LVwG-650613/9/FP

Linz, 14.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Pohl über die Beschwerde von C K, vertreten durch H Rechtsanwälte, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Oberösterreich, Nietzschestraße 33, 4021 Linz vom 8. März 2016, GZ. FE-257/2016, wegen Aufforderung zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der bekämpfte Bescheid aufgehoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Mandatsbescheid vom 29. Februar 2016 forderte die Landespolizeidirektion Oberösterreich (idF belangte Behörde) Herrn C K (idF Bf) auf, sich binnen 2 Monaten ab Zustellung zur Feststellung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen, amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bf das Rechtsmittel der Vorstellung und erging sodann am 14. März 2016 der bekämpfte Bescheid, mit welchem die belangte Behörde ihren Mandatsbescheid vollinhaltlich bestätigte und wie folgt begründete:

 

„Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist gem. § 24 Abs. 4 FSG idF. BGBl. 81/2002 ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z. 3 FSG gehört zu den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung, dass der Antragsteller gesundheitlich geeignet ist, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9).

Gemäß § 3 Abs. 1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften (Z. 1) die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 FSG-GV gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

1. schwere Allgemeinerkrankungen oder schwere lokale Erkrankungen, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges oder das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

2. organische Erkrankungen des zentralen oder peripheren Nervensystems, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen können,

3. Erkrankungen, bei denen es zu unvorhersehbaren Bewusstseinsstörungen oder -trübungen kommt

4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie

 

a) Alkoholabhängigkeit oder

b) andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

5. Augenerkrankungen, die das Sehvermögen beeinträchtigen.

 

Voraussetzung für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens betreffend Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung und damit auch für einen Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs. 4 FSG ist, dass begründete Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4 FSG 1997) noch gegeben sind (siehe dazu das Erkenntnis des VwGH vom 10. November 1998, ZI. 98/11/0120).

 

Mit Mandatsbescheid vom 11.08.2014 wurden Sie aufgefordert, sich binnen 2 Monaten ab Zustellung dieses Bescheides, somit bis zum 18.10.2015, amtsärztlich untersuchen zu lassen.

 

Dabei ging die Behörde von folgendem Sachverhalt aus:

 

Laut Abtretungs - Bericht des SPK Linz vom 26.02.2016 gaben Sie am 14.08.2015 den Kriminalbeamten bei einer freiwillig gestatteten Nachschau in Ihrer Unterkunft

• 1 Klemmsäckchen mit einer geringen Menge Crystal Meth;

• 1 Kartonschachtel mit bereits getrockneten Magic Mushrooms (Pilzen) und

•   3 größere Klemmsäckchen mit 3 Behälter mit frisch angebauten Magic Mushrooms.

 

Anfang Dezember 2014 hätten sie ebenfalls im Internet über eine Darknetseite „Shiny Flakes":

·         1 g Crystal Meth

·         5 Stk. XTC (Goldbarren)

·         1 10er Streifen Bromazepam

·         2 10er Streifen Lorazepam

 

bestellt.

 

Von der o.a. Bestellung hätten Sie die 5 Stück XTC bereits konsumiert, welche von guter Qualität waren. Vom Crystal Meth haben Sie 2 Mal je 1 line gezogen, den Rest hätten Sie den Kriminalbeamten am 14.08.2015 übergeben. Auch da Crystal war von guter Qualität gewesen. Die Benzodiazepine hätten Sie zwar probiert, den Rest jedoch weggeschmissen, da sie nichts für Sie waren.

 

Zuletzt hätten Sie vor ca. 14 Tagen bei Ihnen zu Hause Marihuana konsumiert. Marihuana würden Sie seit etwa 10 Jahren in unregelmäßigen Abständen konsumieren.

Gegen den Mandatsbescheid vom 29.02.2016 haben Sie fristgerecht das Rechtsmittel der Vorstellung ergriffen und führten zusammenfassend aus, dass ein gelegentlicher Suchtmittelkonsum allein die Bedenken an der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen (noch) nicht rechtfertigen (VwGH 24.08.1999, 99/11/0092 und 0175, und vom 23.05.2000, 99/11/0340) würden. Es bedürfe dazu vielmehr konkreter Feststellungen über die Zeitpunkte des Suchtmittelkonsums sowie die Art und Menge des Suchtmittelkonsums.

