LVwG-301035/2/Kü/TO

Linz, 08.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Thomas Kühberger über die Beschwerde von Herrn O.C.A., x, T., vom 12. April 2016, gegen das Straferkenntnis der Bezirks­hauptmannschaft Linz-Land vom 15. März 2016, GZ: SanRB96-55-2015/Gr, wegen Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Ersatz­freiheitsstrafe auf 100 Stunden herabgesetzt wird.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 15. März 2016, GZ: SanRB96-55-2015, wurde über den Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 33 iVm § 111 Abs. 1 Z 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) eine Geldstrafe iHv 1.500 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 231 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag iHv 150 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

„Sie haben es als Gewerbeinhaber und Arbeitgeber Ihres Unternehmens mit Sitz in T., x, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass Sie Herrn S.E., geb. x, zumindest am 30.3.2015 als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt (Anspruch gemäß § 49 ASVG) als Arbeiter im Ausmaß von mehreren Stunden, beschäftigt haben, ohne vor Arbeitsantritt (30.3.2015, 9:55 Uhr) eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in 4020 Linz, Gruberstraße 77, als zuständiger Sozialversicherungsträger zu erstatten.

 

Dieser Sachverhalt wurde von Organen des Finanzamtes Linz bei einer Kontrolle am 30.3.2015 in S., x, indem die o.a. Person bei der Entladung von Containern betreten wurde, festgestellt.“

 

Zur Strafhöhe wurde ausgeführt, dass eine einschlägige Verwaltungsvorstrafe als straferschwerend berücksichtigt werden musste, weshalb von der gesetzlichen Mindeststrafe von 2.180 Euro auszugehen sei. Auf Grund der langen Verfahrensdauer könne mit der nunmehr verhängten Strafe das Auslangen gefunden werden.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde vom 12. April 2016 wird Folgendes vorgebracht:

„Der besagte Arbeitnehmer Herr S.E. ist Unternehmer und bei der WKOÖ mit seinem Unternehmen registriert. Ich habe ihm in Zuge seines Unternehmens engagiert und von diesem auch eine Rechnung erhalten. Es handelte sich daher nicht um ein Dienstverhältnis, sondern ein Geschäft unter Unternehmern. Folglich meldete ich ihn nicht bei der GKK als Arbeitnehmer an.

 

Der Vertrag wurde mündlich abgeschlossen und auf Wunsch kann ich Ihnen auch eine Kopie der Rechnung zukommen lassen.

 

Aus diesen genannten Gründen würde ich Sie bitten meinen Fall nochmals zu überarbeiten und die mir die verhängte Verwaltungsstrafe in der Höhe von 1650,- € zu erlassen.“

 

3. Mit Schreiben vom 25. April 2016 legte die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land das eingebrachte Rechtsmittel samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzel­richter berufen ist.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 3 Z 1 VwGVG entfallen, da in der Beschwerde der Sachverhalt nicht bestritten wurde und nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wurde. Zudem wurde trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung die Durchführung einer Verhandlung nicht beantragt.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bf ist im Besitz der Gewerbeberechtigungen für das Handels- und Handelsagentengewerbe und das freie Gewerbe Sammeln und Behandeln von Abfällen, beschränkt auf den Bürobetrieb. Laut Gewerbeinformationssystem werden diese Gewerbeberechtigungen am Standort T., x, und F., x, ausgeübt. Zudem betreibt der Bf am Standort x, S., ein Lager für Altreifen.

 

Am 30. März 2015 führten Organe der Finanzpolizei an der Adresse x, S., eine Kontrolle nach dem Ausländerbe­schäftigungs­gesetz durch. Im Zuge dieser Kontrolle wurde von einem ebenfalls anwesenden Zollorgan ein mit Altreifen, Kfz-Teilen und einem Kfz voll beladener Container geöffnet. In der Folge hat der Bf zusammen mit Herrn S.E. und einer weiteren Person damit begonnen den Container zu entladen. Der Bf gab bei der Kontrolle an, dass die beiden Personen heute erstmals mithelfen und er sie nach Abschluss der Entladearbeiten bezahlt. Wie viel er ihnen bezahlen wird, hängt nach Angaben des Bf von der Dauer der Arbeiten ab, eine Bezahlung war jedenfalls vereinbart.

 

Herr E. verfügt seit Mai 2013 über eine Gewerbeberechtigung für das „Handelsgewerbe mit Ausnahme der reglementierten Handelsgewerbe und Handelsagent“ und ist bei der x zur Versicherung gemeldet.

 

Im Akt einliegend findet sich eine von der Firma des Bf an den Empfänger S.E. ausgestellte Rechnung vom 30.03.2015 mit einem ausgewiesenen Betrag von 120 Euro für 5 Stunden Containerentladung. Herr E. bestätigt auf der Rechnung durch seine Unterschrift den Betrag erhalten zu haben.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Strafantrag des Finanzamtes Linz vom 15. April 2015, welchem auch die mit dem Bf aufgenommene Niederschrift angeschlossen ist. Auch im Beschwerdevorbringen stellt der Bf nicht in Frage, dass Herr S.E. ihm bei der Entladung des Containers geholfen hat und er ihn dafür bezahlt hat. Der Bf führt lediglich an, dass seiner Ansicht nach E. ein Unternehmer ist und bei der WKOÖ mit seinem Unternehmen registriert ist. Vom Bf selbst wird die im Sachverhalt angeführte Rechnung und der Auszug aus dem Gewerberegister bezüglich Herrn S.E. vorgelegt. Insofern stehen die erbrachten Arbeitsleistungen und die dafür erfolgte Bezahlung außer Streit, weshalb sie in dieser Weise festgestellt werden konnten.

 

 

II. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1. Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.     Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.     gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs. 2 ASVG ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall von 2.180 € bis zu 5.000 €,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbe­stimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 € herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Gemäß § 33 Abs. 2 ASVG gilt Abs.1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S. dieses Gesetzes u.a. derjenige, für dessen Rechnung jener Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Nach § 4 Abs. 2 ASVG ist als Dienstnehmer anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 539a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

2. Unbestritten ist, dass der Bf Herrn E. und eine zweite Person engagiert hat, um ihm bei der Entladung eines mit Autoreifen, Kfz-Teilen sowie einem Kfz beladenen Container zu helfen. Bei dieser Entladung war auch ein Zollorgan anwesend.

 

Der Verwaltungsgerichtshof führt auch in ständiger Judikatur aus, dass bei einfachen manuellen Arbeiten an sich das Vorliegen eines Beschäftigungs­verhältnisses gemäß § 4 Abs. 2 ASVG – in Ermangelung gegenläufiger Anhaltspunkte – bei organisatorischer Einbringung in den Betrieb des Arbeitgebers ohne weitwendige Untersuchungen vorausgesetzt werden kann. So hat der Verwaltungsgerichtshof in der Entscheidung vom 24.4.2014, 2012/08/0177, bestätigt, dass wenn jemand bei der Erbringung von Dienst­leistungen, d.h. arbeitend, unter solchen Umständen angetroffen werde, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, sei die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Spricht also die Vermutung für ein Dienstverhältnis, dann muss die Partei ein ausreichend substantiiertes Vorbringen erstatten, aus dem man anderes ableiten könnte. Solche atypischen Umstände sind jedoch im Verfahren nicht hervorgekommen. Vielmehr stellt die händische Entladung eines Containers zweifelsohne eine einfache manuelle Tätigkeit dar für die besondere Kenntnisse und Fähigkeiten nicht Voraussetzung sind.

 

In seiner Beschwerde wendet sich der Bf gegen die Vorschreibung der über ihn verhängten Verwaltungsstrafe mit der Argumentation, dass Herr E. bei der WKOÖ mit seinem Unternehmen registriert sei und er die Tätigkeit im Zuge der Gewerbeberechtigung ausgeübt habe. Zudem habe er von diesem auch eine Rechnung erhalten. Es handle sich daher nicht um ein Dienstverhältnis, sondern um ein Geschäft unter Unternehmern.

 

Die Innehabung eines Gewerbescheines schließt das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG jedoch nicht aus (vgl. die VwGH-Erkenntnisse vom 17.10.2012, Zl. 2010/08/0012, und vom 12.09.2012, Zl. 2010/08/0133). Allein dieses Beschwerdevorbringen des Bf war daher nicht geeignet, die Dienstnehmereigenschaft des bei der Verrichtung von Dienst­leistungen angetroffen Helfer in Zweifel zu ziehen.

 

Wie der Verwaltungsgerichthof in seiner ständigen Rechtsprechung ausführt (vgl. VwGH vom 21.12.2005, Zl. 2004/08/0066) kommt es für die Abgrenzung des Dienstvertrages vom freien Dienstvertrag einerseits und vom Werkvertrag andererseits darauf an, ob sich jemand auf gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen (den Dienstgeber) verpflichtet (diesfalls liegt ein Dienstvertrag vor). Bei einem Werkvertrag handelt es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkrete Leistung, also eine in sich geschlossenen Einheit. Bei einem Dienstvertrag kommt es jedoch primär auf die rechtlich begründete Verfügungsmacht des Dienstgebers über die Arbeitskraft des Dienstnehmers an, also auf seine Bereitschaft zu Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit. Kein Werk liegt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes z.B. bei folgenden regelmäßig ausgeübten Tätigkeiten in Eingliederung des Betriebes des Leistungsempfängers vor: Maurerarbeiten, Montagearbeiten, Paketzustellungen, Speisenzustellungen, Reinigungstätigkeiten.

 

Bei der von Herrn E. durchgeführten Tätigkeit handelt es sich um keine individualisierte abgrenzbare Leistung, die für sich eine geschlossene Einheit darstellt. Herr E. hat damit im Wesentlichen keine Werkleistung erbracht sondern nur gegen Bezahlung seine Arbeitsleistung bei den Entlade­tätigkeiten zur Verfügung gestellt, weshalb er im gegenständlichen Fall als ein in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit beschäftigter Dienstnehmer des Bf im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG zu werten ist.

 

Da der Bf diese Beschäftigung nicht vor Aufnahme der Tätigkeit dem zuständigen Sozialversicherungsträger gemeldet hatte, hat er das Tatbild der ihm vorge­worfenen Verbotsnorm erfüllt.

 

3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachen­vorbringen und durch Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Die Tat ist dem Bf in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Eine falsche Einschätzung der Rechtslage entschuldigt den Bf nicht, sondern begründet den Vorwurf der Fahrlässigkeit.

 

4. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Weil von der belangten Behörde bei der Strafbemessung die Mindeststrafe im Wiederholungsfall bereits unterschritten wurde, zudem keine weiteren Milderungsgründe vorgebracht wurden, erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit den Strafzumessungsgründen und war daher die unter Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung festgesetzte Strafe zu bestätigen.

 

Zur Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe ist zunächst auf § 16 Abs. 2 VStG zu verweisen, wonach die Ersatzfreiheitsstrafe das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheits­strafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen darf. § 111 Abs. 2 ASVG sieht weder eine Freiheitsstrafe vor, noch ist für die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe von § 16 Abs. 2 VStG Abweichendes vorgesehen. Die Behörde erster Instanz hat eine Geldstrafe von 1.500 Euro festgelegt, welche 30 % der vorgesehenen Höchststrafe (5.000 Euro) in Geld beträgt. Auch wenn ein fester Umrechnungsschlüssel nicht besteht, ist nach Auffassung des erkennenden Gerichts die – im Übrigen nicht näher begründete – Festlegung der belangten Behörde der Ersatzfreiheitsstrafe mit 231 Stunden nicht schlüssig, wenn diese angeordnete Ersatzfreiheitsstrafe wesentlich mehr als 30 % (konkret 68 %) der gesetzlich vorgesehenen Höchstgrenze für die Ersatz­freiheitsstrafe beträgt. Die Ersatzstrafe ist daher im Verhältnis zur verhängten Geldstrafe eine strengere Strafe und wurde durch die Herabsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe dieses Missverhältnis zur verhängten Geldstrafe beseitigt.

 

 

III. Verfahrenskosten:

 

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Bf nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

 

Setzt die Berufungsbehörde allein die von der Erstbehörde festgesetzte Ersatz­freiheitsstrafe herab, so kann von einem "Bestätigen" des Straferkenntnisses nicht gesprochen werden und ist sohin die Vorschreibung von Kosten des Berufungsverfahrens nicht zulässig (VwGH vom 24.5.1995, 94/09/0348, vom 7.9.1995, 94/09/0164). Gleiches hat für das nunmehrige Beschwerdeverfahren zu gelten.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Thomas Kühberger