LVwG-411163/13/KLe/BZ

Linz, 17.05.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Karin Lederer über die Beschwerde und den Antrag auf Wiedereinsetzung des Herrn I B, geb. x, x, vertreten durch Dr. G S, Rechtsanwalt in x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 9. November 2015, GZ Pol96-273-2015, wegen einer Verwaltungs­übertretung nach dem Glücksspielgesetz den

 

B E S C H L U S S

gefasst:

I.         Gemäß § 31 iVm § 7 Abs. 4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als verspätet zurückgewiesen.

II.         Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird gemäß § 33 VwGVG abgewiesen.

 

III.   Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 9. November 2015, GZ Pol96-273-2015, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) eine Geldstrafe von 3.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 34 Stunden) wegen einer Übertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 erstes Tatbild iVm § 2 Abs. 2 und 4 GSpG, BGBl Nr. 620/1982 in der geltenden Fassung verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 300 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Die Finanzpolizei, Team 22 (Finanzamt Baden Mödling) hat am 27.05.2015 zu GZ 016/70022/17/2215 einen Strafantrag gegen Herrn I B, geb. x, als vertretungsbefugtes Organ der Fa. ‚BB A GmbH‘ mit Sitz in x, wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG gestellt.

Während einer Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz am 28.04.2015 durch die Organe der Abgabebehörde, Finanzamt Baden Mödling, als Organe der öffentlichen Aufsicht im Sinne des § 50 Abs. 2 GSpG, im Lokal mit der Bezeichnung ‚P‘ in x, Betreiber C A, wurden Glücksspielgeräte betriebsbereit und eingeschaltet dienstlich wahrgenommen und ein fortgesetzter Eingriff in das Glücksspielmonopol des Bundes durch Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen festgestellt. Es konnten Glücksspiele, wie etwa das elektronische Glücksrad mit der Bezeichnung ‚Fun-Wechsler‘ festgestellt werden, mit welchem selbstständig nachhaltig Einnahmen erzielt wurden, welche also von einem Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet wurden, für welche zur Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form des Einsatzes zu entrichten war, für welche vom Unternehmer vermögenswerte Leistungen in Verbindung mit dem Erreichen bestimmter Symbolkombinationen in Aussicht gestellt wurden und welche weder von einer Konzession oder Bewilligung nach dem GSpG umfasst, noch nach § 4 GSpG vom Glücksspielmonopol des Bundes ausgenommen waren.

Das Gerät wurden von den Kontrollorganen durch aufgeklebte Nummerierung gekennzeichnet und nach Durchführung von Testspielen zwecks Verhinderung eines weiteren Eingriffs in das Glücksspielmonopol vorläufig beschlagnahmt, versiegelt und vor Ort belassen.

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer, somit als das zur Vertretung nach Außen berufene Organ der Firma BB A GmbH, mit Sitz in x, gemäß § 9 VStG zu verantworten, dass im Lokal mit der Bezeichnung P‘ in x, Glücksspiele in Form von verbotenen Ausspielungen iSd. § 2 Abs. 4 GSpG, an denen vom Inland aus teilgenommen werden konnte, am 28.04.2015, um 13.40 Uhr, von der genannten Firma unter Verwendung von folgendem Glücksspielgerät

 

Nr. Gehäusebezeichnung Serien-Nr. Typen- Versiegelungs-

bezeichnung plaketten-Nr.

1 Fun keine vorhanden AA002115-AA002119

 

welches von den Kontrollorganen mit der Nummerierung 1 versehen wurde, veranstaltet wurden.“

I.2. Gegen dieses, am 11. November 2015 zugestellte, Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 7. Dezember 2015. Diese Beschwerde wurde am 11. Dezember 2015 per Fax bei der belangten Behörde eingebracht. 

 

I.3. Die belangte Behörde legte mit Schreiben vom 15. Dezember 2015 die Beschwerde dem Oö. Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

 

I.4. Aufgrund eines Verspätungsvorhalts hat der Bf einen an die belangte Behörde adressierten, jedoch auch dem LVwG Oö. übermittelten, Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, datiert mit 22.04.2016, eingebracht.

 

Der Wiedereinsetzungsantrag ist wie folgt begründet:

1. Dem Beschwerdeführer wurde das Straferkenntnis, GZ: Pol96-273-2015, am 11.11.2015 zugestellt. Die rechtsfreundliche Vertretung hat dagegen mit Fax vom 11.12.2015 Beschwerde erhoben. Die Beschwerde ist demnach nicht in der Rechtsmittel­frist und daher verspätet eingebracht worden.

 

2.     Das LVwG hat mit Schreiben vom 11.04.2016 mitgeteilt, dass die Beschwerde verspätet eingebracht worden ist. Der Rechtsvertreter hat erstmalig mit diesem Schreiben Kenntnis von der Verspätung des Rechtsmittels erlangt. Der Wiederein­setzungsantrag ist daher rechtzeitig.

 

3.     Die Kanzlei des Rechtsvertreters war am 11.11.2015 aufgrund von Krankheit der Sekretärin unterbesetzt. Der zuständige Mitarbeiter des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers für die Fristeintragung an diesem Tag war daher (ausnahmsweise) der Rechtsanwaltsanwärter Mag. R H. Dieser hat die Frist für die gegenständliche Beschwerde im Fristenkalender irrtümlicherweise am 16.12.2015 anstatt am 09.12.2015, also genau eine Woche später, eingetragen. Die Beschwerde ist am 11.12.2015 an die BH Linz-Land übermittelt worden.

 

4.     Für die Kontrolle der Fristeintragung und die Kontrolle der rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde in dieser Causa war ebenso der Vertreter des Rechtsvertreters, Rechtsanwaltsanwärter Mag. R H, zuständig. Bei diesem Rechtsanwaltsanwärter handelt es sich um einen äußerst verlässlichen, sorgfältigen und sonst zuverlässigen Mitarbeiter, der die Kanzleiabläufe stets einhält um keine Sorgfalts-, Organisations- und Kontrollpflichten zu verletzen. Er kalendiert Akten, bei welche eine gerichtliche Frist beachtet werden muss, sowohl in seinem Kalender als auch im Fristenkalender. Warum die Frist im gegenständlichen Fall um genau eine Woche später eingetragen war, kann nicht nachvollzogen werden. Die irrtümliche falsche Eintragung dieser Frist stellt einen einmaligen Fehler dar. Die berufsgebotenen Sorgfaltspflichten des Anwalts bei der Kontrolle der Terminevidenz und Fristevidenz werden stets eingehalten. Der Rechtsanwaltsanwärter Mag. R H ist auch objektiv geeignet und hat sich bis dato bestens bewährt und handelt es sich um ein einmaliges Versehen, das angesichts der bisherigen besonderen Verlässlichkeit und Bewährung nicht zu erwarten war und dem Rechtsvertreter nicht die Verletzung der von ihm zu erwartenden Sorgfalts-, Organisations- und Kontrollpflichten vorgeworfen werden muss. Das Verhalten des Rechtsanwaltsanwärters ist daher als minderer Grad des Versehens zu werten und berechtigt nach aktueller Judikatur zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

 

Beweis:         Einvernahme des Rechtsanwaltsanwärters Mag.R H,

Eidesstattliche Erklärung.

 

Der Beschwerdeführer stellt daher die

Anträge,

 

1.    der Bezirkshauptmann von Linz-Land als zuständige Behörde möge gem § 71 Abs 1 Z 1 AVG die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligen.

2.    der Bezirkshauptmann von Linz-Land als zuständige Behörde möge gem § 71 Abs 6 AVG die aufschiebende Wirkung zuerkennen.“

 

In der Folge wiederholte der Bf im Wesentlichen seine Beschwerde und den am 12. Februar 2016 eingebrachten Beweisantrag und schloss folgende unterfertigte eidesstaatliche Erklärung an:

 

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG

 

Ich, Mag. R H, erkläre an Eides statt, dass mir derartige Fehler, nämlich die falsche Eintragung einer Frist und somit das Übersehen einer Beschwerdefrist, noch nie unterlaufen ist.

 

In meiner Eigenschaft als Rechtsanwaltsanwärter führe ich unter anderem Korrespondenz und Fristenwahrung äußerst sorgfältig und gewissenhaft, was auch von Dr.G S stets überprüft wird.

 

Der im Wiedereinsetzungsantrag ausgeführte Sachverhalt ist korrekt und handelt es sich dabei um ein einmaliges Versehen.

 

Es ist mir bis dato kein derartiger Fehler unterlaufen, geschweige denn habe ich eine Frist übersehen. Es handelt sich um ein Versehen, was mir noch nie passiert ist und auch nicht mehr passieren wird.

