LVwG-850533/24/Wg - 850537/2 LVwG-850538/8/Wg - 850540/2

Linz, 01.06.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter
Mag. Wolfgang Weigl über die Beschwerden

1.   der H F, des F F, des A F, der S F und des R S, alle vertreten durch die x Rechtsanwälte GmbH, Dr. A G, x, R, sowie

2.   der R M K und der H H als Gesellschafterinnen der P P GesnbR, beide vertreten durch A K, x, P,

gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom
25. November 2015, GZ: UR30-63-2015, den

B E S C H L U S S

gefasst:

 

 

I. Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom
25. November 2015, GZ: UR30-63-2015, wird aufgehoben und die Angelegenheit wird zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß
§ 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG an die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen
zurückverwiesen.

 

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1.1.      H H und R M K betreiben als Gesellschafterinnen der „P P GesnbR“ auf den Grundstücken Nr. x und x, KG G, eine Reitanlage. Sie werden in der Folge als „Antragstel­lerinnen“ bezeichnet.

 

1.2.      H und F F bewohnen die an die Betriebsliegenschaft angrenzenden Nachbargrundstücke Nr. x, x, x, x und x (= x 4). A F ist Eigentümer des angrenzenden Grundstückes Nr. x und betreibt auf diesem Grundstück ein Gasthaus (x 1). S F ist Eigentümerin und Bewohnerin der Liegenschaft Nr. x
(x 5). R S bewohnt die Liegenschaft x 5. A F bewohnt die Liegenschaft x 1 nicht selber, er ist lediglich Betreiber der Gastwirtschaft. R S ist der Lebensgefährte der S F und bewohnt mit ihr gemeinsam die Liegenschaft x 5. H und F F, A F, S F und R S werden in der Folge als „Nachbarn“ bezeichnet.

 

1.3.      Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (im Folgenden: belangte Behörde) stellte in Spruchabschnitt I. des - an die „P P GesnbR zH Herrn A K“ adressierten - Bescheides vom 25. November 2015, GZ: UR30-63-2015, fest, dass die von den Antragstellerinnen zur Genehmigung eingereichte Reitanlage den Voraussetzungen des § 359b GewO iVm § 1 Z 27 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebsanlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmi­gungsverfahren zu unterziehen sind, entspricht und schrieb mehrere Auflagen vor. In Spruchabschnitt II. schrieb die belangte Behörde den Antragstellerinnen Verwaltungsabgaben, Kommissionsgebühren, Barauslagen und Stempelgebühren vor.

 

1.4.      Antragstellerinnen und Nachbarn erhoben gegen diesen Bescheid mit gesonderten Eingaben Beschwerde. Die Antragstellerinnen begehren eine Berichtigung des Bescheides entsprechend der Neugründungsförderung. Die Nachbarn beantragen die ersatzlose Behebung des Bescheides, in eventu die Abweisung des Genehmigungsantrages, in eventu dessen Behebung und Zurück­verweisung an die belangte Behörde. Es hätte - so die Nachbarn - kein verein­fachtes Verfahren durchgeführt werden dürfen.

 

1.5.      Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führte am 21. April 2016 antragsgemäß eine Verhandlung durch. Dabei wurde wie folgt Beweis erhoben: Einsichtnahme in die Verfahrensakte, Anhörung der Ehegatten F und des A K (letzterer als Vertreter der Antragstellerinnen), Einvernahme der Amtssachverständigen (ASV) für Anlagen-, Lärm- und Agrartechnik. Nachdem der Verhandlungsleiter die beabsichtigte Entscheidung vorläufig zur Diskussion gestellt hatte, erklärten die Verfahrensparteien, keine weiteren Beweismittel vorzulegen und keine Beweisanträge zu stellen. Der Verhandlungsleiter verfügte daraufhin den Schluss der Beweisaufnahme und gab den Verfahrensparteien die Gelegenheit, ein Schlussvorbringen zu erstatten. Mit Eingabe vom 24. April 2016 (eingelangt am 26. April 2016) übermittelten die Antragstellerinnen dem Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich den Baubescheid vom 27. März 2012 samt Niederschrift vom 13. März 2012, das Schreiben der belangten Behörde vom
1. März 2010 und die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer vom
23. November 2009.

 

2.           Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender Sachverhalt fest:

 

2.1.      Zur Vorgeschichte:

 

In zivilrechtlicher Hinsicht geht die Reitanlage der Antragstellerinnen auf den Gesellschaftsvertrag vom 2. November 2000, mit dem die „P P GesnbR“ gegründet wurde, zurück. Die GesnbR errichtete in der Folge auf den Grundstücken Nr. x und x, beide KG G (mittlerweile Grundstücke Nr. x und
Nr. x), bauliche Anlagen zum Betrieb einer Reitanlage (Beilage A des Schriftsatzes vom 12. Oktober 2015, Beilage 1 der Niederschrift, ON 25 des Behördenaktes, Erörterung Tonbandprotokoll).

 

Im gegenständlichen Fall schlossen sich ursprünglich drei Nebenerwerbslandwirte (H H, R M K und F F, der nunmehr mit den übrigen Nachbarn als Beschwerdeführer auftritt) zusammen, um Pferdeaus­bildung als landwirtschaftlichen Betriebszweig zu betreiben und gemeinsam eine Reithalle und einen Gemeinschaftsstall zu errichten. In dieser Gemeinschaft wurden insgesamt 14 ha landwirtschaftliche Nutzfläche in Form der Pferde­zucht und Pferdehaltung bewirtschaftet und es wurde durch die Errichtung der gemeinsam betriebenen Reithalle die Grundlage für die Absicherung dieser Bewirtschaftungsform in Form der Pferdehaltung bewältigt, sodass das gesamte Projekt aus agrartechnischer Sicht insgesamt als landwirtschaftliches Betriebs­objekt zu bezeichnen ist, welches die betriebswirtschaftlichen Vorteile der Kooperation in Form der Betreibergemeinschaft wirkungsvoll nützt. In dem Gemeinschaftsprojekt standen die eigene Pferdezucht der Betreiber sowie die Ausbildung der eigengezüchteten Pferde im Vordergrund, sodass durch den Verkauf der ausgebildeten Pferde eine verbesserte landwirtschaftliche Wert­schöpfung erzielt werden konnte. Die Ausbildung und Schulung von Fremd­pferden diente der Auslastung der Objekte und stand aus agrartechnischer Sicht nicht im Widerspruch zum landwirtschaftlichen Gemeinschaftsobjekt (Gutachten Dipl.-Ing. G, Beilage zu ON 16 des verwaltungsgerichtlichen Aktes, Erörte­rung Tonbandprotokoll).

