LVwG-650638/2/Bi

Linz, 30.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin        Mag. Karin Bissenberger über die Beschwerde des Herrn Ing. N R, vertreten durch RAe Dr. P L, vom 9. März 2016 gegen die mit Bescheid des Polizeidirektors von vom 17. Februar 2016, FE-153/2016, NSch:80/2016, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 21. April 2016, , FE-153/2016, NSch:80/2016, wegen Entziehung der Lenkberechtigung festgesetzte Entziehungsdauer, nach Vorlageantrag vom 9. Mai 2016 

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.

Gemäß § 28 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Entziehungsdauer auf sechs Monate, gerechnet ab 3. Februar 2016, herabgesetzt wird.   

 

 

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Bescheid wurde dem Beschwerdeführer (in Folge: Bf) ua gemäß §§ 7, 24 Abs.1 Z1 und Abs.3, 26 Abs.1, 2 und 5, 29 Abs.4, 30 Abs.1 und 2 FSG, die Lenkberechtigung für die Klassen A<=25kW, AM, A und B sowie eine allenfalls bestehende ausländische Nicht-EWR-Lenkberechtigung oder EWR-Lenkberechtigung für den Zeitraum von neun Monaten, gerechnet ab        3. Februar 2016, bis einschließlich 3. November 2016 bzw darüber hinaus bis zur Befolgung der begleitenden Maßnahmen entzogen.

Der ausdrücklich nur gegen die Entziehungsdauer gerichteten Beschwerde wurde mit der oben bezeichneten Beschwerde­vorentscheidung insofern teilweise Folge gegeben, als die Entziehungsdauer auf sieben Monate, gerechnet ab 3. Februar 2016 bis einschließlich 3. September 2016 bzw darüber hinaus bis zur Befolgung der begleitenden Maßnahmen, herabgesetzt wurde.   

2. Nach Vorlageantrag vom 9. Mai 2016  hat die belangte Behörde mit Schreiben vom 23. Mai 2016 die – rechtzeitig eingebrachte – Beschwerde und die – ebenso rechtzeitig eingebrachte – Beschwerdevorentscheidung unter Anschluss des Verfahrensaktes dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt, das darüber gemäß Art.131 B-VG zu entscheiden hat. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erübrigte sich gemäß § 24 VwGVG.

3. Der Bf beantragt ausdrücklich die Herabsetzung der Entziehungsdauer auf einen Zeitraum von sechs Monaten im Sinne des § 26 Abs.1 Z1 FSG und begründet dies damit, er habe keinen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht. Schon der besonders geschulte und routinierte Polizeibeamte habe in der Anzeige festgehalten, es habe nicht festgestellt werden können, ob überhaupt eine Beschädigung des Fahrzeuges des Gegners erfolgt sei. Er sei mit der Mitte des Hecks (Stoßstange) seines Fahrzeuges geringfügig gegen das Eck des gegnerischen Fahrzeuges gestoßen, wobei gerade die Mitte der Stoßstange der weichste Bereich sei. Dazu wurden Fotos vorgelegt. Nachdem weder vom Beamten noch von ihm und zum Unfallzeitpunkt auch vom Unfallgegner kein Schaden festgestellt werden habe können, stelle sich die Frage, ob ein nachträglich behaupteter Schaden von ihm verursacht worden sei. Ein Schaden sei nicht objektiviert, weshalb die belangte Behörde völlig zu Unrecht als „straferschwerend“ die Verursachung eines Sachschadens angenommen habe.  

Im Vorlageantrag wurden diese Überlegungen wiederholt und auf die Stellungnahme der Versicherungs-Sachverständigen hingewiesen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde, insbesondere in den von GI R F, PI Neue Heimat, ausgefüllten Unfallbericht samt den darin angezeichneten Kollisionsstellen beider Fahrzeuge, die vom Bf vorgelegten Fotos seines Pkw (x) einerseits sowie die vom Lenker des Pkw x, DI (FH) J B, vorgelegten Fotos und die Fotos von der G Versicherung sowie die Ausführungen des SV. 

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Laut Anzeige ereignete sich der Vorfall am 3. Februar 2016 um 14.45 Uhr am Kundenparkplatz der Fa. Billa in Linz, Neubauzeile 79, wobei der Bf mit seinem Pkw x, einem Mercedes x, beim Ausparken gegen den gegenüber abgestellten Pkw x des Zeugen DI B, einem VW Sharan, stieß. Als Berührungsstellen der beiden Fahrzeuge sind im Unfallbericht die Mitte der hinteren Stoßstange des Pkw x und der rechte Bereich – nicht die hintere Ecke – der hinteren Stoßstange des Pkw x angeführt. 

 

Auf den bei der Fa. V angefertigten Fotos ist am Pkw x des Zeugen B auf der Kante eine Delle und unterhalb ein annähernd senkrechter Kratzer erkennbar, alles andere sind Spiegelungen im Lack.

Nach den Aussagen der Zeugin P W, die sich zur Vorfallszeit zufällig am Parkplatz befunden hatte und deren Angaben mit denen von DI B inhaltlich weitgehend übereinstimmen, stieß der Bf beim Rückwärts-Ausparken gegen die Rückseite des Pkw B. Als dieser ihn ersuchte, etwas nach vorne zu fahren, um einen ev. Schaden begutachten zu können, fuhr der Bf ca 1 bis 1,5 m nach vorne und anschließend nochmals im Rückwärtsgang gegen den Pkw B. DI B suchte am nächsten Tag, dem 4. Februar 2016, die Fa V auf, wo die Fotos gemacht und ein Reparaturkosten-Voranschlag („Proforma-Rechnung“) erstellt wurde, der von den Berechnungen der RISK-AKTIV Versicherungsservice GmbH, die für die G den Schaden begutachtete, erheblich abwich.  

 

Am Pkw x hat GI F laut Unfallbericht eine leicht zerkratzte Stoßstange festgestellt – die vom Bf vorgelegten Fotos lassen darüber keine Aussagen zu; auffällig ist aber, dass der Pkw des Bf offensichtlich mit einem Rückfahrwarner ausgestattet ist.

Auf den Fotos des von der G herangezogenen Sachverständigen der RISK-AKTIV Versicherungsservice GmbH, G S, ist der senkrechte Kratzer ebenfalls erkennbar, wobei der SV jedoch ausführte, diese kantige Beschädigung könne nicht vom Fahrzeug des Versicherungsnehmers stammen.

 

Aus der Sicht des Landesverwaltungsgerichtes müsste, um diese kantige Beschädigung hervorrufen zu können, ein kantiges „Gegenstück“ am Pkw des Bf vorhanden sein. Die Stoßstange des Mercedes x ist aber im von GI F vermerkten Anstoßbereich glatt und scheint daher nicht geeignet, bei einem Anstoß einen derartigen senkrechten Kratzer zu bewirken. Damit kann nicht eindeutig gesagt werden, ob beim ggst Anstoß überhaupt ein Sachschaden entstanden ist, und es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Berührung zufällig im Bereich eines Vorschadens am Pkw x stattfand. Damit ist zugunsten des Bf nicht von einem Verkehrsunfall mit Sachschaden auszugehen.

Fest steht hingegen, dass sich der Bf beim Lenken des Pkw um 14.45 Uhr in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand, zumal er bei der Alkomat-Untersuchung seiner Atemluft einen Wert von jeweils 0,95 mg/l AAG erreichte.

  

Das Landesverwaltungsgericht hat in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.

Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG ua zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.

 

Der Bf wurde mit – in Rechtskraft erwachsenem – Straferkenntnis des Polizeidirektors von vom 17. Februar 2016, VStV/916300162433/2016, schuldig erkannt, am 3. Februar 2016 um 14.45 Uhr in 4030 Linz, Neubauzeile 79, Kundenparkplatz der Fa. Billa, das Fahrzeug mit dem Kennzeichen x in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, da der Alkoholgehalt der Atemluft 0,95 mg/l betrug.

 

Er hat daher eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG verwirklicht, für die im § 26 Abs.2 Z1 FSG eine Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten vorgesehen ist.

Gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG ist, wenn beim Lenken oder der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begangen wurde, die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen.

 

§ 26 FSG regelt die sogenannten Sonderfälle der Entziehung, in deren Zusammenhang der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, dass hier in Bezug auf die Mindestentziehungsdauer der Gesetzgeber die Wertung schon vorweg genommen hat und daher der Behörde diesbezüglich keine Wertungskompetenz mehr zukommt (VwGH 23.3.2004, 2004/11/0008 ua).

 

Da ein beim Anstoß entstandener Sachschaden nicht mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen war, ist nicht von einem Verkehrsunfall mit Sachschaden auszugehen, sodass die Festsetzung einer höheren als der Mindestentziehungs­dauer nicht gerechtfertigt war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs.4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungs­gerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Mag. Bissenberger