LVwG-150826/2/MK/CH

Linz, 26.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde von K K, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Prambachkirchen vom 19.10.2015, GZ. 030/214-5-2015 FAKA (4055),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Sachverhalt, Verfahrensablauf

I.1. Mit Schreiben vom 26.6.2015 an die Marktgemeinde Prambachkirchen ersuchte der Beschwerdeführer K K, (in der Folge: Bf), um Akteneinsicht des Bescheides, mit dem T und R P die Bewilligung für den Bau eines Einfamilienhauses am Grundstück Nr. x, EZ x KG. x erteilt worden ist, den Aktenvermerk, das Gutachten des Sachverständigen und die Verordnung der Kanalordnung. Dazu führte der Bf weiter aus: „Ich nehme das Recht auf Akteneinsicht als Rechtsnachfolger (Hinweis E vom 19. November 1998, 98/06/0058, sowie E vom 22.10.2013, 2012/10/0002) auch NÖ BauO 1996 keine über § 17 Abs. 1 AVG und die hg Rechtsprechung hinausgehende Einschränkung des subjektiven Rechts auf Akteneinsicht.“

 

I.2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Prambachkirchen vom 9.7.2015, AZ. 030/214-2-2015 FAKA (4055) wurde der Antrag auf Akteneinsicht abgelehnt. Begründend wird darin ausgeführt, den Ehegatten P T und R, wohnhaft in x, sei mit Bescheid der Marktgemeinde Prambachkirchen vom 30. Jänner 2003, AZ. Bau-1480-20013, die Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses  auf dem Grundstück Nr. x KG. x, erteilt worden. Grundlage für die Durchführung des vereinfachten Bauverfahrens sei der Einwendungsverzicht der Grundanrainer, insbesondere des damaligen Besitzers des Grundstückes Nr. x KG. x, S W, gewesen. Mit seiner schriftlichen Zustimmung zum Bauvorhaben und dem damit ausgesprochenen Einwendungsverzicht habe der Rechtsvorgänger des Bf die Parteistellung verloren. Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom 22.10.2013, 2012/10/002, entschieden, dass das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG den Parteien eines anhängigen oder abgeschlossenen Verfahrens – unter den sonstigen Beschränkungen – unabhängig davon zukomme, zu welchem Zweck sie die Akteneinsicht begehrt haben. Im Ergebnis bestehe daher ein Recht auf Akteneinsicht für die Verfahrensparteien auch nach Abschluss des Verfahrens. Dies gelte jedoch nur insoweit, als diese Parteien ihre Parteistellung nicht verloren haben. Dies sei im vorliegenden Fall gegeben. Durch den Einwendungsverzicht habe der Rechtsvorgänger des Bf die Parteistellung in diesem Bauverfahren verloren und es habe daher auch keine Parteistellung an ihn als Rechtsnachfolger übertragen werden können.

 

I.3. Mit Schreiben vom 20.7.2015 erhob der Bf rechtzeitig Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Prambachkirchen vom 9.7.2015, AZ. 030/214-2-2015 FAKA (4055). Nach Erteilung eines Verbesserungs­auftrags durch den Bürgermeister vom 27.7.2015 begründete der Bf im Schreiben vom 4.8.2015 die Berufung damit, dass ihm als Partei des Verfahrens Akteneinsicht nach § 17 AVG zustehe. Die weiteren Ausführungen decken sich im Wesentlichen mit der bereits im Ansuchen vom 26.6.2015 angegebenen Begründung.

 

I.4. Mit Bescheid vom 19.10.2015, AZ. 030/214-5-52015 FAKA (4055), wies der Gemeinderat der Marktgemeinde Prambachkirchen (in der Folge: belangte Behörde) die Berufung des Bf als unbegründet ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters. Begründend führte die belangte Behörde nach einer Darstellung des Sachverhalts und des Verfahrensablaufs aus, das Bauverfahren für den Wohnhausneubau der Ehegatten P T und R sei als vereinfachtes Verfahren durchgeführt worden, da die Nachbarn einschließlich des Rechtsvorgängers W S den Einwendungsverzicht am Bauplan unterfertigt hätten. Im Bauanzeigeverfahren komme nach ständiger Rechtsprechung der Höchstgerichte (etwa VwGH, 25.4.2002, GZ. 2002/05/0267 mit Hinweis auf VfSlg 15093/1998) nur dem Anzeigeleger Parteistellung zu, nicht aber den Nachbarn. Die Ansicht sei nun auch in § 32 Abs. 7 letzter Satz Oö. BauO statuiert: „Entfällt die Bauverhandlung, verlieren die Nachbarn mit Erlassung des Baubewilligungsbescheides ihre Stellung als Partei“.