 

Die Reitanlage wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde P vom 8. Mai 2002, GZ: 131.30/2002, baurechtlich - als landwirtschaftlicher Betrieb - bewilligt. Das bewilligte Projekt wird in der dem Bescheid zugrunde liegenden Verhandlungsschrift wie folgt beschrieben: „Die hier gegenständlichen Liegenschaften waren zum Teil als Grünland, zum Teil als Dorfgebiet ausge­wiesen. Das gesamte Areal sollte als Grünland mit ‚Sonderausweisung Reitsport­anlage‘ gewidmet werden, um eine allfällige Bebauung mit Wohngebäuden in unmittelbarer Nähe der Reitanlage ausschließen zu können. Bei der Reithalle handelt es sich um eine unbeheizte Stahlfachwerk-Leichtbauhalle mit Planen-Eindeckung mit den Außenabmessungen der Reithalle 48,77 m x 21,95 m. Westlich der Reithalle ist eine 15 m x 11 m große Düngestätte in betonierter Bauweise vorgesehen (Bodenplatte wannenförmig ausgebildet, an der Nordseite und 25 cm hoher Betonsockel). In einer Entfernung von 5 m südlich der Reithalle wird ein Stahlgebäude in Holzbauweise errichtet, wobei zum einen 16 Pferdeboxen, zum anderen Sanitärräumlichkeiten, ein Aufenthaltsraum, eine Sattelkammer, ein Verwaltungsbereich sowie zwei Schlafräume angeordnet werden. Zusätzlich soll an der Nord-Ost-Ecke des Gebäudes ein Getreidekasten in zweigeschossiger Bauweise errichtet werden, in welchem ebenfalls Aufent­halts­räume geplant sind.“ (Schriftsatz vom 13. April 2016, ON 20 des verwaltungsgerichtlichen Aktes, Baubeschreibung und Verhandlungsschrift Beilage 1 zum Schriftsatz ON 20, Erörterung Tonbandprotokoll).

 

Die Reithalle mit den Außenabmessungen 48,77 m x 21,95 m wurde in dieser Weise auch errichtet. Es wurde auch das beschriebene, in einer Entfernung von
5 m südlich der Reithalle, geplante Stallgebäude in Holzbauweise errichtet, wobei 16 Pferdeboxen errichtet wurden. Auch die Sanitärräumlichkeiten, der Aufent­halts­raum, die Sattelkammer, der Verwaltungsbereich sowie die zwei Schlaf­räume wurden entsprechend der Bewilligung errichtet. Auch der erwähnte Getreide­kasten wurde in zweigeschossiger Bauweise errichtet, in welchem ebenfalls Aufenthaltsräume eingerichtet wurden. Zunächst wurden auch nur 16 Pferde eingestellt. Im Jahr 2003 wurden die Flächen in „Grünland - Reitsport­anlage“ umgewidmet. Bereits im Jahr 2002 war Ausgangspunkt, wie in der im gegenständlichen Gewerbeverfahren zugrunde liegenden Betriebsbeschreibung enthalten, die Pferdezucht und das Pferdetraining einschließlich Schulungsbetrieb für Kinder und Erwachsene mit insgesamt 16 Pferden (unstrittig).

 

Nachbarn und Antragstellerinnen sind unterschiedlicher Auffassung, ob bzw. wann in weiterer Folge Vorgaben des Baubescheides v.a. betreffend Düngestätte, Blitzschutzanlage und sonstige einzelne Auflagepunkte (nicht) eingehalten wurden und ab welchem Zeitpunkt zusätzliche Pferde eingestellt wurden (Parteivorbringen Tonbandprotokoll).

 

Zwischen F F, H H, R M K, H B F und A F wurde schließlich am 10. Juli 2006 ein Abtretungs-, Baurecht- und Bezugsvertrag abgeschlossen. F F schied aus der GesnbR aus. Eigentümer der Grundstücke Nr. x und x, KG G, sind nach wie vor F und H F und verfügen H H und R M K über ein Baurecht auf Grundstück Nr. x (Beilage A des Schriftsatzes vom 12. Oktober 2015, Beilage 1 der Niederschrift, ON 25 des Behördenaktes, Erörterung Tonbandprotokoll).

 

Folgende baubehördliche Anzeige- und Bewilligungsverfahren sind - neben der ursprünglichen Baubewilligung aus dem Jahr 2002 - im verwaltungsgerichtlichen Akt dokumentiert: Die in der Beilage 2 der Stellungnahme des Ing. H vom
24. Februar 2016 rot dargestellten Schutzdächer (Paddocks) und das Schutzdach bei der Reithalle wurden im Rahmen eines Anzeigeverfahrens zur Kenntnis genommen. Das Schutzdach bei der Reithalle 4 und ein Teilbereich im östlichen Teil des Hofgebäudes wurden in der Zweckwidmung geändert; dies wurde mit Bescheid vom 27. März 2012 baubehördlich bewilligt. Der Zubau von 6 Schutz­dächern (4 an der westlichen Stirnseite der Reithalle und 2 zwischen Hofgebäude und Reithalle) wurden im Rahmen einer Baufreistellung (Baufreistellungsvermerk datiert mit 20. Oktober 2012) baubehördlich zur Kenntnis genommen. Zusätz­liche Schutzdächer zwischen Reithalle und Hofgebäude wurden im Rahmen der Baufreistellung mit 18. November 2013 seitens der Baubehörde zur Kenntnis genommen. Auf Grund einer geänderten Rechtsansicht seitens der Vorent­schei­dungs- (oder Aufsichts-)behörde wurde für die bis dahin angezeigten Bauvor­haben um eine nachträgliche Bewilligung angesucht. Die Änderungen wurden mit Bescheid vom 19. Mai 2014 baubehördlich bewilligt. Es steht nicht fest, ob und inwieweit diese Baubescheide in Rechtskraft erwachsen sind (Stellungnahme
Ing. H vom 24. Februar 2016, ON 3 des verwaltungsgerichtlichen Aktes).

 

Anhängig ist ein zivilrechtliches Verfahren, in dem die Antragstellerinnen die Zuhaltung des Baurechtsvertrages durch Abgabe einer Zustimmungserklärung zur Durchführung von Bauverfahren einklagen. Das Verfahren ist nicht abge­schlossen (unstrittig).

 

Im vorgelegten Verfahrensakt der belangten Behörde ist keine Eingabe enthalten, mit der die Antragstellerinnen gemäß § 74 Abs. 6 GewO die Umwandlung des landwirtschaftlichen Betriebes in eine gewerbliche Betriebs­anlage angezeigt haben (Akteninhalt, Aktenverzeichnis).

 

2.2.      Zum Ablauf des Behördenverfahrens:

 

Mit bei der Behörde am 26. Juni 2015 eingelangter Eingabe suchten die Antragstellerinnen als Gesellschafterinnen der „P P GesnbR“ bei der belangten Behörde um die Erteilung einer betriebsanlagenrechtlichen Genehmigung ihrer Reitanlage an. Den Einreichunterlagen ist folgende Betriebs­beschreibung angeschlossen: „Der Betrieb befasst sich mit der Pferdezucht, Pferdetraining, Hippotherapie, Pferdeeinstellung. Die Pferdezucht, Hippotherapie und Pferdetraining werden weiter im Rahmen der Landwirtschaft betrieben werden. Zur Hippotherapie stellt der Betrieb lediglich die Pferde aus der Pferdezucht zur Verfügung, diese werden vom externen Therapeuten angemietet. Das Pferdetraining der eingestellten und gezüchteten Pferde wird ebenfalls von einem externen Trainer in Eigenverantwortung durchgeführt. Die Pferdeein­stellung soll hinkünftig im Rahmen eines Gewerbebetriebes durchgeführt werden. Eine Abgrenzung der landwirtschaftlichen von der gewerblichen Tätigkeit ist nicht möglich, da die Gebäude von allen Betriebssparten gleichzeitig genutzt werden. Tägliche Betriebsabläufe: Die Fütterung und Entmistung der Boxen wird im Zeitraum zwischen 08:00 Uhr und 13:00 Uhr und 17:00 Uhr und 19:00 Uhr durch­geführt. Der Reitbetrieb beginnt ca. um 08:00 Uhr und endet spätestens um 22:00 Uhr. Betriebszeiten sind Montag bis Sonntag von 06:00 Uhr bis
22:00 Uhr gemäß Bescheid vom 1. März 2001 (gemeint: Bescheid vom
8. Mai 2002).“
  (Erörterung Antragsunterlagen Tonbandprotokoll)

 

Laut Betriebsbeschreibung belaufen sich die betrieblich genutzten Flächen auf insgesamt ca. 10.000 m2. Im den Projektsunterlagen angeschlossenen TÜV- Bericht vom 9. Juni 2015 wird ausgeführt: „Eigene Messungen oder eine Beurteilung im Sinne der ÖAL-Richtlinie 3/1 sollten nicht durchgeführt werden ... Die Reitsportanlage liegt am Grundstück Nr. x, KG G. Sie besteht im Wesentlichen aus einem Fort mit Stallungen und einem offenen Innenhof, einer zeltähnlichen Reithalle mit Reitplatz, Bewegungsflächen für Pferde sowie zugehö­rigen Nebenanlagen (Lager, ...). Das Fort ist in Holzbauweise errichtet und umfasst unter anderem die boxenförmigen Ställe 1 und 2. Westlich an die Reithalle anliegend ist der Stall 3 die Pferdezucht angebaut. Zwischen Fort und Reithalle befindet sich der Lagerraum (Futtermittel, ...).“ (Betriebsbeschreibung und TÜV-Bericht, Beilage zu ON 1 des Behördenaktes)

 

Die Behörde führte nach einer Vorprüfung des Ansuchens und Kundmachung vom 23. September 2015 ein vereinfachtes Verfahren im Sinne des § 359b Gewerbeordnung durch. Die Nachbarn wenden sich gegen die Durchführung eines vereinfachten Verfahrens, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen würden, und erhoben in den behördlichen Verhandlungen am
13. Oktober 2015 und am 6. November 2015 sowie mit schriftlichem Eingang vom 12. Oktober 2015 und vom 20. November 2015 Einwendungen. Zusammen­gefasst wenden sich die Nachbarn gegen die nach der mit Baurechtsvertrag vom 10. Juli 2006 erfolgten und zur gewerbebehördlichen Genehmigung eingereichten Betriebserweiterung bzw. die Aufstockung von 16 auf 35 Pferden. Mit der beantragten Einstellung von bis zu 35 Pferden seien vermehrte Manipulationen und Fahrbewegungen am Betriebsgelände verbunden, die zu einer unzumutbaren Lärm-, Staub- und Geruchsbelästigung führen würden. Die vorhandene Gülle­grube werde überlastet, was zu einer Grundwasserverunreinigung führe. Die Umzäunungshöhe der Koppeln sei zu gering und es könnten die Pferde entlaufen. Außerdem stimme die beantragte Betriebsbeschreibung mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht überein. Es würden gastgewerbliche Tätigkeiten und Veran­staltungen stattfinden bzw. seien nicht von der Betriebsbeschreibung erfasste Anlageteile vorhanden (Erörterung Verfahrensablauf Tonbandprotokoll).

 

Die belangte Behörde legte ihrem Bescheid vom 25. November 2015 nachstehende - mit einem Bezugsvermerk versehene - Projektsunterlagen zugrunde:

-      Betriebsbeschreibung ohne Datum

-      Vollmachtsvertretung an A K vom 24. Juni 2015, verfasst von H H und R M K

-      Beschreibung Weideeinzäunung und Boxengröße vom 17. November 2015

-      Maschinenliste - Arbeitsmittel

-      Beschreibung Pferdekoppeln, jeweils ohne Datum

-      Abnahmevertrag Pferdemist vom 6. November 2015

-      Fotodokumentation Schrappenwinden

-      ergänzende Stellungnahme Ausbringung Mistsickerwässer vom
14. Oktober 2015, jeweils verfasst von A K

-      Bemessung Heizungsauslegung vom 21. Oktober 2015, verfasst von
G. B GmbH, A

-      Betriebsbeschreibung

-      Kopie Niederschrift vom 16. April 2014

-      Zusammenstellung der gerichtlichen und behördlichen Feststellungen im Zusammenhang mit Lärm, Staub und Geruch

-      Abfallwirtschaftskonzept

-      Schallausbreitungsrechnung vom 9. Juni 2015,
GZ: 15-UW/Wels-Ex-233 GAT

-      Ergänzung Schalltechnik vom 26. August 2015, GZ: 15-U-315 GAT, jeweils verfasst von T A Services GmbH, x

Einreichpläne

-      Flächenwidmungsplan Nr. 4 Süd vom 11. Februar 2015

-      Lageplan Reitanlage x 17 vom 23. Mai 2015

-      Lageplan Grundgrenzen Lagerflächen etc.

-      Fluchtwegeplan,

jeweils ohne Datum und Maßstab

-      Grundriss, Ansichten, Schnitt A-A, Lageplan

 

Des Weiteren stützte die Behörde ihre Entscheidung auf die gutachtlichen Stellungnahmen des Amtssachverständigen für Anlagentechnik Ing. H vom
13. Oktober 2015, vom 6. November 2015 und vom 11. November 2015 sowie auf die gutachtlichen Stellungnahmen des wasserbautechnischen Amtssachver­ständigen Ing. W vom 16. April 2014, vom 5. November 2015 und vom
16. November 2015 sowie des Amtstierarztes Dr. G vom 13. November 2015. Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden (Akteninhalt).

 

2.3.      Zur Abgrenzung zwischen landwirtschaftlichen und gewerblichen Tätig­keiten:

 

In der zur Genehmigung eingereichten Betriebsbeschreibung findet sich der Klammerausdruck „(32 Pferde Landwirtschaft, 35 Pferde Gewerbe)“. In der Niederschrift vom 21. Juli 2015 wurde dazu protokolliert: „Herr K erklärt, dass sich der Genehmigungsantrag auf das Einstellen von max. 35 fremden Reittieren bezieht und derzeit ca. 20 fremde und 7 eigene Pferde eingestellt sind“. Laut Aktenvermerk vom 14. Oktober 2015 teilte Frau K während der Verhandlung am 13. Oktober 2015 mit, dass derzeit 24 fremde und 5 eigene Pferde eingestellt seien (Betriebsbeschreibung, Beilage zu ON 1 des behördlichen Aktes, Nieder­schrift vom 21. Juli 2015, ON 7 des behördlichen Aktes, Aktenvermerk vom
14. Oktober 2015, ON 26 des behördlichen Aktes).

 

Laut Abnahmevertrag wird der anfallende Mist von max. 35 Pferden teilweise auf Eigenflächen und Pachtflächen (ca. 7 ha) ausgebracht. Der nicht auf Eigen- und Pachtflächen ausgebrachte Mist wird einem Landwirt zur Ausbringung als Dünger im Rahmen der Landwirtschaft überlassen (Abnahmevertrag, Beilage zu ON 55 des behördlichen Aktes).

 

Aus agrartechnischer Sicht ist bei der Frage, wie viele Pferde in einem landwirtschaftlichen Betrieb eingestellt werden können, davon auszugehen, dass pro ha zwei Pferde gehalten werden können. Bei 14 ha landwirtschaftliche Nutz­fläche würde das auf ca. 28 bis maximal 30 Pferde hindeuten (Ausführungen Dipl.-Ing. B, Tonbandprotokoll).

 

2.4.      Zur Bestandssituation und zu den Auswirkungen der mit der gegenständ­lichen gewerblichen Einreichung verbundenen Änderungen:

 

In der Verhandlung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich wurde eingehend erörtert, ob und inwieweit mit der gegenständlichen Einreichung (max. 35 Pferde) eine Änderung der ursprünglich im Jahr 2002 vorhandenen Situation eingetreten ist (Tonbandprotokoll).

 

Es wurde bislang keine Messung vorgenommen. Grundsätzlich ist bei einer  Erhöhung von 16 auf 35 Pferde sehr wohl von einer Änderung der Lärmim­missionen auszugehen. Laut dem vorliegenden TÜV-Bericht bzw. TÜV-Gutachten sind die Traktorfahrten der entscheidende Lärmemittent. Wenn man die Berech­nung ansetzen würde, dass bei einem Betrieb mit der doppelten Pferdeanzahl auch die doppelten Traktorfahrten anfallen, würde sich, vorsichtig geschätzt, aus lärmtechnischer Sicht eine Erhöhung um 3 dB ergeben. Die Immissionen der Anlagen würden sich um etwa 3 dB erhöhen. Es kommt hier jeweils darauf an, was ein Lärmprojektant für Ansätze hier auch veranschlagt. Denkbar wäre hier aus lärmtechnischer Sicht, eine Beurteilung durch einen medizinischen Amts­sachverständigen durchführen zu lassen bezüglich der in der erwähnten TÜV-Berechnung bzw. im TÜV-Gutachten dargestellten Ansatzwerte. Um eine lärmtechnische Beurteilung gemäß ÖAL-Richtlinie Nr. 3 vornehmen zu können, wäre der ursprüngliche Bestand, den im gegenständlich eingereichten Projekt vor­gesehenen Fahrfrequenzen und Manipulationen gegenüberzustellen und wären diese Unterschiede lärmtechnisch zu untersuchen. Sofern hier der planungs­­technische Grundsatz nicht eingehalten werden sollte, wäre eine individuelle Prüfung durch den Mediziner erforderlich. Es werden die im vorliegenden Bericht des TÜV vom 9. Juni 2015 erwähnten Ansätze hier dem ursprünglichen Bestand vom Lärmprojektanten auch gegen­überzustellen sein (Ausführungen Ing. F, Tonbandprotokoll).

 

Es steht daher derzeit nicht fest, ob und inwieweit sich die ursprünglichen Emissionen des Betriebes im Jahr 2002 (16 Pferde) gegenüber dem projektierten und beantragten Betrieb (max. 35 Pferde) verändern werden (Ausführungen
Ing. F, Tonbandprotokoll).  

 

3.     Beweiswürdigung:

 

Einleitend (1.) werden der unstrittige Ausgangspunkt des Verfahrens und der Ablauf des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens zusammengefasst.

 

In der Sache selbst (2.) stützen sich die Feststellungen auf die in Klammer angegebenen Beweismittel. Zunächst trifft das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich Feststellungen zur Vorgeschichte (2.1.). Der Beschwerdeführer F F war ursprünglich gemeinsam mit den Antragstellerinnen Gesellschafter der P P GesnbR. Es liegt ein Baubescheid aus dem Jahr 2002 vor, wobei unstrittig zunächst 16 Pferde eingestellt wurden. Nachbarn und Antragstellerinnen sind unterschiedlicher Auffassung, ob bzw. wann in weiterer Folge Vorgaben des Baubescheides v.a. betreffend Düngestätte, Blitzschutzanlage und sonstige einzelne Auflagepunkte (nicht) eingehalten wurden und ab welchem Zeitpunkt zusätzliche Pferde eingestellt wurden.  F F schied mit Vertrag vom 10. Juli 2006 aus der Gesellschaft aus und wurde den Antragstellerinnen ein Baurecht auf den Betriebsliegenschaften einge­räumt. Es steht nicht fest, ob die in der Folge erlassenen Baurechtsbescheide in Rechtskraft erwachsen sind. Über die Klagen der Antragstellerinnen auf Abgabe einer Zustimmungserklärung lag im Zeitpunkt der Verhandlung des Landesver­wal­­tungsgerichtes Oberösterreich noch keine Entscheidung vor. 

 

Im Akt ist keine Anzeige nach § 74 Abs. 6 GewO dokumentiert, sondern suchten die Antragstellerinnen mit Eingabe vom 26. Juni 2015 bei der belangten Behörde um die Erteilung einer Betriebsanlagengenehmigung an. Der Ablauf des behörd­lichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahrens (2.2.) ergibt sich aus dem Verfah­rensakt und ist nicht weiter strittig.

 

Die Feststellungen zur Abgrenzung von gewerblichen und landwirtschaftlichen Tätigkeiten (2.3.) stützen sich auf die angeführten Angaben der Antrag­stel­lerinnen bzw. den Projektsinhalt. Nach Auskunft der beiden Gesellschafterinnen wurden bereits im Jahr 2009 für 20 Pensionspferde Boxen, Futter und Betreuung angeboten. Darüber hinaus waren 6 eigene Reitpferde eingestellt, welche vermie­tet werden (vgl. Stellungnahme der Landwirtschaftskammer vom
23. November 2009).

 

In der mündlichen Verhandlung des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich wurden die Bestandssituation und die Auswirkungen der mit der gegen­ständlichen gewerblichen Einreichung verbundenen Änderungen eingehend erörtert (2.4.). Strittig war, ob als Bestand die Ausgangssituation im Jahr 2002 (Betrieb mit 16 Pferden) oder der mit Baubescheid vom 27. März 2012 bewilligte Zustand (Betrieb mit 32 Pferden) anzusehen ist. Dabei handelt es sich um eine Frage der rechtlichen Beurteilung. Die ASV für Lärm- und Anlagentechnik wurden in der Verhandlung eingehend dazu befragt, welche Unterlagen für eine Beur­teilung erforderlich wären, wenn man einen Betrieb mit 16 Pferden als Bestand voraussetzt. ASV Ing. F äußerte sich dazu schlüssig und nachvollziehbar. Seine Angaben werden insoweit den Feststellungen zugrunde gelegt. Da derzeit die geforderten Unterlagen noch nicht vorliegen, steht nicht fest, ob und inwieweit sich die ursprünglichen Emissionen des Betriebes im Jahr 2002 (16 Pferde) gegenüber dem projektierten und beantragten Betrieb (max. 35 Pferde) verändern werden.

 

4.     Rechtliche Beurteilung:

 

4.1.      Zum Adressaten des bekämpften Bescheides:

 

Der Bescheid richtet sich an die „P P GesnbR zH Herrn A K“. Wohl führt die mangelnde Parteifähigkeit der GesbR dazu, dass diese (allein) nicht Antragstellerin im betriebsanlagenrechtlichen Verfahren  sein kann. Hier wurden aber die Gesellschafterinnen der GesbR sowohl im Antrag als auch in den im Spruch des Bescheides angeführten Projektsunterlagen ausdrücklich genannt; insbesondere wurde die Bevollmächtigung einer Person zur Einbringung von Anträgen im Gewerbeverfahren von den Gesellschafterinnen unterfertigt. Die Wortwahl P P GesnbR zH Herrn A K stellt lediglich eine verfehlte Parteienbezeichnung dar (vgl. VwGH 16. September 2009,
Zl. 2007/05/0188). Im Ergebnis sind als Adressaten
R M K und H H als Gesellschafterinnen der P P GesnbR, beide vertreten durch A K“ zu sehen, worauf die Behörde im fortgesetzten Verfahren zu achten hat.

 

4.2.      Zur Abgrenzung zwischen landwirtschaftlichen und gewerblichen Tätig­keiten:

 

§ 2 Gewerbeordnung 1994 lautet auszugsweise:

 

„§ 2. (1) Dieses Bundesgesetz ist - unbeschadet weiterer ausdrücklich angeord­neter Ausnahmen durch besondere bundesgesetzliche Vorschriften - auf die in den nachfolgenden Bestimmungen angeführten Tätigkeiten nicht anzuwenden:

1. die Land- und Forstwirtschaft (Abs. 2 und 3);

2. die Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft (Abs. 4);

....

(3) Zur Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs. 1 Z 1) gehören

     ...

     2. das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse;

(4) Unter Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne dieses Bundesgesetzes (Abs. 1 Z 2) sind zu verstehen:

     ....

     6. Fuhrwerksdienste mit anderen als Kraftfahrzeugen sowie das Vermieten und Einstellen von Reittieren;

     ...“

 

§ 2 GewO nimmt Tätigkeiten, die die im § 1 beschriebenen Merkmale der Gewerbsmäßigkeit enthalten, vom Geltungsbereich der Gewerbeordnung aus. Ausgenommen ist nach § 2 Abs. 1 Z 1 GewO die Land- und Forstwirtschaft, zu der (Abs. 3 Z 2) das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse gehört. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 14. November 1995, Zl. 93/08/0127, ausgeführt, dass auch Reitpferde „Nutztiere zur Zucht“ sein können. Hingegen ist die Tätigkeit „Vermieten und Einstellen von Reittieren“ den Nebengewerben der Land- und Forstwirtschaft (§ 2 Abs. 4 Z 6 GewO) zugeordnet. Während die GewO 1973 in der bis zur Novelle BGBl. Nr. 399/1988 von diesem Tatbestand nur die Vermietung von Reittieren erfasste, sollte nach dieser Novelle auch das Einstellen fremder Reittiere als landwirtschaftliches Nebengewerbe ausgeübt werden können; auch diese Tätigkeit muss der Landwirtschaft untergeordnet sein (siehe die bei Kinscher/Paliege-Barfuß, Gewerbeordnung 7, Rz 217 zu § 2, wieder­gegebenen Gesetzesmaterialien). Vorweg ist aber zu prüfen, ob überhaupt ein Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2 GewO vorliegt. Bei der Beurteilung, ob es sich bei einer von einem Landwirt ausgeübten gewerblichen Tätigkeit um ein von der Gewerbeordnung ausgenommenes land­wirtschaftliches Nebengewerbe handelt, sei zunächst auf die Darlegungen und Nachweise in Kinscher/Paliege-Barfuß, a.a.O., Rz 185 bis 187 verwiesen; beispielhaft werden folgende Ausführungen aus dem hg. Erkenntnis vom
5. September 2001, Zl. 98/04/0182, wiedergegeben:

„Die Tätigkeiten, welche unter Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 2 Z 2 GewO 1994 zu verstehen sind, sind im Abs. 4 dieser Gesetzesstelle taxativ aufgezählt. Nach der im gegebenen Zusammenhang allein in Betracht kommenden Bestimmung des ersten Halbsatzes der Z 4 dieser Gesetzesstelle sind als solches Nebengewerbe Dienstleistungen zu verstehen, ausgenommen Fuhrwerksdienste (Z 5 und 6), mit land- und forstwirtschaftlichen Betriebsmitteln, die im eigenen Betrieb verwendet werden, für andere land- und forstwirtschaftliche Betriebe in denselben oder einem angrenzenden Verwal­tungs­bezirk. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom
26. Februar 1991, Zl. 90/04/0147 (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungs­gerichts­hofes vom 30. Jänner 1996, Zl. 95/04/0178), ausgeführt hat, enthalten die Tatbestände des § 2 Abs. 4 leg. cit. nicht insgesamt eine Definition des Begriffes ‚Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft‘, vielmehr sind dort lediglich die Typen jener Tätigkeiten angeführt, die unter diesen Begriff fallen. Dieser Begriff enthält indessen über die Merkmale der ausdrücklich vorgesehenen einzelnen Tätigkeitstypen hinaus noch weitere Begriffsmerkmale, die allerdings nicht in Form einer ausdrücklichen Legaldefinition in die Gewerbeordnung Ein­gang gefunden haben. Diesem Begriff wohnen, unabhängig von der Typisierung der einzelnen nebengewerblichen Tätigkeiten in § 2 Abs. 4 leg. cit. die Begriffs­merkmale einer mit der Land- und Forstwirtschaft organisatorisch eng verbun­denen Erscheinungsform und der Unterordnung der gewerblichen Tätigkeit gegen­über der Land- und Forstwirtschaft inne. Das Kriterium der mit der Land- und Forstwirtschaft organisatorisch eng verbundenen Erscheinungsform macht im Einzelfall Feststellungen darüber erforderlich, inwiefern die von einem Land- bzw. Forstwirt ausgeübten Tätigkeiten, die an sich dem Typus eines Neben­gewerbes nach den in § 2 Abs. 4 leg. cit. aufgezählten Tatbeständen entsprechen, mit dem land- bzw. forstwirtschaftlichen Betrieb organisatorisch verflochten sind, wobei sich eine absolute Grenze der Unterstellbarkeit solcher Tätigkeiten unter den Begriff des ‚Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft‘ dort ergibt, wo die Ausübung der betreffenden Tätigkeiten dem Erscheinungsbild eines Betriebes entspricht, wie er in Ansehung der jeweils in Frage stehenden Tätigkeiten von einem Gewerbetreibenden losgelöst von der Land- und Forst­wirtschaft geführt wird."
(vgl. VwGH 3. Juli 2007, Zl. 2005/05/0253, und OGH 22. Oktober 1991, Zl. 10ObS265/91).

 

Für die Beurteilung, ob insgesamt der Charakter des gegenständlichen Betriebes als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gewahrt wird (oder umgekehrt der Charakter eines Gewerbebetriebes vorliegt), kann auf eine Mehrzahl von Aspekten abgestellt werden, die nach der Methode eines beweglichen Systems in eine Gesamtbetrachtung einfließen (VwGH 14. Oktober 2015,
Zl. Ro 2014/04/0051).

 

Im Beschwerdefall war somit zu prüfen, ob der hier gegebene Betriebszweig „Einstellen von Reittieren“ diesen genannten Anforderungen entspricht. Dabei war von den Angaben der Antragstellerinnen, insbesondere der Betriebs­beschreibung, auszugehen (vgl. 2.3.). In der Betriebsbeschreibung findet sich der missverständliche Klammerausdruck „(32 Pferde Landwirtschaft, 35 Pferde Gewerbe)“. In der Niederschrift vom 21. Juli 2015 wurde dazu protokolliert: „Herr K erklärt, dass sich der Genehmigungsantrag auf das Einstellen von max. 35 fremden Reittieren bezieht und derzeit ca. 20 fremde und 7 eigene Pferde eingestellt sind“.

 

Die Antragstellerinnen übermittelten dem Landesverwaltungsgericht Oberöster­reich nach der mündlichen Verhandlung die Stellungnahme der Bezirksbauern­kammer vom 23. November 2009.  Darin wird ausgeführt: „Die P P GesbR betreibt an ihrem Standort in x 17, P auf Basis eines Abtretungs-, Baurechts- und Bezugsvertrages einen Pferdehaltungsbetrieb. Im Wesentlichen obliegt der GesbR, bestehend aus den beiden Gesellschafterinnen Frau R M K, x 6, P und Frau H H, x, W das Bezugsrecht an landwirtschaftlichen Nutz­flächen im Ausmaß von ca. 3,6 ha sowie das Eigentum an den baulichen Anlagen (Reithalle, Stallungen, Vereinshaus), wobei die gegenständige Baufläche auf 45 Jahre an die P P GesbR verpachtet ist. Die Baurechtsfläche befindet sich auf dem Gst. Nr. x, EZ x, KG G und wird neben den baulichen Anlagen zu 6.575 landwirtschaftlich als Weidefläche bewirtschaftet. Weiters werden landwirtschaftliche Nutzflächen vom Schloss F im Ausmaß von 1,8750 ha genutzt, womit die P P GesbR neben dem Bezugsrecht weitere 2,53 ha landwirtschaftliche Nutzfläche als Weideland und damit wesentliche Futtergrundlage für ihre Pferde nutzt. Nachdem zumindest landwirtschaftliche Flächen im Ausmaß von 2,53 ha auf Rechnung und Gefahr der beiden Gesellschafterinnen Frau R M K und Frau H H bewirtschaftet werden, können die beiden Gesellschafterinnen als Landwirte bezeichnet werden. Nach Auskunft der beiden Gesellschafterinnen werden derzeit für 20 Pensionspferde Boxen, Futter und Betreuung angeboten. Darüber hinaus haben die Gesellschafterinnen 6 eigene Reitpferde eingestellt, welche vermietet werden. Der Reitverein P ist in x 17, P als Untermieter eingemietet und verfügt über eine eigene finanzielle Gebarung. Aus steuer­rechtlicher Sicht ist nach dem Bewertungsgesetz § 30 Abs. 5-7 bezogen auf die reduzierte landwirtschaftliche Nutzfläche des Betriebes das Halten von 20,25 Vieheinheiten im Rahmen der Landwirtschaft zulässig. Die P P GesbR hält aktuell 2 Fohlen < 1 Jahr, 5 Jungpferde (1-3 Jahre) und 19 Pferde > 3 Jahre. (2 x 0,35) + (5 x 0,6) + (19 x 0,8) = 18,9 Vieheinheiten. Der Höchstbestand wird damit unterschritten und somit liegt nach § 30 Abs. 5-7 BewG. ein landwirtschaftlicher Betrieb vor. Die Tierhaltung mit überwiegend eige­nen Erzeugnissen nach § 30 Abs. 3 BewG. wurde im Detail nicht geprüft. Die Gesellschafterinnen geben jedoch an, neben den Flächen aus dem Bezugsrecht und den selbst bewirtschafteten Flächen, Fertigfutter für die Pferde zuzukaufen. Neben der P P GesbR betreiben die beiden Gesellschaf­terinnen jede für sich landwirtschaftliche Betriebe, wie folgt: Frau H H besitzt in der KG G einen landwirtschaftlichen Betrieb mit 5,6085 ha im Alleineigentum. Der Betrieb hat einen Einheitswert in der Höhe von € 4.400.- und verfügt über 4,4439 ha landwirtschaftliche Nutzfläche und 1,1646 ha Wald. Im Wesentlichen werden der Obstgarten und Wiesen im Umfang von 2,10 ha sowie ein Wald im Umfang von 1,16 ha und Gartenfläche im Umfang von 0,0522 ha selbst bewirtschaftet. Die Eigenbewirtschaftung umfasst damit 3,26 ha land- und forstwirtschaftliche Nutzfläche. Die restliche Fläche ist an die Betriebe K in R und N in P verpachtet. Frau H H ist bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern als Landwirtin versichert. Sie hält auf ihrem Betrieb in x, W drei Pferde und ein Fohlen. Frau R M K besitzt mit ihrem Ehegatten mehrere Liegen­schaften im Hälfteeigentum. Der Grundbesitz beläuft sich in der EZ x und
EZ x, KG U sowie EZ x KG G auf insgesamt 3,0252 ha landwirtschaftliche Nutzfläche und 0,5211 ha forstwirtschaftliche Fläche. Davon sind 2,1934 ha an den Sohn A K verpachtet und weitere 0,3822 ha an den Betrieb W A, T. Somit werden 0,97 ha im wesentlichen Wald und Obstgarten, selbst bewirtschaftet. Bei der Sozialversicherungsanstalt der Bauern wird lediglich die Unfallversicherung einbezahlt.“

 

Die - im Wesentlichen anhand steuerrechtlicher Kriterien vorgenommene – Bewer­tung der Bezirksbauernkammer ist nicht unschlüssig. Die Annahme, es handle sich insoweit um einen landwirtschaftlichen Betrieb, erscheint nicht unvertretbar.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich kommt - unter Zugrundelegung der von den Höchstgerichten zu § 2 Abs. 4 GewO entwickelten und eingangs dargestellten Wertungskriterien - aber zu folgendem Ergebnis: Der Produktions­zweig „Pferdezucht“ könnte hier als Urproduktion im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 3 Z 1 GewO angesehen werden. Die Anlagenkonzeption (Reit­anlage, Einstellbetrieb) im dargestellten Umfang weist aber auf das Erschei­nungsbild eines Betriebes hin, wie er von einem Gewerbetreibenden, losgelöst von der Land- und Forstwirtschaft, geführt wird. Die Baulichkeiten, die laut Angaben der Antragstellerinnen vom 21. Juli 2015 überwiegend (d.h. für 20 fremde Pferde) dem Einstellbetrieb zuzuordnen sind, prägen das Erscheinungs­bild, auf welches die Rechtsprechung entscheidend abstellt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs. 4 Z 6 GewO für dieses Projekt keine Anwendung finden kann. Es mag sein, dass dieser Produktions­zweig mit der Urproduktion (Pferdezucht, teilweise Verwendung eigenen Futters) verbunden ist und es kann auch dahingestellt bleiben, ob je nach Berech­nungsmethoden von einer Über- oder Unterordnung der gewerblichen Tätigkeit gegenüber der Urproduktion ausgegangen werden kann. Daraus folgt, dass auf diese Betriebsanlage die Bestimmungen der §§ 74 ff Gewerbeordnung Anwen­dung finden.

 

4.3.      Zur Ausgangssituation des Genehmigungsverfahrens im Sinne des §§ 74 ff GewO (IST-Situation):

 

Die Regelung des § 74 Abs. 6 GewO hat, wie sich aus dem Wortlaut der zitierten Bestimmungen ergibt, den Fall vor Augen, dass zur Ausübung einer ursprünglich nicht den Bestimmungen der Gewerbeordnung unterliegenden Tätigkeit nach entsprechender behördlicher Genehmigung eine Anlage errichtet und betrieben wurde und dass in der Folge - bei gleich bleibender Art der Tätigkeit in dieser Anlage - diese Tätigkeit (aus welchen Gründen immer) den Charakter einer gewerblichen Tätigkeit annimmt und damit die Anlage zu einer (bewilli­gungs­pflichtigen) gewerblichen Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 1 und 2
GewO 1994 wird. Sind diese Voraussetzungen gegeben und erstattet der Anlagen­inhaber unverzüglich die Anzeige über die Änderung des Charakters der bisher nicht der Gewerbeordnung unterliegenden Anlage in eine gewerbliche Betriebs­anlage, so gilt mit dem Einlangen dieser Anzeige bei der Gewerbe­behörde die ursprünglich nach sonstigen Vorschriften erteilte Anlagenbewilligung als gewerbebehördliche Genehmigung dieser Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994. Wesentliche Voraussetzung für den Eintritt dieser Rechtsfolge sind somit neben einer Änderung der Rechtszuständigkeit und der unverzüg­lichen Erstattung der Anzeige die Identität sowohl der ursprünglich nach nicht gewerberechtlichen Vorschriften bewilligten und der nunmehr als gewerbliche Betriebsanlage betriebenen Anlage als auch der von der ursprünglichen Bewilli­gung umfassten und der nunmehr darin ausgeübten Tätigkeit (vgl. VwGH
22. Dezember 1999, Zl. 99/04/0128). Eine Anzeige im Sinne des § 74 Abs. 6 GewO ist dem Akt nicht zu entnehmen, was aber für den ursprünglichen emissions­rechtlichen Konsens keine unmittelbare Bedeutung hat. Aus § 74 Abs. 6 GewO lässt sich nur ableiten, dass im Falle einer nicht unverzüglichen Anzeige eben kein Anzeige-, sondern - wie gegenständlich - ein Genehmigungsverfahren durch­zuführen ist.

 

Die Auswirkungen einer beantragten Betriebsanlage sind im Genehmigungs­verfahren an den bestehenden Verhältnissen zu messen (§ 77 Abs. 2 GewO). Ausgangspunkt können nur tatsächlich vorhandene Emissionen bzw. Emis­sionsquellen sein, soweit sie von der Rechtsordnung gedeckt sind. Illegale Emis­sionen sind genauso auszublenden wie nicht vorhandene - abstrakt gesehen aber zulässige - Emissionen. Daraus folgt: Sind die ortsüblichen Verhältnisse im Sinne des § 364 ABGB nicht unstrittig, gelten die mit einer landwirtschaftlichen Vornut­zung verbundenen Emissionen als rechtmäßiger Bestand, soweit vorhandene emissionsrechtliche Vorgaben der Baubescheide eingehalten und der in § 2 GewO gezogene Rahmen nicht überschritten wurden (vgl. VwGH  15. September 2009, Zl. 2007/06/0329).

 

Die im Jahr 2002 vorhandene Reitanlage mit 16 Pferden (16 Boxen) war baurechtlich - für Antragstellerinnen und Nachbarn verbindlich - als Landwirt­schaft (Grünland, Dorfgebiet) bewilligt. Die damals vorhandenen Emissionen gelten daher jedenfalls als rechtmäßiger Bestand. Mit einer Einschränkung auf 16 Pferde wären die Nachbarn grundsätzlich einverstanden, eine Antragsänderung wurde seitens der Antragstellerinnen in der Verhandlung des Landesverwaltungs­gerichtes Oberösterreich aber abgelehnt.

 

Im Jahr 2003 erfolgte eine Umwidmung von Grünland bzw. Dorfgebiet auf „Reitsportanlage“. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass sich aus einem rechts­kräftigen Baubescheid eine emissionsrechtliche „Bestandsgarantie“ für einen landwirtschaftlichen Betrieb in der Widmung „Reitsportanlage“ ableiten lässt, sofern die Emissionsprüfung nicht verbindlich im betriebsanlagen­recht­lichen Verfahren zu erfolgen hat (§ 31 Abs. 6 Oö. BauO). Nun steht nicht fest, ob die nach der Umwidmung anhängigen baurechtlichen Verfahren rechtskräftig abgeschlossen sind. Unabhängig von der (nicht weiter erörterten) Frage, ob der in den Antragsunterlagen erwähnte Baubescheid vom 27. März 2012 in Rechts­kraft erwachsen ist, würde er keine emissionsrechtliche Bestandsgarantie begrün­den, wenn die Anlage bereits damals der betriebsanlagenrechtlichen Bewilligungspflicht unterlag.

 

Laut Betriebsbeschreibung wurde im Jahr 2012 die Unterbringung von bis zu 32 Pferden baurechtlich bewilligt. Laut Betriebsbeschreibung hat sich der Betriebs­umfang seit der erwähnten Baubewilligung vom 27. März 2012 nur unwesentlich geändert. Diese Ausführungen in der Betriebsbeschreibung können als Indiz dafür gesehen werden, dass schon bei Erlassung des Baubescheides im Jahr 2012 ähnliche wirtschaftliche Verhältnisse bestanden wie im Jahr 2015. Das Bestehen einer betriebsanlagenrechtlichen Bewilligungspflicht im Jahr 2012 stünde abgesehen davon nicht im Widerspruch zur darin enthaltenen Begrün­dung, aus baurechtlicher Sicht müssten die in einer bestimmten Widmungs­kategorie üblichen Immissionen von den Nachbarn hingenommen werden. Sollte die Anlage bei Erteilung der Baubewilligung im Jahr 2012 sowohl einem gewerb­lichen also auch einem nichtgewerblichen (landwirtschaftlichen) Zweck gedient haben, wäre schon damals die gesamte Betriebsanlage der Genehmigungspflicht nach der GewO 1994 unterlegen (vgl. VwGH 16. Dezember 2015,
Zl. Ra 2014/04/0041). Das hätte zur Folge, dass der Baubescheid vom
27. März 2012 gemäß § 31 Abs. 6 Oö. BauO die Betriebsanlagengenehmigung nicht ersetzen konnte und keine emissionsrechtliche Bestandsgarantie für das nunmehr anhängige Verfahren entfaltet.

