LVwG-780051/23/BP/SA

Linz, 15.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Dr. Bernhard Pree über die Beschwerde des J G F, geb. x, vertreten durch Mag. Dr. C J, Rechtsanwalts KG, K, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, durch der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems zurechenbare Organe in Form des Ausspruches einer auf § 38a SPG gestützten Wegweisung und eines Betretungsverbotes am 11. März 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.            Gemäß § 28 Abs. 1 und 6 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.         Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG iVm. § 1 VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV, hat der Beschwerdeführer dem Bund (für den die belangte Behörde eingeschritten ist) Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand von 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand von 368,80 Euro) zu leisten.

 

III.       Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art.133 Abs.4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.              

 

1. Mit Schriftsatz vom 6. April 2016, eingelangt beim
Oö. Landesverwaltungsgericht am 11. April 2016, erhob der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) durch dessen rechtsfreundlichen Vertreter Maßnahmen-beschwerde wegen der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am
11. März 2016 in Form des Ausspruches einer auf § 38a SPG gestützten Wegweisung und eines Betretungsverbotes durch dem Bezirkshauptmann von Kirchdorf an der Krems zurechenbare Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes.

 

In der Beschwerde wird ua. wie folgt ausgeführt:

 

(...)

 

2.1. Zur Vorgeschichte

 

Das gemeinsame Haus in K, X dient der Befriedigung des gemeinsamen unmittelbaren Wohnbedürfnisses der Ehegatten F. Im Haus bestehen zwei voneinander getrennte Wohneinheiten, jeweils im Erd- bzw. Obergeschoss.

 

Zum gegebenen Zeitpunkt ist das Haus derart aufgeteilt, dass die Tochter, Frau Mag. F, das Obergeschoss mit ihrem Lebensgefährten, Herrn G, bewohnt, wenn sie ihre Eltern in Kremsmünster besucht. Frau Mag. F und Herr G sind in regelmäßigen Abständen zu Besuch, grundsätzlich aber in G, M-straße 205 wohnhaft.

 

Der Beschwerdeführer hat sich bereits seit längerer Zeit sein Schlafzimmer im Obergeschoss eingerichtet.

 

Außer Streit gestellt werden kann, dass die Ehe zwischen der Gattin und dem Beschwerdeführer seit langer Zeit, in concreto seit ca. 2003, zerrüttet ist. Zudem ist auszuführen, dass Frau G F insbesondere die Tochter, Frau Mag. L F, gegen den Beschwerdeführer aufgebracht und Zwietracht gesät hat. Obwohl hier stets ein gutes und unparteiisches Verhältnis bestand, kam es seit ca. April 2015 immer mehr dazu, dass sowohl die Tochter, als auch die Gattin den Antragsgegner verbal attackierten und traktierten. Diese immer wiederkehrenden verbalen Attacken und die Abwendung der eigenen Tochter haben den Antragsgegner über die Jahre ebenfalls schwer belastet.

 

Gegenüber dem Lebensgefährten der Tochter, Herrn G, wurde seitens des Beschwerdeführers bereits seit längerem ein Hausverbot ausgesprochen.

 

2.2. Zum Vorfallstag

 

Eingangs wird seitens des Beschwerdeführers eingeräumt, dass er grundsätzlich mit dem Aufenthalt des Lebensgefährten der Tochter, Herrn A G, im Haus nicht einverstanden ist. Grund für das Zerwürfnis zwischen dem Beschwerdeführer und Herrn G ist, dass es in der Vergangenheit zu einer massiven Erschütterung des Vertrauens gekommen ist und Herr G überdies seit geraumer Zeit den Beschwerdeführer zur Gänze ignoriert. Der Beschwerdeführer hat daher bereits mehrfach gegenüber Herrn G sowohl mündlich, als auch schriftlich ein Hausverbot kommuniziert.

 

Ebenfalls zugestanden wird seitens des Beschwerdeführers, dass er gegenüber Herrn G die Aussage getätigt hat, dass er, sollte dieser sich nicht an das Hausverbot halten, das Obergeschoss unbewohnbar machen würde.

 

Am besagten Vorfallstag ist der Beschwerdeführer um kurz vor 22:00 Uhr von seinem Abendessen nach Hause gekommen und wollte in die Garage einfahren. Dies war ihm jedoch nicht möglich, da seine Gattin G F zwischenzeitig die elektrische Sicherung für das Garagentor ausgebaut und damit die elektrischen Sicherungen für das Obergeschoss ersetzt hat. Der Beschwerdeführer hat sich sodann in das gemeinsame Haus begeben, sah alle drei, sohin die Gattin, die Tochter und deren Lebensgefährten gemeinsam in der Küche stehen, woraufhin er sich in den Heizungsraum des Hauses, der dem Beschwerdeführer auch als Computerraum dient, zurückgezogen hat.

 

Der Beschwerdeführer hat nachfolgend neuerlich die elektrischen Sicherungen für das Obergeschoss entfernt.

 

Um ca. 22:20 Uhr sind sodann die Gattin, die Tochter und deren Lebensgefährte allesamt in den Heizungsraum gestürmt und haben alle drei, anfangs nur verbal, lautstark auf den Beschwerdeführer eingeredet, er möge die Sicherungen sofort aushändigen. Die zunächst verbalen Attacken gingen dazu über, dass insbesondere die Gattin und nunmehr gefährdete Partei den Beschwerdeführer mit beiden Händen am Pullover gepackt und geschüttelt hat, mit den Worten, dass sie ihm gleich „eine Reißen" wird, sollte er die Sicherungen nicht umgehend herausgeben. Zur Untermauerung ihrer Androhung hat die Gattin des Beschwerdeführers die Hand gehoben und ausgeholt, um den Beschwerdeführer zu schlagen. Auch hat die Gattin des Beschwerdeführers immer wieder mit dem Fuß in seine Richtung getreten, jedoch ohne ihn zu treffen.

