LVwG-750307/2/MB/CH

Linz, 10.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Markus Brandstetter über die Beschwerde der A A, geb. x, vertreten durch RA Mag. Dr. H B, x gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz Land vom 8. Oktober 2015, GZ.  Pol18-1792, betreffend Abweisung des Antrags auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz Land (in der Folge: belangte Behörde) vom 8. Oktober 2016, GZ: Pol18-1792, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ gemäß § 47 Abs. 3 iVm § 11 Abs. 1 Z 4 und § 30 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz – NAG abgewiesen.

 

Begründend führt die belangte Behörde wie folgt aus:

 

Frau A A stellte am 10.07.2014 persönlich bei der österreichischen Botschaft in Skopje zu GZ. SKP.786/1-2014 einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Familienangehöriger" zum Zwecke der Familienzusammenführung mit den Adoptiveltern A B, geb. x, und A R, geb. x, beide Staatsbürger von Österreich, whft. in x. Der Antrag wurde der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als örtliche zuständige Behörde im Inland zur weiteren Bearbeitung übermittelt

Mit Eingabe der rechtsfreundlichen Vertretung vom 30.12.2014 wurde der Antrag dahingehend abgeändert als nunmehr - aufgrund der Volljährigkeit der Antragstellerin - die Ausstellung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" beantragt wurde.

Dem Antrag wurde u. a. eine beglaubigte Übersetzung des Urteils des Gemeindegerichtes Prizren -Zweigstelle D, vom 16.08.2013, GZ. CN.nr. 16/2013 beigeschlossen, mit dem den Anträgen der Adoptiveltern A B und R bzw. der leiblichen Eltern A D und S auf Adoption der beiden (zum Zeitpunkt der Entscheidung, Anm.) minderjährigen A D und A stattgegeben wurde. Diese Entscheidung wurde am 27.12.2013 dahingehend vom genannten Gericht ergänzt dass A R als alleinige Adoptierende festgehalten wurde.

Am 03.06.2015 erstattete die Polizeiinspektion Traun an die Staatsanwaltschaft Linz zu GZ. B6/5436/2015 Anzeige gegen die beiden Adoptiveltern A B und R wegen des Verdachts des Vorliegens einer Aufenthaltsadoption ohne Bereicherung (§ 118 Abs 1 FPG).

im Zuge der Beschuldigteneinvernahme am 09.05.2015 gab Hr. A B Folgendes zu Protokoll: „Vor einigen Jahren waren wir im Urlaub im Kosovo, so wie jedes Jahr, und haben dort meinen Bruder besucht. Wir haben mitbekommen, dass es den Kindern meines Bruders nicht gut geht im Kosovo, weil es dort keine ordentliche Ausbildung für sie gibt. Meine Frau hatte die Idee, die beiden Kinder A(18 J. StA Kosovo) und D(17 J. StA Kosovo) zu adoptieren und ihnen ein besseres Leben in Österreich zu ermöglichen. Wir wollen den Beiden eine bessere Ausbildung bieten und ihnen dadurch eine bessere Zukunft ermöglichen. Mein Bruder und seine Frau sind arbeitslos und können sich eine Ausbildung der Kinder im Kosovo nicht leisten, deshalb waren mein Bruder und seine Frau auch einverstanden mit der Adoption. Meine Frau hat die beiden Kinder A und D vor ca. einem Jahr adoptiert. A und D waren noch nie in Österreich, haben aber schon Deutschkurse absolviert und haben auch regelmäßig Kontakt mit unseren leiblichen Kindern über Facebook, Whatsapp und andere Medien."

 

Im Zuge der Beschuldigteneinvernahme am 09.05.2015 gab Fr. A R Folgendes zu Protokoll: „Die ganze Idee zur Adoption kam mir schon vor einigen Jahren, da ich immer gesehen habe, dass es den Kindern A (18J, StA Kosovo) und D (17J, StA Kosovo) nicht gut geht. Die Ausbildung im Kosovo sehr teuer und wird in anderen Ländern nicht anerkannt. Da ich selbst drei leibliche Kinder habe, konnte ich A und D nicht früher adoptieren und ihnen die Chance geben eine gute Ausbildung zu bekommen. Aber da meine Kinder nun alle groß sind und eine Arbeit haben, habe ich mir gesagt, dass ich den Beiden helfen möchte und habe sie vor 2 Jahren im Kosovo adoptiert.  ich möchte den Beiden ein besseres Leben und eine richtige Ausbildung ermöglichen. Ihre leiblichen Eltern sind beide arbeitslos und können sich keine richtige Ausbildung für die Kinder leisten, deshalb sind deren Eltern auch einverstanden gewesen mit der Adoption. A und D wohnen/leben derzeit noch im Kosovo und waren auch noch nie in Österreich, mittlerweile haben sie schon einige Deutschkurse absolviert, damit sie sich in Österreich verständigen können."

