LVwG-150779/16/EW

Linz, 17.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Elisabeth Wiesbauer über die Beschwerde des Dipl. Ing. T A, F x, x N i M (in der Folge kurz: Beschwerdeführer), gegen den Bescheid des Gemeinderates Attersee am Attersee vom 6. August 2015, Zl. 131-9-2014 se, betreffend die Versagung einer Baubewilligung zur Errichtung eines Wohngebäudes mit vier Wohnungen,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. Verfahrensgang, Sachverhalt

 

1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Attersee am Attersee vom 15. April 2015, Zl. 131-9-2014 se, wurde das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 31. Juli 2014 um Erteilung der Baubewilligung für das Bauvorhaben für ein Wohngebäude mit vier Wohnungen gemäß Bauplan Nr. x vom 31.07.2014 samt Planänderung vom 30.01.2015 (Plan Nr. x) auf dem Gst. Nr. x, KG A, abgewiesen (Spruchpunkt I) sowie dem (gesonderten) Antrag auf Bewilligung von geringfügigen Abweichungen zum Bebauungsplan vom 31. Juli 2014 nicht Folge geleistet (Spruchpunkt II).

 

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, das beantragte Vorhaben widerspreche den zwingenden Bestimmungen des Teilbebauungsplanes Nr. x „F“, da die Baufluchtlinien (20 bzw. 4 m) durch das geplante Vorhaben nicht eingehalten werden und dieses zudem zwei Vollgeschoße aufweise, jedoch gemäß Bebauungsplan lediglich ein Erdgeschoß mit ausgebautem Dachgeschoß zulässig sei. Die Baufluchtlinien würden beim ggst. Bauvorhaben erheblich überschritten, weshalb auch der Antrag auf Bewilligung von geringfügigen Abweichungen vom Bebauungsplan abzuweisen war.

 

2. In der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen rechtzeitigen Berufung (wohl irrtümlich datiert mit 24.12.2015) brachte dieser vor, dass die Bebauung dem Bebauungsplan entspreche. Die Baufluchtlinien seien nicht eindeutig ersichtlich, eine Kotierung von 4 bzw. 20 Meter auf anderen Grundstücken eingezeichnet und eine Bebauungslinie nicht vorhanden. Das Ansuchen vom 31. Juli 2014 auf Bewilligung gemäß § 36 Oö. BauO 1994 von geringfügigen Abweichungen vom Bebauungsplan die zwei Vollgeschoße betreffend sei mit „Einspruch“ vom 12. Februar 2015 von ihm zurückgezogen worden und folglich nicht mehr Gegenstand des Bauansuchens gewesen. Die am 27. Februar 2015 übergebenen Planänderungen (mit Datum vom 30. Jänner 2015) entsprechen der Vorgabe des Bebauungsplanes mit einem Vollgeschoß und einem ausgebauten Dachgeschoß laut „§ 2 Abs 7 Oö. BauO“.

 

3. Mit Bescheid vom 6. August 2015, Zl. 131-9-2014se, wurde der Berufung vom Gemeinderat der Gemeinde Attersee am Attersee (in der Folge kurz: belangte Behörde) keine Folge gegeben, sondern der Bescheid der Erstbehörde vollinhaltlich bestätigt. Die belangte Behörde führte diesbezüglich zusammengefasst aus, dass einerseits die im Teilbebauungsplan vorgegebene Fluchtlinie nicht eingehalten werde, da der Abstand des beantragten Vorhabens an der südostseitigen Siedlungsstraße statt 20,00 m nur 3,30 bis 7,20 m betrage sowie andererseits auch die Planänderung kein Dachgeschoß aufweise. Die Raumhöhe des Obergeschoßes würde bei einer Breite von 10,40 m eine Differenz in der Raumhöhe von lediglich 25 cm (bei Raumhöhen von 2,25m bis 2,50 m) aufweisen, was keinesfalls den Intentionen im rechtswirksamen Bebauungsplan entspreche, wo lediglich ein ausgebautes Dachgeschoß zulässig sei. Spruchteil II wurde von der belangten Behörde nicht mehr als Gegenstand der Berufung angesehen.

 

4. Dagegen richtet sich die vom Beschwerdeführer mit Eingabe vom 2. September 2015 erhobene Beschwerde. Wie bereits in der Berufung wird darin vorgebracht, dass die eingereichte Bebauung dem Bebauungsplan entspreche. Die Baufluchtlinien seien nicht eindeutig ersichtlich, eine Kotierung von 4 und 20 Metern auf anderen Grundstücken und eine Bebauungslinie nicht eingezeichnet. Die Interpretation des Bebauungsplanes aus 1953 vom Ortsplaner DI R A vom 24.2.2015 stelle dessen persönliche Meinung dar und könne somit nicht als eindeutige Rechtsgrundlage angesehen werden. Die am 27. Februar 2015 übergebene Planänderung (mit Datum vom 30.01.2015) entspreche den Vorgaben des Bebauungsplanes mit einem Vollgeschoß und einem ausgebauten Dachgeschoß.

 

5. In der Folge legte die belangte Behörde mit Schreiben vom 16. Juni 2015, beim Landesverwaltungsgericht eingelangt am 21. September 2015, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde samt bezughabendem Verwaltungsakt (inklusive dem maßgeblichen Bebauungsplan im Original) zur Entscheidung vor.

 

6. Aufgrund der Beschwerdegründe wurde der bautechnische Amtssachverständige mit Schreiben vom 26.1.2016 mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. In seinem mit Schreiben vom 22.3.2016 vorgelegten bautechnischen Gutachten kam er zu folgendem Ergebnis:

 

„Zu den im Auftragsschreiben formulierten Beweisfragen wird folgendes

 

Gutachten

erstellt:

 

Handelt es sich bei dem beantragten Bauvorhaben um ein Erdgeschoß mit ausgebautem Dachgeschoß im Sinne des Bebauungsplanes?

 

Dazu ist vorerst festzustellen, dass laut oben zitiertem Bebauungsplan für die Grundstücke Nr. x bis x festgelegt ist, dass jeweils ein Erdgeschoß mit ausgebautem Dachgeschoß zulässig ist. Das beantragte Bauvorhaben soll laut vorliegendem Einreichplan auf dem Grundstück Nr. x errichtet werden, welches im Bebauungsplan mit „x" bezeichnet ist.

 

Aus dem Einreichplan ist zu entnehmen, dass vom Planverfasser Architekt Dipl.-Ing. T A, F x, x N i M, welcher gleichzeitig auch Bauwerber ist, das Geschoß über dem Erdgeschoß als OBERGESCHOSS und nicht wie laut Bebauungsplan gefordert als ausgebautes Dachgeschoß bezeichnet wurde.

Weder aus dem Bebauungsplan noch aus der zum Zeitpunkt der Erstellung des Bebauungsplanes geltenden Oö. Bauordnung 1876 ist eine Begriffsbestimmung zum „ausgebauten Dachgeschoß" zu entnehmen.

Üblicherweise versteht man unter einem Dachgeschoß ein Geschoß, das nach obenhin zumindest in Teilbereichen unmittelbar durch geneigte Dächer (übliche Sattel- oder Walmdächer oder ähnliche) begrenzt wird.

Im gegenständlichen Fall wird das obere Geschoß durch eine nur flach geneigte Vollholzdecke (siehe in der Legende zu x Dach) nach oben abgeschlossen. Dieser Dachdecken-Abschluss ist bautechnisch als Flachdach zu beurteilen, was auch durch die umlaufende Attika bestätigt wird. Durch die Attikahöhe von 6,50 m über dem Erdgeschoßfußbodenniveau bzw. 3,54 m über dem Obergeschoßfußbodenniveau tritt das Gebäude optisch insgesamt als 2-geschoßig und das obere Geschoss - so wie im Plan bezeichnet - als Obergeschoß in Erscheinung. Auch in der Gestaltung der Räume im Obergeschoß ist auf Grund der fehlenden „Dachschrägen" (wie bei einem üblichen Satteldach) kein bautechnisches Merkmal für ein Dachgeschoß zu erkennen.

 

Ein Geschoß mit Flachdachabschluss und umlaufender Attika kann daher nicht als ausgebautes Dachgeschoß beurteilt werden. Dies wird auch durch die vom  Planverfasser selbst in der Einreichplanung richtigerweise gewählte Bezeichnung „OBERGESCHOSS" bestätigt. Es wird daher die im Bebauungsplan geforderte Festlegung der „Höhe der Bebauung" für das Grundstück „x" mit „Erdgeschoß mit ausgebautem Dachgeschoß" nicht eingehalten!

 

Welche Abstandsvorschriften ergeben sich aus dem Bebauungsplan für das beantragte Bauvorhaben?

Aus dem Bebauungsplan lässt sich aus bautechnischer Sicht eindeutig entnehmen, dass vom Bebauungsplanersteller die Lage der neu zu errichtenden Gebäude bewusst festgelegt und auch im Plan dargestellt wurde. So sind:

• die Häuser auf den Grundstücken Nr. x - x in Richtung der Grundgrenze zur Bundesstraße mit einem gleichen Abstand und einer durchgehenden Flucht mit einem Abstand von 28 m,

• die Häuser auf den Grundstücken Nr. x - x in Richtung der Grundgrenze entlang der Aufschließungsstraße mit einem gleichen Abstand und einer durchgehenden Flucht mit einem Abstand von 20 m,

• die Häuser auf den Grundstücken Nr. x - x in Richtung der Grundgrenze entlang der Bundesstraße mit unterschiedlichen Abständen und keiner durchgehenden Flucht dargestellt.

 

Aus den Darstellungen dieses Planes ergibt sich eindeutig, dass bei Situierung mehrerer Gebäude in einer Flucht nur einmal das Abstandsmaß angeführt ist, während bei bewusst abgestufter Situierung bei jedem Gebäude ein eigenes Abstandsmaß angeführt ist.

 

In diesem Sinne kann ich mich vollinhaltlich der Stellungnahme des Ortsplaners betreffend das Grundstück Nr. x anschließen.

Es ist aus bautechnischer Sicht eindeutig festzustellen, dass es offensichtlicher Planungswille war, dass das Gebäude Nr. x fluchtgleich mit den Nachbargebäuden Nr. x – x entlang der Aufschließungsstraße mit einem Abstand von 20 m zu situieren ist.

Die Situierung des gegenständlichen Wohngebäudes mit einem Abstand von 3,30 m zur Straße (gemessen aus dem Grundrissplan) widerspricht daher eindeutig den Festlegungen des Bebauungsplanes für das betroffene Grundstück.

 

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass das geplante Wohnhaus ohne maßgeblicher Änderung (insbesondere hinsichtlich Situierung und Gebäudeab­messungen) nicht mit den Festlegungen des Bebauungsplanes in Einklang zu bringen ist!

 

Dieses Gutachten wurde den Parteien mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung vom 31.3.2016 übermittelt.

 

7. Bei der am 25. April 2016 durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde das Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen erörtert. Der Bf führte dazu aus, dass sich die Gemeinde in den letzten Jahren bei anderen Bauvorhaben nicht an den Bebauungsplan gehalten habe, insbesondere die Interpretation hinsichtlich der Koten und der Beschreibungen sei eine andere gewesen. Er verweist dazu auf § 69 Wiener Bauordnung, welche bei der Auslegung von Bebauungsplänen einen Interpretationsspielraum zulasse, der es ermöglicht auf gesellschaftliche Änderungen zu reagieren. Außerdem erklärt der Bf, dass beim ersten Kontakt mit der Gemeinde, nicht von vornherein auf die Nichteinhaltung der Abstandsvorschriften hingewiesen worden sei, sondern Nachbesserungen des Projektes hinsichtlich naturschutzrechtlicher und wasserrechtlicher Belange gefordert worden seien. Hinsichtlich der Ausführung des oberen Geschoßes verweist der Bf auf die heute gültige Definition von „Dachgeschoß“ gemäß § 2 Abs. 7 Oö. Bautechnikgesetz 2013, welche er durch sein geplantes Projekt jedenfalls einhalten würde, weil aufgrund der Raumhöhe von 2,60 bis 2,25 Meter ein geneigtes Dach vorliege und der Innenraum nicht voll nutzbar sei.

 

 

II. Beweiswürdigung

 

1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt sowie durch Einholung einer aktuellen Abfrage aus dem digitalen oberösterreichischen Raum-Informations-System (DORIS) zum verfahrensgegenständlichen Grundstück und der Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.4.2016, bei welchem insbesondere das Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen vom 22.3.2016 erörtert wurde.

 

Der unter Punkt I. dargelegte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht vom nachstehenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Der Beschwerdeführer ersuchte mit Eingabe vom 31. Juli 2014 um Erteilung einer Baubewilligung bezüglich Errichtung eines Wohngebäudes mit insgesamt 4 Wohnungen und eines Nebengebäudes gemäß Genehmigungsplan x vom 31.07.2014, auf dem Grundstück Nr. x, KG A.

 

Das gegenständliche Baugrundstück ist im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde Attersee am Attersee als „Bauland – Wohngebiet“ ausgewiesen. Im rechtswirksamen Bebauungsplan „Erweiterung des Bebauungsplanes der Teilparzellierung – Grundbesitz H F – x“, aufsichtsbehördlich genehmigt per 21.04.1953, Bau2-74/3-1953, ist das verfahrensgegenständliche Grundstück mit der Nummer „x“ gekennzeichnet. Das Gebäude auf Grundstück Nr. x, nun GrstNr. x, ist fluchtgleich mit den Nachbargebäuden Nr. x bis x entlang der Aufschließungsstraße mit einem Abstand von 20 m zu situieren. Der Bebauungsplan erfuhr 3 Mal eine Abänderung (in den Jahren 1958, 1960, 1971), wobei keine dieser Änderungen explizit das verfahrensgegenständliche Grundstück betraf.

 

Das Bauvorhaben soll 3 Meter vom Straßenrand und mindestens 3,30 Meter von der Nachbargrundgrenze errichtet werden. Das Dach ist als Flachdach (Warmdach – Kieseindeckung) geplant. Auf den Plänen (x sowie dem Plan x vom 31.07.2014) weisen die Geschoße laut „Schnitt B, M=1:100“ jeweils eine gleiche Raumhöhe von 2,60 (gemessen von Estrichoberkante bis zur jeweiligen Deckenunterkannte“ auf bzw. ist aus „Schnitt A, M=1:100“ erkennbar, dass beide Geschosse an allen Stellen zumindest eine Höhe von 2,50 m aufweisen. Am Plan „1. Planwechsel“ vom 30.01.2015 (x), wurde der Schnitt B M=1:100, im Vergleich zu den ursprünglichen Plänen leicht dahingehend verändert, dass die Raumhöhe im oberen Geschoss vom auf der planlichen Darstellung rechten Gebäudeende hin zum linken Ende leicht ansteigt – gemäß der (händischen mit Bleistift vorgenommenen) Bemaßung von 2,25 auf 2,60 m. Auf dem Schnitt A sind – wie auch auf den übrigen Darstellungen – keine Änderungen zum ursprünglichen Plan x vom 31.07.2014 erkennbar.

 

 

III. Maßgebliche Rechtslage

 

1. Gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gem. Art. 131 Abs. 1 B-VG erkennen – soweit sich aus Art. 131 Abs. 2 und 3 B-VG nicht anderes ergibt – über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Verwaltungsgerichte der Länder. Wer durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann gemäß Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG gegen den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben. Gemäß Art. 132 Abs. 6 B-VG kann in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde beim Verwaltungsgericht erhoben werden. Gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Gem. § 12 VwGVG sind die Schriftsätze bis zur Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht bei der belangten Behörde einzubringen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

 

2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994, LGBl. Nr. 66, in der geltenden Fassung (in der Folge kurz: Oö. BauO 1994) lauten:

 

㤠24

Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

 

(1) Folgende Bauvorhaben bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:

1. der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden;[...]

 

§ 30

Vorprüfung

 

(1) Anträge gemäß § 28 sind von der Baubehörde auf ihre Übereinstimmung mit den Vorschriften dieses Landesgesetzes zu prüfen.

[...]

 

(6) Der Baubewilligungsantrag ist von der Baubehörde ohne Durchführung einer Bauverhandlung abzuweisen, wenn sich auf Grund der Prüfung durch die Baubehörde schon aus dem Antrag oder dem Bauplan ergibt, daß das Bauvorhaben

 

1. zwingenden Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans, eines Bebauungsplans, einer Erklärung zum Neuplanungsgebiet oder einer rechtskräftigen Bauplatzbewilligung widerspricht, oder

2. sonstigen zwingenden baurechtlichen Bestimmungen widerspricht und eine Baubewilligung daher ohne Änderung des Bauvorhabens offensichtlich nicht erteilt werden kann.

 

Vor der Abweisung des Baubewilligungsantrages ist das Parteiengehör zu wahren und, wenn eine Behebung des Mangels durch Änderung des Bauvorhabens möglich ist, dem Bauwerber unter Setzung einer angemessenen Frist Gelegenheit dazu zu geben. (Anm: LGBl. Nr. 70/1998) [...]“

 

Die im gegenständlichen Verfahren relevanten Bestimmungen des Landesgesetzes vom 6. Oktober 1993 über die Raumordnung im Land Oberösterreich (Oö. Raumordnungsgesetz 1994 - Oö. ROG 1994) in der maßgeblichen Fassung (LGBl. Nr. 114/1993 idF LGBl. Nr. 69/2015) lauten wie folgt:

 

㤠32

Inhalt des Bebauungsplanes

 

(1) Der Bebauungsplan hat auszuweisen und festzulegen:[...]

3. die Fluchtlinien (Abs. 3);

[...]

 

(3) An Fluchtlinien sind zu unterscheiden:

1. Straßenfluchtlinien, das sind die Grenzen zwischen öffentlichen Verkehrsflächen und anderen Grundstücken;

2. Baufluchtlinien, das sind die Grenzen, über die mit Gebäuden oder Gebäudeteilen bzw. Schutzdächern oder Teilen davon nicht vorgerückt werden darf, sofern das Oö. Bautechnikgesetz 2013 nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt;

3. Grenzlinien, das sind die Grenzen zwischen Gebieten verschiedener Widmungen.

[...]“

 

 

IV. Erwägungen

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat gemäß § 27 VwGVG durch seine gemäß § 2 VwGVG zuständige Einzelrichterin erwogen:

 

1. Zulässigkeit der Beschwerde

Im gegenständlichen Fall erhebt der Beschwerdeführer Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gegen den im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde Attersee am Attersee ergangenen, ihn als Bescheidadressaten bezeichnenden Berufungsbescheid des Gemeinderates der Gemeinde Attersee am Attersee und behauptet durch den angefochtenen Bescheid in subjektiven Rechten verletzt zu sein. Der Bescheid der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer am 2. September 2015 zugestellt. Die dagegen erhobene Beschwerde langte am 3. September beim Gemeindeamt Attersee am Attersee ein. Die Beschwerde war daher rechtzeitig und zulässig.