 

In diesem Zusammenhang darf darauf hingewiesen werden, dass der Beschwerdeführer zu diesem Zeitpunkt nach wie vor in seinem Sessel gesessen und eindringlich alle Anwesenden ersucht hat, man möge ihn nicht angreifen, sondern vielmehr vernünftig mit ihm reden, so wie er dies auch mache. Plötzlich und völlig unvermittelt greift die Tochter des Beschwerdeführers in seine Jackentasche und entreißt ihm zwei Sicherungen. Der Beschwerdeführer hat reflexartig das Handgelenk seiner Tochter ergriffen und leicht festgehalten. Daraufhin hat Herr G interveniert, indem er die Hand des Beschwerdeführers weggerissen hat. Nachfolgend wurde von der Tochter des Beschwerdeführers die Polizei angerufen, die um ca. 23:30 Uhr eingetroffen ist.

 

Beweis: beizuschaffender Akt der PI Kremsmünster zu GZ B6/1256/2016; PV.

 

Die Behauptung der Gattin, der Tochter und deren Lebensgefährten, der Beschwerdeführer sei besonders aggressiv und stark angetrunken gewesen, wird jedenfalls als unrichtig zurückgewiesen. In diesem Zusammenhang ist einerseits darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer keineswegs aggressiv oder gar angetrunken war und kann diesen Umstand auch sein Bruder Herr F F bestätigen, da der Beschwerdeführer noch während des polizeilichen Einschreitens mit seinem Bruder telefoniert hat.

 

Andererseits ist auch anzuführen, dass der Beschwerdeführer, aufgrund seiner gesundheitlichen Situation, zu einem derart aggressiven körperlichen Vorgehen, wie gegenüber der Polizei durch die Gattin, die Tochter und den Lebensgefährten geschildert wurde, überhaupt nicht in der Lage gewesen wäre. Insbesondere hat er den Lebensgefährten nicht mit den Worten bedroht, dass er ihn aus dem Haus prügeln werde.

 

2.3.   Zur gesundheitlichen Situation des Beschwerdeführers

 

Aus den ohnedies beiliegenden Krankenakten geht hervor, dass der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2012 derart starke Bandscheibenprobleme hat, dass es mitunter zu einer starken Verengung und damit einhergehenden beträchtlichen neurologischen Ausfällen kommt. Aufgrund dieser neurologischen Einschränkungen ist es dem Beschwerdeführer zum einen nicht möglich, mit seinen Händen und insbesondere mit seiner rechten Hand, überhaupt Kraft aufzubringen und kann er die rechte Hand auch nicht vollständig öffnen. Überdies ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer eine ausgeprägte Gehbehinderung aufweist, die es ihm nicht erlaubt, sich ruckartig oder schneller fortzubewegen.

 

Aufgrund der körperlichen Einschränkungen wurde dem Beschwerdeführer nunmehr eine 80%ige Behinderung amtlich bestätigt.

 

Beweis: Krankenunterlagen (Beilage./l); Behindertenausweis (Beilage./2); PV.

 

3.     Zur Unzulässigkeit und Unverhältnismäßigkeit des Betretungsverbotes

 

3.1. Aufgrund der starken 80%igen körperlichen Behinderungen des Beschwerdeführers, die für die Beamten überdies deutlich erkennbar war, ist es nicht ergründlich, warum hier von einer derart starken Gefährdungslage ausgegangen wurde, dass ein Betretungsverbot ausgesprochen werden musste. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang auf die erforderliche Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen hinzuweisen.

3.2. Tatsächlich wurde infolge des gegenständlichen Vorfalles ausschließlich der Beschwerdeführer verletzt. Aufgrund seiner körperlichen Behinderung und der vorliegenden Nervenschäden ist dieser nämlich besonders schmerzempfindlich, sodass ihm durch die ausgeübte Gewaltanwendung erhebliche Schmerzen zugefügt wurden.

3.3. All diese Umstände wären den einschreitenden Beamten erkennbar gewesen, wurden jedoch in keinster Weise berücksichtigt. Festzuhalten ist ebenfalls, dass sich bei Durchsicht der Akten ergibt, dass sämtliche Beteiligten, sohin Frau G F, Frau Mag. L F und auch Herr G, teilweise sogar wortwörtlich gleiche Aussagen getätigt haben. Dies ist auch nicht verwunderlich, weil der Beschwerdeführer zum einen von allen drei Beteiligten abgelehnt wird und zum anderen insbesondere Herr G ein starkes Eigeninteresse dahingehend aufweist, dass er, wenn der Beschwerdeführer nicht mehr zu Hause ist, auch ungestört im Haus wohnen kann.

 

3.4. Aus dem Bericht der Polizeiinspektion Kremsmünster ergibt sich, dass der Beschwerdeführer, obwohl er vom Polizeieinsatz sehr überrascht war, kooperativ aufgetreten ist. Hinweise auf eine besondere Aggressivität aufgrund bestimmter Verhaltensweisen des Beschwerdeführers können dem Bericht nicht entnommen werden. Auch wurden im Beisein der Beamten keinerlei Bedrohungen durch den Beschwerdeführer ausgesprochen, sondern hat dieser vielmehr die Wegweisung, ebenso wie das ausgesprochene Betretungsverbot ausgesprochen ruhig und gefasst aufgenommen, ohne ein Wort des Widerstandes.

 

3.5. Der Beschwerdeführer hat überdies, wie sich aus dem Vernehmungsprotokoll ergibt, auch gegenüber den ermittelnden Beamten angegeben, dass seine Frau angedroht hat, ihm „eine zu Reißen". Ermittlungstätigkeit in diese Richtung hat es aber - aus welchen Gründen auch immer - nie gegeben.

 

3.6. Der geäußerte Vorwurf, zu dem der Beschwerdeführer im Übrigen durch die Polizei nicht befragt wurde, dass er ein sogenannter Spiegeltrinker sei, ist auf das Schärfste zurückzuweisen. Dies kann auch vom Bruder des Beschwerdeführers, zu dem stets guter Kontakt bestand und bei dem der Beschwerdeführer derzeit auch wohnhaft ist, bestätigt werden. Nur nebenbei angemerkt wird, dass vom Beschwerdeführer ein Alkovortest nicht verweigert wurde, sondern er von den Beamten darauf hingewiesen wurde, dass es ohnehin unerheblich sei, ob er etwas getrunken habe. Dabei hat es der Beschwerdeführer sodann bewenden lassen.

 

Beweis:     Herr F F als Zeuge, pA S 12, K; PV.

 

3.7. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ein Betretungsverbot nur dann ausgesprochen werden darf, wenn anzunehmen ist, dass ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit unmittelbar bevorsteht (§ 38a Abs 1 SPG). Überdies ist im Falle des Ausspruches eines Betretungsverbotes, aufgrund des starken Eingriffes in das Privatleben des Betroffenen, die Verhältnismäßigkeit stets zu wahren (§38 Abs 2 SPG). Zu beachten ist hier, dass ein behaupteter vorangegangener Angriff zwar eine allfällige Indizwirkung haben kann, jedoch direkt durch das einschreitende Organ vermutet werden muss, dass ein Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit tatsächlich bevorsteht. Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer seit Eintreffen der Polizei besonders aggressiv gewesen sei, lassen sich dem Akt nicht entnehmen. Vielmehr wird davon gesprochen, dass der Beschwerdeführer zunehmend kooperativ war. Der Beschwerdeführer hat überdies angeboten, die entfernten elektrischen Sicherungen freiwillig herauszugeben, um die Streitigkeit beenden zu können.

3.8. Seitens der einschreitenden Organe wurden die Angaben der Beteiligten nur teilweise einer Prüfung unterzogen. Beispielsweise wird in den Protokollen immer wieder darauf hingewiesen, dass es zu zweideutigen SMS gekommen sei. Ermittlungstätigkeit dahingehend, dass in die behaupteten SMS Einsicht genommen wird, wurde jedoch keine unternommen. Das ausgesprochene Betretungsverbot fußt aber in nicht unerheblichem Ausmaß auf den durch die Beteiligten angegeben SMS.

 

3.9. Die bloße Tatsache, dass bereits 2003 ein Scheidungsversuch unternommen wurde, der aber gescheitert ist, stellt keinen Grund für die Annahme eines drohenden Angriffes auf Leben, Gesundheit oder Freiheit von Frau G F oder den anderen Beteiligten dar. Familiäre Probleme, Streitigkeiten und anstehende Scheidungsverfahren sind nicht als jedenfalls gefährlich einzustufen.

 

3.10. Es ist somit festzuhalten, dass für die einschreitenden Organe kein ausreichender Hinweis darauf vorlag, dass ein Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit eines der übrigen Beteiligten bevorstand, sodass die Wegweisung, sowie das ausgesprochene Betretungsverbot nicht geboten gewesen wären.

 

3.11. Zu beachten ist hier ebenfalls, dass bloße „Belästigungen", die unterhalb der Schwelle eines gefährlichen Angriffes liegen, für den Ausspruch eines Betretungsverbotes nicht ausreichend sind. Festzuhalten ist aber, dass auch keinerlei Belästigungen vorgelegen sind.

 

3.12. Überdies musste es für die einschreitenden Organe erkennbar gewesen sein, dass aufgrund der starken körperlichen Einschränkung des Beschwerdeführers ein körperlicher Angriff überhaupt nicht möglich war, sodass die erfolgte Wegweisung und das ausgesprochene Betretungsverbot rechtswidrig waren.

 

(...)

 

Es wird sohin gestellt der

 

Antrag:

 

Das LVwG möge die am 11.03.2016 erfolgte Wegweisung und den Ausspruch eines Betretungsverbotes nach § 38a SPG für rechtswidrig erklären.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 13. April 2016 wurde die belangte Behörde zur Aktenvorlage aufgefordert und ihr die Möglichkeit eingeräumt eine Gegenschrift zu erstatten.

 

2.2. Mit Schreiben vom 3. Mai 2016 übermittelte die belangte Behörde die in Rede stehenden Verwaltungsakte und erstattete folgende Gegenschrift:

 

Auf Grund der Maßnahmenbeschwerde des Herrn J G F, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. C J, vom 06.04.2016, gegen das Betretungsverbot § 38a SPG, GZ Sich20-58-2016, übermittelt die belangte Behörde nachstehende

 

GEGENSCHRIFT

 

und legt den Verwaltungsakt zu GZ Sich20-58-2016 samt Aktenverzeichnis mit der Mitteilung vor, dass keine Akten oder Aktenteile von der Akteneinsicht auszuschließen sind.

 

I.       Zum Sachverhalt:

 

Am 11.3.2016, 23:50 Uhr wurde gegen den Beschwerdeführer eine Wegweisung und ein Betretungsverbot ausgesprochen. Grundlage dafür war das unmittelbare Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber seiner Gattin, seiner Tochter und deren Freund vor Eintreffen der Exekutivbeamten am 11.3.2016.

 

Auf Grund des sich den Exekutivbeamten dargestellten Sachverhaltes war mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit eines im betreffenden Haus lebenden Menschen bevorstand. Die Gefährlichkeitsprognose bezog sich auf die Tatsache, dass der Beschwerdeführer sich seinen Angehörigen gegenüber äußerst aggressiv verhalten hat und er im Zuge des Streites seine Tochter an der Hand gepackt hat. Dies hat jedoch zu keinen Verletzungen geführt. Der Beschwerdeführer hat weiters schon Wochen vor diesem Streit seine Gattin in Angst versetzt, da er sich äußerte: "Ich werde dich vernichten, wenn das auch das letzte ist, was ich tue."

Auch die Tochter und deren Freund haben in der Zeit vor dem aktuellen Vorfall zahlreiche SMS mit zweideutigen Inhalten erhalten, die diese beunruhigt und verängstigt haben. Vor  allem   das  aggressive  Verhalten  des  alkoholisierten   Beschwerdeführers  zum Vorfallszeitpunkt ängstigte seine Angehörigen.

Dieses Gesamtverhalten hat für die einschreitenden Exekutivbeamten die Prognose erhärtet, dass ein gefährlicher Angriff bevor stand.

 

Das Betretungsverbot wurde am 13.3.2016 durch die BH Kirchdorf überprüft und wurde dessen Ausspruch bestätigt.

 

Am 24.2.2016 wurde vom BG Kirchdorf an der Krems eine einstweilige Verfügung für die Dauer von 6 Monaten erlassen.

 

II.      Rechtliche Erwägungen:

 

Für die einschreitenden Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes bot sich ein Gesamtbild, aufgrund dessen mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, dass ein gefährlicher Angriff bevorstand.

 

Wenngleich bei dem Vorfall niemand verletzt wurde, haben sich dennoch die Familienangehörigen in Angst und Unruhe versetzt gefühlt.

 

Dies wurde auch durch die Einstweilige Verfügung des BG Kirchdorf bestätigt, welche auch feststellt, dass die Gattin als Antragstellerin durch das Verhalten des Beschwerdeführers psychisch schwer belastet wurde.

 

Aus diesen Gründen war sowohl die Wegweisung als auch das Betretungsverbot gesetzeskonform.

 

III.    Anträge:

 

Aus diesen Gründen stellen wir daher die

 

Anträge,

 

das Landesverwaltungsgericht möge

 

gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG die Beschwerde als unbegründet abweisen; gemäß §§ 47ff VwGG erkennen, der Beschwerdeführer ist schuldig, den der belangten   Behörde   entstandenen   Vorlage-   und   Schriftsatzaufwand   im gesetzlichen Ausmaß zu ersetzen.

 

Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird verzichtet.

 

3. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erhob Beweis durch Einsichtnahme in die Beschwerde und die vorgelegten Verwaltungsakten. Zusätzlich wurde für den 13. Juni 2016 eine öffentliche Verhandlung anberaumt und hiezu die Verfahrensparteien, die beantragten Zeugen und die einschreitenden Organe als Zeugen geladen.

 

4. Auf Grund der öffentlichen Verhandlung steht folgender entscheidungs-relevanter Sachverhalt fest:

 

4.1. Am 11. März 2016 nach 22 Uhr entwickelte sich zwischen dem Bf einerseits und seiner Gattin, der gemeinsamen Tochter und deren Lebensgefährten ein Streit über die Stromversorgung des oberen Stockwerks des gemeinsamen Hauses der Ehegatten, dem ua. zu Grunde lag, dass der Bf den Lebensgefährten der Tochter nicht im Haus dulden wollte und daher die Stromversorgung durch Entfernen der Sicherungen wiederholt unterbrach. Die Ehe zwischen dem Bf und seiner Gattin ist seit dem Jahr 2003 belastet, seit dem Jahr 2014 als durchaus zerrüttet zu bezeichnen. Es war in der Vergangenheit zu keinerlei gewalttätiger Übergriffe des Bf gegenüber seiner Gattin und seiner Tochter gekommen. Allerdings kam es wiederholt zu verbalen Attacken. Der ansonsten eher ruhig wirkende Bf trat im alkoholisierten Zustand aggressiv und zynisch auf. Die Ehegattin erachtete sich durch Äußerungen wie auch durch SMS vom Bf zunehmend bedroht. Auch die Tochter bzw. deren Lebensgefährte erhielten SMS mit sehr unfreundlichem Inhalt, in denen ua. Konsequenzen für das Erscheinen des Lebensgefährten im Haus in Kremsmünster angekündigt wurden.

 

4.2. Im Zuge der Auseinandersetzung um die entfernten Sicherungen versuchte zunächst die Ehegattin vergeblich jene aus der Jackentasche des Bf zu nehmen. In der Folge griff auch die Tochter danach, wobei es ihr gelang 2 der 3 Sicherungen zu ergreifen. Dabei fasste sie der Bf jedoch an der Hand, indem er sie aufforderte ihn nicht anzutasten. Als nun der Lebensgefährte der Tochter dieser zu Hilfe kam, wandte sich der Bf mit den Worten „Ich prügle dich hinaus! Ich prügle dich hinaus!“ gegen jenen, wobei sich die Tochter zwischen ihn und den Lebensgefährten drängte, um den Bf abzuhalten.

 

4.3. In der Folge rief die Tochter des Bf die Polizei zu Hilfe. Zwei Beamten der PI Kremsmünster trafen um ca. 23.30 Uhr im gemeinsamen Haus der Ehegatten ein und versuchten den Streit zu schlichten, insbesondere den Bf zur Herausgabe der Sicherungen zu bewegen, was er aber strikt verweigerte. Im Zuge der Befragung der Ehegattin, der Tochter sowie deren Lebensgefährten wurden die Beamten ua. von dem schon seit längerem schwählenden Streit, den fraglichen SMS, den mutmaßlichen Drohungen durch den Bf wie auch von dem an diesem Tag vorgefallenen aggressiven Ausbruch des Bf insbesondere gegen den Lebensgefährten in Kenntnis gesetzt. Gegen Ende der Amtshandlung wäre der Bf nach einem Telefonat mit seinem Bruder allenfalls dazu bereit gewesen, die entfernten Sicherungen wieder herauszugeben. Dennoch wurde gegen 23.50 Uhr gegen ihn eine Wegweisung und ein Betretungsverbot verhängt.

 

 

II.

 

1. Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung schilderten sämtliche Familienangehörigen, wenn auch jeweils aus deren Perspektive, weitgehend übereinstimmend die Zerrüttung der Ehe des Bf und seiner Gattin, wobei hier aktuell ein Scheidungsverfahren im Laufen ist. Auch, dass der Lebensgefährte der Tochter vom Bf aus verschiedenen Gründen nicht akzeptiert wird und er ihn nicht im Haus dulden wollte, ist allseits unbestritten. In der Verhandlung versuchten der Bf und seine Gattin jeweils vizeversa einander als tyrannisch und aggressiv darzustellen, wobei hier betreffend Glaubwürdigkeit vor allem die Aussage der Tochter hervorzuheben ist, die – offensichtlich noch immer belastet durch das Verhalten ihres Vaters – besonders zum Ausdruck brachte, dass der Bf nach intensivem Alkoholkonsum tyrannisch, zynisch und verbal aggressiv auftritt. Sogar während der Einvernahme der Tochter legte der Bf in der mündlichen Verhandlung eine zynische und äußerst herablassende Verhaltensweise an den Tag, weshalb ihm vom Verhandlungsleiter angedroht werden musste, ihn bei Wiederholung dieses Verhaltens des Saales zu verweisen. Im Übrigen erhielt die Aussage der Tochter umso mehr Gewicht, als sich auch dem erkennenden Richter des LVwG auf dem Tonmitschnitt der zum Polizeieinsatz führenden Situation ein entsprechendes Verhaltensmuster des Bf - akustisch klar hörbar – bot. Letztlich ist auch anzumerken, dass der Tonaufnahme zu entnehmen war, dass der Bf unter einem merklichen Alkoholeinfluss stand.

 

Dass die Ehegattin des Bf diesem – wie er darzustellen versuchte und dabei auch von der Aussage seines Bruders unterstützt wurde, selbst ebenfalls zu sehr emotionalen Reaktionen in der Lage ist, wird durchaus als glaubwürdig anerkannt. Allerdings muss auch festgestellt werden, dass die diesbezüglichen Aussagen sowohl des Bf als auch des einvernommenen Bruders als stark überzeichnend zu qualifizieren sind.

 

Die SMS mit sehr unfreundlichem Inhalt, in denen der Bf ua. ankündigte, bei Erscheinen des Lebensgefährten der Tochter im Haus die obere Wohnung unbewohnbar zu machen, wurden vom Bf selbst nicht abgestritten. Es darf angemerkt werden, dass gerade der Lebensgefährte der Tochter in der Verhandlung ein sehr besonnenes und eher zurückhaltendes Charakterbild vermittelte.

 

2. Betreffend die zum Polizeieinsatz führende Situation liegen nicht nur weitgehend übereinstimmende Aussagen der Ehegattin des Bf, der Tochter sowie des Lebensgefährten vor, die im Übrigen durch die Tonaufnahme klar bestätigt wurden, sondern im Wesentlichen korrelieren hier auch die Darstellungen des Bf. Er verneinte lediglich die Aussage „Ich prügle dich hinaus!“ getätigt zu haben, wobei er hier aber klar durch die Tonaufnahme widerlegt wird, die keinen Zweifel offen lässt. Auf dieser ist in unmittelbarer folge auch der zweifache Ausruf: „spiel dich nicht blöd!“ zu hören, der von äußerster Aggressivität gezeichnet, die Dramatik untermauert und eine Ahnung auf das bis dorthin zurückgehaltene Potential des Bf aufkommen lässt.

 

Weiters ist anzumerken, dass die Tochter des Bf völlig glaubhaft schilderte, dass sie sich zwischen ihren Vater und den Lebensgefährten stellte, um den Bf davon abzuhalten, auf den Lebensgefährten einzudringen.

 

Hier ist anzumerken, dass die Darstellung des Bf, es handle sich bei den getätigten Äußerungen lediglich um Unmutsäußerungen, als Folge der Schmerzen, die der Bf durch das Erfassen seiner Hand durch den Lebensgefährten der Tochter erlitten hätte, nicht als glaubhaft angesehen werden können.

 

Der beeinträchtigte Gesundheitszustand des Bf wird zwar grundsätzlich völlig anerkannt und ihm auch zugebilligt, dass er im Bewegungsablauf dadurch eingeschränkt ist sowie auch eine besondere Sensiblität bei Berührungen der Hand aufweist; allerdings war er wohl durchaus – wenn auch in eingeschränktem Maß – aktionsfähig.

 

3. Die Situation nach Eintreffen der Polizei wurde vom – in der Verhandlung einvernommenen – Organ der PI Kremsmünster glaubhaft geschildert. Insbesondere konnte der Zeuge die verschiedenen Indikatoren darlegen, die im Laufe der Befragung der Anwesenden hervorbrachten.

 

Es mag allenfalls sein, dass der Bf nach dem Telefonat mit seinem Bruder dazu bereit gewesen wäre, die von ihm zurückgehaltenen Sicherungen herauszugeben, wobei dieser Umstand allein für die Verhängung der getroffenen Maßnahme(n) zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ausschlaggebend war, wie der Zeuge durchaus glaubhaft darlegte.

 

Dem Bf mag zugebilligt werden, dass seine Einvernahme auf der PI im Anschluss an die Wegweisung in ruhigen Bahnen verlief.

 

III.

 

1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit.

 

Nach Art. 132 Abs. 2 B-VG kann gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch sie in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 VwGVG ist, sofern die Rechtssache nicht zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes gehört, in Rechtsachen in den Angelegenheiten, in denen die Vollziehung Landessache ist, das Verwaltungsgericht im Land zuständig.

 

Nach Abs. 2 Z. 2 richtet sich im Übrigen die örtliche Zuständigkeit in Rechtssachen, die nicht zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes gehören, in den Fällen des Art 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG nach dem Ort, an dem die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt begonnen wurde, wenn diese jedoch im Ausland ausgeübt wurde, danach, wo das ausübende Organ die Bundesgrenze überschritten hat.

 

Nach § 7 Abs. 4 Z. 3 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 2 B-VG sechs Wochen. Sie beginnt in den Fällen des Art. 132 Abs. 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung.

 

 

 

Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1.   die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2.   die Bezeichnung der belangten Behörde,

3.   die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4.   das Begehren und

5.   die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

 

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

 

Gemäß § 28 Abs 6 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, wenn im Verfahren wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 B-VG eine Beschwerde nicht zurückzuweisen oder abzuweisen ist, die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären und gegebenenfalls aufzuheben.

 

1.2. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl 1991/566 in der Fassung BGBl I 2014/97 (SPG), lauten auszugsweise:

 

"Allgemeine Gefahr; gefährlicher Angriff; Gefahrenerforschung

§ 16. (1) …

 

(2) Ein gefährlicher Angriff ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand

1. nach dem Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974, ausgenommen die Tatbestände nach den §§ 278, 278a und 278b StGB, oder

2. nach dem Verbotsgesetz, StGBl. Nr. 13/1945, oder

3. nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100, oder

4. nach dem Suchtmittelgesetz (SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, handelt, es sei denn um den Erwerb oder Besitz eines Suchtmittels zum eigenen Gebrauch.

 

(3) Ein gefährlicher Angriff ist auch ein Verhalten, das darauf abzielt und geeignet ist, eine solche Bedrohung (Abs. 2) vorzubereiten, sofern dieses Verhalten in engem zeitlichen Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung gesetzt wird.

 

(4) …

 

Wegweisung und Betretungsverbot bei Gewalt in Wohnungen

§ 38a. (1) Ist auf Grund bestimmter Tatsachen, insbesondere wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs, anzunehmen, es stehe ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevor, so sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einen Menschen, von dem die Gefahr ausgeht, aus einer Wohnung, in der ein Gefährdeter wohnt, und deren unmittelbarer Umgebung wegzuweisen. Sie haben ihm zur Kenntnis zu bringen, auf welchen räumlichen Bereich sich die Wegweisung bezieht; dieser Bereich ist nach Maßgabe der Erfordernisse eines wirkungsvollen vorbeugenden Schutzes zu bestimmen.

 

(2) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 sind die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes ermächtigt, einem Menschen das Betreten eines nach Abs. 1 festzulegenden Bereiches zu untersagen; die Ausübung von Zwangsgewalt zur Durchsetzung dieses Betretungsverbotes ist jedoch unzulässig. Bei einem Verbot, in die eigene Wohnung zurückzukehren, ist besonders darauf Bedacht zu nehmen, daß dieser Eingriff in das Privatleben des Betroffenen die Verhältnismäßigkeit (§ 29) wahrt. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, dem Betroffenen alle in seiner Gewahrsame befindlichen Schlüssel zur Wohnung abzunehmen; sie sind verpflichtet, ihm Gelegenheit zu geben, dringend benötigte Gegenstände des persönlichen Bedarfs mitzunehmen und sich darüber zu informieren, welche Möglichkeiten er hat, unterzukommen. Sofern sich die Notwendigkeit ergibt, daß der Betroffene die Wohnung, deren Betreten ihm untersagt ist, aufsucht, darf er dies nur in Gegenwart eines Organs des öffentlichen Sicherheitsdienstes tun.

(3) …

(4) …

(5) …

(6) Die Anordnung eines Betretungsverbotes ist der Sicherheitsbehörde unverzüglich bekanntzugeben und von dieser binnen 48 Stunden zu überprüfen. Hiezu kann die Sicherheitsbehörde alle Einrichtungen und Stellen beiziehen, die zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes beitragen können. Die Bezirksverwaltungsbehörde als Sicherheitsbehörde kann überdies die im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden Ärzte heranziehen. Stellt die Sicherheitsbehörde fest, daß die Voraussetzungen für die Anordnung des Betretungsverbotes nicht bestehen, so hat sie dieses dem Betroffenen gegenüber unverzüglich aufzuheben; der Gefährdete ist unverzüglich darüber zu informieren, daß das Betretungsverbot aufgehoben werde; die Aufhebung des Betretungsverbotes sowie die Information des Gefährdeten haben nach Möglichkeit mündlich oder telefonisch durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder schriftlich durch persönliche Übergabe zu erfolgen. Die nach Abs. 2 abgenommenen Schlüssel sind mit Aufhebung des Betretungsverbotes dem Betroffenen auszufolgen, im Falle eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach §§ 382b und 382e EO bei Gericht zu erlegen.

 

(7) Die Einhaltung eines Betretungsverbotes ist zumindest einmal während der ersten drei Tage seiner Geltung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu überprüfen. Das Betretungsverbot endet zwei Wochen nach seiner Anordnung; es endet im Falle eines binnen dieser Frist eingebrachten Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach §§ 382b und 382e EO mit der Zustellung der Entscheidung des Gerichts an den Antragsgegner, spätestens jedoch vier Wochen nach Anordnung des Betretungsverbotes. Von der Einbringung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach §§ 382b und 382e EO hat das Gericht die Sicherheitsbehörde unverzüglich in Kenntnis zu setzen."

 

2.1. Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nach der höchstgerichtlichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes dann vor, wenn einseitig in subjektive Rechte des Betroffenen eingegriffen und hierbei physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehls droht (vgl VwGH 29.6.2000, 96/01/0596 mwN). Entscheidend ist dabei, dass es sich um einen Hoheitsakt einer Verwaltungsbehörde handelt, mit dem in die Rechte von natürlichen oder juristischen Personen eingegriffen wird, ohne dass es zu einer Bescheiderlassung kommt (vgl Köhler in Korinek/Holoubek [Hrsg], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, Art 129a f B-VG Rz 45). Nach der Judikatur des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofs muss es sich bei einer mit Beschwerde bekämpfbaren Maßnahme um die Anwendung physischen Zwangs oder die Erteilung eines Befehls mit unverzüglichem Befolgungsanspruch handeln (vgl VfSlg 11.935/1988; VwGH 28.5.1997, 96/13/0032; 16.4.1999, 96/02/0590). Das bedeutet, dass dem Betroffenen bei Nichtbefolgung des Befehls unmittelbar, dh unverzüglich und ohne weiteres Verfahren, eine physische Sanktion droht (vgl VfSlg 10.662/1985). Liegt ein Befolgungsanspruch aus einer solchen, dem Befehlsadressaten bei Nichtbefolgung des Befehls unverzüglich drohenden physischen Sanktion (objektiv) nicht vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (vgl VwGH 28.10.2003, 2001/11/0162M; 29.9.2009, 2008/18/0687).

 

2.2. Im vorliegenden Fall steht außer Frage, dass es sich sowohl bei einer Wegweisung zum Schutz vor einem potentiellen gefährlichen Angriff als auch bei einem Betretungsverbot gemäß § 38a SPG um die Erteilung eines hoheitlichen Befehls mit unverzüglichem, sanktionsbewehrtem Befolgungsanspruch an eine natürliche Person, und damit um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handelt (dies implizierend etwa VwGH 24.10.2013, 2011/01/0158), was im Übrigen von keiner der Parteien bestritten wird. Die Beschwerde ist daher zulässig.

 

3.1. § 38a Abs 1 SPG ermächtigt Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur (formfreien) Wegweisung gefährlicher Menschen aus einer Wohnung, in der eine gefährdete Person wohnt. Unter den gleichen Voraussetzungen, unter denen eine Wegweisung nach Abs 1 leg cit zulässig ist, ermächtigt § 38a Abs 2 SPG Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Verhängung eines (befristeten) Betretungsverbotes.

 

Wegweisung und Betretungsverbot sind gleichermaßen an die Voraussetzung geknüpft, dass auf Grund bestimmter Tatsachen (Vorfälle) anzunehmen ist, ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit einer gefährdeten Person stehe bevor. Ein gefährlicher Angriff ist nach § 16 Abs 2 SPG die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung des Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung, die vorsätzlich begangen und nicht bloß auf Begehren eines Beteiligten verfolgt wird, sofern es sich um einen Straftatbestand ua nach dem Strafgesetzbuch handelt. Die Folge, dass wegen eines vorangegangenen gefährlichen Angriffs ein gefährlicher Angriff bevorsteht, wird vom Gesetz aber nicht vermutet, sondern ist vom einschreitenden Organ zu beurteilen. Welche Tatsachen als solche im Sinne des § 38a SPG in Frage kommen, sagt das Gesetz nicht (ausdrücklich). Diese Tatsachen müssen (auf Grund bekannter Vorfälle) die Annahme rechtfertigen, dass plausibel und nachvollziehbar bestimmte künftige Verhaltensweisen zu erwarten sein werden. Auf Grund des sich den einschreitenden Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes bietenden Gesamtbildes muss mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein, dass ein gefährlicher Angriff im genannten Sinn durch den Wegzuweisenden bevorsteht. Bei dieser Prognose ist vom Wissensstand des Beamten im Zeitpunkt des Einschreitens auszugehen (vgl VwGH 31.5.2012, 2012/01/0018 mwN) und zunächst zu fragen, ob er vertretbar annehmen konnte, dass ein gefährlicher Angriff erfolgt ist und ein gefährlicher Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit bevorsteht (vgl VwGH 21.12.2000, 2000/01/0003).

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist nun zu analysieren, ob und inwieweit die einschreitenden Beamten im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung davon ausgehen konnten, dass ein gefährlicher Angriff unmittelbar bevorstehen würde. Wie sich aus der öffentlichen mündlichen Verhandlung klar ergab, wurden den Beamten im Zuge ihrer Befragungen vor Ort mehrere Indikatoren bekannt. Ausdrücklich ist hier festzuhalten, dass die Entfernung von Sicherungen und die Weigerung diese herauszugeben per se keinen gefährlichen Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen bilden, so wenig nachvollziehbar und skurril sie sich im hier zu beurteilenden Fall auch gestaltet haben mögen. Diese Umstände sind allenfalls dazu geeignet als weitere Komponente bei einer Abwägung gewertet zu werden. Anders verhält es sich hingegen bei den – von den Beteiligten geschilderten – mutmaßlichen gefährlichen Drohungen, die – nach dem Wissensstand der Beamten im Zeitpunkt der Verhängung der Maßnahmen – vom Bf gegen seine Gattin bzw. gegen den Lebensgefährten seiner Tochter ausgesprochen bzw. per SMS versendet worden sein sollten. Dass diese Darstellungen der Angehörigen des Bf mit entsprechender Nachhaltigkeit berichtet wurden, ergibt sich aus der zeugenschaftlichen Einvernahme des Polizeibeamten und wird im Übrigen auch dadurch untermauert, dass auch die strafgerichtliche Verfolgung zu einer – wenn auch noch nicht - rechtskräftigen Verurteilung des Bf wegen Nötigung gegenüber dem Lebensgefährten seiner Tochter führte. Im Eindruck des kurz vor dem Eintreffen der Beamten stattgefundenen Vorfalls kann es diesen durchaus zugesonnen werden, dass sie den Schilderungen der Angehörigen ein hohes Gewicht beimaßen. An dieser Stelle kamen auch noch die obstruktive Weigerung des Bf die von ihm entfernten Sicherungen herauszugeben sowie der merkliche Alkoholeinfluss als weitere erhärtende Elemente dazu. Dass es sich nicht um einen punktuellen, kurzfristigen Ausbruch handelte, konnten die Polizeibeamten aufgrund der geschilderten – vom Bf versandten – SMS annehmen.

 

3.2. Festzuhalten ist, dass sich die festgestellte Aggression des Bf – wohl auch im relevanten Zeitpunkt – primär gegen den Lebensgefährten der Tochter richtete, der nicht dauerhaft im Haus wohnte, was die Frage aufwirft, ob die Wegweisung bzw. das Betretungsverbot im vorliegenden Fall zulässig waren. Diese Frage kann jedoch offen bleiben, zumal – nach dem damaligen Wissenstand der Einschreitenden – der Verdacht der gefährlichen Drohung auch gegen die Ehefrau massiv im Raum stand, wenn sich auch in der Folgezeit ergeben hat, dass der Bf von diesem Vorwurf rechtskräftig freigesprochen worden ist.

 

3.3. Zusammengefasst kann also festgehalten werden, dass im für die Beurteilung relevanten Zeitpunkt verschiedene Indikatoren vorlagen, die vor allem in ihrer Zusammenschau ein Bild ergaben, das die Prognose rechtfertigte, ein gefährlicher Angriff auf Leben, Freiheit oder Gesundheit von Mitbewohnern würde unmittelbar bevorstehen. Es kann den Beamten nicht verdacht werden, dass sie das Risiko des Verzichts auf die Verhängung von Maßnahmen nicht eingehen wollten, da die vorgenommene Prognoseentscheidung durchaus nachvollziehbar war. Dabei schadet es auch nicht, dass die Beteiligten von keinen Gewalttätigkeiten des Bf gegen einen seiner Angehörigen bis zu diesem Zeitpunkt berichteten, da die vorliegende Situation offenkundig einen Kulminationspunkt der vorangegangenen verbalen Auseinandersetzungen bildete.

 

3.4. Es war daher im Ergebnis die vorliegende Maßnahmenbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

4.1. Gemäß § 35 Abs 1 VwGVG hat die obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterliegende Partei. Nach Abs. 6 ist die Behörde die obsiegende Partei und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei, wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird. Gemäß § 35 Abs 6 VwGVG sind des Weiteren die §§ 52-54 VwGG auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß § 35 Abs 1 VwGVG anzuwenden.

 

Gemäß § 1 der VwG-Aufwandersatzverordnung – VwG-AufwErsV wird die Höhe der im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art 130 Abs 1 Z 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl Nr 1/1930, und Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art 130 Abs 2 Z 1 B-VG als Aufwandersatz zu leistenden Pauschalbeträge wie folgt festgesetzt:

1. Ersatz des Schriftsatzaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 737,60 Euro

2. Ersatz des Verhandlungsaufwands des Beschwerdeführers als obsiegende Partei 922,00 Euro

3. Ersatz des Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 57,40 Euro

4. Ersatz des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 368,80 Euro

5. Ersatz des Verhandlungsaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei 461,00 Euro

6. Ersatz des Aufwands, der für den Beschwerdeführer mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 553,20 Euro

7. Ersatz des Aufwands, der für die belangte Behörde mit dem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens verbunden war (Schriftsatzaufwand) 276,60 Euro

 

4.2. Beim oben erlangten Verfahrensergebnis ist dem Bund als Rechtsträger, für den die belangte Behörde eingeschritten ist, nach den §§ 35 VwGVG iVm der VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl II 2013/517, ein Aufwandersatz in Höhe von insgesamt 426,20 Euro, (Vorlageaufwand von 57,40 Euro, Schriftsatzaufwand von 368,80 Euro) aufzuerlegen.

 

 

 

 

IV.

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

Bernhard Pree