 

Mit Schreiben vom 03.08.2015 wurde die Antragstellerin davon in Kenntnis gesetzt, dass beabsichtigt sei, den Antrag wegen des Vorliegens eines Aufenthaltsadoption iSd § 30 Abs 2 NAG abzuweisen.

 

Mit Eingabe über die rechtsfreundliche Vertretung vom 28.08.2015 wurde dazu wie folgt Stellung genommen (auszugsweise):

[...] Im Übrigen darf angeführt werden, dass nach §118 Abs. 1 FPG eine Auslandsaufenthaltsadoption erst dann erfüllt ist, wenn es sich bei dem Fremden um eine „eigenberechtigte" Person handelt. Nach Entscheidung des OGH zu RSO048843 ist mit eigenberechtigt die volle Geschäftsfähigkeit gemeint und liegt bereits daher keine Aufenthaltsadoption vor, als meine Mandanten zum Zeitpunkt der Antragstellung noch minderjährig und daher nicht eigenberechtigt waren. Aus diesem Grund ist die Aufenthaltsadoption nicht gegeben und liegt daher auch kein Versagungsgrund für die Erteilung der Aufenthaltstitel vor.

Eine Aufenthaltsadoption liegt aber auch aus dem Grund nicht vor, als zwischen meinen Mandanten und den Adoptiveltern B A und R A, eine elterliche Beziehung besteht. Diesbezüglich darf ich Sie auf zahlreiche Bilder aufmerksam machen, in denen die familiäre Bindung zwischen den Adoptiveltern und Adoptivkindern eindeutig nachgewiesen werden kann. Jene Bilder reichen bis beinahe 10 Jahre zurück. Zudem waren die Adoptiveltern auch bei wichtigen Ereignissen für die Kinder, beispielsweise auch bei deren Geburtszeremonien anwesend. Die Kinder der Adoptiveltern und die Adoptivkinder haben ein ausgezeichnetes Geschwisterverhältnis und geht dies auch aus den Bildmaterialien hervor. Die Kinder wurden auf den Bildern entsprechend bezeichnet. Die Kinder der Adoptiveltern heißen S und B. Weiters übermittle ich Ihnen die Reisepässe der Adoptiveltern, die von 2003 bis 2013 gültig waren. Aus den Stempeln sind die zahlreichen Kosovobesuche eindeutig ersichtlich. Weiters übermittle ich Ihnen eine Bestätigung von T-Mobile, aus der hervorgeht, dass die Adoptiveltern in ständigem Kontakt mit den im Kosovo lebenden Adoptivkindern sind. Die Adoptivkinder wurden auch immer wieder finanziell unterstützt und wurden so beispielsweise Geldübermittlungen mit dem Bus vorgenommen, als auch bei dem Zusammentreffen im Kosovo Geld zur finanziellen Unterstützung übergeben."

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, den dem Antrag beigeschlossenen bzw. nachgereichten Unterlagen und insbes. aus den Einvernahmen der Adoptiveltern; An den Aussagen der Adoptiveltern im Rahmen der Beschuldigteneinvernahmen bestehen seitens der Behörde keine Zweifel.

 

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 47 Abs 3 NAG kann Angehörigen von Zusammenführenden auf Antrag eine „Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

1.    Verwandte des Zusammenführenden, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen tatsächlich Unterhalt geleistet wird,

2.    Lebenspartner sind, die das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweisen und ihnen tatsächlich Unterhalt geleistet wird oder

3.    sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind,

a)           die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben,

b)           die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben oder

c)           bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.

 

Die Voraussetzungen des 1. Teils umfassen auch die allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des §11 NAG.

Gemäß § 11. Abs 1 Z 4 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt.

Gemäß § 30 Abs 2 NAG dürfen an Kindes statt angenommene Fremde sich bei der Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen, wenn die Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war.

Für die von der Behörde vorzunehmende Beurteilung, ob eine Aufenthaltsadoption iSd § 30 Abs. 2 NAG 2005 gegeben ist, kommt es auf die von ihr - alleine unter dem Blickwinkel des österreichischen Fremdenrechts - zu prüfenden, der Adoption zugrundeliegenden Motive an. (VwGH v. 19.05.2011, GZ. 2008/21/0537) Ob ein (gerichtlich) strafbares Handeln der Adoptiveltern nach § 118 FPG vorliegt ist dabei unerheblich.

Diese haben im Zuge ihrer Befragung durch die Polizei beide zu Protokoll gegeben, der Grund der Adoption sei es gewesen, der Antragstellerin und Ihrem Bruder ein „besseres Leben" in Österreich u. a. durch eine Ausbildung zu ermöglichen. Die leiblichen Eltern seien dazu finanziell nicht in der Lage (gewesen) bzw. gäbe es im Kosovo keine Ausbildungsmöglichkeiten. Die genannten – ausschließlich wirtschaftlichen – Motive bEgen die Erlangung eines Aufenthaltstitels für die Antragstellerin.

Das Vorliegen einer „elterliche Beziehung", wie im Rahmen der Stellungnahme vorgebracht wurde, kann von der Behörde nicht erkannt werden: Abgesehen von gemeinsamen Urlauben bzw. sonstigen familiären Treffen und einem regelmäßigen telefonischen Kontakt konnten über das bei nahen Verwandten üblicherweise bestehende Verhältnis hinausgehende Beziehungen nicht festgestellt werden, zumal die Antragstellerin noch über beide leibliche Eltern im Herkunftsland verfügt und tatsächlich mit diesen ein gemeinsames Familienleben führt.

 

Zusammenfassend kommt die Behörde daher zu dem Ergebnis, dass der vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt die Erlangung eines Aufenthaltstitels war, sohin eine Aufenthaltsadoption im Sinne der genannten Bestimmung vorliegt.

Dass die Antragstellerin von den Adoptiveltern finanziell unterstützt wird, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, handelt es sich dabei ohnehin um eine spezielle Erteilungsvoraussetzung des § 47 NAG. Gleiches gilt für den Einwand, die Adoption sei „ordnungsgemäß" erfolgt; Dass die Adoption unrechtmäßig erfolgt sei, konnte von der Behörde nicht festgestellt werden.

 

Aus § 30 Abs 1 NAG 2005 und § 11 Abs 1 Z 4 NAG 2005 ergibt sich, dass ein Aufenthaltstitel bei Vorliegen einer Aufenthaltsehe iSd § 30 Abs. 1 NAG 2005 zwingend nicht zu erteilen ist. Bei § 11 Abs. 1 Z 4 NAG 2005 handelt es sich um einen absoluten Versagungsgrund (vgl. VwGH vom 3. Juli 2007, GZ. 2007/18/0270).

 

Daher war der Antrag abzuweisen.“

2. Dagegen erhob die Bf mit Schreiben vom 5.11.2015 Beschwerde, in welcher sie die Anträge stellte,

„das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge a. eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen und durchführen; sowie b. die hier angefochtenen Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Linz Land vom 8.10.2015, Pol18-1792, Pol18-1793, dahingehend abändern, dass die Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung-Angehöriger" positiv erledigt und die beantragten Aufenthaltstitel erteilt werden; oder c. die Bescheide der belangten Behörde aufheben und dieser die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftragen.“

 

Begründet führte sie aus:

„Zunächst dürfen wir anführen, dass zwischen unseren Adoptiveltern und uns eine elterliche Beziehung vorliegt und aufgrund der langen Aufenthalte im Kosovo, was auch aus den Stempeln ersichtlich ist, sehr wohl auch die Führung eines gemeinsamen Familienlebens im Sinne eines Zusammenlebens ersichtlich ist. Es liegt sohin ein über das bei nahen Verwandten üblicher Weise bestehendes Verhältnis hinausgehende Beziehung zu unseren Adoptiveltern, als die auch regelmäßig mit uns gemeinsam im Haushalt im Kosovo wohnen, vor. So wohnt auch unser Adoptivvater vom 22.11.2015 bis zum 11.1.2015 wieder bei uns. Es kann sohin nicht damit argumentiert werden, dass die Erlangung eines Aufenthaltstitels der ausschließliche Grund für die Annahme an Kindes statt gewesen wäre. Bereits aus den Bildern ist ersichtlich, dass sich die innige Beziehung auf Jahre hin zurück bezieht bzw. schon seit unserer Geburt besteht. Zudem liegt eine ausgezeichnete geschwisterliche Beziehung zu unserem Bruder bzw. unseren Schwestern in Österreich vor, welche ihrem Gericht auch als Zeugen zur Verfügung stehen würden:

A S, geb. x A B, geb. x A E, geb. x

Unsere Schwester kommt uns vom 22.11.2015 bis 1.12.2015 besuchen und wird wie gewöhnlich wieder bei uns wohnen. Der Umstand, dass uns unsere Adoptiveltern erst später adoptiert haben, lässt sich schließlich damit begründen, dass unsere Adoptiveltern selbst 3 Kinder haben, wodurch ein Zusammenleben in Österreich dadurch nicht ohne weiteres möglich gewesen wäre. Dieser Umstand kann uns jedoch nicht negativ angelastet werden, zudem wir bereits über das Vorhaben in Kenntnis gesetzt wurden und uns entsprechend mit Deutschkursen, etc., darauf vorbereitet haben, mit unseren Adoptiveltern gemeinsam in Österreich zusammenzuleben. Dass wir mit unseren Adoptiveltern nicht gemeinsam im Kosovo leben, ist naturgemäß darin zu begründen, dass sich meine Adoptiveltern bereits in Österreich eingelebt, ihren Lebensmittelpunkt in Österreich begründet haben und sich auch die Kinder, unsere Geschwister, in Österreich befinden.

Hierzu wurden wir, als Antragsteller, jedoch zu keinem Zeitpunkt befragt, noch einvernommen. Als es sich bei dieser Angelegenheit um einen massiven Eingriff in unser Privat- und Familienleben nach Art. 8 EMRK handelt, wäre die Behörde jedenfalls dazu angehalten gewesen, auf jede strittige Sach- und Rechtsfrage von Relevanz einzugehen und sich im Zuge der Begründung mit den Einwendungen - unserer Stellungnahme und den vorgelegten Dokumenten - auseinanderzusetzen bzw. darzulegen, aus welchen Gründen die Behörde die Einwendungen als unbegründet ansieht. Diesfalls dürfen wir auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 9.9,2015, zu R02014/03/0023 hinweisen. Dem kam jedoch die Behörde in keinster Weise nach, sondern wurde in der Beweiswürdigung lediglich dem Grunde nach vorgebracht, dass an den Aussagen der Adoptiveltern im Rahmen der Beschuldigteneinvernahme seitens der Behörde keine Zweifel bestehen würden und sich der festgestellte Sachverhalt zweifelsfrei aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, den dem Antrag beigeschlossenen bzw. nachgereichten Unterlagen und insbesondere aus den Einvernahmen der Adoptiveltern ergeben würde. Auch in der Beweiswürdigung wird in keiner Weise auf unser Vorbringen - nämlich beispielweise unsere Stellungnahme - eingegangen. Die Beweiswürdigung kann jedoch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs zu Ra2014/09/0041 vom 20.5.2015, nur kurz ausfallen wenn keine einander widersprechende Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vorliegen, was es in unserem Fall jedoch aufgrund der im Zuge des Parteiengehörs abgegebenen Stellungnahmen eindeutig ist. In unserem Fall hat es die Behörde jedoch unterlassen, auf die einzelnen  Beweisergebnisse im Einzelnen Stellung zu nehmen und schlüssig darzulegen, was die Behörde veranlasst hat, auf die Beweismittel, die Stellungnahme, die Bilder, die Passkopien, etc. nicht einzugehen. Zudem hätte die Behörde auch darauf Bedacht nehmen müssen, dass auch wenn unsere Adoptiveltern angegeben haben, sich für uns eine Schulausbildung zu wünschen-, dies lediglich mit den Wünschen von Eltern einhergeht und nicht eine Aufenthaltsadoption daraus ersichtlich ist. Zudem ist das bloße Zitieren von Beweisergebnissen wie zum Beispiel lediglich von der Zeugenaussage nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zu Ra2014/09/0041 nicht ausreichend und bleibt uns die Behörde eine Begründung schuldig.

In der oben zitierten Entscheidung kann auch darauf eingegangen werden, dass es die Pflicht der Behörde gewesen wäre, auf das Parteivorbringen unserer Adoptiveltern einzugehen, insbesondere auf die eingebrachte Stellungnahme. Die Behörde hätte sich somit über die erheblichen Beweisvorbringen nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen dürfen. Bei genauer Durchsicht der Unterlagen, insbesondere auch der Passkopien, wäre die Behörde zu einem anderen für uns positiven Ergebnis gelangt.

Vor diesem Hintergrund hätte uns die Bezirkshauptmannschaft jedenfalls die Aufenthaltstitel erteilen müssen, als kein Grund für die Annahme einer Aufenthaltsadoption gegeben sind und werden wir durch oben genannte Verfahrensfehler in unserem Recht auf Gleichbehandlung verletzt, da die Bezirkshauptmannschaft in ihrer Entscheidung Willkür übt. Vorbringen dürfen wir auch, dass der Antrag über 1 Jahr durch die Behörde nicht bearbeitet wurde und bis zu unserer Volljährigkeit abgewartet wurde. Erst 1 Jahr nach der Antragstellung wurde Anzeige wegen des Verdachts einer Aufenthaltsadoption erstattet und werden wir auch bereits durch diese lange Verfahrensdauer in unserem Recht auf Privat- und Familienleben verletzt.

 

Weitere Beweise im Zuge des Beschwerdeverfahrens behalten wir uns ausdrücklich vor.“

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 9. November 2015 zur Entscheidung übermittelt.

 

II.

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerdevorbringen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte von der Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da die mündliche Erörterung der Sache keine weitere Klärung der Rechtssache herbeizuführen vermag. Die entscheidungswesentlichen Elemente ergeben sich zweifellos aus den im Verwaltungsakt befindlichen Dokumenten, insbesondere den Protokollen über die Beschuldigtenvernehmungen der Adoptivmutter und deren Mann vom 9. Mai 2015, die als erste übereinstimmende Auskunft über die Motive der Adoption durch diese gegenüber den Behörden in besonderem Maß glaubwürdig sind und die auch von der Bf dem Grunde nach nicht bestritten werden. Darüber hinaus bestehen auch an den von der Bf vorgelegten Beweisen keine Zweifel. Sie zeichnen vielmehr ein mit dem übrigen Beweisergebnis stimmiges Bild.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht daher bei seiner Entscheidung im Wesentlichen von dem unter dem Punkt I. dieses Erkenntnisses dargestellten relevanten Sachverhalt aus.

 

 

III.

 

1. Gemäß § 47 Abs. 1 Bundesgesetz über die Niederlassung und den Aufenthalt in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz -NAG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF sind Zusammenführende im Sinne der Abs. 2 bis 4 Österreicher oder EWR-Bürger oder Schweizer Bürger, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und nicht ihr unionsrechtliches oder das ihnen auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in Anspruch genommen haben.

 

Gemäß § 47 Abs. 3 NAG kann Angehörigen von Zusammenführenden auf Antrag eine „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ erteilt werden, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen und

1.   Verwandte des Zusammenführenden, seines Ehegatten oder eingetragenen Partners in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen tatsächlich Unterhalt geleistet wird,

2.   Lebenspartner sind, die das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweisen und ihnen tatsächlich Unterhalt geleistet wird oder

3.   sonstige Angehörige des Zusammenführenden sind,

a)   die vom Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen haben,

b)   die mit dem Zusammenführenden bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben oder

c)   bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege durch den Zusammenführenden zwingend erforderlich machen.

Unbeschadet eigener Unterhaltsmittel hat der Zusammenführende jedenfalls auch eine Haftungserklärung abzugeben.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nicht erteilt werden, wenn eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt.

 

Gemäß § 30 Abs. 2 NAG dürfen sich an Kindes statt angenommene Fremde bei der Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen, wenn die Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war.

 

 

2. Voraussetzung für die Erteilung einer „Niederlassungsbewilligung – Angehöriger“ für Angehörige eines Zusammenzuführenden iSd § 47 Abs. 1 NAG ist gemäß § 47 Abs. 3 NAG, dass die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllt sind. Im 4. Hauptstück „Allgemeine Voraussetzungen“ des 1. Teiles enthält § 11 Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel. Gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 NAG darf ein Aufenthaltstitel einem Fremden unter anderem dann nicht erteilt werden, wenn eine Aufenthaltsadoption vorliegt. Somit ist mit dem Vorliegen einer Aufenthaltsadoption ein absoluter Versagensgrund gegeben und es kann ein Aufenthaltstitel zwingend nicht erteilt werden (vgl VwGH, 3.3.2011, 2008/22/0454).

 

§ 11 Abs. 1 Z 4 NAG verweist dabei auf § 30 Abs. 2 leg cit, der unter dem Titel „Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft und Aufenthaltsadoption bestimmt, dass sich an Kindes statt angenommene Fremde bei der Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nur dann auf diese Adoption berufen dürfen, wenn die Erlangung und Beibehaltung des Aufenthaltstitels nicht der ausschließliche oder vorwiegende Grund für die Annahme an Kindes statt war. In § 30 Abs 2 NAG wird damit der Begriff der Aufenthaltsadoption als Annahme an Kindes statt definiert, die ausschließlich oder vorwiegend aus dem Grund der Erlangung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels vorgenommen wird. Für die von der inländischen Behörde vorzunehmende Beurteilung, ob eine Aufenthaltsadoption iSd § 30 Abs. 2 NAG gegeben ist, kommt es auf die von ihr - allein unter dem Blickwinkel des österreichischen Fremdenrechts - zu prüfenden, der Adoption zugrundeliegenden Motive an (VwGH, 19.5.2011, 2008/21/0537). Für das Vorliegen einer Aufenthaltsadoption im Sinne der genannten Bestimmungen des NAG spielt es dabei anders als nach den Strafbestimmungen des § 118 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, keine Rolle, ob die an Kindes statt angenommene Person eigenberechtigt ist oder nicht.

 

Die von der Bf vorgebrachten zahlreichen und länger andauernden Besuche durch die Adoptiveltern im Kosovo und der Aufenthalt im selben Haushalt, die Telefongespräche mit den Adoptiveltern selbst und deren Kindern und die finanzielle Unterstützung zeugen zwar von einem guten verwandtschaftlichen Verhältnis der Adoptivmutter und ihrem Mann zur Bf. Dies wird insbesondere durch die dem Landesverwaltungsgericht vorgelegten Pässe, Telefonprotokolle und Fotos belegt. Daraus kann aber nicht auf eine Beziehung geschlossen werden, die über das üblicherweise zwischen nahen Verwandten bestehende Verhältnis hinausgeht und die das zumindest vorwiegende Motiv für die Adoption darstellt.

 

Die tragenden Gründe für die Adoption sind dagegen eindeutig den Beschuldigtenvernehmungen der Adoptivmutter der Bf R A und deren Ehemann B A, dem Onkel der Bf, durch die Polizeiinspektion Traun vom 9.5.2015 wegen des Verdachts einer Aufenthaltsadoption gemäß § 118 Abs. 1 FPG zu entnehmen. Die Adoptivmutter gibt darin an, sie wolle der Bf und ihrem Bruder ein besseres Leben und eine richtige Ausbildung ermöglichen. Die leiblichen Eltern seien arbeitslos und könnten sich keine richtige Ausbildung für die Kinder leisten, deshalb seien deren Eltern auch einverstanden gewesen mit der Adoption. Auch ihr Mann B A, gibt damit übereinstimmend eine bessere Ausbildung und die Ermöglichung einer besseren Zukunft als Motive für die Adoption an. Da sein Bruder und dessen Frau (die Eltern der Bf) arbeitslos seien und sich eine Ausbildung für die Kinder nicht leisten könnten, seien sie mit der Adoption einverstanden gewesen.

 

Aus den genannten Aussagen kann jedoch nicht darauf geschlossen werden, dass ein elterliches Verhältnis zwischen der Bf und ihrer Adoptivmutter und deren Mann, dem Onkel der Bf, bestehe und darin das Motiv für die Adoption zu sehen sei. Die Bf bestreitet diese Aussagen ihrer Adoptivmutter und deren Ehemann dem Grunde nach darüber hinaus nicht. Das Vorbringen, dass der Wunsch einer guten Ausbildung und eines besseren Lebens für die Kinder auch von Eltern gehegt wird, ist zwar zutreffend. Zwischen nahen Verwandten, etwa zwischen Tanten/Onkeln und Nichten/Neffen, kann dieser Wunsch aber ebenfalls bestehen.

 

Selbst wenn man davon ausginge, dass zwischen der Bf und der Adoptivmutter und deren Mann eine elterliche Beziehung besteht, so ergibt sich dennoch ohne Zweifel aus den oben wiedergegebenen Aussagen, dass der tragende Grund für die Adoption in der Ermöglichung einer Schulbildung und eines besseren Lebens für die Bf und ihren Bruder lag. Für die Verwirklichung der genannten Ziele ist für die Bf die Erlangung eines Aufenthaltstitels notwendige Voraussetzung, weshalb die Adoption vorwiegend aus dem Grund der Erlangung eines Aufenthaltstitels vorgenommen wurde. Bei der Adoption der Bf handelt es sich damit um eine Aufenthaltsadoption iSd § 30 Abs. 2 NAG, womit der absolute Ausschlussgrund für die Erteilung eines Aufenthaltstitels des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG gegeben ist.

 

 

3. Daher war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

IV.

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Markus Brandstetter