 

2. Begründetheit der Beschwerde – Widerspruch zum Bebauungsplan

 

2.1. Die gegenständliche bauliche Anlage soll entsprechend dem festgestellten Sachverhalt auf dem Grundstück Nr. x, KG A, errichtet werden. Dieses ist im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan unzweifelhaft als „Bauland“ (Wohngebiet) ausgewiesen. Zudem ist für die Bebaubarkeit des Grundstücks insb. der nach wie vor in Geltung stehende Bebauungsplan aus dem Jahr 1953 maßgeblich.

 

2.2. Die gesetzlichen Abstandsvorschriften sowie die davon bestehenden Ausnahmen sind gemäß ausdrücklicher Anordnung (§ 40 bzw. § 41 Abs. 1 bzw. Abs. 3 Oö. BauTG) nur insoweit maßgeblich, als der Bebauungsplan nicht (ausdrücklich) anderes vorschreibt. Im gegenständlichen Verfahren legt der Bebauungsplan die Abstandsvorschriften fest.

 

Aus den schlüssigen und nachvollziehbaren fachlichen Ausführungen des Amtssachverständigen geht eindeutig hervor, dass es offensichtlicher Planungswille war, dass die Häuser auf den Grundstücken Nr. x bis x (so die Nummerierung im Bebauungsplan) in Richtung der Grundgrenze entlang der Aufschließungsstraße mit einem gleichen Abstand und einer durchgehenden Flucht mit einem Abstand von 20 m errichtet werden sollen. Aus den Darstellungen des Bebauungsplanes ergibt sich eindeutig, dass bei Situierung mehrerer Gebäude in einer Flucht nur einmal ein Abstandsmaß angeführt ist, während bei bewusst abgestufter Situierung bei jedem Gebäude ein eigenes Abstandsmaß angeführt ist. Dies bedeutet aber nicht, dass für Grundstücke ohne Abstandsmaß keine Abstände eingehalten werden müssen. Der gegenständliche Bebauungsplan legt demnach für das Gebäude auf Grundstück Nr. x,
KG A (im Bebauungsplan mit der Nr. x versehen) unzweifelhaft fest, dass es entlang der Aufschließungsstraße mit einem Abstand von 20 m zu situieren ist, auch wenn auf dem gegenständlichen Grundstück im Bebauungsplan selbst kein Abstandsmaß angeführt ist. Aus dem vorgelegten Einreichplan ergibt sich aber vom geplanten Wohngebäude zur Aufschließungsstraße nur ein Abstand von 3,30 m.

 

Mit dem Hinweis des Bf darauf, dass sich die Gemeinde in den letzten Jahren bei anderen Bauprojekten nicht an den Bebauungsplan gehalten habe, zeigt er keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides auf. Entgegen seiner Ansicht lässt die Oö. Bauordnung keinen Interpretationsspielraum zur Auslegung des Bebauungsplanes offen. Andere Bauvorhaben, welche nach Ansicht des Bf dem Bebauungsplan widersprechen, sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens und kann sich der Bf daraus kein Recht ableiten.

 

Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass das geplante Bauvorhaben den im Bebauungsplan festgelegten Abstandsvorschriften widerspricht und auch keine Ausnahmeregelungen greifen.

 

Da der Beschwerde schon aus diesem Grund kein Erfolg beschieden ist, kann die Frage, ob es sich beim oberen Geschoß des beantragten Projektes um ein Dachgeschoß handelt oder nicht, dahingestellt bleiben.

 

2.3. Da eine Übereinstimmung mit dem Bebauungsplan nur aufgrund einer wesentlichen Änderung (insbesondere hinsichtlich der Situierung und Gebäudeabmessungen) des Bauvorhabens herbeigeführt werden könnte, war dem Bf in diesem Verfahren nicht die Möglichkeit einzuräumen, sein Bauvorhaben entsprechend zu ändern, um den Abweisungsgrund zu beseitigen.

 

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die zuvor angeführten Judikate). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

            Landesverwaltungsgericht Oberösterreich         

Dr. Elisabeth Wiesbauer

 

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VfGH vom 08. Juni 2017, Zl.: E 1464/2016-10