LVwG-250077/2/Sch/HK - 250078/2

Linz, 07.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Schön über die Beschwerde der Ehegatten M und W M, x, vom 27. April 2016 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 4. April 2016, GZ. BHEFBI-2016-49779/8-BR, wegen Abweisung des Antrages auf sprengelfremden Schulbesuch des Kindes L M M in der Neuen Mittelschule W

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.

1. Mit Bescheid vom 4. April 2016, BHEFBI-2016-49779/8-BR, hat die Bezirkshauptmannschaft Eferding den Antrag der Frau M M, x, vom 4. Februar 2016 auf Bewilligung des sprengelfremden Schulbesuches ihrer Tochter L M M, geb. x, in der Neuen Mittelschule W gemäß § 47 Abs.5 Z2 Oö. Pflichtschulorganisationsgesetz 1992 (Oö. POG 1992), LGBl.Nr. 35/1992, i.d.g.F., abgewiesen.

Die Entscheidung durch die Behörde war gemäß § 47 Abs.1 Oö. POG 1992 geboten, da es zu keiner Einigung zwischen den beteiligten Gemeinden, nämlich der Stadtgemeinde E und der Marktgemeinde W, gekommen war. Die schulerhaltende Gemeinde der sprengelfremden Neuen Mittelschule stimmte dem Antrag zu, nicht jedoch die sprengelmäßig zuständige Stadtgemeinde E.

 

2. Gegen diesen Bescheid haben die Ehegatten M und W M rechtzeitig Beschwerde erhoben. Diese wurde von der belangten Behörde samt Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs.4 VwGVG abgesehen werden, zumal schon der Verfahrensakt erkennen lässt, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt; einem Entfall der Verhandlung stehen die in der obgenannten Bestimmung angeführten Rechtsvorschriften nicht entgegen.

 

3. Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid mit der Sach- und Rechtslage auseinandergesetzt. Dabei verweist sie einleitend auf dem Umstand, dass zwingende Versagungsgründe im Sinne des § 47 Abs.4 Oö. POG 1992 nicht vorliegen.

Sie stützt ihre Entscheidung demgegenüber auf § 47 Abs.5 Z2 Oö. POG 1992. Diesbezüglich finden sich im Bescheid folgende Ausführungen:

Die Bewilligung kann versagt werden, wenn

1. in der um die Aufnahme ersuchten sprengelfremden Schule eine Klasseneinteilung eintreten würde oder

2. die mit dem sprengelfremden Schulbesuch für den Schulpflichtigen verbundenen Vorteile die bei der Sprengelfestsetzung zu berücksichtigten Interessen nicht überwiegen.

Seitens der Antragstellerin wurde das Ansuchen im Wesentlichen damit begründet, dass die Firmpatin ihrer Tochter die Nachmittagsbetreuung übernehmen könnte.

Dieser Argumentation ist entgegenzuhalten, da die zuständige Sprengelschule E-Nord seit Jahren schulische Nachmittagsbetreuung anbietet, die von den Eltern auch gerne in Anspruch genommen wird.

Neben der Ermittlung allfälliger Vorteile für den Schulpflichtigen sind auch die bei der Sprengelfestsetzung zu berücksichtigenden Interessen zu erheben und zu bewerten. Bezüglich Schulsprengel regelt § 39 Abs. 1 Oö. POG 1992, dass für jede öffentliche Pflichtschule ein Schulsprengel zu bestehen hat. Der Schulsprengel ist anlässlich der Errichtung der Schule nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen festzusetzen (Einschulung).

§ 42 Abs. 1 OÖ. POG 1992 sieht vor, dass der Schulsprengel einer Neuen Mittelschule das Gebiet umfasst, in dem die von der Neuen Mittelschule in Betracht kommenden Kinder, denen der Schulweg zumutbar ist, wohnen.

Somit knüpft das Gesetz im Hinblick auf die Vorschriften zum Sprengel einer Neuen Mittelschule an das Territorialitätsprinzip. Wohnt ein Schulkind im entsprechenden Schulsprengel, dann hat es die vorgesehene Sprengelschule zu besuchen und ist gemäß § 42 Abs. 2 Oö. POG 1992 dort auch aufzunehmen. Bei der Festsetzung des Volksschulsprengels hat die Behörde zu bedenken, dass der Schulweg für die dort wohnenden Schüler auch zumutbar ist. Hat die Behörde unter Bedachtnahme auf diese Grundsätze einen Schulsprengel festgesetzt, dann ist der Schulbesuch in diesem Sprengel der Regelfall und der sprengelfremde Schulbesuch die Ausnahme. Ansonsten hätte ein Schulsprengel ja nur mehr unverbindliche Bedeutung und würde letztendlich der Bestand der Schule selbst bei entsprechendem Schülermangel durch Abgang in sprengelfremden Schulen gefährdet sein.