 

Sofern bei Erlassung des Baubescheides vom 27. März 2012 keine umfassende Ausnahme von der Gewerbeordnung mehr gegolten hat, wird die Behörde im fortgesetzten Verfahren auf die mit Baubescheid vom 8. Mai 2002,
GZ: 131.30/2002, genehmigten Verhältnisse (16 Pferde) abstellen müssen. 

 

Bei der Ermittlung der im maßgeblichen Zeitpunkt bestehenden anlagen­spezifischen Emissionen ist zu beachten: Nach der Judikatur ist es in dem Fall, dass eine Messung am entscheidenden Immissionspunkt möglich ist - von Ausnahmefällen abgesehen -, unzulässig, die dort zu erwartenden Immissionen aus den Ergebnissen einer Messung an einem anderen Ort zu prognostizieren. Auf dem Boden dieser Rechtsprechung ist der Durchführung von Messungen
- soweit diese möglich sind - grundsätzlich der Vorrang vor Berechnungen einzuräumen. „Grundsätzlich“ bedeutet, dass diese Verpflichtung nicht allgemein besteht, sobald eine Messung (technisch) möglich ist, allerdings kann nur in Ausnahmefällen davon abgesehen werden. Ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist auf sachverständiger Grundlage fallbezogen in schlüssiger Weise darzulegen (vgl. VwGH 26. November 2015, Zl. 2012/07/0027).

 

In ständiger Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt (siehe die Nachweise bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur GewO2, RZ 36 zu  § 77 GewO), dass es, von Sonderfällen abgesehen, unzulässig ist, dann, wenn eine Messung am entscheidenden Immissionspunkt möglich ist, die dort zu erwartenden Immissionen aus den Ergebnissen einer Messung an einem anderen Ort zu prognostizieren. Ist eine Messung möglich, ist eine solche vorzunehmen und die bloße Schätzung bzw. Berechnung unzulässig (vgl. VwGH
11. September 2013,  Zl. 2012/02/0044, VwGH 3. September 1996,
Zl. 95/04/0189). Aus dem allfälligen Unterlassen der Anzeige nach § 74 Abs. 6 GewO dürfen bei Klärung dieser Beweisfragen aber keine Vorteile gezogen werden (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 45 Rz 2 (Stand 1.1.2014, rdb.at)).

 

4.4.      Zur Beschwerde der Nachbarn, keine Anwendung des vereinfachten Verfah­rens:

 

Folgende Arten von Betriebsanlagen sind gemäß § 1 Z 27 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der Arten von Betriebs­anlagen bezeichnet werden, die dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen sind, dem vereinfachten Verfahren gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 zu unterziehen: Anlagen zum Einstellen und Betreuen von höchstens 35 fremden Reittieren;

 

Im vorliegenden Fall wurden nicht nur die Einstellvorrichtungen (Boxen) samt den tierschutzrechtlich zur Betreuung erforderlichen Anlagenteilen, sondern darüber hinaus eine Reitanlage (Reithalle mit Reitplatz) beantragt und geneh­migt. Es handelt sich daher um keinen Anwendungsfall des - auf Anlagen zum Einstellen und Betreuen beschränkten - § 1 Z 27 cit. VO. Mit ca. 10.000 m2 beträgt das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räum­lichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt mehr als 800 , weshalb auch die Voraussetzungen des § 359b Abs. 1 GewO nicht erfüllt sind.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben Nachbarn im Verfahren gemäß § 359b Abs. 1 GewO 1994 eine beschränkte Parteistellung hinsichtlich der Frage, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Genehmigungs­verfahrens überhaupt vorliegen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom
18. Februar 2015, Zl. Ra 2014/04/0014, mwN; vgl. auch die Erläuterungen zur GewO-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 85 (RV 1800 BlgNR 24. GP, 21), mit der im Sinn einer Klarstellung die ausdrückliche Normierung der beschränkten Parteistellung der Nachbarn im vereinfachten Genehmigungsverfahren erfolgte).

 

Die Nachbarn wenden zu Recht ein, dass die Voraussetzungen für die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nicht vorliegen. Über das gegen­ständ­liche Projekt wird nach Einholung ergänzender Unterlagen und Erhebungen zum IST-Bestand und den Auswirkungen der beantragten Tätigkeiten (4.3.) eine Verhandlung gemäß § 356 Abs. 1 GewO durchzuführen sein.  Es hat sich damit eine Ermittlungslücke ergeben, die gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG die Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit nach sich zieht (vgl. VwGH 9. März 2016, Zl. Ra 2015/08/0025).

 

4.5.      Zur Beschwerde der Antragstellerinnen, NeuFÖG-Bestätigung:

 

Der Vertreter der Antragstellerinnen legte in der Verhandlung des Landesverwal­tungsgerichtes Oberösterreich eine auf K R M ausgestellte „Neufög-Bestätigung“ vom 29. Juni 2015 vor. Zur Förderung der Neugründung von Betrieben werden nach Maßgabe der §§ 2 bis 6 gemäß § 1 Z 1 NeuFÖG Stempel­gebühren und Bundesverwaltungsabgaben für die durch eine Neugründung unmittelbar veranlassten Schriften und Amtshandlungen nicht erhoben.

 

Anzumerken ist, dass Stempelgebühren ohnedies nicht im Spruch einer Betriebs­anlagengenehmigung vorgeschrieben werden können. Die Gewerbebehörde hat diese Gebühren im Sinne des Gebührengesetzes formlos - ohne einen Bescheid zu erlassen - einzuheben. Die bescheidmäßige Vorschreibung von Gebühren im Sinne des Gebührengesetzes ist - sofern sie nicht fristgerecht einbezahlt
werden - den Finanzämtern vorbehalten.

 

Fraglich erscheint, ob die Antragstellerinnen hier eine „Neugründung“ im Sinne des § 2 NeuFÖG vorgenommen haben, die einen gebührenbefreienden Tatbe­stand darstellen würde. Infolge Behebung des Bescheides war darauf nicht weiter einzugehen, sondern wird die Behörde im fortgesetzten Verfahren darauf Bedacht nehmen müssen.

 

5.     Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren folgende Rechtsfragen zu lösen waren, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grund­sätzliche Bedeutung zukommt:

-    Inwieweit können steuerrechtliche Kriterien in die Bewertung nach § 2 Abs. 4 GewO einfließen?

-    Inwieweit ist ein landwirtschaftlicher Betrieb dem gewerbebehördlichen Geneh­migungsverfahren als Bestand im Sinne des § 77 Abs. 2 GewO zugrunde zu legen?

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer ordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzu­bringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungs­gericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Wolfgang Weigl