird das Parken außerhalb festgelegter Betriebszeiten verboten.

Mit diesem Schild wurde aber nicht der allgemeine Zutritt, das Befahren oder Halten auf dem Areal verboten. Die Benützung durch Fußgänger, Lieferanten, Zusteller, etc. war somit erlaubt. Vgl. dazu auch VwGH vom 15. 2. 1991, Zl. 90/18/0182; vom 31. 1. 2014, Zl. 2013/02/0239, wonach der Hinweis „Privatgrund Halten und Parken verboten“ nichts daran ändern kann, dass jene Fläche zumindest befahren werden durfte, weshalb nicht davon auszugehen ist, dass jegliche Benützung derselben durch die Allgemeinheit verboten war. Es handelte sich also bei dem Tatort, objektiv gesehen, um eine „Straße mit öffentlichem Verkehr“.

Auch war eine faktische Verhinderung des allgemeinen Fußgänger- oder Fahrzeugverkehrs nicht gegeben, weil dieses Tor nie verschlossen war.

 

Überdies wurde es geduldet, dass Gäste des Lokals K ihre geparkten Fahrzeuge auch noch nach Betriebsschluss am Parkplatz stehen lassen können, insbesondere für den Fall, dass beim Besuch des Lokals K zu viel Alkohol konsumiert wurde und die Gäste deshalb ihr Fahrzeug nicht mehr in Betrieb nehmen wollten. Das bedeutet aber auch, dass diese Gäste außerhalb der Betriebszeiten einerseits vom Gelände wegfahren konnten und andererseits aber auch außerhalb der Betriebszeiten auf das Gelände gelangen konnten, um sich ihr Fahrzeug zu holen.

Somit war der zur Benützung des gegenständlichen Areals berechtigte Personenkreis von vornherein unbestimmt, weil insbesondere jedermann die Möglichkeit hat, Gast zu werden, weshalb jedermann unter den gleichen Bedingungen diese Verkehrsfläche benutzen konnte (vgl. dazu  VwGH 25. 3. 1992, Zl. 92/02/0091, 3.10.1990, 90/02/0094, 24.5.2013, 2010/02/0120).

 

Der gegenständliche Parkplatz ist somit eine Straße mit öffentlichem Verkehr. Es war daher ohne Belang, ob der Schranken bei der Zufahrt im südlichen Bereich des konkreten Areals am 2. November 2014 geschlossen war oder nicht. Die beantragte Zeugeneinvernahme konnte daher unterbleiben.

 

Unbestritten geblieben ist, dass der Beschwerdeführer am 2. November 2014 nach Verlassen des Lokals K sich in seinen PKW begab und aufgrund der kalten Temperaturen diesen startete und dann eingeschlafen ist. Unbestritten blieb auch, dass der Test am geeichten Alkomaten am 2. November 2014 um 7:49 Uhr einen Alkoholgehalt der Atemluft des Beschwerdeführers von 0,82 mg/l ergab.

 

Der objektive Tatbestand des § 99 Abs. 1 lit a StVO 1960 ist somit erfüllt. Da § 99 Abs. 1 lit a leg. cit. nichts über die Verschuldensform sagt, genügt gemäß § 5 Abs. 1 letzter Satz Verwaltungsstrafgesetz - VStG fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit besteht in einem Mangel an Sorgfalt.

 

Auch wenn der Beschwerdeführer angenommen hat, dass er seinen PKW nach Betriebsschluss des Lokals am gegenständlichen Parkplatz auf einer nicht öffentlichen Verkehrsfläche in Betrieb nimmt, so hätte ihm bei der notwendigen Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit klar sein müssen, dass der Zutritt zu diesem Parkplatz für jedermann möglich ist. Er selbst hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass es geduldet wurde, nach dem Lokalbesuch den PKW dort stehen zu lassen und ihn zu einem anderen Zeitpunkt – außerhalb der Betriebszeiten – wieder abzuholen bzw. damit wegzufahren. Es ist daher gemäß § 38 VwGVG iVm § 5 Abs. 1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen und somit auch die subjektive Tatseite zu bejahen.

 

Gemäß § 38 VwGVG iVm § 19 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen, oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist. Liegen die genannten Voraussetzungen vor, das heißt, überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, hat er einen Rechtsanspruch auf die Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes (vgl. VwGH vom 31.1.1990, Zl. 89/03/0027). Im Rahmen der außerordentlichen Strafmilderung hat die Behörde im Fall des § 20 VStG der Strafbemessung einen Strafrahmen zu Grunde zu legen, dessen Untergrenze die Hälfte der (gesetzlichen) Mindeststrafe beträgt und ausgehend davon die Strafe innerhalb des solcherart nach unten geänderten Strafrahmens festzusetzen. Die Strafzumessung ist in das Ermessen der Behörde gestellt, das nach den Kriterien des § 19 auszuüben ist (vgl. VwGH vom 31.1.1990, Zl. 89/03/0027).

 

Voraussetzung für die Anwendung des § 20 VStG ist jedenfalls, dass die Strafdrohung in der Verwaltungsvorschrift eine Mindeststrafe vorsieht (zB VwGH vom 22.10.1990, Zl. 90/19/0468). Andernfalls kann im Rahmen der Strafbemessung ohnehin eine der Schwere der Tat angemessene Strafe festgesetzt werden. § 99 Abs. 1 lit a StVO 1960 sieht eine Mindestgeldstrafe von 1.600 Euro und eine Mindest-Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen vor. Eine Anwendung des § 20 VStG ist daher grundsätzlich möglich.

 

Für das beträchtliche Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen kommt es der Rechtssprechung des VwGH zufolge nicht auf die Zahl der Milderungsgründe und Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich auf deren Bedeutung im Rahmen des konkreten Sachverhalts an (zB VwSlg 13.088 A/1989). Es kommt daher nicht auf das Vorliegen von Milderungsgründen an, sondern vielmehr allein darauf, dass solche Gründe die Erschwerungsgründe erheblich überwiegen, und zwar nicht der Zahl, sondern dem Gewicht nach.

 

Der Beschwerdeführer wurde wegen einer derartigen Verwaltungsübertretung noch nicht bestraft, dies ist als strafmildernd zu werten. Straferschwerende Umstände liegen nicht vor.

Der Beschwerdeführer hat glaubhaft dargelegt, dass er aufgrund seines Alkoholkonsums nicht mehr mit seinem PKW fahren wollte und deshalb im Auto geschlafen hat. Diese Entscheidung, nicht mehr mit dem Auto wegzufahren, ist vernünftig und bestätigt das Vorhandensein eines grundsätzlichen Unrechtsbewusstseins beim Beschwerdeführer. Des Weiteren ist auszuführen, dass der Gesetzgeber bei der im Verfahren anzuwendenden Strafdrohung nicht zwischen dem Lenken und dem bloßen „Starten“ von Kraftfahrzeugen differenziert. Das Gefahrenpotenzial, welches von einem alkoholisierten, schlafenden  Menschen in einem zwar in Betrieb genommenen, aber parkenden bzw. stehenden Kraftfahrzeug auf einem Parkplatz in den Morgenstunden an einem Sonntag ausgeht, ist jedoch wesentlich niedriger als jenes von Kraftfahrzeuglenkern, die alkoholisiert mit einem Kraftfahrzeug fahren. Besonders im gegenständlichen Fall ist eine Gefährdung von Verkehrsteilnehmern durch den alkoholisierten Beschwerdeführer, mangels gegenteiliger Anhaltspunkte eher unwahrscheinlich, vor allem in Anbetracht der durch die Tageszeit bestehenden Verkehrsberuhigung.

 

In Anbetracht der bislang vorliegenden Unbescholtenheit des Beschwerdeführers und die Tatsache, dass keine Verkehrsteilnehmer gefährdet wurden sowie auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen von Erschwerungsgründen festgestellt werden konnten, erscheint es aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich gerechtfertigt und vertretbar, § 20 VStG anzuwenden und die gesetzliche Mindeststrafe um die Hälfte zu reduzieren, da aus Sicht des erkennenden Gerichtes die Milderungsgründe im gegenständlichen Fall deutlich überwiegen.

 

 

IV. Kosten (Spruchpunkt II):

 

Aufgrund des Umstandes, dass sich die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe verringert, war der Beitrag zu den Verfahrenskosten der belangten Behörde, welcher gemäß § 64 Abs. 2 VStG 10 % der verhängten Geldstrafe beträgt, entsprechend herabzusetzen. Nach § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG sind 20 % der verhängten Strafe als Kostenbeitrag vorzuschreiben, wenn das Straferkenntnis der belangten Behörde bestätigt wird. Demgegenüber sind gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer dann nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben wird. Da das Straferkenntnis der belangten Behörde nicht vollständig bestätigt wird, ist für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG vom Beschwerdeführer kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Maga. Sigrid Ellmer