Auf die Entscheidung des OÖ. Landesverwaltungsgerichtes vom 17. Juni 2014, LVwG-250008/6Sch/KR/TK darf verwiesen werden.“

 

4. Seitens des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich ergeben sich in Anbetracht der Sachverhalts- und Rechtslage folgende Erwägungen:

Eingangs ist festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin M M in ihrem ursprünglichen Ansuchen an die Marktgemeinde W vom 21. Dezember 2015 ihr Anliegen so begründet, dass ihre Firmpatin in W wohne, wo ihre Tochter auch bleiben könnte. Die Mutter ihrer Schulfreundin würde die Nachmittagsbetreuung übernehmen, wenn die Beschwerdeführerin in der Arbeit sei. Im Ansuchen an die belangte Behörde vom 4. Februar 2016 finden sich keine hierüber hinausgehenden Ausführungen. Im vorgelegten Verfahrensakt liegt noch der Schriftverkehr zwischen Herrn W M und dem zuständigen Referenten im Büro des  Landesschulratspräsidenten ein. Der Landesschulrat Oberösterreich – Bildungsregion E hat in Wahrnehmung seines gesetzlichen Anhörungsrechts laut Stellungnahme vom 16. März 2016 im Übrigen dem Umschulungsantrag nicht zugestimmt. Verwiesen wird hier darauf, dass die zuständige Sprengelschule E-Nord seit Jahren schulische Nachmittagsbetreuung anbiete, die von den Eltern auch gerne in Anspruch genommen werde. Daher könne einem sprengelfremden Schulbesuch nicht zugestimmt werden.

 

5. In der Beschwerdeschrift finden sich erstmals weitergehende Ausführungen zur Begründung des Antrages auf sprengelfremden Schulbesuch. Explizit werden 9 Punkte aufgelistet, die nach Ansicht der Beschwerdeführer für die Bewilligung des sprengelfremden Schulbesuches sprechen würden.

 

Dazu ist vorweg Folgendes zu bemerken:

§ 47 Abs.5 Z2 Oö. POG 1992 sieht vor, dass die Bewilligung versagt werden kann, wenn die mit dem sprengelfremden Schulbesuch für einen Schulpflichtigen verbundene Vorteile die bei der Schulsprengelfestsetzung zu berücksichtigen Interessen nicht überwiegen.

Hervorzuheben ist somit, dass das Gesetz ausdrücklich auf die Vorteile für den Schulpflichtigen abstellt, nicht aber auf solche, die etwa für die Eltern damit verbunden sein könnten. So gesehen sind immer wieder ins Treffen geführte Argumente, wie etwa ein allfälliger nachmittäglicher Aufenthalt bei Verwandten oder Bekannten des Schulkindes, die Ersparnis für Kosten einer Nachmittagsbetreuung und Ähnliches, zwar auf den ersten Blick durchaus verständliche Vorbringen, allerdings nicht ausreichend, um auch in rechtlicher Hinsicht die Bewilligung eines sprengelfremden Schulbesuches nachvollziehbar begründbar zu machen.

Dies gilt auch für die von den Antragstellern behauptete Unzulänglichkeiten beim schulischen Ablauf in der Sprengelschule. Abgesehen davon, dass solche Vorbringen oftmals sehr subjektiv eingefärbt sind, muss schon davon ausgegangen werden, dass grundsätzlich der Schulbetrieb in allen Schulen eines bestimmten Schultyps weitgehend gleichmäßig abläuft.

 

Im Einzelnen soll zu den in der Beschwerdeschrift angeführten Punkten Folgendes bemerkt werden:

Wie immer ein Handy- bzw. Computerbenutzungsverbot in einer jeweiligen Schule konkret gehandhabt wird, mag dahingestellt bleiben. Ohne diesbezügliche Regelungen wird wohl in keiner Schule ein Unterrichtsbetrieb möglich sein. Daher werden Beschränkungen auch in jeder Schule geboten sein.

In Hinblick auf die Frage, wie gesund ein Kind in der jeweiligen Schule ernährt wird, muss davon ausgegangen werden, dass auch hier ein entsprechender Standard geboten wird. Dass das Aufwärmen von Speisen per se schon gesundheitsschädlich wäre, auch wenn dies im Mikrowellenherd erfolgt, kann nach der allgemeinen Lebenserfahrung wohl nicht angenommen werden.

Eine gewisse Wartezeit auf den Schulbus nach Unterrichtsende wird sich da und dort wohl nicht vermeiden lassen. Gravierende Unzulänglichkeiten müssten von der Schulleitung zu beseitigen sein.

Der Aufenthalt im Rahmen der Nachmittagsbetreuung in der Schule stellt auch keinen unzumutbaren Umstand für einen Schulpflichtigen dar. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass die Schulpflichtige im vorliegenden Fall hier wesentlich weniger umsorgt wäre als etwa bei einem Aufenthalt bei einer verwandten Person.

Eine schulische Nachmittagsbetreuung besteht bekanntermaßen nicht nur im bloßen Aufenthalt unter Aufsicht, sondern kann auch, und das an jeder Schule, zum Bewältigen der Hausaufgaben und zur Vorbereitung in einzelnen Unterrichtsfächern genutzt werden.

Ob es, wie von den Beschwerdeführern behauptet wird, im „E Schulhof sehr ungesittet“ zugeht, kann als persönliche Einschätzung der Beschwerdeführer seitens des Verwaltungsgerichts nicht beurteilt werden, allerdings besteht kein Grund zur Annahme, dass das Schulpersonal nicht in der Lage wäre, allfällige Missstände im Einzelfall, die wohl an jeder Schule vorkommen können, auch sofort wieder abzustellen.

Viele Schulpflichtige, so offenkundig auch die Tochter der Beschwerdeführer, nutzen die Möglichkeit, an der Schule ihrer Wahl vorweg zu „schnuppern“. Dass das ein höchst sinnvoller Vorgang ist, kann nicht bezweifelt werden. Geht es doch darum, dem Schulpflichtigen einen ersten Eindruck zu vermitteln, der sein Vorhaben des Besuches dieser Schule untermauern kann oder das Gegenteil bewirkt. Ob ein Schüler dann auch tatsächlich an dieser Schule landet, ist natürlich eine ganz andere Frage und hängt auch von rechtlichen Faktoren ab. Deshalb solche Tage der offenen Tür gleich generell infrage zu stellen, wie dies die Beschwerdeführer offenkundig tun, ist weder sinnvoll noch angemessen.

Auch der Verweis auf musikalische oder sportliche Aktivitäten der Schülerin stellt kein hinreichendes Argument für einen sprengelfremden Schulbesuch dar. Für entsprechendes Bewegungsangebot ist in den Lehrplänen jeder Neuen Mittelschule vorgesorgt, auch im Rahmen der Nachmittagsbetreuung bestehen solche Möglichkeiten.

Die Aktivitäten in einem bestimmten Sportverein oder das Erlernen eines Musikinstrumentes sind im Übrigen dem Freizeitbereich zuzuordnen und haben mit dem Schulbesuch an sich nichts zu tun.

Die Beschwerdeführer werfen schließlich auch die Frage der Auflassung von Schulsprengeln generell auf.

Dazu soll Folgendes festgehalten werden:

Wenn sich die Beschwerdeführer die Frage stellen, warum jetzt noch „so extrem auf den Schulsprengeln beharrt“ werde, wo diese doch im Jahr 2017 aufgehoben werden sollen, so ist dies prima facie durchaus nachvollziehbar.

Im September 2015 hatte es in den Medien seitens der damals zuständig gewesenen Bildungslandesrätin noch geheißen, dass die Vorarbeiten zur Abschaffung der Schulsprengel für Neue Mittelschulen erledigt seien. Spätestens 2016 sollte ein jeder 10- bis 14-Jährige, respektive dessen Eltern, frei entscheiden können, welche der 224 Neuen Mittelschulen im Land er besuchen will. Laut Aussage der Landesrätin stellen mehr als 5.000 Familien Jahr für Jahr den Antrag auf einen Schulbesuch außerhalb des vorgesehenen Sprengels mit nachfolgend entsprechendem bürokratischem Aufwand.

Inzwischen ist diese Referentin nicht mehr im Amt und hören sich nun die Ankündigungen etwas anders an. Demnach sollen die Schulsprengel für Neue Mittelschulen erst mit dem Schuljahr 2017/2018 abgeschafft werden. Damit ist letztlich nur gewiss, dass die Schulsprengel bis dato nicht abgeschafft wurden und eine weitere Ankündigung eines Abschaffungstermines vorliegt. Bloße Ankündigungen von Gesetzesänderungen, mit oder ohne Verschiebung des Termines, stellen naturgemäß noch keine Gesetzesänderungen selbst dar. Sowohl die beteiligten Behörden als auch die Verwaltungsgerichte trifft damit die Verpflichtung zur Vollziehung der bestehenden Rechtslage, unabhängig davon, ob es seitens der Vertreter der Schulpolitik Änderungsankündigungen gibt oder nicht.

 

6. Abschließend soll noch an dieser Stelle, um nicht alle Facetten im Zusammenhang mit den Argumenten für einen sprengelfremden Schulbesuch hier wiederum auszubreiten, auf die einschlägige Judikatur des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich verwiesen werden. Es finden sich demnach Entscheidungen zu Kinderbekanntschaften aus der Kindergarten- bzw. Volksschulzeit (LVwG-250047 vom 7. September 2015), zu durch fachliche Aussagen gestützte besondere psychische Belastungen eines Schulpflichtigen (LVwG-250044 vom 9. September 2015), zum Sinn und Zweck von Schulsprengeln (LVwG-250053 vom 13. Juli 2015) und auch zu weiteren, in entsprechenden Ansuchen immer wieder zu findenden Begründungen.

 

In Ergebnis kann im vorliegenden Fall jedenfalls der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie bei der von ihr aufgrund der gesetzlich vorgegebenen Interessensabwägung zu dem Ergebnis gekommen ist, dass der vorliegende Antrag einer Bewilligung nicht zugeführt werden konnte.

 

Zu II.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  S c h ö n