LVwG-300947/13/GS/FE

Linz, 21.06.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Gabriele Saxinger über die Beschwerde der Frau J O, geb. x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 14. Dezember 2015, GZ. SanRB96‑1-70-2015-Sc, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Beschäftigungs­zeitraum mit 1.6.2013 bis zumindest 29.7.2015 festgelegt wird.

 

II.      Gemäß § 52 VwGVG hat die Beschwerdeführerin einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht in der Höhe von 200 Euro zu bezahlen.

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis vom 14. Dezember 2015, GZ. SanRB96‑1-70-2015-Sc, hat die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn gegenüber der Beschwerde­führerin (Bf) J O folgenden Tatvorwurf erhoben:

 

„Sie haben als Dienstgeberin in x, nachstehende Person, bei weicher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Personen handelt- in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt, welches über der sog. "Geringfügigkeitsgrenze" des § 5 Abs. 2 ASVG lag - mit der Bedienung von Gästen im I in x, beschäftigt, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet wurde.

Sie wären als Dienstgeberin verpflichtet gewesen, den Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden. Bis zum Zeitpunkt der Kontrolle am 29.7.2015 um 15.05 Uhr wurde diese Meldung nicht erstattet.

 

Name: A O, geb. x, österr. StA.

Beschäftigungszeitraum: seit 31.5.2013;

Beschäftigungsausmaß: Mo.-Fr.: 9.00 bis 19.00 Uhr, Sa.: 09.00 bis 12.00 Uhr; Entlohnung: keine Angaben. Lt. Kollektivvertrag

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 111 Abs. 1 iVm § 33 Abs. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG,

BGBl.Nr. 189/1955 idgF

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist,        gemäß

 Ersatzfreiheitsstrafe von

 

 

1.000 Euro 150 Stunden § 111 Abs. 2 ASVG, BGBl.Nr. 189/1955 idgF.

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

100 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 1.100 Euro

 

Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass der Ehemann der Bf, Herr A O, bis zu seinem Konkursverfahren den I selbst geführt hätte. Danach hätte die Bf das Gewerbe übernommen und Herrn O als Dienstnehmer beschäftigt. Mit 31.5.2013 hätte die Bf Herrn O abgemeldet. Unter dem Vorwand der "familienhaften Mitarbeit" führe Herr O seither den I weiter. Da die Bf selbst in einer Vollzeitbeschäftigung in einem anderen Dienstverhältnis stehe und Herr O weitaus mehr Stunden im I arbeite als die Bf, gehe die Behörde eindeutig von einem Dienstverhältnis im Sinn des § 4 Abs. 2 ASVG aus. Durch die Unterlassung der Anmeldung zur Sozialver­sicherung habe die Bf den Tatbestand des § 111 Abs. 1 iVm § 33 Abs. 1 ASVG erfüllt.

 

I.2. In der verfahrensgegenständlichen Beschwerde vom 12. Jänner 2016 wird begründend im Wesentlichen vorgebracht, dass die familienhafte Mitarbeit kein Vorwand, sondern eheliche Beistandspflicht sei. Es würde auch die Information der GKK vorliegen, dass der selbe Sachverhalt schon im November 2004 gegeben gewesen wäre und Finanzamt sowie GKK keine Feststellung zur Annahme eines Dienstverhältnisses getroffen hätten, sodass die Bf durchaus vom Vorliegen einer ehelichen Beistandspflicht in der gegebenen Situation ausgehen hätte können. Dazu werde die Beschwerde gegen den Bescheid eines Beitragszuschlages der GKK vorgelegt. Die Begründung der Bezirkshaupt­mannschaft, dass die Bf in einer Vollzeitbeschäftigung in einem anderen Dienstverhältnis stehe und Herr O weitaus mehr Stunden im I arbeite als die Bf, gehe ins Leere, da die Stundenanzahl nicht der Maßstab für die Feststellung über das Vorliegen eines Dienstverhältnisses sei. Vielmehr gelte das erwähnte Schreiben der GKK, in dem Wesentliches über die Beistandspflicht ausgeführt sei. Darauf sei das bekämpfte Straferkenntnis gar nicht eingegangen. Die GKK habe mitgeteilt, dass die Beschwerde gegen den Beitragszuschlag auch für die Sache selbst gelte. Nunmehr hat die GKK mit beiliegender Beschwerde­vorentscheidung vom 4.1.2016 der Beschwerde voll stattgegeben und den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Sie gehe also nicht mehr von einer nicht erfolgten Anmeldung vor Arbeitsantritt aus, sondern anerkenne das Vorliegen einer Tätigkeit im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht. Wenn die GKK damit kein Fehlverhalten mehr sehe, sei der Anzeige die Grundlage entzogen, und die Bf ersuche auch die Bezirkshauptmannschaft um Aufhebung des Straferkennt­nisses und Einstellung des Verfahrens.