Der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom 22.10.2013, 2012/10/002, entschieden, dass das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 17 AVG den Parteien eines anhängigen oder abgeschlossenen Verfahrens – unter den sonstigen Beschränkungen – unabhängig davon zukomme, zu welchem Zweck sie die Akteneinsicht begehrt haben. Im Ergebnis bestehe daher ein Recht auf Akteneinsicht für die Verfahrensparteien auch nach Abschluss des Verfahrens. Dies gelte jedoch nur insoweit, als diese Parteien ihre Parteistellung nicht verloren haben. Und dies sei im vorliegenden Fall gegeben. Durch den Einwendungsverzicht habe der Rechtsvorgänger die Parteistellung in diesem Bauverfahren verloren und es habe daher auch keine Parteistellung an den Bf als Rechtsnachfolger übertragen werden können. Dem Bf komme daher keine Parteistellung und somit auch kein Recht auf Akteneinsicht im abgeschlossenen Verfahren zu.

 

I.5. Mit Schreiben vom 4.11.2015 erhob der Bf gegen den Bescheid der belangten Behörde Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und begründete dies wie folgt:

Nach den folgenden Gründen will ich das Recht auf Akteneinsicht wahrnehmen: VwGH 30.1.2014, Zl. 2012/05/0011.

Bei der Frage, ob Akteneinsicht in einem abgeschlossenen Verfahren gewährt wird, kommt es darauf an, dass der die Akteneinsicht begehrenden Person in diesem beendeten Verwaltungsverfahren Parteistellung iSd § 8 AVG in Zusammenhalt mit allfälligen materiengesetzlichen Bestimmungen zugekommen ist oder wäre. Dass dafür die Parteistellung das ganze nach der NÖ BauO 1996 geführte Bauverfahren über bestanden haben muss, kann daraus nicht abgeleitet werden, hat der Verwaltungsgerichtshof doch vielfach auch im Falle präkludierter oder übergangener Parteien ein Recht auf Akteneinsicht angenommen (Hinweis E vom 19. November 1998, 98/06/0058, sowie E vom 22.10.2013, 2012/10/0002). Auch sonst lässt sich der NÖ BauO 1996 keine über § 17 Abs. 1 AVG und die hg. Rechtsprechung hinausgehende Einschränkung des subjektiven Rechts auf Akteneinsicht entnehmen.

Ich begehre die Aufhebung des Bescheides AZ. 030/214-5-2015 FAKA (4055) vom 19.10.2015 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Ich begehre die Gewährung auf das Recht der Akteneinsicht des Bescheides der Baubewilligung für die Errichtung eines Einfamilienhauses Grundstück Nr. x, EZ x KG x P T und R (Aktenvermerke, das Gutachten des Sachverständigen und die Verordnungen) als Rechtsnachfolger die Parteistellung wahrzunehmen.“

 

I.6. Mit Schreiben vom 6.11.2015 legte der Bürgermeister der Marktgemeinde Prambachkirchen dem Landesverwaltungsgericht die Beschwerde zur Entscheidung an das Oö. Landesverwaltungsgericht vor.

 

I.7. In dem vom Begehren auf Akteneinsicht des Bf betroffenen Bauverfahren, das mit Bescheid vom 30.1.2003, AZ. Bau 1480-2003 beendet wurde, hat Herr S W, als Eigentümer der Grundstücke Nr. x und x einen Einwendungsverzicht abgegeben. Nunmehriger Eigentümer des Grundstückes Nr. x KG. x ist der Bf.

 

 

II.            Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Auf dessen Grundlage konnten weitere Ermittlungsschritte – insbesondere die (weder von der belangten Behörde noch vom Bf beantragte) Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG – unterbleiben, da keine weitere Klärung der Rechtssache zu erwarten war.

 

 

III.           Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen ist insbesondere nachstehende Bestimmung zu berücksichtigen:

 

§ 17 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF lautet:

§ 17 (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.

(2) Allen an einem Verfahren beteiligten Parteien muß auf Verlangen die Akteneinsicht in gleichem Umfang gewährt werden.

(3) Von der Akteneinsicht sind Aktenbestandteile ausgenommen, insoweit deren Einsichtnahme eine Schädigung berechtigter Interessen einer Partei oder dritter Personen oder eine Gefährdung der Aufgaben der Behörde herbeiführen oder den Zweck des Verfahrens beeinträchtigen würde.

(4) Die Verweigerung der Akteneinsicht gegenüber der Partei eines anhängigen Verfahrens erfolgt durch Verfahrensanordnung.“

 

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs. 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs durch seinen gemäß § 2 VwGVG zuständigen Einzelrichter erwogen:

 

Gemäß § 17 AVG können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten oder Aktenteile Einsicht nehmen. Akteneinsicht ist dabei auch in einem abgeschlossenen Verfahren zu gewähren, wenn die begehrende Person in dem beendeten Verwaltungsverfahren Parteistellung iSd § 8 AVG in Zusammenhalt mit allfälligen materiengesetzlichen Bestimmungen zugekommen ist oder wäre (VwGH 30.1.2014, 2012/05/0011). Einer Person, die die Parteistellung verloren hat, steht das Recht der Akteneinsicht (im Hinblick auf die "Quasi-Wiedereinsetzung" in § 42 Abs. 3 AVG) nur zwischen dem Ende der Verhandlung und der nachträglichen Einwendung längstens bis zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung der Sache zu (VwGH 17.9.2014, Ra 2014/04/0025 mwN).

 

Das Recht auf Akteneinsicht geht auch auf den Rechtsnachfolger des in einem abgeschlossenen Verfahren die Parteistellung genießenden Rechtsvorgängers über (VwGH 30.1.2014, 2012/05/0011). Ein Rechtsnachfolger tritt in die von seinem Rechtsvorgänger geschaffene Stellung ein und muss daher die Unterlassung von Einwendungen und Rechtsmitteln durch seinen Rechtsvorgänger sowie eine diesem gegenüber eingetretene Präklusion bzw. den Verlust der Parteistellung gegen sich gelten lassen (VwGH 17.9.2014, Ra 2014/04/0025 mwN).

 

Der Antrag auf Akteneinsicht des Bf betrifft ein rechtskräftig mit Bescheid abgeschlossenes Verfahren. In diesem Verfahren kam das vereinfachte Bauverfahren für ein anzeigepflichtiges Bauvorhaben gemäß § 25 Abs. 1 Z 1 Oö. BauO 1994 zur Anwendung. Auch der Rechtsvorgänger des Bf erklärte in diesem Verfahren als Nachbar durch seine Unterschrift gegen das Bauvorhaben keine Einwendungen zu erheben (§ 25 Abs. 1 Z 1 lit b Oö. BauO 1994).

 

Im Anzeigeverfahren kommt anderen Personen als dem Anzeigeleger keine Parteistellung zu. Das gilt auch für den Fall, dass ein Bauvorhaben unter § 25 Abs. 1 Z 1 oder 2 Oö. BauO 1994 zu subsumieren ist und die Behörde somit gemäß § 25a Abs. 5 Oö. BauO 1994 die Rechte der Nachbarn nach § 31 Abs. 4 und 6 Oö. BauO 1994 zu berücksichtigen hat (VwGH 25.4.2002, 2000/05/0267; vgl auch bereits VwGH 15.6.1999, Zl. 98/05/0135; VfSlg 15.093/1998) Dem Rechtsvorgänger des Bf kam als Nachbar damit keine Parteistellung zu. Folglich kommt nunmehr auch dem Bf als Rechtsnachfolger kein Recht auf Akteneinsicht zu.

 

 

V.           Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass dem Bf das Recht auf Akteneinsicht im bereits abgeschlossenen Verfahren nicht zukommt, da unter anderem durch den Einwendungsverzicht seines Rechtsvorgängers das Anzeigeverfahren zur Anwendung kam, in dem eine Parteistellung der Nachbarn nicht besteht. Die Beschwerde des Bf erweist sich daher als unbegründet.

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger