LVwG-190012/9/VG/SB

Linz, 18.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerde des R E C, wohnhaft in L, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz als Bezirksverwaltungsbehörde vom 25.08.2015, GZ. 0014819/2012 BBV-N, über die Anordnung einer Ersatzvornahme sowie über die Vorauszahlung von Kosten nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

I.1. Mit dem rechtskräftigen Titelbescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 10.03.2014, GZ: 0014819/2012 ABA Nord, wurden R E C (im Folgenden: „Bf“) als Eigentümer der baulichen Anlage „Wohnbereich im 1. Obergeschoß, bergseitige Stollenansätze im 1. und 2. Obergeschoß, Kaminköpfe am Dach, tragende Deckenkonstruktionen am Standort K x mit der Grundstücksnummer x, EZ x, KG L –soweit hier noch erheblich – folgende Instandsetzungs- und Sicherungsaufträge erteilt:

„1) Die Stollenansätze im 1. und 2. OG bzw. die Sandsteinbereiche an der Adresse K x sind dauerhaft und sicher zu verschließen (zB durch Abmauerung). Bis zur Errichtung der dauerhaften Absperrung der Stollenansätze sind die Zugänge durch geeignete provisorische Maßnahmen versperrt zu halten.

2) Die schadhaften Deckenkonstruktionen (im Wohnraum und im Gang im 1. OG) sind von einer befugten sachverständigen Person (zB Baumeister) auf den genauen Umfang der Schäden zu untersuchen und anschließend inkl. der schadhaften Glasoberlichte zu erneuern - sh auch die statische Stellungnahme des ZT Büros DI W vom 10.12.2013.

3) Die Innenteile der baulichen Anlage, welche eine erhöhte Feuchtigkeit aufweisen (Fußboden-, Decken- und Mauerkonstruktionen) sind von einer befugten sachverständigen Person (zB Baumeister) auf den genauen Umfang der Schäden zu untersuchen. Darüber ist ein Untersuchungsbefund zu verfassen und dem Magistrat Linz - Anlagen- und Bauamt - auf Verlangen vorzulegen.“

 

Begründend wurde ausgeführt, dass laut den Ausführungen des bautechnischen Amtssachverständigen (im Folgenden: „ASV“) unter Hinweis auf die bereits erfolgten Vorschreibungen im Bescheid vom 11.05.2012, GZ: 0014819/2012 ABA Nord, 501/N125013, noch sanierungsbedürftige Baugebrechen vorlägen. Dem Bescheid zugrunde gelegt wurde das Gutachten des ASV vom 12.02.2014, GZ: 0054558/2013 UTC.

 

I.2. Der ASV führte am 06.08.2014 eine unangekündigte Kontrolle durch, wobei der Bf nicht angetroffen wurde, weshalb ein Termin für einen Lokalaugenschein anberaumt wurde. Trotz ordnungsgemäßer Ladung erschien der Bf nicht zu diesem anberaumten Termin.

 

I.3. Bei einem weiteren Lokalaugenschein am 02.10.2014, bei dem der Bf anwesend war, wurde vom ASV festgestellt, dass der Auflagepunkt 2 noch nicht erfüllt worden sei (sh Bericht vom 03.10.2014, GZ: 0042067/2014 UTC). Darauf wurde der Bf mit Schreiben vom 08.10.2014, GZ: 0014819/2012 ABA Nord, konkret hingewiesen.

 

I.4. Zu einer Anlagenüberprüfung betreffend die Erfüllung der Auflagen 1) bis 6) des Bescheids vom 10.03.2014 am 13.02.2014 erschien der Bf nicht. Der ASV forderte den Bf daraufhin mit E-Mail vom 05.03.2014 auf, bekannt zu geben, ob die vorgeschriebenen Auflagen der Bescheide vom 11.05.2012 und 10.03.2014 erfüllt wurden. Der Bf ersuchte daraufhin um nochmalige Übermittlung des Bescheids bzw der zu erfüllenden Auflagen.