 

I.3. Die belangte Behörde hat die Beschwerde gemeinsam mit dem Verfahrensakt am 1. Februar 2016 dem Oö. Landesverwaltungsgericht (LVwG) zur Entscheidung vorgelegt.

 

I.4. Das LVwG Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Durchführung und Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Mai 2016, in der die Bf und ihr Ehegatte (Zeuge) einvernommen wurden.

 

 

II. Das LVwG Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem relevantem Sachverhalt aus:

 

Am 29.7.2015 fand im Imbisslokal der Bf in x, eine Kontrolle durch die Finanzpolizei statt. Dabei wurde Herr A O, Ehegatte der Bf, bei seiner Tätigkeit im Lokal angetroffen. Öffnungszeiten des Lokals waren jedenfalls bis zum Kontrollzeitpunkt Montag – Freitag 9.00 bis 19.00 und Samstag 9.00 bis 12.00 Uhr.

Herr A O war vom 1.7.2009 bis 31.5.2013 als Arbeiter bei seiner Ehegattin J O (Dienstgeberin) zur Sozialversicherung gemeldet. Mit 1.6.2013 meldete die Bf ihren Ehegatten von der Sozialversicherung ab, da die Sozialversicherungsabgaben für sie eine große wirtschaftliche Belastung darstellten. Im Geschäftsablauf hat es seit dem 1.6.2013 im Vergleich zum davor liegenden Zeitraum, in dem Herr O als Dienstnehmer bei der Bf angemeldet war, keine Änderungen gegeben. So ist Herr O weiterhin die meiste Zeit im Geschäft gestanden und hat die Bedienung vorgenommen und die Bestellungen für das Imbisslokal in Auftrag gegeben. Die Bf arbeitete nach wie vor hauptberuflich (38,5 Stunden) in einer Bäckerei. Zu Mittag und meist am Nachmittag nochmals vertrat sie ihren Ehegatten kurz im Imbisslokal, sodass dieser eine Pause machen konnte. Die Abrechnung wurde teils von Herrn O, teils von der Bf gemacht. An diesem geschilderten Geschäftsablauf hat sich im Vergleich des Zeitraumes, in dem Herr O bei der Sozialversicherung als Arbeiter gemeldet war, zu jenem Zeitraum, in dem er als nicht angemeldeter Arbeiter gearbeitet hat, nichts geändert. Die einzige Änderung bestand darin, dass das Lokal auf Grund nachlassender Kundenfrequenz meist eine Stunde früher (18 Uhr) geschlossen wurde.

Auf dem bestehenden Geschäftskonto sind sowohl die Bf als auch ihr Ehegatte zeichnungsberechtigt. Vereinbarungen hinsichtlich eines an Herrn O zu leistenden Entgeltes wurden nicht getroffen.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und den Aussagen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Oö. LVwG am 17. Mai 2016. Sowohl die Bf als auch ihr Ehegatte sagten aus, dass sich am faktischen Geschäftsablauf nach der Abmeldung des Herrn O von der Sozialversicherung zum Vergleichszeitraum davor (1.7.2009 bis 31.5.2013) nichts geändert hat. Beide Personen legten in der öffentlichen mündlichen Verhandlung dar, dass die Abmeldung von der Gebietskrankenkasse rein aus wirtschaftlichen Überlegungen erfolgte. Auch im Schreiben der Bf vom 22.10.2015 an die Oö. GKK führt diese ausdrücklich aus, dass die Feststellung, dass sich zur vorherigen Konstellation nicht viel geändert hat, grundsätzlich richtig ist.

 

Dass Herr A O im Zeitraum vom 1.7.2009 bis 31.5.2013 als zur Sozialversicherung angemeldeter Dienstnehmer bei der Bf im Imbisslokal gearbeitet hat, ergibt sich aus dem im Akt einliegenden Versicherungs­datenauszug und wurde auch nicht bestritten.

