LVwG-800184/22/Wg

Linz, 02.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerde des R M, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P F, x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirks-hauptmannschaft Linz-Land vom 9. März 2016, GZ: Ge96-76-2015/DJ, wegen einer Übertretung der Gewerbeordnung  

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben. Der Spruch des Straferkenntnisses wird präzisiert und folgende Tat im Sinne des
§ 44a Z 1 VStG als erwiesen angenommen: „R M hat als gewerberechtlicher Geschäftsführer der X HandelsgmbH & CO KG im Standort x, x, gemäß § 370 Abs. 1 GewO folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten: Am 17. Dezember 2014 wurde um 14.05 Uhr in der weiteren Betriebs­stätte  x, x, von der im Betrieb beschäftigten Kassiererin S M 1 Flasche Wodka Eristoff 0,7 l, 37,5 % Vol., um 9,99 Euro an einen jugendlichen Testkäufer zwischen 14 und 15,5 Jahren abgegeben, obwohl Jugendlichen gemäß § 8 Abs. 1 Oö. Jugendschutzgesetz der Erwerb von alkoholischen Getränken bis zum vollendeten 16. Lebensjahr verboten ist.“ Die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 16 Stunden herab­gesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abge­wiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.            Sachverhalt:

 

Die X HandelsgmbH & CO KG verfügt über die Gewerbeberechtigung „Einzelhandel mit Waren ohne Beschränkung“ und betreibt an der Adresse x, x, eine weitere Betriebsstätte. Gegenstand des Verfahrens ist ein am
17. Dezember 2014 in dieser Filiale stattgefundener Testkauf, bei dem die Kassiererin S M um 14.05 Uhr an einen zwischen 14 und 15,5 Jahre alten jugendlichen Testkäufer eine Flasche Wodka Eristoff 0,7 l, 37,5 % Vol. um 9,99 Euro abgegeben hat. Der Beschwerdeführer (Bf) war damals und ist nach wie vor gewerberechtlicher Geschäftsführer der Gewerbeinhaberin. Für die gegenständliche Filiale ist nach wie vor kein Filial­geschäftsführer im Sinne der Gewerbeordnung bestellt. Formal gesehen ist unbe­stritten die straf­rechtliche Verantwortung gemäß § 370 Gewerbeordnung beim Bf als gewerberechtlichen Geschäftsführer zu sehen. Mit der im Akt befindlichen Bestellungsurkunde vom
1. März 2014 konnte die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit unstrittig nicht auf die Marktleiterin J S (vormals H) übertragen werden. Nach Ansicht des Bf ist diese Bestellungs­urkunde aber Teil eines umfassenden Kontroll- und Organisationssystems, um hier Übertretungen der Gewerbeordnung bzw. des Jugendschutzgesetzes auch zu vermeiden. Teil des Kontrollsystems ist insbesondere auch, dass, wenn alkoho­lische Getränke über den Laserscanner der Kassa gezogen werden, automatisch ein Hinweis auf der Kassa aufscheint, dass hier der Ausweis zu kontrollieren ist. Dann muss der Ausweis kontrolliert werden, ansonsten kann die Kassa nicht bedient werden. Erst dann kann mit einer zusätzlichen Eingabetaste, die nach Ausweiskontrolle zu betätigen ist, die Kassa wieder geöffnet werden. Von diesem Umstand hatte die Kassiererin S auch Kenntnis. Sie ließ sich zwar den Ausweis des Jugendlichen zeigen, verrechnete sich aber im Alter. Sie ging irrtümlich davon aus, dass der Testkäufer bereits 18 Jahre alt war und die Spiri­tuosen bereits erwerben hätte dürfen. Es wäre eine Liste beim Kassaregister vorhanden gewesen, mit der S M das Lebensalter errechnen hätte können. Bei diesem Kassaregister handelt es sich um direkt bei der Kassa verfügbare, in Plastik eingeschweißte A4-Hinweiszettel (Akteninhalt, Aussagen S, S und S, Parteivorbringen).

 

In der Xfiliale x war bereits Anfang 2014 bei einem Testkauf eine Beanstandung festgestellt worden, bei dem eine (andere) Kassiererin Alkoholika an einen Jugendlichen verkauft hatte. Es wurde aber keine Anzeige erstattet. Die Marktleiterin J S wies die Kassiererinnen auf den Vorfall hin. Über die mündlich erfolgten Unterweisungen aus Anlass des ersten Testkaufes ist keine schriftliche Dokumentierung vorhanden. Nach den internen Richtlinien der Firma X reicht eine mündliche Belehrung nicht aus, es hätte eine solche Unterweisung auch schriftlich dokumentiert werden müssen. Der Bf behauptet zwar, durch Außendienstmitarbeiter sei eine fast tägliche Kontrolle der jeweiligen Xfilialen gewährleistet. Der Bf führt aber nicht aus, was unter dem Begriff „fast täglich“ zu verstehen ist, insbesondere, wie viele Kontrollen tatsächlich zwischen dem ersten Vorfall im Frühjahr 2014 und dem gegenständlichen Testkauf im Dezember 2014 durchgeführt wurden.    Marktleiterin und Kassiererin S wurden zwar auf die Einhaltung der jugend­schutzrechtlichen Vorschriften ausdrücklich hingewiesen. Zur Frage, wieso hier abweichend von den internen Richtlinien keine Belehrungen im Zusammen­hang mit der ersten Beanstandung im Jahr 2014 schriftlich dokumentiert sind, wurde aber kein Vorbringen erstattet (Aussagen S und S, Partei­vorbringen, Beschwerdeschriftsatz).

 

Es steht nicht fest, ob die Kassiererin S M zum Zeitpunkt der Belehrungen aus Anlass des Vorfalles Anfang 2014 bereits in der Filiale x oder noch in der Filiale xgasse beschäftigt war. In der Filiale xgasse hatte sie im Jahr 2013 eine sogenannte „Kassaeinschulung“ sowie am 2. November 2013 und am
14. Jänner 2014 eine Unterweisung erhalten, die als Themen unter anderem „Gewerbeordnung“ und „Jugendschutz“ umfassten. Eine solche Unterweisung fand auch am 12. Jänner 2015 statt. Im Akt der Behörde befinden sich zwei Urkunden, in denen die S M die Unter­weisungen unterschriftlich bestätigt. Die Urkunde über die Unterweisung vom 12. Jänner 2015 ist der Niederschrift des Landesverwaltungsgerichtes Ober­öster­reich als Beilage 1 angeschlossen (Aussage S, Urkunden).

 

Die Anzeige über den Testkauf vom 17. Dezember 2014 wurde zunächst dem  Amt der Oö. Landesregierung übermittelt, das die Anzeige der Bezirkshaupt­mann­schaft Linz-Land (in der Folge: belangte Behörde) weiterleitete. Die belangte Behörde verhängte mit Strafverfügung bzw. nach Einspruch und Durch­führung eines Ermittlungsverfahrens im bekämpften Straferkenntnis gemäß
§ 367a GewO eine Geldstrafe in der Höhe von 180 Euro, für den Fall der Unein­bringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 20 Stunden. Im Verwaltungsstraf­verfahren wurde dem Bf innerhalb der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist die Anzeige in Wahrung des Parteiengehörs übermittelt. Die von der belangten Behörde angenommenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse (kein Ver­mögen, keine Sorgepflichten, monatliches Nettoeinkommen von 2.500 Euro) blieben unbestritten. Die Behörde geht vom Milderungsgrund der Unbeschol­tenheit aus (Akteninhalt, Straferkenntnis).

 

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die das Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich am 20. Mai 2016 eine öffentliche Verhandlung durchführte. Neben dem Akteninhalt verwertete das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich als Beweismittel die Aussagen der Zeugen S, S und S. Abschließend verzichtete der Bf auf eine weitere Beweisaufnahme. Zusammengefasst führte der Bf im Schlussvorbringen aus, das Kontrollsystem funktioniere. Wenn überhaupt von einem Verschulden ausgegangen werden könne, so wäre gegebenenfalls eine Ermahnung auszusprechen (Tonband­proto­koll).

 

 

II. Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich unstrittig aus den in Klammer ange­führten Beweismitteln (I.). Die Frage, ob das vom Bf dargestellte Kontrollsystem ausreicht, wird auf Ebene der rechtlichen Beurteilung behandelt.

 

 

III.       Rechtliche Beurteilung:

 

1.   Zur objektiven Tatseite:

 

Gewerbetreibenden ist es gemäß § 114 GewO untersagt, selbst oder durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche auszu­schenken oder ausschenken zu lassen, abzugeben oder abgeben zu lassen, wenn Jugendlichen dieses Alters nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestim­mungen der Genuss von Alkohol verboten ist. Die Gewerbetreibenden und die im Betrieb beschäftigten Personen müssen die Vorlage eines amtlichen Lichtbild­ausweises oder einer speziellen Jugendkarte, die nach den jeweiligen landes­rechtlichen Jugendschutzbestimmungen zum Nachweis des Alters geeignet ist, verlangen, um das Alter der Jugendlichen festzustellen. Die Gewerbetreibenden haben an einer geeigneten Stelle der Betriebsräume einen Anschlag anzubringen, auf dem deutlich auf das im ersten Satz angeführte Verbot hingewiesen wird.

 

Eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von mindestens 180 Euro bis zu 3 600 Euro zu bestrafen ist, begeht gemäß § 367a GewO, wer entgegen der Bestim­mung des § 114 Alkohol ausschenkt oder abgibt oder ausschenken oder abgeben lässt.

 

Die Kassiererin S ließ sich den Ausweis des jugendlichen Testkäufers zeigen
(§ 114 2. Satz GewO), verrechnete sich aber im Lebensalter und gab eine Flasche Wodka Eristoff ab, obwohl in Oberösterreich Jugendlichen der Erwerb von alkoholischen Getränken bis zum vollendeten 16. Lebensjahr verboten ist. Der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung nach § 114 GewO iVm § 367a GewO und § 8 Abs. 1 Oö. Jugendschutzgesetz ist damit erfüllt. Da kein Filialgeschäftsführer im Sinne des § 47 GewO bestellt war, trifft den Bf gemäß § 370 Abs. 1 GewO als gewerberechtlichen Geschäftsführer die verwal­tungs­strafrechtliche Verantwortung. Die im Spruch des Straferkenntnisses ange­lastete Tat war im Sinne des § 44a Z 1 VStG entsprechend zu präzisieren.

 

2.   Zur subjektiven Tatseite (Verschulden), Kontrollsystem:

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Auch die gegenständliche Verwal­tungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinne der zitierten Bestimmung ohne weiteres anzunehmen ist, sofern vom Bf kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen.

 

Der dem Bf nach § 5 Abs. 1 obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hierzu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufga­ben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18.9.1991, 90/19/0177 UVA). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes ist es für die Darstellung eines wirksamen Kontrollsystems erforderlich, unter anderem aufzuzeigen, welche Maßnahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in dieses Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die Vorschriften auch tatsächlich befolgt und welche Maßnahmen schließlich der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, das heißt, sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung der Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden. Es kann kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen, laufend geschulten und ordnungsgemäß ausgerüsteten Arbeit­nehmer die Vorschriften einhalten (vgl. VwGH vom 24.5.2013, 2012/02/0072).

 

Der Bf bringt vor, die Marktleiterin und die Kassiererin seien anlässlich haus­interner Schulungen auf die Einhaltung der jugendschutzrechtlichen Vorschriften ausdrücklich hingewiesen worden. Es würden laufend fast täglich Kontrollen stattfinden. Fest steht aber, dass nach dem ersten Vorfall im Jahr 2014 keine schriftliche Dokumentierung über Belehrungen erstellt und insoweit von den betriebsinternen Vorgaben abgewichen wurde. Zur Frage, wieso hier abweichend von den internen Richtlinien keine Belehrungen im Zusammenhang mit der ersten Beanstandung im Jahr 2014 schriftlich dokumentiert sind, wurde kein Vorbringen erstattet. Bereits infolge dieser Abweichung reicht das vorhandene Kontrollsystem nicht aus, um ein fehlendes Verschulden glaubhaft zu machen. Es ist gemäß § 5 Abs. 1 VStG von leichter Fahrlässigkeit auszugehen. 

 

 

3.   Zur Bestimmung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG (Ermahnung):

 

Der Bf beantragt gegebenenfalls den Ausspruch einer Ermahnung.

 

Zur Auslegung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ist zunächst auf das Erkenntnis des Ver­waltungsgerichtshofes vom 17. April 2015, Ra 2015/02/0044, zu verweisen: „Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Neuregelung des
§ 45 Abs. 1 Z 4 VStG durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsge­-
setz 2013, BGBl. I Nr. 33/2013, kann auf die gesicherte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 21 Abs. 1 VStG in der Fassung vor der genannten Novellierung zurückgegriffen werden (vgl. den hg. Beschluss vom 5. Mai 2014, Zl. Ro 2014/03/0052). Es bedarf daher insoweit - insbesondere auch zum Rechts­anspruch auf Einstellung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG unter den dort genannten Voraussetzungen (vgl. zu § 21 Abs. 1 VStG etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 1992, Zl. 92/02/0033) - keiner neuen Leitlinien höchst­gerichtlicher Rechtsprechung.“

 