 

I.5. Mit Schreiben vom 06.03.2015 gab der ASV nach Durführung eines erfolglosen Ortsaugenscheins eine Kostenschätzung bzw ein Leistungsverzeichnis für die Maßnahmen zur Erfüllung u.a. der hier relevanten Aufträge Nrn. 1) bis 3) des Bescheids vom 10.03.2014 ab. Der genaue „Umfang der erforderlichen Sanierungs-/Instandsetzungsmaßnahmen zur Erstellung einer vollständigen Kostenschätzung für alle Auflagenpunkte [sei] augenscheinlich nicht feststellbar […]“, da dazu die Befunde der eingehenden Untersuchungen gemäß den Auflagepunkten 2) und 3) des Bescheids vom 10.03.2014 vorliegen müssten. Deshalb seien nur eindeutig quantifizierbare Baumaßnahmen berücksichtigt worden.

 

I.6. Dem Bf wurde mit Schreiben vom 09.03.2015, GZ: 0014819/2012 ABA Nord, die Ersatzvornahme angedroht und nachweislich zugestellt. Diese Androhung enthielt zugleich das Parteiengehör zur beabsichtigten Erlassung eines Kostenvorauszahlungsauftrages in Höhe von 24.660,- Euro auf Basis der Kostenschätzung des ASV.

 

I.7. Bei einer beabsichtigten Überprüfung der Auflagenpunkte 1) und 2) des Bescheids vom 10.03.2014 am 17.08.2015 war der Bf trotz nachweislicher Verständigung nicht anwesend.

 

I.8. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid vom 25.08.2015, GZ: 0014819/2012 BBV-N, wurde die angedrohte Ersatzvornahme angeordnet. Die Verpflichtungen lauteten dabei wie bereits unter Pkt. I.1. ausgeführt (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde der Bf aufgefordert, die Kosten von 24.660,- Euro gegen nachträgliche Verrechnung binnen 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheids bei der Stadt Linz zu erlegen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass der Bf mit Bescheid vom 10.03.2014, GZ: 0014819/2012 ABA Nord, zu den angeführten Leistungen verpflichtet worden und diesen Verpflichtungen nicht nachgekommen sei. Zur Vorschreibung der voraussichtlichen Kosten sei vom ASV eine entsprechende Kostenschätzung durchgeführt worden, welche im Bescheid dargelegt wurde.

 

II. Gegen diesen Bescheid richtet sich der als Beschwerde zu wertende rechtzeitig erhobene „Einspruch“ des Bf vom 21.09.2015, worin der Bf ausführt, es seien alle Gefahrenstellen seit Jahren abgesichert und gesperrt. Wörtlich wird dazu ausgeführt:

Ad1) Zugang zu Stollenansätzen ist versperrt.

Ad2) Zugang zu Wohnräumen und Gang ist versperrt.

Ad3) Zugang zu Innenteilen der baulichen Anlage, welche laut Bescheid eine erhöhte Feuchtigkeit aufweisen, ist versperrt.

Der Bf ersucht daher von der Ersatzvornahme Abstand zu nehmen und ergänzt: „Gerne kann ich Ihnen das auch persönlich zeigen, oder per Bildmaterial zukommen lassen falls Sie meinem Wort nicht Vertrauen schenken können.“

 

II.1. Mit Schreiben vom 06.10.2015 wurde der Akt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt.

 

II.2. Der Bf wurde mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 10.03.2016, sowie mit gleichlautendem Schreiben vom 21.04.2016, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht aufgefordert, die Erfüllung der ihm auferlegten Verpflichtungen in nachvollziehbarer Weise zu belegen. Insbesondere wurde er aufgefordert, den auferlegten Untersuchungsbefund vorzulegen. Für die Entsprechung der Aufforderung wurde eine Frist von zwei Wochen ab Zustellung des jeweiligen Schreibens eingeräumt. Die nachweisliche Zustellung der Schreiben erfolgte am 16.03.2016 bzw am 27.04.2016 durch Hinterlegung. Der Bf hat sich dazu nicht geäußert.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz vorgelegten Verfahrensakt und die unter Punkt II.2. dargestellte eigene Erhebung.

 

III.1. Daraus ergibt sich der unter Punkt I. bis II. dargestellte entscheidungswesentliche Sachverhalt zweifelsfrei.

