LVwG-750341/5/SR

Linz, 24.05.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Christian Stierschneider über die Beschwerde des Dipl.-Ing. K R, geboren am x, mazedonischer Staatsangehöriger, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels, namens des Landeshauptmannes von Oberösterreich, vom 20. Jänner 2016, GZ: BZ-Auf-1816-2006, wegen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 60 Abs. 1 und § 20 Abs. 1 NAG wird der Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid behoben und dem Beschwerdeführer die Aufenthaltsbewilligung als Selbständiger für zwölf Monate erteilt.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

 

1. Mit Bescheid vom 20. Jänner 2016, GZ: BZ-Auf-1816-2006, wies der Bürgermeister der Stadt Wels (im Folgenden: belangte Behörde) namens des Landeshauptmannes von Oberösterreich den Antrag des nunmehrigen Beschwerdeführers (im Folgenden: Bf) auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung "Selbständiger" gemäß § 60 NAG ab.

 

Begründend führte die belangte Behörde darin wie folgt aus:

 

Nach Prüfung der eingereichten Unterlagen stellt sich folgender maßgeblicher Sachverhalt dar:

 

Als Grundlage für den beantragten Aufenthaltstitel legten Sie einen Werkvertrag mit der Firma P Gmbh vor mit dem Sie sich verpflichten, im Zeitraum zwischen 01.09.2015 und 30.04.2016 für das Wohn- und Bürohaus in G, A, den Energiewärmebedarf zu berechnen sowie ein H Konzept, Solar und Wasseraufbereitung, zu erstellen. Laut Ihren Angaben (Telefonat vom 23.09.2015) haben Sie einen gesamten Arbeitsaufwand von 600 Stunden kalkuliert (bei dem vereinbarten Entgelt von € 7.500,00 entspricht das einem Stundenlohn von € 12,50).

 

Diese 600 Arbeitsstunden sind über einem Zeitraum von acht Monaten zu leisten und bedingen keinen durchgehenden Aufenthalt in Österreich. Sowohl die Durchführung von diversen Berechnungen als auch die Konzepterstellung sind nicht an einen bestimmten Ort gebunden und können auch im Heimatland erfolgen.

 

Für die zwingend vor Ort notwendigen Tätigkeiten, wie z.B. Messungen, können Sie die Ihnen als mazedonischer Staatsbürger zustehende sichtvermerksfreie Zeit nutzen und benötigen dafür auch weder eine arbeitsrechtliche Bewilligung noch ein Visum.

 

Die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels ist nur für jene Konstellationen vorgesehen, bei denen ein selbständiger Unternehmer nicht mit der sichtvermerksfreien Zeit das Auslangen findet, der Aufenthalt in Österreich nicht mit einem Visum abgedeckt werden kann oder ein zwischenzeitlicher Aufenthalt im Heimatland nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Da keines dieser Kriterien auf Sie zutrifft liegen auch nicht die Voraussetzungen für den beantragten Aufenthaltstitel vor.

 

Gem. § 60 Abs. 1 Z. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz NAG kann der beantragte Aufenthaltstitel erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des 1. Teiles (allgemeiner Teil) erfüllt werden.

 

Gem. § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG dürfen Aufenthaltstitel einem Fremden nur erteilt werden, wenn der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte.

 

Der Aufenthalt eines Fremden führt gem. § 11 Abs. 5 NAG dann zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, wenn der Fremde feste und regelmäßige Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 ASVG entsprechen. Feste und regelmäßige Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen.

 

Laut den Richtsätzen des ASVG sind für eine Einzelperson monatlich € 872,31 (Wert von 2015) netto notwendig, das sind für den im Werkvertrag festgelegten Zeitraum € 6.978,48. Laut Werkvertrag ist ein Entgelt von € 7.500,00 vereinbart, somit verbleiben Ihnen für die acht Monate Ihrer Tätigkeit monatlich € 65,19 zur Bestreitung der Ausgaben aus Ihrer selbständigen Tätigkeit sowie der Begleichung einer ev. anfallenden Einkommensteuer.

 

Aus den von Ihnen vorgelegten Unterlagen bzw. Ihren Angaben ist nicht ersichtlich, dass eventuell die Voraussetzungen für einen anderen als den beantragten Aufenthaltstitel vorliegen.

 

Dieser Sachverhalt war Ihnen im Wege der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 20.10.2015 nachweislich zur Kenntnis gebracht worden, insbesondere die Absicht der Behörde, den gegenständlichen Antrag abzuweisen.

 

Innerhalb der Ihnen gewährten Frist wurde von Ihnen am 30.11.2015 per e-mail folgende Stellungnahme abgegeben:

 

"....Es hat mich sehr überrascht, wie fachkundig sie in Sachen Planung und Berechnung von Heizung, Lüftung und Klimaanlagen werden wollten und zum Schluss gekommen sind, dass man zur Erfüllung dieser Aufgabe nicht vor Ort sein müsse!!

 

Zur Erklärung: diese zwei Punkte unter anderen sind im Gesetz festgelegt:

- Durcharbeiten des Planungskonzeptes (stufenweise Erarbeitung einer zeichnerischen Lösung) unter Berücksichtigung städtebaulicher, gestalterischer, funktionaler, technischer, bauphysikalischer, wirtschaftlicher, energiewirtschaftlicher (zum Beispiel hinsichtlich rationeller Energieverwendung und der Verwendung erneuerbarer Energien) und landschaftsökologischer Anforderungen unter Verwendung der Beiträge anderer an der Planung fachlich Beteiligter bis zum vollständigen Entwurf

- Integrieren der Leistungen anderer an der Planung fachlich Beteiligter!!!!

 

Daher die Frage: Wie soll ich an Besprechungen teilnehmen, vor allem wenn man nicht weiß, wann sie stattfinden und nicht von mir abhängen wann sie stattfinden???

 

Vor allem zitieren Sie das § 60 NAG und ich habe das nicht erfüllt???

 

Selbständige

§ 60. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine Aufenthaltsbewilligung als Selbständiger ausgestellt werden, wenn

1. Sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen,

2. Sie sich zur Durchführung einer bestimmten selbständigen Tätigkeit vertraglich verpflichtet haben und diese Verpflichtung länger als sechs Monate bestehen wird und ...

 

Zum anderen Punkt, wo sie sich auf § 11,4 berufen:

4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

1. Ich zahle keine Miete in Österreich. Wie sie wissen, ich wohne gratis bei meinem Bruder Herrn Prof. Dr. med. F R in der L, der im Besitz zweier Häuser mit einer Gesamtwohnfläche von über 500 ist!

2. Ich bin gesetzlich versichert!

3. Mein gesetzlicher Vertreter Herr Mag. T und auch ich persönlich haben Ihnen Beweise über meine Nebenverdienste und meiner finanziellen Lage vorgelegt, die ich Ihnen wieder angehängt sende.

Daraus verstehe ich nicht wie und welche Körperschaft ich belasten sollte????!!!!"

 

Unter Berücksichtigung dieser Stellungnahme stellt sich der maßgebliche Sachverhalt wie folgt dar:

 

Ein Werkvertrag liegt laut Allgemeinem Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) dann vor, wenn jemand die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt. Im Gegensatz zum Arbeits-bzw. Dienstvertrag ist beim Werkvertrag das Ergebnis der Dienstleistung entscheidend. Geschuldet wird das Werk (eine konkrete Leistung) oder ein bestimmter Erfolg.

 

Die Merkmale für einen Werkvertrag sind:

Persönliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit von der Auftraggeberin/dem Auftraggeber Die Tätigkeit muss in der Regel nicht persönlich ausgeübt werden (Vertretungsrecht durch Dritte)

Die Werkvertragsnehmerin/der Werkvertragsnehmer ist nicht weisungsgebunden

Die Auftragnehmerin/der Auftragnehmer verfügt über eine unternehmerische Struktur (Büro, Betriebsmittel etc.)

 

Die in Ihrer Stellungnahme angegebenen per Gesetz festgelegten Tätigkeiten können und müssen somit in persönlicher und wirtschaftlicher Unabhängigkeit - sowohl zeitlich als auch örtlich - vom Auftraggeber durchgeführt werden. Da Sie - wie im Parteiengehör vom 20.10.2015 bereits ausführlich dargelegt - zur Erfüllung der vertraglichen Aufgaben einen Zeitaufwand von 600 Stunden innerhalb von acht Monaten kalkuliert haben und dies in der sichtvermerksfreien Zeit möglich ist, hat sich durch Ihre Stellungnahme diesbezüglich keine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes gegeben.

 

Der Aufenthaltszweck laut dem ggstl. Antrag ist die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit gemäß dem Werkvertrag, der zwischen Ihnen und der Firma P abgeschlossen wurde. Dementsprechend ist auch der Lebensunterhalt hauptsächlich aus dem Einkommen dieser Tätigkeit zu finanzieren.