 

Linz, am 22.04.2016 Mag. R H“

 

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den unter gleichzeitiger Vorlage der Beschwerde übermittelten Verfahrensakt, insbesondere die im Akt einliegende Dokumentation, in eine Stellungnahme des BMF vom September 2014 samt Glücksspielbericht 2010 - 2013 und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 3. Februar 2016. Zu dieser Verhandlung sind der rechtsfreundliche Vertreter des Bf sowie ein Vertreter des Finanzamtes Linz erschienen. Zeugenschaftlich wurden Herr C L und Herr M M von der Finanzpolizei einver­nommen.

 

II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oö. geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Das angefochtene Straferkenntnis wurde dem rechtsfreundlichen Vertreter des Bf am 11. November 2015 (durch persönliche Übernahme einer Bevollmächtigten für RSb-Briefe) zugestellt.

 

Die mit 7. Dezember 2015 datierte Beschwerde wurde am 11. Dezember 2015 per Fax bei der belangten Behörde eingebracht.

 

Mit Verspätungsvorhalt vom 12. Februar 2016 wurde dem Bf die offensichtliche Verspätung des Rechtsmittels vorgehalten und die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

 

Der rechtsfreundliche Vertreter des Bf hat einen Wiedereinsetzungsantrag, datiert mit 22. April 2016 eingebracht.

 

II.3. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorliegenden Akt und ist unstrittig.

 

 

III. Erwägungen des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich:

 

III.1. Gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG  beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde vier Wochen.

 

§ 33 VwGVG lautet:

(1) Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

 

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. [...]

 

(4) Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

 

III.2. Das Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Bf am 11. November 2015 zugestellt. Wie der Bf im Wiedereinsetzungsantrag selbst ausführt, wurde die dagegen erhobene Beschwerde verspätet eingebracht.

 

Die Beschwerde vom 7. Dezember 2015 war daher als verspätet zurückzuweisen.

 

III.3.1. Zu prüfen bleibt, ob der vorliegende Antrag vom 22. April 2016 die Wiedereinsetzung des Bf in den vorigen Stand bewirkt.

 

Vorweg ist hinsichtlich der Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages bei der belangten Behörde festzuhalten, dass gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG das Landesverwaltungsgericht zur Entscheidung zuständig ist. Eine Weiterleitung gemäß § 6 AVG durch die belangte Behörde an das LVwG konnte unterbleiben, da der rechtsfreundliche Vertreter den Antrag auf Wiedereinsetzung auch dem Landesverwaltungsgericht per E-Mail übermittelt hat.

 

III.3.2. Die Bestimmung des § 33 VwGVG ist in ihren wesentlichen Elementen der Regelung des § 71 AVG nachgebildet, weshalb die diesbezügliche umfassende höchstgerichtliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Anwendung findet.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG setzt die Bewilligung eines Wiedereinsetzungsantrags ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis voraus, wobei auf Verschuldensebene ein minderer Grad des Versehens der Partei die Bewilligung nicht hindert.

 

Der rechtsfreundliche Vertreter hat vorgebracht, dass am 11.11.2015 die Kanzlei aufgrund von Krankheit der Sekretärin unterbesetzt und der zuständige Mitarbeiter für die Fristeintragung daher (ausnahmsweise) der Rechtsanwalts­anwärter gewesen sei. Dieser habe die Frist irrtümlicherweise genau eine Woche später im Fristenkalender, also am 16.12.2015 (anstatt am 09.12.2015) eingetragen. Weiters wird vorgebracht, dass für die Kontrolle der Fristeintragung und die Kontrolle der rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde ebenso dieser Rechtsanwaltsanwärter zuständig gewesen sei.

 

III.3. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in einer Rechtsanwaltskanzlei der Anwalt selbst für die richtige Berechnung der jeweiligen Rechtsmittelfrist verantwortlich. Der Anwalt selbst hat die entsprechende Frist festzusetzen, ihre Vormerkung anzuordnen sowie die richtige Eintragung im Kalender im Rahmen der gebotenen Aufsichtspflicht zu überwachen (vgl. nur VwGH 24.09.2009, 2009/18/0282 mwN.). Tut er dies nicht oder unterläuft ihm hiebei ein Versehen, ohne dass er dartun kann, dass die Fristversäumung auf einem ausgesprochenen weisungswidrigen Verhalten des betreffenden Kanzleiangestellten beruht und in seiner Person keinerlei Verschulden vorliegt, so trifft ihn ein Verschulden an der Versäumung. Auch darf der Rechtsanwalt die Festsetzung von Fristen nicht völlig einer Kanzleikraft überlassen und sich nur auf stichprobenartige Kontrollen beschränken. Kommt der Rechtsanwalt hiebei seiner Aufsichts- und Kontrollpflicht nicht nach, so handelt es sich nicht um einen minderen Grad des Versehens (so VwGH 17.11.2009, 2009/11/0205; 24.09.2009, 2009/18/0282 jeweils mwN.).

 

Das Höchstgericht konstatierte weiters, dass der Anwalt die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten muss, dass auch die richtige Vormerkung von Terminen sichergestellt wird. Dabei hat er durch entsprechende Kontrollen unter anderem dafür vorzusorgen, dass Unzulänglichkeiten durch menschliches Versagen aller Voraussicht nach auszuschließen sind. Ein Anwalt verstößt danach auch dann gegen eine anwaltliche Sorgfaltspflicht, wenn er weder im Allgemeinen noch im Besonderen (wirksame) Kontrollsysteme vorgesehen hat, die im Fall des Versagens eines Mitarbeiters Fristversäumungen auszuschließen geeignet sind (vgl. wiederum VwGH 17.11.2009, 2009/11/0205). Das gilt grundsätzlich auch hinsichtlich der Tätigkeit des bei einem Rechtsanwalt beschäftigten Rechtsanwaltsanwärters, dessen Verwendung ja unter der Verantwortung dieses Rechtsanwaltes erfolgt. Mögen auch die Anforderungen an das Ausmaß der Kontrolle gegenüber einem Rechtsanwaltsanwärter, dessen Verlässlichkeit der Rechtsanwalt im Laufe seiner Tätigkeit festgestellt hat, wegen dessen juristischer Befähigung gegenüber einem sonstigen Kanzleibediensteten im Einzelfall geringer sein, so verstößt doch ein Rechtsanwalt gegen die anwaltliche Sorgfaltspflicht, wenn er im Vertrauen auf die Verlässlichkeit des Rechtsanwaltsanwärters keine wirksamen Kontrollsysteme vorgesehen hat (vgl. VwGH 05.06.1998, 97/19/1386).

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat weiters ausgesprochen, dass einem Rechtsanwalt eine regelmäßige Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft rein manipulative Tätigkeiten (wie Kuvertierung und Postaufgabe) auch tatsächlich ausführt, nicht zuzumuten ist, will man seine Sorgfaltspflichten nicht überspannen. Jedoch handelt es sich bei der Fristvormerkung in den für die Wahrnehmung der Frist ausschlaggebenden Kanzleikalender nicht um einen solchen rein manipulativen Vorgang (vgl. zB VwGH 17.11.2009, 2009/11/0205).

 

III.4. Verfahrensgegenständlich hat der Rechtsvertreter die Beschwerdefrist nicht selbst kalendermäßig bestimmt, sondern diese Bestimmung und die Eintragung in den Fristenkalender seinem Rechtsanwaltsanwärter überlassen. Im Rahmen der gebotenen Überwachungspflicht wäre es ihm jedenfalls oblegen, diesen Vorgang bzw. die richtige Eintragung in den Kalender zu kontrollieren. Dies umso mehr, da – wie der Rechtsvertreter selbst ausführt – an dem besagten Tag die Sekretärin, welche grundsätzlich die Fristeneintragung durchführt und diesen Vorgang der Rechtsanwaltsanwärter kontrolliert, wegen Krankheit abwesend war und somit der Rechtsanwaltsanwärter die Frist selbst bestimmte und in den Fristenkalender eintrug und somit die Kontrolle durch diesen Rechtsanwaltsanwärter, das sog. „4-Augen-Prinzip“ wegfiel. Ein (wirksames) Kontrollsystem hat der Rechtsvertreter nicht vorgesehen. Es liegt daher ein den Grad des minderen Versehens überschreitendes Organisationsverschulden des Rechtsvertreters vor, das ihm zuzurechnen ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.  

 

 

IV. Im Ergebnis war die Beschwerde als unzulässig – da verspätet – zurückzuweisen und der Wiedereinsetzungsantrag als unbegründet abzuweisen.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Karin Lederer