 

 

IV. Rechtliche Beurteilung:

 

Als Dienstnehmer gilt gemäß § 4 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz entlohnt werden, oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Nach § 33 Abs. 1a leg. cit. kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1.    vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versiche­rungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.    die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

 

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu
verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienst­verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus aufgrund des Dienstver­hältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

 

Gemäß § 539a Abs. 1 ASVG ist für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirt-schaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (z.B. Werk­vertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

 

Nach § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß § 111 Abs. 2 leg. cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis 5.000 Euro, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheits­strafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Zunächst ist festzuhalten, dass das Landesverwaltungsgericht nach § 38 AVG, der gemäß § 11 VwGVG auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anzuwenden ist, die Vorfrage, ob der von der Bf nicht zur Sozialversicherung gemeldete Herr O in der konkreten Tätigkeit der Pflichtversicherung unterlag, selbst zu beurteilen hat oder - sofern ein diesbezügliches Feststellungsverfahren bereits anhängig gewesen wäre oder gleichzeitig anhängig gemacht worden wäre - das Strafverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage hätte aussetzen können. Durch die Beurteilung der Vorfrage der Pflichtversicherung in Verwaltungsstrafverfahrens wird diese Frage zwar für die konkrete Sache beantwortet, nicht aber mit Bindungswirkung für das Hauptfrageverfahren - die Feststellung der Pflichtversicherung – entschieden. Da ein Feststellungsverfahren bei der Oö. GKK nicht anhängig gemacht wurde, war das Landesverwaltungsgericht gehalten, selbst über das Vorliegen einer der Pflichtversicherung unterliegenden Tätigkeit zu entscheiden.

 

Die Beschwerdevorentscheidung der Oö. Gebietskrankenkasse vom 4. Jänner 2016, mit der ein Beitragszuschlag gemäß § 113 Abs. 1 und 2 ASVG aufgehoben wurde, stellt keine bindende Vorfrage für das Oö. LVwG dar. Die Vorschreibung eines Beitragszuschlages durch den Sozialversicherungsträger ist nicht als Sanktion für gesetzeswidriges Verhalten, sondern als Pauschalabgeltung des erhöhten Aufwandes des Sozialversicherungsträgers zu werten.

 

Herr A O wurde von den Finanzpolizisten bei der Kontrolle am 29.7.2015 arbeitend im Imbisslokal der Bf angetroffen.

 

Wird jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei den gegenständlichen Arbeiten der Fall ist), dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden können, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 27.04.2011, Zl. 2010/08/0091).

 

Von der Bf wurde eingewendet, dass  die Tätigkeit ihres Ehegatten in ihrem Lokal im Zuge der ehelichen Beistandspflicht ausgeübt wurde. Es ist folglich zu untersuchen, ob verfahrensgegenständlich familienhafte Mitarbeit und somit kein anmeldepflichtiges Dienstverhältnis vorliegt.

 

Die Prüfung der Dienstnehmereigenschaft erfolgt anhand der zwischen dem Dienstgeber und Dienstnehmer getroffenen Vereinbarung und der tatsächlich gelebten Verhältnisse. Dies gilt auch bei der Beurteilung von durch Familienmitglieder ausgeübten Tätigkeiten in den Betrieben naher Angehöriger. Bei der Frage, ob ein Dienstverhältnis oder familienhafte Mitarbeit vorliegt, handelt es sich stets um eine Einzelfallbeurteilung.

 

Eine Grundvoraussetzung für die Annahme familienhafter Mitarbeit ist bei den meisten Familienangehörigen die vereinbarte Unentgeltlichkeit der Tätigkeit, d.h. es dürfen tatsächlich keine Geld- oder Sachbezüge (auch nicht durch Dritte) gewährt werden. Ein Wechsel zwischen der Ausübung der Tätigkeit auf Grund eines Dienstverhältnisses und der bloßen Mithilfe im Familienverband ist allerdings nur bei einer einschlägigen und tatsächlichen Änderung der faktischen Gegebenheiten möglich.

 

Unstrittig hat die Bf als Dienstgeberin ihren Ehegatten im Zeitraum vom 1.7.2009 bis 31.5.2013 als Dienstnehmer in ihrem Imbisslokal zur Sozial­versicherung angemeldet. Obwohl keine einschlägigen und tatsächlichen Änderungen der faktischen Gegebenheiten vorlagen, wurde Herr O von der Bf mit 31.5.2013 rein aus wirtschaftlichen Überlegungen von der Sozial­versicherung abgemeldet. Durch die von der Bf im Zeitraum 1.7.2009 bis 31.5.2013 erfolgte Anmeldung wurde von der Bf eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Mitarbeit des Ehegatten im Imbisslokal nicht in familienhafter Mitarbeit vorgenommen wurde. Da zum Zeitpunkt der Abmeldung sich die faktischen Gegebenheiten im Geschäftsablauf jedoch im Vergleich zu vorher nicht geändert haben, ist weiterhin von einer Tätigkeit des Herrn A O im Imbisslokal seiner Ehegattin im Rahmen eines Dienstverhältnisses auszugehen. Rein wirtschaftliche Gründe bilden verfahrensgegenständlich keinen Grund, den Ehepartner von der Sozialversicherung abzumelden.

 

Selbst wenn Herr O von der Bf kein Entgelt im verfahrensgegenständlichen Zeitraum erhalten hat, hatte er gemäß § 49 ASVG Anspruch auf den ihm gebührenden Lohn.

 

Im Hinblick darauf, dass sich die faktischen Gegebenheiten nicht geändert haben, führte Herr A O seine Tätigkeit im Imbisslokal der Bf auch nach dem 31.5.2013 im Rahmen eines Dienstverhältnisses aus. Eine Anmeldung zur Sozialversicherung durch die Bf als Dienstgeberin lag für diesen Zeitraum nicht vor. Der der Beschuldigten nunmehr zur Last gelegte objektive Tatbestand der Verwaltungsübertretung ist als erwiesen anzusehen.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG, der gemäß § 38 VwGVG auch im Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Anwendung findet, genügt, wenn eine Verwaltungs­vorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsams­delikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschuldigte initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Beschuldigte entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Seitens der Beschuldigten wurde vorgebracht, dass sie auf Anraten ihres Steuerberaters ihren Ehegatten mit 1.6.2013 von der Sozialversicherung abgemeldet habe. Diesbezüglich ist darauf zu verweisen, dass sich die Bf auf die Auskunft von Rechtsanwälten oder Wirtschaftstreuhändern allein jedenfalls nicht verlassen durfte (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 24. Februar 1998, Zl. 96/09/0152).

 

Unkenntnis eines Gesetzes kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Wer ein Gewerbe betreibt, ist verpflichtet, sich vor der Ausübung über die das Gewerbe betreffenden Vorschriften zu unterrichten (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom 18. Mai 1994, Zl. 93/09/0176). Dabei ist auch eine irrige Gesetzesauslegung ein Rechtsirrtum, die den Beschuldigten nicht zu entschuldigen vermag, wenn nach seinem ganzen Verhalten nicht angenommen werden kann, dass sie unverschuldet war und dass er das Unerlaubte seines Verhaltens nicht einsehen konnte. Es besteht daher für den Arbeitgeber grundsätzlich die Verpflichtung, sich auch mit den gesetzlichen Vorschriften laufend vertraut zu machen. Bestehen über den Inhalt der Verwaltungsvorschrift Zweifel, dann ist der Gewerbetreibende verpflichtet, hierüber bei der zuständigen Behörde Auskunft einzuholen; wenn er dies unterlässt, so vermag ihn die Unkenntnis dieser Vorschrift nicht von seiner Schuld zu befreien (vgl. VwGH vom 7. Juli 1999, Zl. 97/09/0281).

 

Die Bf hat in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Oö. LVwG ausgesagt, dass Grund für die Anmeldung des Ehegatten als Dienstnehmer mit 1.7.2009 eine vorangegangene Kontrollhandlung der KIAB gewesen ist. Diese Kontrollhandlung der KIAB war somit der Anlass für die Anmeldung ihres Ehegatten bei der Sozialversicherung mit 1.7.2009. Der Bf ist somit verfahrensgegenständlich fahrlässiges Handeln vorzuwerfen, indem sie ihren Ehegatten mit 1.6.2013 wiederum bei der Oö Gebietskrankenkasse ohne Änderung der tatsächlichen Gegebenheiten abgemeldet hat. Die subjektive Tatseite ist somit als erfüllt zu werten.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung der Entscheidung so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Gegen die von der Behörde angenommenen Einkommens- und Vermögens­verhältnisse (2000 Euro Einkommen, als Vermögen ein Haus in x, keine Sorgepflichten) wurden keine Einwendungen erhoben. Erschwerend wirkt die lange Beschäftigungsdauer, mildernd die bisherige verwaltungsrechtliche Unbescholtenheit der Bf. Im Rahmen des anzuwendenden Strafrahmens (730 bis 2180 Euro) ist die verhängte Strafe im unteren Bereich angesiedelt.

 

Im Ergebnis ist daher die vorgeworfene Tat als Verwaltungsübertretung gemäß § 111 ASVG strafbar. Die Beschwerde war somit abzuweisen und das ange­fochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe der Konkretisierung des Tatzeitraumes zu bestätigen (vgl VwGH 23.04.1996, Zl. 96/04/0053 zur zulässigen Bezeichnung eines Tatzeitendes). Bis zum Kontrollzeitpunkt ist jedenfalls nicht von geänderten faktischen Gegebenheiten im Vergleich zum Anmeldezeitraum auszugehen.

 

Bei diesem Ergebnis war der Bfin gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Landesverwaltungsgericht in der Höhe von  200 Euro (das sind 20 % der Geldstrafe) vorzuschreiben.

 

Aus den angeführten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Gabriele Saxinger