In seinem Erkenntnis vom 20. November 2015, Ra 2015/02/0167, führte der Ver­waltungsgerichtshof aus: „Eine Entscheidung gemäß § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG liegt im Ermessen der Behörde („kann“) und hängt von einer auf den Einzel­fall abzustellenden spezialpräventiven Prognose ab. Dahingehend liegt daher keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur eine die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfrage vor. Der Frage, ob die beson­deren Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl.
B 5. März 2015, Ra 2015/02/0027; B 29. Juli 2014, Ra 2015/07/0096;
B 7. September 2015, Ra 2015/02/0146). Allerdings setzt diese Ermessens­entscheidung voraus, dass die in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Umstände kumulativ vorliegen. Das zu schützende Rechtsgut ist im Verfahren gemäß § 29b Abs. 4 StVO 1960 die Erhaltung der Mobilität von Menschen, die dauernd stark gehbehindert sind. Diese sind in der Regel auf reservierte Parkmöglichkeiten im öffentlichen Raum angewiesen, um jene Wege zurücklegen zu können, die Menschen ohne dauernde starke Gehbehinderung auch ohne solche besonderen Halte- und Parkmöglichkeiten bewältigen können. Den vorbehaltenen Halte- und Parkmöglichkeiten kommt demnach erhebliche Bedeutung zu, keinesfalls kann davon gesprochen werden, dass die Bedeutung dieses strafrechtlich geschützten Rechtsgutes gering ist. Diese Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschütz­ten Rechtsgutes findet ihren Ausdruck auch in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens, der für entsprechende Zuwiderhandlungen gemäß § 99 Abs. 3
lit. a) StVO 1960 immerhin Geldstrafen bis zu EUR 726,-- vorsieht (vgl.
E 24. Oktober 2001, 2001/04/0137). Ist aber die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht gering, fehlt es an einer der in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Voraussetzungen für die Einstellung des Strafverfahrens, wes­halb auch keine Ermahnung nach § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG in Frage kommt.“

 

Das Erkenntnis Ra 2015/02/0044 knüpft an die bisherige Rechtsprechung zu
§ 21 Abs. 1 VStG an, E Ra 2015/02/0167, nimmt besonders auf die „Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes“ Bedacht. Die erläuternden Bemer­kungen des Ausschussberichtes zu § 114 GewO führen aus:
Der Alkoholmiss­brauch insbesondere bei Jugendlichen erscheint als gesellschaftliches Problem. Bekannt wurden zuletzt Vorkommnisse wie das sogenannte ‚Koma-Trinken‘, bei denen insbesondere jugendliche Personen - ohne sich des ganzen Ausmaßes möglicher negativer Folgewirkungen bewusst sein zu können - schwere alkoho­lische Rauschzustände absichtlich herbeiführen. Die bereits bestehenden Vorkeh­rungen des Gewerberechts sollen daher noch verbessert werden. Zunächst werden nun durch die Neuformulierung des § 114 zusätzlich zur bisherigen Regelung, wonach im Wesentlichen nur die Gastgewerbetreibenden in der Pflicht waren, nun auch die Handelsbetriebe und alle sonstigen, die im Rahmen ihres Gewerbes - sei es entgeltlich oder unentgeltlich - Alkohol abgeben, in die Pflicht zum Jugendschutz genommen.“

 

Erklärtes Ziel ist damit der Jugendschutz. Dem Jugendschutz kommt abstrakt gesehen keine unerhebliche Bedeutung zu, weshalb keinesfalls davon gesprochen werden kann, dass die Bedeutung dieses strafrechtlich geschützten Rechtsgutes gering ist. Diese Wertigkeit des durch die verletzte Norm geschützten Rechts­gutes findet ihren Ausdruck auch in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens, der für entsprechende Zuwiderhandlungen eine Geldstrafe bis zu 3.600 Euro vor­sieht. Auch wenn das Verschulden gering ist (leichte Fahrlässigkeit) liegen die Voraussetzungen nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht vor.

 

4.   Zur Strafbemessung:

 

Gemäß § 367a GewO beträgt der Strafrahmen 180 Euro bis zu 3.600 Euro. Mildernd war die Unbescholtenheit. Erschwerend war kein Umstand. Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat (§ 19
Abs. 1 VStG). Die unbestrittenen Einkommens- und Vermögensverhältnisse und das Verschulden (leichte Fahrlässigkeit) waren gemäß § 19 VStG der Straf­bemes­sung zu Grunde zu legen.

 

Es ist nicht ersichtlich, dass die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen würden und damit ein Unterschreiten der gesetzlichen Mindeststrafe (180 Euro) gemäß § 20 VStG gerechtfertigt wäre. Die verhängte Geldstrafe ist daher nicht zu beanstanden. Die Ersatzfreiheitsstrafe war aber aliquot zur Höchststrafe (zwei Wochen) neu festzusetzen. Bei diesem Verfahrens­ergebnis ist für das Beschwerdeverfahren kein Kostenbeitrag zu entrichten.

 

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 


 

IV.        Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurtei­len. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Rechtslage ist durch die angeführte Recht­sprech­ung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen, ab dem Tag der Zustellung, die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl