LVwG-650633/5/SCH/MSt

Linz, 16.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter            Dr. Schön über die Beschwerde des Herrn A J, R, x, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. K R, x vom 4. Mai 2016, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 5. April 2016, GZ: VerkR21-27-1-2016, wegen Entziehung der Lenkberechtigung nach öffentlicher mündlicher Beschwerdeverhandlung und Verkündung der Entscheidung am 13. Juni 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde insofern Folge gegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung mit acht Monaten festgesetzt wird.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

  

Zu I.

1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Bescheid vom 5. April 2016, GZ: VerkR21-27-1-2016pl, die Lenkberechtigung des Herrn A J für die Klassen AM, A, B, C1, C und F für die Dauer von neun Monaten, gerechnet ab 7. Jänner 2016, sohin bis 7. Oktober 2016, entzogen.

Des Weiteren wurden eine Nachschulung, eine amtsärztliche Untersuchung sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme angeordnet.

Weiters wurde die Entziehung einer allenfalls bestehenden ausländischen Lenkberechtigung verfügt.

Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen den Bescheid wurde ausgeschlossen.

Als Rechtsgrundlagen hiefür wurden die §§ 7, 24, 25 und 30 Führerscheingesetz (FSG) und § 13 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) angeführt.

 

 

2. Gegen diesen Bescheid hat der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer insofern Beschwerde erhoben, als die Entziehung dem Grunde nach zwar nicht angefochten, allerdings die Entziehungsdauer als nicht angemessen angesehen wurde. Es wurde die Festsetzung der gesetzlichen Mindestentziehungsdauer von sechs Monaten beantragt.

Somit ist der Bescheid hinsichtlich der Entziehung der Lenkberechtigung an sich und auch bezüglich der übrigen Verfügungen in Rechtskraft erwachsen.

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens war sohin die Frage der Angemessenheit der von der belangten Behörde festgesetzten Entziehungsdauer.

 

Die Beschwerde ist samt Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt worden. Diese war gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richter zu treffen.

 

Am 13. Juni 2016 ist eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung abgeführt worden, an der der Beschwerdeführer, sein Rechtsvertreter und eine Vertreterin der belangten Behörde teilgenommen haben.

 

3. Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer am 7. Jänner 2016 an einer näher umschriebenen Örtlichkeit in A als Lenker eines PKW in einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verwickelt war. In der Folge ist der Beschwerdeführer von einem einschreitenden Polizeiorgan zur Durchführung der Atemluftuntersuchung auf Alkoholgehalt aufgefordert worden. Diese Untersuchung wurde dezidiert verweigert.

Aufgrund dessen wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde mit Straferkenntnis vom 5. April 2016, GZ: VerkR96-534-2016pl, gemäß § 99 Abs. 1 lit.b iVm § 5 Abs. 2 2. Satz StVO 1960 mit einer Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe belegt. Dieser Spruchpunkt des Straferkenntnisses ist nicht in Beschwerde gezogen worden, sohin in Rechtskraft erwachsen.

 

Gegen zwei weitere Punkte des Straferkenntnisses hat der Beschwerdeführer ein Rechtsmittel erhoben. Es handelte sich hiebei zum einen um den Tatvorwurf, er habe nach dem oben angeführten Verkehrsunfall sein Fahrzeug nicht sofort angehalten, und zum anderen um jenen, dass er nach dem Verkehrsunfall mit Sachschaden nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe.

Diese Beschwerde ist vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Erkenntnis vom 15. Juni 2016, LVwG-601375/5/SCH/MSt, abgewiesen und das Straferkenntnis im angefochtenen Umfang bestätigt worden.

 

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Hinblick auf die Sachverhalts- und Rechtslage Folgendes erwogen:

 

Gemäß § 26 Abs. 2 Z 1 FSG ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen, wenn der Betreffende beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begeht.

Diese Entziehungsdauer ist also im Falle der Verweigerung der Alkomatuntersuchung von der Behörde jedenfalls festzusetzen, welche Tatsache vom Beschwerdeführer auch gar nicht erst in Frage gestellt wurde.

Vorliegend wurde allerdings eine Entziehungsdauer von neun Monaten bestimmt. Somit ist der Zeitraum, der über diese gesetzliche Mindestentziehungsdauer hinausgeht, einer Wertung im Sinne des § 7 Abs. 4 FSG zu unterziehen.

Für die Wertung führerscheinrechtlich relevanter Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Der belangten Behörde ist nicht entgegenzutreten, wenn sie in diesem Sinne  die Ansicht vertritt, dass mit der gesetzlichen Mindestentziehungsdauer beim Beschwerdeführer nicht das Auslangen gefunden werden konnte. Sie gibt diesbezüglich zutreffend die Rechtsprechung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich wieder, wonach die vermutliche Alkoholisierung des Beschwerdeführers nicht im Rahmen einer „bloßen“ Verkehrskontrolle zutage trat, sondern durch den verursachten Verkehrsunfall eine konkrete Gefahr für die Verkehrssicherheit dargestellt hatte. Wenn der Beschwerdeführer zu seiner Verantwortung einen Nachtrunk, also Alkoholkonsum nach dem Lenkvorgang, behauptet, so muss ihm entgegengehalten werden, dass ein solches Vorbringen in einem Verfahren wegen einer Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO 1960 nicht relevant ist. Bei dieser Bestimmung geht es nämlich darum, den Sachverhalt im Zusammenhang mit einem Lenkvorgang, allenfalls, wie hier, auch mit einem Verkehrsunfall verbunden, hinlänglich aufzuklären, wozu auch gehört, dass ein Fahrzeuglenker seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen hat, wenn er dazu aufgefordert wird. Welches Ausmaß die Alkoholisierung zum Zeitpunkt des Lenkens ausgemacht hatte, bleibt zwar letztlich einer Beurteilung verschlossen, allerdings ändert dies nichts daran, dass vom Beschwerdeführer ein Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht, möglicherweise sogar verschuldet, worden war, bei dem eine Alkoholbeeinträchtigung nicht ausgeschlossen werden kann.

Dazu kommt noch, dass der Beschwerdeführer seinen Verpflichtungen nach einem Verkehrsunfall als Beteiligter nicht nachgekommen ist. Ein solcher Umstand ist bei einem Alkoholdelikt bei der Festsetzung der Entziehungsdauer zu berücksichtigen (VwGH 8.8.2002, 2001/11/0210).

So gesehen ist die Vorgangsweise der belangten Behörde grundsätzlich rechtsrichtig.

Andererseits muss dem Beschwerdeführer allerdings angerechnet werden, dass er sich nach etwa 10 Minuten, als er nach dem Verkehrsunfall schon in seiner Wohnung war, sich doch noch besonnen hat, die Polizei vom Verkehrsunfall zu verständigen. Dies ändert zwar daran nichts, dass der Beschwerdeführer gegen die Anhalte- und Verständigungspflicht nach dem Verkehrsunfall verstoßen hatte, kann ihm aber bis zu einem gewissen Grad doch zugute gehalten werden. Dies ist als Beitrag zur Aufklärung des Unfallvorganges zu werten, zumal seine Beteiligung am Verkehrsunfall ansonsten mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit wohl nicht ans Licht gekommen wäre.

 

Zusammenfassend ergibt sich sohin für das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der Schluss, dass gegenständlich mit einer Entziehungsdauer von acht Monaten das Auslangen gefunden werden kann, um beim Beschwerdeführer die Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit erwarten zu können.

 

Die übrigen Punkte des Entziehungsbescheides wurden vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt, sodass sich ein Eingehen hierauf erübrigt. Sie sind zudem gesetzlichen Folgen eines gravierenden Alkoholdeliktes und stehen nicht in der Disposition einer Führerscheinbehörde.

 

 

Zu II.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.  S c h ö n