LVwG-300849/8/Kl/Rd

Linz, 06.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Beschwerde des Herrn R B, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P F, R x, x T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16. Juli 2015, Ge96-58-2015, Ge96-58-1-2015, wegen Verwal­tungs­übertretungen nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) iVm der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13. Jänner 2016  

 

zu Recht   e r k a n n t :

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben als die verhängten Geldstrafen und Ersatzfreiheitsstrafen wie folgt herabgesetzt werden:

Faktum 1:    600 Euro bzw. 7 Stunden EFS

Faktum 2:    800 Euro bzw. 8 Stunden EFS

Faktum 3: 1.200 Euro bzw. 12 Stunden EFS

 

II.       Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren wird mit insgesamt 260 Euro (10 % der nunmehr verhängten Geldstrafen) bestimmt. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren.

 

III.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 16. Juli 2015, Zln. Ge96-58-2015, Ge96-58-1-2015, wurden über den Beschwerdeführer Geldstrafen von 1.000 Euro, EFS 12 Stunden (Faktum 1), 1.330 Euro, EFS 14 Stunden (Faktum 2) und 2.000 Euro, EFS 24 Stunden (Faktum 3), wegen Verwaltungsübertretungen gemäß § 65 Abs.4 1. Satz BauV iVm § 118 Abs.3 ASchG iVm § 130 Abs.5 Z1 ASchG (Faktum 1), § 59 Abs.4 BauV iVm § 118 Abs.3 ASchG iVm § 130 Abs.5 Z1 ASchG (Faktum 2) und § 59 Abs.3 1. Satz BauV iVm § 118 Abs.3 ASchG iVm § 130 Abs.5 Z1 ASchG (Faktum 3), verhängt.

 

Nachstehender Tatvorwurf wurde dem Beschwerdeführer im Spruch des ange­fochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegt:

"Das Arbeitsinspektorat Linz hat anlässlich einer Baustellenüberprüfung am 16.4.2015 auf der Baustelle A x, x I/E, festgestellt, dass mehrere Arbeitnehmer der Firma m h B- und A GmbH mit Sitz in x M, A x, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer Sie sind, mit Vorbereitungsaufgaben für das Versetzen von Ziegelfertigteilelementen beschäftigt waren, wobei das an der Nordwestseite als Schutzgerüst aufgebaute Metallgerüst folgende Mängel auf­wies:

1. Bei dem mehretagigen, 2-feldrigen, mehrreihigen, freistehend nicht stand­sicheren Metallgerüst waren nur zwei der drei Steher verankert.

2. Die Gerüstlage des Fanggerüstes, die ca. 0,7 m unterhalb der Decken­oberkante bzw. Absturzkante angebracht war, war an der Außenseite nur mit einer Fuß-, Mittel- und Brustwehr, nicht jedoch mit einer mindestens 50 cm hohen Blende versehen.

3. Das Fanggerüst reichte bei einem lotrechten Abstand des Belags zur Absturzkante/Deckenoberkante von ca. 0,7 m nur ca. 80 cm über die am weitesten auskragenden Bauteile hinaus.

Als handelsrechtlicher Geschäftsführer der oben genannten Firma haben Sie die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung für die unter 1) bis 3) aufgelisteten Gesetzesübertretungen zu tragen."

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu eine tat- und schuldangemessene Herabsetzung der Geldstrafe, beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es richtig sei, dass ein Metallgerüst verwendet worden sei. Das Metallgerüst sei aber durch ein beigezogenes Subunternehmen aufgestellt worden. Am 16.4.2015 hätten sich die Mitarbeiter der Firma m h B- und A GmbH vollkommen eigenmächtig – ohne Rücksprache mit der Bauleitung – entschieden, das zunächst korrekt aufgestellte Metallgerüst abzubauen und im Bereich der Bau­stelle, welche laut Auffassung der Mitarbeiter an jenem Tag fertiggestellt werden sollte, neu aufzustellen. Dabei seien den Mitarbeitern der m h B- und A GmbH die Aufstellungsfehler passiert. Die gegenständliche Baustelle werde täglich durch den zuständigen Bauleiter und stichprobenartig durch die Geschäftsführung kontrolliert. Am Kontrolltag sei die Kontrolle erst nach der Bau­stellenüberprüfung erfolgt. Die vom Arbeitsinspektorat festgestell­ten Mängel werden außer Streit gestellt. Die Geschäftsführung treffe kein gravierendes Verschulden, zumal die Mängel durch ein vollkommen eigenmächtiges Agieren der Mitarbeiter hervorgerufen wurden. Aufgrund dieses eigenmächtigen Handelns seien bereits dienstrechtliche Schritte gegen die Mitarbeiter angedroht worden. Zum Kontrollsystem wurde vorgebracht, dass die Mitarbeiter seit nunmehr einem Jahr korrekt eingeschult worden seien und penibelst darauf geachtet werde, dass sämtliche Arbeitnehmerschutzvorschriften eingehalten werden. Deshalb würden nicht nur wöchentlich entsprechende Schulungsmaßnahmen und Dienstan­wei­sungen erteilt, sondern würden auch tägliche Kontrollfahrten und –überprü­fungen, um allfällige Missstände bei den Baustellen unverzüglich abstellen zu können, durchgeführt.   