 

In Ihrer Stellungnahme führen Sie an, dass Sie über genügend Kapital verfügen, damit während der Gültigkeit des beantragten Aufenthaltstitels keine finanzielle Belastung einer Gebietskörperschaft entsteht.

 

Wie bereits im Parteiengehör vom 20.10.2015 dargelegt, würden Sie aus der dem Aufenthaltstitel zugrunde liegenden Tätigkeit ein monatliches Einkommen von ca. € 60,00 erzielen. Ihr monatliches Einkommen muss € 882,78 (Wert von 2016) betragen, damit Ihr Lebensunterhalt gesichert ist. Es würden somit nur knapp 7% des erforderlichen Einkommens aus der Tätigkeit, die dem beantragten Aufenthaltstitel zugrunde liegt, erwirtschaftet werden.

Somit ist die Grundvoraussetzung für den beantragten Aufenthaltstitel, nämlich dass der Hauptzweck Ihres Aufenthalts die Ausübung einer selbständigen Tätigkeit ist, nicht gegeben.

 

Zu dem in Ihrer Stellungnahme angeführten gesetzlichen Vertreter Herrn Mag. T darf ich Sie darauf hinweisen, dass dieser der hs. Behörde mit e-mail vom 25.11.2015 die Auflösung seiner Vollmacht bekannt gegeben hat.

 

Gemäß Art. 8 Abs. 3 EMRK ist die Verweigerung des Aufenthaltstitels, sofern damit das Privat- und Familienleben des Antragstellers angegriffen würde nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK notwendigen Ziele notwendig ist.

 

Im Sinne der damit geforderten Notwendigkeit darf ein Aufenthaltstitel nicht verweigert werden, wenn die Auswirkungen einer solchen Entscheidung auf die Lebenssituation des

Fremden oder seiner Familie schwerer wiegen, als die nachteiligen Folgen der Nichterteilung des Aufenthaltstitels.

 

Bei dieser Abwägung ist auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Antragstellers und seiner Familienangehörigen sowie die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.

Bei Abwägung Ihrer privaten Interessen mit den öffentlichen Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK hat die hs. Behörde sehr wohl berücksichtigt, dass durch Ihren Aufenthalt als Student Bindungen zu Österreich bestehen.

 

Dennoch musste im Hinblick auf das Vorliegen der oben erläuterten Abweisungsgründe den öffentlichen Interessen gegenüber Ihren privaten Interessen absolute Priorität eingeräumt werden. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

2. Gegen den in Rede stehenden Bescheid erhob der Bf per E-Mail rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin wie folgt aus:

 

Ich, DI K R, geb. x, erhebe binnen offener Frist gegen o.a. Bescheid das Rechtsmittel der Berufung und begründe diese wie folgt:

 

Ich bin mazedonischer Staatsbürger und kam nach Österreich im Jahr 1992 zum Zwecke Studium an der Fakultät für Maschinenbau an der TU G, das ich erfolgreich abschloss. Danach inskribierte ich weiter das Doktoratstudium an der Fakultät für Elektrotechnik der Tu G. Seit 19.. habe ich einen regelmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt in Österreich, teilweise in G und teilweise in W. In W habe ich gratis bei meinem Bruder Herrn Oberarzt Dr. med. F R, der im Besitz zweier Häuser in der L 31 und 33 ist, gewohnt, der mir übrigens auch das Studium an der TU G finanzierte.

Ich darf erwähnen, dass ich während der ganzen Zeit nie im Konflikt mit dem Gesetz gekommen bin. Ganz im Gegenteil, ich habe durch meine Verbindungen in der mazedonischen Regierung und durch meine Position im Aufsichtsrat der Regulierungskommission einen enormen Beitrag geleistet, dass eine Milliarde Euro österreichische Investition sich erfolgreich entwickelt. (E Mazedonien).

Im April 2015 stellte ich einen Verlängerungsantrag als Doktoratstudierender, der mir mangels Studienerfolges abgewiesen wurde. Meine Gründe für den mangelnden Erfolg im letzten Studienjahr habe ich persönlich der Frau Hu und Frau Ho mitgeteilt, jedoch erfolglos.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich Vater dreier in Mazedonien lebender Kinder bin und aus diesem Grund geht das Studium auch nicht immer, wie man es sich wünscht. Aber ich bin weiterhin inskribiert und setze mein Studium fort.

Zu dieser Zeit stellte ich bei der Landesregierung in L auch einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, die mir auf Grund der fehlenden gültigen Aufenthaltsgenehmigung nicht verliehen werden kann.

In einem persönlichen Gespräch mit der Frau Ho erörterte sie mich die Möglichkeit eines Aufenthaltstitels als selbstständiger auf Grund eines gültigen Vertrages.

 

Der hat der Bf Kontoauszüge beigelegt, die ein ausreichendes Vermögen dokumentieren sollen, um nicht zu einer finanziellen Belastung für eine Gebiets­körperschaft zu führen.

 

3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde unter Anschluss des Bezug habenden Verwaltungsaktes, ohne eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vorgelegt.

 

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art 130 Abs 1 Z 1 iVm 131 Abs 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art 135 Abs 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bf ist mazedonischer Staatsbürger und wurde am x in S, Republik Mazedonien, geboren. Seit 2006 hatte der Bf befristete Aufenthaltstitel als Studierender bis zum 2. Mai 2015. Der Bf hat sein Diplomstudium an der Technischen Universität G im Jahr 2010 abgeschlossen und hat dort im Jahr 2011 das Doktoratsstudium begonnen. Der Verlängerungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels als Studierender vom 8. April 2015 wurde mit Bescheid vom 3. Juni 2015 abgewiesen, weil der Bf die Mindeststudiendauer bereits um zwei Toleranzsemester überschritten hat und seit mindestens September 2014 nicht mehr persönlich an der Universität anwesend war. Dieser Bescheid ist seit 6. Juli 2015 rechtskräftig, weshalb sich der Bf längstens bis 6. Oktober 2015 durchgehend in Österreich aufhalten durfte.

 

Der Bf stellte am 8. April 2015 zugleich einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft, welcher mit Bescheid vom 10. Dezember 2015 abgewiesen wurde.

 

Rechtsmittel hat der Bf keine ergriffen.

 

Am 11. September 2015 hat der Bf einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthalts­bewilligung als Selbständiger bei der belangten Behörde gestellt, welcher mit dem gegenständlichen Bescheid abgewiesen wurde.

 

Der beim Antrag vorgelegte Reisepass des Bf ist bis 1. März 2022 gültig.

 

Bei der Antragstellung hat der Bf einen Werkvertrag für den Zeitraum vom 1. September 2015 bis 30. April 2016 mit einem vereinbarten Entgelt von insgesamt € 7.500,- sowie einen Sozialversicherungsdatenauszug vorgelegt. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens legte der Bf einen weiteren Werkvertrag für den Zeitraum vom 1. Mai 2016 bis 30. April 2017 mit vereinbartem Entgelt von insgesamt € 12.500,-- vor.

 

Der Bf kann bei seinem Bruder, OA Dr. med. F R, kostenlos wohnen.

 

 

 

 

 

II.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den von der belangten Behörde zur Entscheidung übermittelten Verfahrensakt sowie durch die vom Bf übermittelten Werkverträge und Unterkunftsbestätigungen.

 

Der festgestellte Sachverhalt ist unstrittig.

 

Gemäß § 24 Abs. 1 iVm Abs 4 VwGVG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung aufgrund der Tatsache, dass der für das Verfahren wesentliche Sachverhalt aufgrund der Aktenlage für das erkennende Gericht hinreichend geklärt vorliegt und eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ, unterbleiben. Dass dem Entfall der Verhandlung Art 6 EMRK oder Art 47 der EU-Charta der Grundrechte entgegenstünde, vermag nicht erkannt zu werden.

 

 

III.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Gemäß § 60 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) kann Drittstaatsangehörigen eine Aufenthaltsbewilligung als Selbständiger ausgestellt werden, wenn

1. sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen,

2. sie sich zur Durchführung einer bestimmten selbständigen Tätigkeit vertraglich verpflichtet haben und diese Verpflichtung länger als sechs Monate bestehen wird und

3. die zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bei begründeten Zweifeln der Behörde am Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit auf deren Anfrage festgestellt hat, dass auf Grund der vorgelegten Unterlagen eine selbständige Tätigkeit im Sinne der Z 2 vorliegt, die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes nicht verletzt werden und die Ausübung dieser Tätigkeit unter wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten im Interesse Österreichs liegt.

 

§ 11 NAG (Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel) lautet auszugsweise:

(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1.

gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2.

gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3.

gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4.

eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5.

eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6.

er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.

der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.

der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.

der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungs­schutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.

der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.

durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden, und

6.

der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a rechtzeitig erfüllt hat.

[…]

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15), ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

[…]

 

§ 293 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) lautet:

(1) Der Richtsatz beträgt unbeschadet des Abs. 2

a)

für Pensionsberechtigte aus eigener Pensionsversicherung,

 

 

aa)

wenn sie mit dem Ehegatten (der Ehegattin) oder dem/der eingetragenen PartnerIn im gemeinsamen Haushalt leben

1 323,58 €,

 

bb)

wenn die Voraussetzungen nach aa) nicht zutreffen

882,78 €,

b)

für Pensionsberechtigte auf Witwen(Witwer)pension oder Pension nach § 259

882,78 €,

c)

für Pensionsberechtigte auf Waisenpension:

 

 

aa)

bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres

324,69 €,

 

 

falls beide Elternteile verstorben sind

487,53 €,

 

 

bb)

nach Vollendung des 24. Lebensjahres

576,98 €,

 

 

falls beide Elternteile verstorben sind

882,78 €.

 

 

2. Versagungsgründe gemäß § 11 Abs. 1 NAG sind weder im Verfahren der belangten Behörde noch vor dem Landesverwaltungsgericht hervorgekommen.

 

§ 11 Abs. 2 Z. 6 NAG findet im vorliegenden Fall keine Anwendung, da ein Erstantrag zu beurteilen ist.

 

Da der Aufenthalt des Bf weder öffentlichen Interessen widerstreitet noch durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt wesentlich beeinträchtigt werden, stehen auch § 11 Abs. 2 Z. 1 und 5 NAG einer Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht entgegen.

 

Wie im Verfahren unbestritten dargelegt, verfügt der Bf über eine ortsübliche Unterkunft und einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz. So hat der Bf eine Mietbestätigung vorgelegt, wonach er (kostenlos) bei seinem Bruder, OA Dr. med. F R, wohnen kann. Bei dem Wohnobjekt handelt es sich um ein großes Einfamilienhaus, weshalb kein Zweifel besteht, dass der Bf dort als Einzelperson – gemeinsam mit der Familie seines Bruders – ortsüblich wohnen kann. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass der Bf schon während seines Diplomstudiums über lange Zeiträume unentgeltlich bei seinem Bruder Unterkunft genommen hat.

 

Mit der Stellung des Antrags am 11. September 2015 hat der Bf einen Sozial­versicherungsdatenauszug vorgelegt, wonach er bei der Oberösterreichischen Gebietskrankenkasse selbst versichert ist.

 

Um zu keiner finanziellen Belastung für eine Gebietskörperschaft zu führen, hat der Bf ein Mindesteinkommen von € 882,78 pro Monat vorzuweisen. Der Wert der freien Station ist von diesem Betrag nicht abzuziehen, da für den Bf kein Mietaufwand entsteht (vgl. VwGH 28.05.2015, Ra 2015/22/0009).

 

Im Beschwerdeverfahren hat der Bf einen Werkvertrag vorgelegt. Das vorliegende Vertragswerk ist nach ständiger hg. Rechtsprechung als Werkvertrag zu qualifizieren, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag im Vorhinein individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet.

 

Wie dem Vertrag zu entnehmen ist, hat der Bf für das Wohn- und Bürohausprojekt in G, A, die Berechnung des Energiewärmebedarfes vorzulegen, ein H Konzept zu erstellen und die Solar- und Wasseraufbereitung zu planen. Die Leistung ist vom Bf in der Zeit vom Mai 2016 bis April 2017 zu erbringen und als Entgelt wurde dafür ein Betrag von 12.500 Euro vereinbart.

 

Da schon das vertraglich vereinbarte Entgelt von 12.500 Euro den ASVG Richtsatz von 882,78 Euro pro Monat (10.593,36 Euro für 12 Monate) deutlich übersteigt, führt entgegen der Ansicht der belangten Behörde der Aufenthalt des Bf zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft.

 

Im Hinblick darauf, dass die selbständige Tätigkeit, zu deren Durchführung sich der Bf vertraglich verpflichtet hat, länger als sechs Monate, nämlich 12 Monate, bestehen wird, kann dem Bf eine Aufenthaltsbewilligung als Selbständiger gemäß § 60 Abs. 1 NAG ausgestellt werden.

 

3. Im Ergebnis war der Beschwerde mit der Maßgabe stattzugeben, als die Aufenthaltsbewilligung als Selbständiger auf die Dauer von zwölf Monaten zu erteilen war.

 

 

IV.

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Stierschneider