 

Ebenfalls vertrete der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur die Auffassung, wie sich aus dem §14 FSG - GV ergebe, dass ein geringfügiger Suchtmittelgenuss die gesundheitliche Eignung (noch) nicht berühre. Erst dann wenn der Konsum zu einer Abhängigkeit zu führen geeignet sei oder wenn die Gefahr bestehe, dass die betreffende Person nicht in der Lage sein könnte, den Konsum so weit einzuschränken, dass ihre Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht (mehr) beeinträchtigt sei, läge ein Grund vor, unter dem Aspekt eines festgestellten - wenn auch verbotenen - Suchtmittelkonsums die gesundheitliche Eignung begründeter Weise in Zweifel zu ziehen (vgl. auch hiezu die erwähnten hg. Erkenntnisse vom 25.Mai 2004, und vom 24.05.2011, mwN.).

Weiters habe der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich die Auffassung vertreten, dass ein Aufforderungsbescheid nur dann zulässig sei, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Falle einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheid) von Seiten der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken bestehen (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 21. September 2010, Zl. 2010/11/0105).

Sie führten an, dass daher Ihr eingeräumter früherer gelegentlicher Konsum von Suchtmitteln noch keinen Verdacht auf eine Suchtmittelabhängigkeit ableiten lassen würde.

Sie beantragten in weitere Folge mit der ggst. Vorstellung den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

Die Behörde hat hierzu wie folgt erwogen:

 

In der Beschuldigtenvernehmung vom 17.08.2015 beim Stadtpolizeikommando Linz zum oben angeführten Sachverhalt, zeigten Sie sich geständig, Anfang Dezember 2014 über das Internet

 

·         1 g Crystal Meth

·         5 Stk. XTC (Goldbarren)

·         1 10er Streifen Bromazepam

·         2 10er Streifen Lorazepam

 

bestellt zu haben.

 

Dazu gaben Sie weiters an, dass Sie von dieser Bestellung 5 Stück XTC bereits konsumiert hatten und führten an, dass diese von guter Qualität waren.

 

Von dem gelieferten Crystal Meth hatten Sie jeweils 2 Mal je 1 „Line" gezogen. Das Crystal sei ebenso von guter Qualität gewesen.

 

Marihuana konsumierten Sie ca. 14 Tage vor der niederschriftlichen Einvernahme bei Ihnen zu Hause.

Aufgrund des oben angeführten Sachverhaltes, Insbesondere unter Bedachtnahme auf die Konsumation von Crystal - Meth, ist nicht bloß von einem „geringfügigen" Suchtmittelkonsum auszugehen, zumal unter diesen Umständen auch ein gewisses Suchtverhalten nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Ebenso die Tatsache, dass Sie selbst die Qualität der konsumierten Suchtmittel einstufen konnten, lässt die Behörde zu dem dringenden Verdacht kommen, dass Sie einen gewissen Erfahrungswert hinsichtlich dieser Suchtmittel besitzen. Zusätzlich als bedenklich erscheint der hs. Behörde, dass Sie selbst über das Internet diese Mengen bestellten.

 

Weiters ist anzuführen, dass es durch den Konsum des Suchtmittels Methamphetamin (Modename: Crystal Meth) nach der durch den Konsum verursachten „Euphorie", zu einer Phase von „Depressionen" und „Lethargie" kommen kann. Gleichfalls können Halluzinationen eine Folgewirkung seien.

 

Der Konsum von Methamphetamin kann sehr schnell zu einer psychischen Abhängigkeit führen. Dies gilt aufgrund der erhöhten Anflutgeschwindigkeit besonders für die Konsumformen „Inhalation" und „Injektion".

 

Ebenso ist es der hs. Behörde bekannt, dass es durch den Konsum von Crytstal Meth zu Nebenwirkungen in Form von paranoiden Wahnvorstellungen, Herzrhythmusstörungen, akustischen Halluzinationen sowie Aggressivität kommen kann.

 

Somit steht nunmehr der Verdacht einer Abhängigkeit (bereits 2maliger Konsum von Crystal - Meth) bzw. ein problematischer Umgang mit dem Suchtmittel im Raum, weshalb die Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 FSG als gegeben erachtet werden und der Mandatsbescheid daher vollinhaltlich zu bestätigen war.“

 

I.2. Gegen diesen Bescheid erhob der mittlerweile anwaltlich vertretene Bf rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde, in welcher er zusammengefasst vorbrachte, dass aus dem Konsum von zweimal je einer Line Chrystal Meth, 5 Stück Ecstasy und der Konsumation von Marihuana Anfang August 2015 keine Bedenken an der gesundheitlichen Eignung des Bf zum Lenken von Fahrzeugen abgeleitet werden könnten. Die Interpretation, es bestehe der Verdacht einer Abhängigkeit sei nicht nachvollziehbar. Ebenfalls bleibe im Dunkeln, was die Behörde unter einem „problematischen Umgang mit dem Suchtmittel“ verstehe.

Dem Bf würde zu Recht nicht angelastet, zu irgendeinem Zeitpunkt in einem durch Suchtmittel beeinträchtigten Zustand ein KFZ gelenkt zu haben. Der gelegentliche Konsum von Suchtmitteln ohne Zusammenhang mit dem Lenken von Fahrzeugen berühre aber die gesundheitliche Eignung ebenso wenig, wie der gelegentliche Konsum von Alkohol ohne Zusammenhang mit dem Lenken von Fahrzeugen (stRsp seit VwGH 24.8.1999, 99/11/0092, 0175).

Dass anlässlich des überraschenden Polizeibesuchs am 14. August 2015 ein auffälliger oder bedenklicher Gesundheitszustand festgestellt worden wäre, lässt sich den Polizeiakten nicht entnehmen. Ein zum Zeitpunkt der Erlassung des Aufforderungsbescheides bereits mehr als sieben Monate zurückliegender nur gelegentlicher Konsum von psychotropen Substanzen begründe keine Bedenken an der gesundheitlichen Lenkeignung.  

 

I.3. Die belangte Behörde legte dem Verwaltungsgericht die ggst. Beschwerde unter Anschluss des Verfahrensaktes mit Schreiben vom 13. April 2016 zur Entscheidung vor. Von der Möglichkeit eine Beschwerdevorentscheidung zu Fällen wurde kein Gebrauch gemacht.

Damit ergibt sich die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entscheidungsfindung (Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG). Gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG entscheidet das Landesverwaltungsgericht durch den nach der Geschäftsver-teilung zuständige Einzelrichter.

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den von der belangten Behörde vorgelegten Verfahrensakt und öffentliche mündliche Verhandlung, bei der sich das Gericht ein Bild vom Bf machen konnte. Die belangte Behörde erschien nicht zur Verhandlung.

 

II.2. Nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt steht fest:

 

Der Beschwerdeführer bestellte im November 2014 in einem Internetshop 1 Gramm Crystal Meth (Methamphetamin), 5 Ecstasy Tabletten sowie Lorazepam und Bromazepam Tabletten (beide Benzodiazepine).

Zu Sylvester konsumierte der Bf 0,7 Gramm Methamphetamin gemeinsam mit Freunden. Er selbst „zog zwei lines“. Der Bf hatte zuvor niemals „Meth“ probiert. Er bestellte es, weil er neugierig war. Die Wirkung sprach den Bf nicht an, weil er 2 Nächte nicht schlafen konnte. Deshalb konsumierte er die übrig gebliebenen 0,3 Gramm nicht mehr.

Die 5 Stück Ecstasy hatte der Bf zum Zeitpunkt des Besuches der Kriminalpolizei im August 2015 bereits konsumiert.

Die Benzodiazepine warf der Bf, nachdem er sie probiert hatte, weg, weil ihm die Wirkung nicht behagte.

Anfang August 2015 bestellte der Bf bei einem Shop in den Niederlanden 3 Anbauboxen Psilocibin-haltige Pilze. Er baute diese auch an und hatte auch bereits geerntet, hat jedoch keine Pilze konsumiert.

Anfang August 2015 hat der Bf bei sich zuhause Marihuana konsumiert.

Als der Bf ca. 19 Jahre alt war, hatte er Ecstasy probiert. Vor August 2014 hat er 4 – 6 mal pro Jahr Cannabis geraucht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Bf nach der polizeilichen Nachschau im August 2015 konsumiert hat.

Der Bf ist beruflich eingebunden und ist seit 15 1/2 Jahren als Schlosser bei der Linz AG tätig. Er arbeitet derzeit Vollzeit und ist mehr im Büro in der Administration tätig.

 

 

II.3. Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt gründet auf dem vorliegenden Verwaltungsakt und der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, in der das Gericht Gelegenheit hatte, sich ein Bild vom Bf zu machen.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Angaben des Bf in der Verhandlung weitgehend jenen entsprachen, die der Bf bereits bei der Polizei gemacht hatte, die Angaben bei der Polizei jedenfalls aber nicht geeignet sind, jene vor Gericht in Zweifel zu ziehen. Es traten keine besonderen Diskrepanzen in seiner Verantwortung zu Tage, die dazu führen könnten, den Bf unglaubwürdig wirken zu lassen. 

Der Bf machte auf das Gericht einen wachen, gänzlich „normalen“ und offenen Eindruck. Beim Bf war eine gewisse Nervosität erkennbar, was angesichts der Stresssituation vor Gericht nicht außergewöhnlich ist. An ihm waren keine typischen „Crystal Meth“- Folgeerscheinungen (Zersetzte Zähne, Abmagerung, Hautschäden) erkennbar. Er wirkte auch nicht vordergründig süchtig.

Der Bf antwortete auf die Fragen des Gerichtes direkt und ohne Umschweife. Offene Fragen („wie geht es Ihnen heute“) beantwortete der Bf ausführlich. Er erklärte den Grund für die Bestellung im Internet, nämlich, dass er Crystal Meth ausprobieren wollte. Die Antwort erschien dem Gericht nachvollziehbar. Auch die Begründung für die Mitbestellung anderer Substanzen (Tabletten), nämlich um über die Mindestbestellsumme von 150 Euro zu gelangen, war nachvollziehbar. Eine derartige Geschichte zu erfinden scheint lebensfremd, weil sie für das Verfahren weitgehend unerheblich ist (es ging um verschreibungspflichtige Medikamente). Dass der Bf (zumindest bei diesem Händler) nur einmal Crystal Meth bestellt hat, ist im Übrigen mit den Ermittlungsergebnissen der Polizei in Einklang zu bringen, zumal diese am von der deutschen Polizei sichergestellten PC des Händlers nur eine Bestellung iHv 192,45 Euro inkl. 35 Euro Versandkosten feststellen konnte. Es wurde der Betrag von 150 Euro also tatsächlich geringfügig überschritten.

Auch die Darstellung des Bf im Hinblick auf die für ihn unangenehme Wirkung des Methamphetamins war nachvollziehbar und wird seine Glaubwürdigkeit dadurch gestützt, dass die Polizei noch eine geringe Menge „Meth“ in der Wohnung des Bf auffinden konnte. Angesichts der der Wirkdosis von 10 – 15 mg erscheint auch die Verantwortung des Bf, 2 Lines „gezogen“ und gemeinsam mit Freunden konsumiert zu haben nicht abwegig.

Der Bf gab an, nie süchtig gewesen zu sein. Insgesamt, und dies ist für den vorliegenden Fall wesentlich, ergaben sich keinerlei Hinweise, dass der Bf heute, insbesondere nach der polizeilichen Nachschau in seiner Wohnung Drogen konsumiert hat. Es liegen schlicht keinerlei Hinweise auf einen aktuellen Suchtmittelkonsum vor, sodass selbst dann, wenn das Gericht dem Bf keinen Glauben schenken würde, keine Feststellungen im Hinblick auf einen aktuellen Konsum oder eine aktuelle Sucht denkbar wäre. Die Argumentation des Bf, aufgrund der Schwierigkeiten nach der Nachschau den Konsum eingestellt zu haben ist nicht von der Hand zu weisen.

Die belangte Behörde blieb der Verhandlung fern und begab sich so der Möglichkeit, Fragen an den Bf zu richten.

 

 

III. Rechtliche Beurteilung

 

III.1. Gemäß § 3 Abs. 1 Ziffer 1 FSG gilt als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs 1 oder 2 FSG vorzulegen, um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen.

 

Gemäß § 5. Abs.1 FSG-GV gilt eine Person als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

a) Alkoholabhängigkeit oder

b) andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,

 

Gemäß § 14 Abs. 1 FSG-GV darf Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, soweit nicht Abs 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

 

Gemäß § 14 Abs. 5 FSG-GV ist Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wieder zu erteilen.

 

Gemäß § 24 Abs. 4 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen, sofern Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

 

 

 

III.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

Der Verwaltungsgerichtshof spricht in ständiger Judikatur aus, dass Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs 4 FSG begründete Bedenken sind, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Hiebei gehe es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssten aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen.

In Zusammenhang mit Suchtmittelkonsum des Inhabers einer Lenkberechtigung sei ein Aufforderungsbescheid rechtens, wenn ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht bestünden, dem Betreffenden fehle infolge Suchtmittelabhängigkeit (oder wegen Fehlens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung) die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen (vgl. z.B. u.a. VwGH 25.Mai 2004, Zl. 2003/11/0310).

 

Ebenfalls in ständiger Judikatur vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, wie sich aus § 14 FSG-GV ergebe, berühre ein geringfügiger Suchtmittelgenuss die gesundheitliche Eignung (noch) nicht. Erst dann, wenn der Konsum zu einer Abhängigkeit zu führen geeignet sei oder wenn die Gefahr bestehe, dass die betreffende Person nicht in der Lage sein könnte, den Konsum so weit einzuschränken, dass ihre Fähigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht (mehr) beeinträchtigt sei, läge ein Grund vor, unter dem Aspekt eines festgestellten - wenn auch verbotenen - Suchtmittelkonsums die gesundheitliche Eignung begründeterweise in Zweifel zu ziehen (vgl. z.B. u.a. VwGH 25. Mai 2004, Zl. 2003/11/0310).

 

Ein Aufforderungsbescheid ist sohin nur dann zulässig, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Falle einer Beschwerdeentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Erkenntnisses) nach wie vor begründete Bedenken bestehen (vgl. VwGH vom 13. August 2004, Zl. 2004/11/0063).

Derartige Bedenken sind im Aufforderungsbescheid nachvollziehbar darzulegen (VwGH 30. September 2002, 2002/11/0120; 22. Juni 2010, 2010/11/0067).

 

Die belangte Behörde hat den Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid aufgefordert, sich innerhalb der von der belangten Behörde gesetzten Frist amtsärztlich untersuchen zu lassen. Sie begründete ihren Bescheid im Wesentlichen damit, dass „insbesondere unter der Bedachtnahme auf die Konsumation von Crystal-Meth, [ist] nicht bloß von einem geringfügigen Suchtmittelkonsum auszugehen [sei]“. Unter diesen Umständen könne ein gewisses Suchtverhalten nicht ausgeschlossen werden. Dies etwa weil der Bf in der Lage gewesen sei die Qualität der konsumierten Suchtmittel selbst einstufen. Dies lasse die Behörde zum dringenden Verdacht kommen, dass der Bf einen gewissen Erfahrungswert hinsichtlich Suchtmitteln besitze. Zudem erscheine bedenklich, dass der Bf selbst über das Internet diese Mengen bestellt habe.

Methamphetamin führe zudem zu Euphorie, Depressionen, Lethargie und Halluzinationen und könne schnell zu einer psychischen Abhängigkeit führen.

Es bestehe der Verdacht einer psychischen Abhängigkeit.

 

Die Argumentation der belangten Behörde vermag das Gericht nicht zu teilen.  Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des behördlichen Bescheides bereits 7 Monate seit dem Auffinden der Suchtmittel verstrichen waren und die belangte Behörde keinerlei Feststellungen zu einem aktuellen Konsum getroffen hat. Diesfalls liegt aufgrund der Angaben des Bf auch nur ein Marihuanakonsum im August 2015 offen. 

 

Es finden sich in der Begründung keinerlei Ausführungen, ob die von der belangten Behörde angenommenen Bedenken auch noch zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorlagen.

 

Der letzte Suchtmittelkonsum des Bf fand nach dessen Angaben Anfang August 2015 statt, wobei es sich hier um Marihuana handelte. Er legte auch glaubwürdig dar, dass das Ecstasy bereits konsumiert war (es wurde keines aufgefunden) und er das Crystal Meth bereits zu Sylvester konsumiert hat.

 

Seit diesem Zeitpunkt hat der Bf seinen Angaben zufolge kein Suchtmittel mehr konsumiert. Folgt man diesen Angaben des Bf so sind nach dem letzten Suchtgiftkonsum zum Zeitpunkt der Zustellung des bekämpften Bescheides bereits sieben Monate vergangen und lag der Crystal Meth Konsum, den die belangte Behörde dem Bf primär ankreidet, bereits etwa 15 Monate zurück. Bis zur Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes vergingen nun zusätzliche 3 Monate.

 

Die belangte Behörde hat sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, zu seiner Totalabstinenz seit der polizeilichen Kontrolle im August 2015 nicht  auseinander gesetzt und keine Feststellungen dazu getroffen.

Die Argumentationslinie, aufgrund des 2-maligen Konsums von Crystal Meth bestehe der Verdacht einer Abhängigkeit greift dabei zu kurz, weil es darauf ankommt, ob im Zeitpunkt der Entscheidung begründete Bedenken an der fachlichen Eignung im Hinblick auf das Lenken eines KFZ bestehen müssen, weil etwa eine Sucht vorliegt.

Der Verdacht der belangten Behörde gründet dabei auf dem Umstand, dass sie davon ausgeht, ein 2-maliger Crystal Meth Konsum sei geeignet eine Sucht herbeizuführen. Dieser Umstand reicht nach so langer Zeit jedoch nicht aus, begründete Bedenken zu erwecken, wenn keine weitere Feststellungen zu einem Konsum getroffen werden können.

 

Es kann in diesem Zusammenhang auf die Judikatur des VwGH verwiesen werden, nach der auch in Zusammenhang mit einem ein Jahr zurückliegenden Kokain und Marihuana-Konsum (der genannte Fall hatte durchaus nicht unerhebliche Mengen an Kokain, Ecstasy, Speed und Marihuana zum Inhalt) ein Aufforderungsbescheid nach § 24 Abs. 4 FSG 1997 nur dann zulässig ist, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Falle einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides) von Seiten der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken an der gesundheitlichen Eignung bestehen (Hinweis B 13. August 2004, 2004/11/0063). (E v. 22. Februar 2007, 2004/11/0004)

 

Weder die Aktenlage, noch die öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht haben Anhaltspunkte dafür erbracht, die gegen die vom Beschwerdeführer angegebene Totalabstinenz seit August 2015 bis zum Entscheidungszeitpunkt sprechen würden.

 

Es kann im Beschwerdefall also dahingestellt bleiben, ob der vom Beschwerdeführer eingeräumte Suchtmittelkonsum bis August 2015 noch als gelegentlicher Konsum im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu qualifizieren ist. Da sich keine Anhaltspunkte ergeben haben, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Totalabstinenz seit August 2015 unzutreffend ist, kann das Landesverwaltungsgericht im Lichte der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 13.12.2005, 2005/11/0191) im Entscheidungszeitpunkt (mithin etwa 1 1/2 Jahre nach dem letzten Methamphetamin-Konsum, einem zeitlich nicht feststellbaren XTC-Konsum und 8 Monate nach dem letzten Cannabis-Konsum), keinerlei Feststellungen treffen, die geeignet wären, begründeten Bedenken im Hinblick auf der gesundheitlichen Eignung des Bf zum Lenken von Kraftfahrzeugen entstehen zu lassen. Selbst wenn man die vom Bf beschafften Medikamente (Benzodiazepine), das XTC und die vom Bf beschafften, aber offenbar nicht konsumierten Pilze ins Kalkül zieht, liegen die relevanten Zeiten doch solange zurück, dass mit der Judikatur des VwGH zum Entscheidungszeitpunkt keine Bedenken mehr begründbar sind. Das lange Zurückliegen eines Konsums lässt keine Rückschlüsse auf eine allfällige Sucht am Tag der ggst. Entscheidung zu (vgl. VwGH v. 24. April 2001, 2000/11/0231).

Beweismittel, die gegen diese Annahme sprechen würden, sind im Verfahren schlicht nicht hervor gekommen.

Der in der Vergangenheit liegende problematische Umgang des Bf mit Suchtmitteln hätte daher wohl in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu den Feststellungen der Kriminalpolizei noch zu einer erfolgreichen Vorgehensweise nach § 24 Abs 4 FSG führen können. Zum heutigen Zeitpunkt fehlen jedoch jegliche Anhaltspunkte, die begründete Bedenken erwecken könnten.   

 

III.3. Aus diesen Gründen war der Beschwerde Folge zu geben und der bekämpften Bescheid zu beheben.

 

 

IV. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

P o h l