LVwG-500211/2/Wim/BZ

Linz, 21.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Leopold Wimmer über die Beschwerde des Herrn S R, S, x, vertreten durch N & P R x, S, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 23. März 2016, GZ: WR96-29-18-2015, wegen einer Übertretung des Wasserrechtsgesetzes (WRG)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit aufgehoben.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG und § 66 Abs. 1 VStG hat der Beschwerdeführer weder einen Kostenbeitrag für das Beschwerde­verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich, noch einen Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

Zu I.:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding (im Folgenden: belangte Behörde) vom 23. März 2016,
GZ: WR96-29-18-2015, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) als verantwortliche Person/verantwortlicher Beauftragter der B E x im Sinne des § 26 Abs. 6 AWG iVm § 9 Abs. 2 und 4 VStG wegen einer Übertretung des § 137 Abs. 2 Z 5 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG), BGBl. Nr. 215 idgF iVm §§ 32 und 30ff WRG iVm Verordnung über den guten chemischen Zustand des Grund­wassers, BGBl. II Nr. 98/2010 idgF iVm Trinkwasserverordnung, BGBl. II Nr. 304/2001 idgF iVm § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF, eine Geldstrafe in der Höhe von 2.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 92 Stunden, verhängt. Gleich­zeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 200 Euro vorge­schrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

„Im Zeitraum vom 23.01.2014 bis 15.02.2014 wurden auf dem Grundstück Nr. x, KG W, Gemeinde S, von der Baustelle ‚U H P, S ‘ stammende Betonrücklaufsuspensionen (auch HDBV-Rücklaufsuspension oder DSV-Rücklaufsuspension genannt), in eine ca. 16 großen Erdmulde (Fassungsvermögen etwa 15 m³) eingebracht. Daneben wurden wei­tere Materialien in die Erdmulde eingebracht. Nach der Aushärtephase wurde das ausge­härtete Material aus der Mulde entfernt und seitlich gelagert. Die Überwässer der Beton­rücklaufsuspensionen, welche nicht für den Hydrationsprozess benötigt wurden, gelang­ten zur Versickerung. Dadurch wurde dem Grundwasserkörper stofflich belastetes und alkalisches Sickerwasser zugeführt, sodass es jedenfalls bei den Parametern Nitrit und Ammonium sowie beim maximal zulässigen ph-Wert zu einer Überschreitung der Grund­wasserschwellenwerte nach der Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser und der Trinkwasserverordnung kam. Somit wurde das Grundwasser verunreinigt. Dies vor dem Hintergrund, dass der ordnungsgemäße Umgang mit Betonrücklaufsuspensionen wasser­dichte, speziell verstärkte Mulden und Absetzbecken sowie allenfalls Neutralisierungs­anlagen verlangt. Daraus folgt, dass durch den beschriebenen Umgang mit den Beton­rücklaufsuspensionen eine Maßnahme verwirklicht wurde, die zur Folge hatte, dass durch das Versickern der Überwässer der Betonrücklaufsuspensionen in den Boden das Grund­wasser verunreinigt wurde und somit eine gemäß § 32 WRG bewilligungspflichtige Einwirkung auf das Grundwasser ohne Bewilligung vorgenommen wurde.

 

Der Sitz der B E x und damit der Ort, an welchem Sie Dispositionen und Anweisungen sowie die Einrichtung eines angemessenen Kontrollsystems zum wasserrechtlich gebo­tenen Umgang mit den Betonrücklaufsuspensionen und deren Überwässern sowie zur Vermeidung der gegenständlichen Grundwasserverunreinigung veranlassen hätten müssen, ist der Unternehmenssitz der B E x und damit x, S, im Verwaltungsbezirk S.“

 

2. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde vom 25. April 2016, in welcher kurz zusammengefasst im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass die belangte Behörde zur Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses unzu­ständig gewesen sei, im Übrigen § 137 Abs. 2 Z 5 WRG aus näher dargestellten Gründen auch nicht anzuwenden gewesen wäre und der Bf auch die subjektive Tatseite nicht verwirklicht hätte.

 

3. Die belangte Behörde hat diese Beschwerde gemeinsam mit dem Verfahrens­akt mit Schreiben vom 27. April 2016 dem Landesverwaltungsgericht Oberöster­reich zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der angefoch­tene Bescheid aufzuheben ist.

 

4.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevanten Sachverhalt aus:

 

Sitz der B E x ist x, S.

 

Dem Bf wurde im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass im Zeitraum vom 23.01.2014 bis 15.02.2014 auf dem Grundstück Nr. x KG W, Gemeinde S, von der Baustelle „U H P, S“ stammende Betonrücklaufsuspensionen (auch HDBV-Rücklaufsuspension oder DSV-Rücklaufsuspension genannt) in eine ca. 16 m² große Erdmulde (Fassungsvermögen etwa 15 m³) eingebracht wurden. Daneben wurden weitere Materialien in die Erdmulde eingebracht. Nach der Aus­härtephase wurde das ausgehärtete Material aus der Mulde entfernt und seitlich gelagert. Die Überwässer der Betonrücklaufsuspensionen, welche nicht für den Hydrationsprozess benötigt wurden, gelangten zur Versickerung. Dadurch wurde dem Grundwasserkörper stofflich belastetes und alkalisches Sickerwasser zu­geführt, sodass es jedenfalls bei den Parametern Nitrit und Ammonium sowie beim maximal zulässigen pH-Wert zu einer Überschreitung der Grundwasser­schwellenwerte nach der Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser und der Trinkwasserverordnung kam. Somit wurde das Grundwasser verunreinigt.

 

4.2. Der dargelegte Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem behörd­lichen Verfahrensakt.

 

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 137 Abs. 2 Z 5 Wasserrechtsgesetz (WRG) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 14.530 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer ohne Bewilligung oder entgegen einer solchen eine gemäß § 32 bewilligungs­pflichtige Einwirkung auf Gewässer oder eine gemäß § 32b bewilligungspflichtige Indirekteinleitung vornimmt.

 

Nach § 32 Abs. 1 WRG sind Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, nur nach wasser­rechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaft­liche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.

 

Nach § 32 Abs. 2 leg. cit. bedürfen nach Maßgabe des Abs. 1 einer Bewilligung insbesondere

a)   die Einbringung von Stoffen in festem, flüssigem oder gasförmigem Zustand in Gewässer (Einbringungen) mit den dafür erforderlichen Anlagen,

b)   Einwirkungen auf Gewässer durch ionisierende Strahlung oder Temperatur­änderung,

c)   Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,

d)   die Reinigung von gewerblichen oder städtischen Abwässern durch Ver­rieselung oder Verregnung,

e)   eine erhebliche Änderung von Menge oder Beschaffenheit der bewilligten Einwirkung,

f)    das Ausbringen von Handelsdünger, Klärschlamm, Kompost oder anderen zur Düngung ausgebrachten Abfällen, ausgenommen auf Gartenbauflächen, soweit die Düngergabe auf landwirtschaftlichen Nutzflächen ohne Grün­deckung 175 kg Stickstoff je Hektar und Jahr, auf landwirtschaftlichen Nutz­flächen mit Gründeckung einschließlich Dauergrünland oder mit stickstoff­zehrenden Fruchtfolgen 210 kg Stickstoff je Hektar und Jahr übersteigt. Dabei ist jene Menge an Stickstoff in feldfallender Wirkung anzurechnen, die gemäß einer Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über das Aktionsprogramm zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen (§ 55p) in zulässiger Weise durch Wirtschaftsdünger ausgebracht wird.

 

Gemäß § 27 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) ist die Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

5.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird eine Verwaltungsübertretung gemäß § 27 Abs. 1 VStG dort begangen, wo der Täter gehandelt hat oder handeln hätte sollen. Bei Delikten von juristischen Personen kommt es dabei vielfach auf den Sitz der Unternehmensleitung an, wobei jedoch auf das betreffende Tatbild Bedacht zu nehmen ist (vgl. jüngst VwGH 28.01.2016, Ra 2015/07/0140, mwN).

 

Die belangte Behörde hat dem Bf gestützt auf § 137 Abs. 2 Z 5 WRG eine gemäß § 32 bewilligungspflichtige Einwirkung auf Gewässer (durch Versickern) ohne die hierfür erforderliche Bewilligung vorgeworfen.

 

§ 137 Abs. 2 Z 5 WRG stellt ein aktives Tun, nämlich eine Einwirkung auf die Beschaffenheit von Gewässern ohne im Besitz der hierfür erforderlichen Bewilligung zu sein, unter Strafe. Eine Übertretung dieser Bestimmung stellt daher ein Begehungsdelikt und kein Unterlassungsdelikt dar (vgl. auch VwGH 24.04.2003, 2003/07/0051, mwN).

 

In seiner Entscheidung vom 28.01.2016, Ra 2015/07/0140, konstatierte das Höchstgericht weiters, dass „Tatort eines Begehungsdeliktes der Ort [ist], an dem die verpönte Handlung gesetzt wurde. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass für die Verwaltungsübertretung ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 VStG einzustehen hat. Begehungsdelikte werden nicht dadurch zu Unterlassungsdelikten, dass ein verantwortlicher Beauftragter für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift verantwortlich ist“.

 

Wie bereits festgestellt, handelt es sich bei der durch die belangte Behörde vorgeworfenen Verwaltungsübertretung um ein Begehungsdelikt.

 

Das vorgeworfene Handeln, eine gemäß § 32 bewilligungspflichtige Einwirkung auf das Grundwasser ohne Bewilligung, wurde in der Gemeinde S (Grundstück Nr. x, KG W) im Bundesland S gesetzt. Dies ist daher im gegenständlichen Fall (für den gegenständlichen Tatvorwurf) auch der Tatort und nicht, wie von der belangten Behörde angenommen, der Unternehmenssitz.

 

Die belangte Behörde war demnach für die Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses örtlich nicht zuständig.

 

Der „Alternativtatvorwurf“ im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses, dass Sitz des Unternehmens und damit der Ort, an welchem der Bf Dispositionen und Anweisungen sowie die Einrichtung eines angemessenen Kontrollsystems zum wasserrechtlich gebotenen Umgang mit den Betonrücklaufsuspensionen und deren Überwässern sowie zur Vermeidung der gegenständlichen Grundwasser­verunreinigung veranlassen hätte müssen, der Unternehmenssitz im Verwal­tungsbezirk der belangten Behörde sei, ist unbeachtlich, da - die im Straf­erkenntnis angeführte übertretene Rechtsvorschrift - § 137 Abs. 2 Z 5 WRG dieses Verhalten nicht unter Strafe stellt.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

 

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurtei­len. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die Rechtslage ist durch die angeführte Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsan­walt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Leopold Wimmer