 

III.2. Der entscheidungswesentliche Sachverhalt konnte auf Grund der Aktenlage geklärt werden. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, zumal bereits die Akten erkennen ließen, dass durch eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war. Dem Entfall der Verhandlung standen auch Art 6 Abs 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen. Der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zufolge gilt auch im Vollstreckungsverfahren, das allein der Durchsetzung einer bereits im Titelverfahren getroffenen Entscheidung über ein civil right dient, die vom EGMR in seiner Entscheidung vom 9. Februar 2006, Nr. x (F u.a. gg Ö) mwN, getroffene Klarstellung, dass Annexverfahren, die keine Entscheidung in der Hauptsache enthalten, grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Art 6 EMRK fallen (VwGH 16.03.2012, 2010/05/0090; 24.01.2013, 2011/06/0184, mwN).

 

 

IV. Maßgebliche Rechtslage:

 

Nach § 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid […] auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3) […] zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

Die hier relevanten Bestimmungen des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 (VVG) lauten auszugsweise:

 

㤠4 VVG

§ 4 (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar.

[…]

§ 10 VVG

§ 10 (1) Auf das Vollstreckungsverfahren sind, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, der I. Teil, hinsichtlich der Rechtsmittelbelehrung die §§ 58 Abs 1 und 61 und der 2. und 3. Abschnitt des IV. Teiles des AVG sinngemäß anzuwenden.

(2) Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht gegen die Vollstreckungsverfügung hat keine aufschiebende Wirkung.“

 

 

V. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Der Vollstreckungstitel bildet die Grundlage für die Vollstreckungsverfügung, weshalb der maßgebliche Sachverhalt feststeht und idR kein Ermittlungsverfahren bei Erlassung der Vollstreckungsverfügung durchzuführen ist (vgl Hengstschläger/Leeb, Verwaltungsverfahrensrecht5 [2014] Rz 999). Nach § 10 Abs 1 VVG ist im Vollstreckungsverfahren der II. Teil des AVG mit seinen Bestimmungen über das Ermittlungsverfahren und das Parteiengehör nicht anzuwenden. Die Vollstreckungsbehörden müssen allerdings auf konkretes Vorbringen des Verpflichteten zur Wahrung der Grundsätze eines geordneten Verfahrens eingehen. Den Verpflichteten trifft somit im Vollstreckungsverfahren eine besondere Mitwirkungsverpflichtung (vgl. VwGH 23.02.2009, 2005/10/0165; 27.09.2005, 2005/06/0150, mwN).

 

Wenn der Bf im Wesentlichen vorbringt, die aufgetragenen Verpflichtungen bereits erfüllt zu haben, trifft ihn dahingehend eine besondere Mitwirkungspflicht und Beweislast; Behauptungen reichen dafür nicht aus (VwGH 12.08.2010, 2006/10/0158 mwN; Larcher, Vollstreckung im Verwaltungsrecht [2009] Rz 107).

 

Dem Bf wurde deshalb mit der Aufforderung des Landesverwaltungsgerichts vom 10.03.2016 bzw. vom 21.04.2016 die Möglichkeit eingeräumt, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht entsprechende (Entlastungs‑)Beweise für sein bislang bloß unsubstantiiertes Vorbringen vorzulegen. Von dieser Möglichkeit machte er jedoch keinen Gebrauch. Insbesondere wurde der mit dem Titelbescheid vom 10.03.2014 vorgeschriebene Untersuchungsbefund nicht vorgelegt. 

 

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage konnten sohin weitere Ermittlungen durch das Landesverwaltungsgericht unterbleiben (insofern vergleichbar die Entscheidung des VwGH vom 05.09.2013, 2013/09/0063, aus der sich ergibt, dass weitere Erhebungen einer Behörde bei Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht einer Partei unterbleiben können).

 

Der Bf hat im Ergebnis – weder im verwaltungsbehördlichen noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – substantiiert dargelegt, dass er die Aufträge Nrn. 1. bis 3., die ihm mit dem hier relevanten Titelbescheid vom 10.03.2014 erteilt wurden, tatsächlich bereits erfüllt hat, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (siehe diesbezüglich die in dieser Entscheidung zitierte höchstgerichtliche Judikatur). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Verena Gubesch