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesver­waltungsgericht vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 13. Jänner 2016, zu welcher die Verfahrensparteien eingeladen wurden und auch erschienen sind. Die belangte Behörde hat sich zur Verhandlung entschuldigt. Das Arbeitsinspektorat Linz wurde durch DI A H vertreten.

 

4.1. Im Zuge der Verhandlung wurde die Beschwerde auf das Strafausmaß eingeschränkt. Der Beschwerdeführer gab aber zu bedenken, dass die ver­hängten Geldstrafen zu hoch gegriffen seien. Es wurde sowohl der Fehler des eigenmächtigen Umstellens des Gerüstes durch die Arbeitnehmer als auch die Gefährlichkeit von der Absturzkante eingestanden. Seitens des Arbeitsinspek­tora­tes Linz wurde einer maßvollen Herabsetzung der Strafe zugestimmt. Be­züglich der Gefährlichkeit wurde aber darauf hingewiesen, dass die Ab­sturzgefahr von der Deckenoberkante bestanden habe und das Fanggerüst nicht ent­sprechend den gesetzlichen Bestimmungen ausgeführt war. Die feste Veran­kerung von nur zwei der drei Steher sei weniger gefährlich einzustufen als die zuerst genannten Übertretungen. 

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Zumal das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich gemäß § 9 VwGVG an die vom Beschwerdeführer angegebenen Beschwerdepunkte gebunden ist und nunmehr ausschließlich die Strafhöhe in Beschwerde gezogen wurde, war auf den Tatvorwurf dem Grunde nach nicht einzugehen.

 

5.2.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 Euro bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestim­mungen zuwiderhandelt. Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutz­verordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.  

 

5.2.2. Gemäß § 19 Abs.1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermes­sensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

5.2.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeit­nehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hierdurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sol­len. Aufgrund des mangelhaft aufgestellten Schutzgerüstes und der Absturzhöhe von ca 5,7 m ist das Rechtsgut gegenständlich intensiv beeinträchtigt worden. 

 

5.2.4. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis über den Beschwerdeführer Geldstrafen von 1.000 Euro (Faktum 1), 1.330 Euro (Faktum 2) und 2.000 Euro (Faktum 3) verhängt. Der Strafrahmen für die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen reicht von 333 Euro bis 16.659 Euro, da gegenständlich von einem Wiederholungsfall auszugehen war. Straferschwerend wurde von der belangten Behörde die erhebliche Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer, strafmildernd kein Umstand gewer­tet. Mangels Angaben zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers ist die belangte Behörde von einer Schätzung, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von 3.000 Euro, einem Betriebsvermögen und vom Vorliegen keiner Sorgepflichten ausgegangen und hat diese ihrer Strafbemessung zugrunde gelegt. Vom Beschwerdeführer wurde diesbezüglich nichts Gegenteiliges vorge­bracht, sodass die Schätzung der persönlichen Einkommens- und Familienver­hältnisse auch der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt werden konnten.

 

Grundsätzlich erscheinen die von der belangten Behörde verhängten Geldstrafen durchaus tat- und schuldangemessen. Aufgrund der Einsichtigkeit und dem erkennbaren Bemühen des Beschwerdeführers um Einhaltung der Vorschriften nach der Bauarbeiterschutzverordnung war die Herabsetzung der jeweils verhängten Geldstrafen auf das nunmehrige Ausmaß begründet. Aus spezial- und generalpräventiven Gründen war aber eine weitergehende Herabsetzung nicht möglich. Überdies stimmte auch das Arbeitsinspektorat Linz – unter entsprechen­der Berücksichtigung des Gefährdungspotentials - einer adäquaten Herab­setzung der verhängten Geldstrafen zu.

Die Ersatzfreiheitsstrafen mussten gemäß § 16 VStG entsprechend angepasst werden.

 

Einer Anwendung des § 20 VStG konnte seitens des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nicht näher getreten werden, da hierfür die Voraussetzungen, insbesondere ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe, nicht vor­lagen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z4 VStG hat die Behörde von der Einleitung und Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Diese kumulativen Voraussetzungen wurden durch den Beschwerdeführer nicht erfüllt. So kann auch im Hinblick auf die ständige Judikatur des Verwal­tungs­gerichtshofes zum Kontrollsystem, insbesondere bezüglich des eigen­mächtigen Handelns der Mitarbeiter (vgl. VwGH vom 5.9.2008, 2008/02/0129, 25.4.2008, 2008/02/0045, 14.12.2007, 2007/02/0277, 23.3.2012, 2010/02/0263 uvm), von keinem geringfügigen Verschulden ausgegangen werden. 

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Ermahnung liegen gegenständlich nicht vor, schon gar nicht jene zur Einstellung des Verfahrens.       

 

   

II. Weil die Beschwerde teilweise Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Beschwerdeverfahren gemäß § 52 Abs.8 VwGVG. Der Kostenbeitrag zum behördlichen Verwaltungsstrafverfahren war entsprechend herabzusetzen (§ 64 Abs.1 und 2 VStG).  

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

H i n w e i s

 

Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Ent­scheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt