LVwG-150832/13/DM/GD

Linz, 11.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Doris Manzenreiter über die Beschwerde 1. des G S, x, und 2. der C S, x (beide als Rechtsnachfolger der B S), beide vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M H, L, vom 04.12.2015, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz vom 03.11.2015, Zl. RM-Abg-150054-07, betreffend Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrags, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 05.07.2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

 

I.         Gemäß § 279 Abs. 1 BAO wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

I.            Verfahrensgang, Sachverhalt:

 

I.1. Mit Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 23.06.2014 wurde B S (als Rechtsvorgängerin der nunmehrigen Beschwerdeführer) die Baubewilligung für die beantragte „Aufstockung des bestehenden Wohnhauses um ein ausgebautes Dachgeschoß“ auf Grundstück Nr. x, EZ x, KG L, erteilt. Die Baubewilligung wurde laut eingereichtem Bauplan für ein „Hybridgeschoß“ erteilt (eine Seite des Daches als Satteldach und die andere als zurückgesetztes Geschoß), in dem zwei Wohneinheiten errichtet wurden.

 

Entsprechend der Verhandlungsschrift vom 12.06.2014 wurde die bestehende Dachkonstruktion abgetragen und das vorhandene zweigeschoßige Hofgebäude um ein ausgebautes Dachgeschoß aufgestockt. Der zuständige Baumeister stellte fest, dass eine wirtschaftliche Sanierung der Dachkonstruktion nicht mehr möglich wäre und empfahl laut einem im Akt aufliegenden Schreiben eine völlige Neukonstruktion.

Die Firsthöhe betrug (laut Plan vom 04.08.1959 und 15.07.1899) vor den Umbauarbeiten 9 bzw. 10 m und nach der Baubewilligung entsprechend den aktuellen Plänen 12,16 m. Ursprünglich verfügte das Gebäude über ein EG, 1. Stock und einen Dachboden mit Scheunentor.

 

I.2. Mit Schreiben des Magistrats vom 08.07.2015 wurde B S über die vorgesehene Einhebung des Verkehrsflächenbeitrages samt Berechnungsgrundlagen informiert und Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Diese nahm am 14.07.2015 Stellung und führte aus, dass es in § 21 Abs. 1 Z 2 Oö. BauO 1994 hieße: „Der Verkehrsflächenbeitrag entfällt, wenn die Baubewilligung für den Ausbau eines Dachraumes oder Dachgeschoßes erteilt wird.“ Genau dies sei bei diesem baubewilligten Dachbodenausbau der Fall. Der planende Architekt habe aus ihr nicht bekannten Gründen am Einreichplan den Terminus „Aufstockung“ verwendet. Wie man den beigeschlossenen Plänen entnehmen könne, sei lediglich die (schon etwas baufällige) Dachkonstruktion durch eine neue ersetzt und der Raum für einen Dachgeschoßausbau verwendet worden.

 

Infolge dessen schrieb der Magistrat der Landeshauptstadt Linz als Abgabenbehörde erster Instanz B S mit Bescheid vom 24.07.2015 den Verkehrsflächenbeitrag für das Grundstück Nr. x, KG L, „M“ in Höhe von Euro 10.531,13 gemäß § 19 ff Oö. BauO 1994 vor. Begründet wurde die Vorschreibung damit, dass eine Anliegerleistung laut Verwaltungsakten bisher nicht erbracht worden sei. Die Errichtung des neuen Dachgeschoßes samt Erhöhung um 1,20 m sei kein Ausbau, sondern ein Zubau gemäß § 2 Z 32
Oö. BauTG 2013, weswegen der Ausnahmetatbestand des § 21 Abs. 1 Z 2
Oö. BauO 1994 nicht vorliege. Der Zubau betrage wesentlich mehr als 100 Nutzfläche, weshalb auch der Ausnahmetatbestand des § 21 Abs. 1 Z 3 leg.cit. nicht zur Anwendung komme.

 

I.3. Gegen diesen Bescheid erhob die rechtsfreundlich vertretene B S fristgerecht Berufung und begründete ihr Rechtsmittel damit, dass die Behörde zu Unrecht von einem Zubau ausgegangen sei. Das Dachgeschoß sei bereits vorhanden gewesen und es sei lediglich die Dachkonstruktion erneuert und der bestehende Dachboden ausgebaut worden. Es sei lediglich eine Anhebung des Kniestocks um ca. 1,2 m erfolgt. Die Angabe, dass die Nutzfläche mehr als 100 betrage, sei zu unbestimmt. Es sei auszuschließen, dass die Anbindung an die öffentlichen Ver- und Entsorgungseinrichtungen unentgeltlich erfolgt sei, weswegen davon auszugehen sei, dass entsprechende Anliegerleistungen erbracht wurden und anzurechnen wären. Durch den gegenständlichen Dachbodenausbau seien die bestehenden Ver- und Entsorgungsleitungen  in keiner Weise verändert bzw. neu dimensioniert worden.

 

I.4. Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz als Abgabenbehörde zweiter Instanz (= belangte Behörde) wies die Berufung mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 03.11.2015 als unbegründet ab und bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des Magistrats. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit der abgabenbegründenden Baubewilligung vom 23.06.2014 in rechtlicher Hinsicht ein Zubau (§ 2 Z 32 Oö. BauTG 2013) bewilligt worden sei und dass eine Vergrößerung des Gebäudes in lotrechter Richtung stattgefunden habe. Der Ermäßigungstatbestand des § 21 Abs. 1 Z 2 Oö. BauO 1994 komme nicht zum Tragen, da unter „Ausbau eines Dachraumes bzw. Dachgeschoßes“ im abgabenrechtlichen Sinn nur Ausbaumaßnahmen innerhalb eines bestehenden Dachraumes oder Dachgeschoßes zu verstehen seien. Durch die unstrittig vertikale Vergrößerung des Gebäudes sei ein „Zubau“ im Sinne des § 2 Z 32 Oö. BauTG 2013 geschaffen worden, der die Anwendbarkeit des Ermäßigungstatbestandes ausschließe. Laut Bauplan vom 15.07.1899 und Fotos aus der Berufung sei der „Dachboden“ ursprünglich nicht ausgebaut gewesen. Durch die Baubewilligung vom 23.06.2014 seien im Dachraum zwei Wohnungen mit einer Gesamtnutzfläche von ca. 203 m² genehmigt worden, weswegen die Nutzfläche (unter Hinweis auf VwGH 17.05.1999, 97/17/0025) um diese Fläche vergrößert worden sei. Aus diesem Grund könne der Befreiungstatbestand des § 21 Abs. 1 Z 3 Oö. BauO 1994 nicht Platz greifen. Gemäß § 20 Abs. 7 Oö. BauO 1994 setze die Anrechnung einer Vorleistung deren Glaubhaftmachung voraus. Der lapidare Hinweis der Bf auf den Anschluss an öffentliche Ver- und Entsorgungsleitungen sei kein konkretes Vorbringen zur Glaubhaftmachung im Sinne der Rechtsprechung (VwGH 17.05.1999, 97/17/0025; 18.06.2001, 2001/17/0049). Darüber hinaus verfange dieser Hinweis auch deswegen nicht, da selbst eine Entrichtung von Kanal- oder Wasseranschlussgebühren nicht für die Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche anzurechnen sei.

 

I.5. Gegen diesen Bescheid erhob B S mittels ihrer rechtsfreundlichen Vertretung rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und beantragte die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung. Folgende Beschwerdepunkte werden vorgebracht:

 

-      Die Anhebung des Dachgeschoßes um 1,2 m sei keine Aufstockung, da eine solche nur vorliege, wenn eine Ergänzung eines Gebäudes um weitere Stockwerke erfolge. Ohne Anhebung hätte nur ein länglicher Schlauch die baurechtlich vorgeschriebene Mindesthöhe erreicht. Der Dachbodenausbau erfolgte nicht als Dachgeschoßausbau, sondern nur in Form eines Hybridgeschoßes.

-      Der Verkehrsflächenbeitrag sei nur hinsichtlich der Bodenfläche des Gebäudes, nicht jedoch für die gesamte Liegenschaft zu berechnen und vorzuschreiben.

-      Das Gebäude existiere seit dem 16. Jahrhundert und der Verkehrsflächenbeitrag sei schon vor langer Zeit zur Gänze entrichtet worden. Durch den Dachbodenausbau hätten keine neuen Versorgungseinrichtungen (Strom, Wasser, Gas, Kanal) geschaffen werden müssen. Straßenführung, Gehweg und Oberfläche sein unberührt geblieben.

-      Durch den Ausbau sei keine zusätzliche Fläche geschaffen worden; lediglich der bereits vorhandene Dachboden sei ausgebaut worden, um den Vorschriften für Wohnräume zu genügen, weswegen der Verkehrsflächenbeitrag gemäß § 21 Oö. BauO 1994 entfalle.

 

 

I.6. Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 07.12.2015 vor.

 

Nach dem eingetretenen Eigentümerwechsel am Grundstück Nr. x, KG L, wurden die nunmehrigen Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: Bf) als Rechtsnachfolger der B S mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 01.06.2016 über die damit verbundenen Rechtsfolgen informiert und aufgefordert mitzuteilen, ob sie die Beschwerde ihrer Rechtsvorgängerin aufrecht halten. Nach Bestätigung dessen wurde sodann für den 05.07.2016 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und auch durchgeführt.

 

II. Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und Einholung von aktuellen Grundbuchs- und DORIS-Auszügen zu den betroffenen Grundstücken (ON 2). Daraus ergibt sich insbesondere, dass ein Eigentümerwechsel am Grundstück Nr. x, KG L, stattgefunden hat und die nunmehrigen Bf je Hälfteeigentümer dieses Grundstücks geworden sind. Am 05.07.2016 wurde eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in der sich die Bf durch ihren Vater sowie ihren Rechtsanwalt vertreten ließen. Im Rahmen dieser Verhandlung wurde im Wesentlichen auf die bisherigen Vorbringen verwiesen und wurden außerdem zwei Lichtbilder vorgelegt, die das von der Baubewilligung betroffene Gebäude vor und nach Durchführung der Baumaßnahmen zeigen.

 

Der unter I. dargestellte Sachverhalt ergibt sich daraus widerspruchsfrei.

 

 

III. Maßgebliche Rechtslage:

 

III.1. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Gemäß § 22 Abs. 1 Oö. BauO 1994 sind die Beiträge gemäß §§ 18 bis 21 leg.cit. hinsichtlich der Verkehrsflächen der Gemeinde als Interessentenbeiträge ausschließliche Gemeindeabgaben im Sinn des § 6 Z 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 BAO gelten die Bestimmungen der BAO in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.

 

Gemäß § 2a erster und zweiter Satz BAO gelten die Bestimmungen der BAO sinngemäß im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden.

 

Nach § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.

 

Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über. Für den Umfang der Inanspruchnahme des Rechtsnachfolgers gelten die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes.

 

Gemäß § 274 BAO hat über die Beschwerde eine mündliche Verhandlung stattzufinden, wenn es in der Beschwerde, im Vorlageantrag (§ 264), in der Beitrittserklärung (§ 258 Abs. 1) beantragt wird oder wenn ein Bescheid gemäß § 253 an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides tritt, innerhalb eines Monates nach Bekanntgabe (§ 97) des späteren Bescheides, oder wenn es der Einzelrichter für erforderlich hält.

 

Nach § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht, außer in den – hier nicht relevanten – Fällen des § 278 BAO, immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung ist das Verwaltungsgericht berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

III.2. In der Sache:

 

Aufgrund des im Abgabenverfahren geltenden Grundsatzes der Zeitbezogenheit sind folgende Bestimmungen der Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994), LGBl. Nr. 66, in der Fassung LGBl. Nr. 90/2013, maßgeblich:

 

㤠19

Beitrag zu den Kosten der Herstellung öffentlicher Verkehrsflächen

 

(1) Anlässlich der Erteilung einer Baubewilligung für den Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden, die durch eine öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde oder des Landes (§ 8 Oö. Straßengesetz 1991) aufgeschlossen sind, hat die Gemeinde dem Eigentümer des Bauplatzes oder des Grundstücks, auf dem das Gebäude errichtet werden soll oder schon besteht, mit Bescheid einen Beitrag zu den Kosten der Herstellung dieser öffentlichen Verkehrsfläche (Verkehrsflächenbeitrag) vorzuschreiben. Ausgenommen sind Radfahr-, Fußgänger- und Wanderwege.

 

(4) Abgabepflichtig ist derjenige, der im Zeitpunkt der Vorschreibung Eigentümer des Grundstücks ist.

 

 

§ 20

Berechnung des Verkehrsflächenbeitrags

 

(1) Der Beitrag ist für die Grundstücksfläche, die der Berechnung der anzurechnenden Frontlänge zugrunde gelegt wurde, vorbehaltlich des Abs. 4b nur einmal zu entrichten.

 

(2) Die Höhe des Beitrags ist gleich dem Produkt aus der anrechenbaren Breite der öffentlichen Verkehrsfläche, der anrechenbaren Frontlänge und dem Einheitssatz.

 

(3) Die anrechenbare Breite der öffentlichen Verkehrsfläche beträgt unabhängig von ihrer tatsächlichen Breite drei Meter.

 

(4) Anrechenbare Frontlänge ist die Seite eines mit dem Bauplatz oder dem zu bebauenden oder bereits bebauten Grundstück flächengleichen Quadrats.

 

(5) Den Einheitssatz hat die Landesregierung durch Verordnung festzusetzen; dabei sind jene durchschnittlichen Straßenerrichtungskosten pro Quadratmeter zugrunde zu legen, die

1.mit der Herstellung des Tragkörpers (einer mechanisch verdichteten Schottertragschicht) und

2.mit der Aufbringung einer bituminös gebundenen Tragschicht oder einer Pflasterung auf den Tragkörper

üblicherweise verbunden sind. Für öffentliche Verkehrsflächen der Gemeinde hat der Gemeinderat durch Verordnung einen niedrigeren oder höheren Einheitssatz pro Quadratmeter festzusetzen, wenn auf Grund der örtlichen Verhältnisse in der Gemeinde die durchschnittlichen Straßenerrichtungskosten niedriger oder höher sind als die von der Landesregierung der Festsetzung des Einheitssatzes zugrunde gelegten Durchschnittskosten.

 

(7) Sonstige oder frühere, insbesondere auch auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen oder anderer gesetzlicher Bestimmungen für die Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche geleistete Beiträge sind auf den Verkehrsflächenbeitrag anzurechnen, wobei die Beiträge, bezogen auf den vom Österreichischen Statistischen Zentralamt kundgemachten Verbraucherpreisindex und den Monat ihrer vollständigen Entrichtung, um jenen Prozentsatz zu ändern sind, um den sich dieser Index geändert hat. Dies gilt gegebenenfalls auch für geleistete Hand- und Zugdienste und für erbrachte Sachleistungen. Können solche sonstige oder frühere Beitragsleistungen weder von der Gemeinde noch vom Abgabepflichtigen (§ 19 Abs. 4) ausreichend belegt werden, besteht ein Anspruch des Abgabepflichtigen auf Anrechnung nur insoweit, als er die von ihm oder von seinen Rechtsvorgängern erbrachten Leistungen glaubhaft machen kann.

 

§ 21

Ausnahmen und Ermäßigungen

 

(1) Der Verkehrsflächenbeitrag entfällt, wenn die Baubewilligung erteilt wird für

 

2.den Ausbau eines Dachraumes oder Dachgeschoßes;

 

3.den sonstigen Zu- oder Umbau von Gebäuden, durch den die Nutzfläche insgesamt höchstens um 100 vergrößert wird;

 

…“

 

 

Die maßgeblichen Begriffsbestimmungen des Oö. Bautechnikgesetzes 2013 (Oö. BauTG 2013), LGBl. Nr. 35/2013, lauten:

 

㤠2

Begriffsbestimmungen

 

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

7. Dachgeschoß: das oberste Geschoß, bei dem die volle lichte Raumhöhe nicht über die gesamte Geschoßfläche erreicht wird und die Begriffsmerkmale eines Dachraums   insbesondere durch die Anordnung der Fenster oder die Höhe der Übermauerungen – überschritten werden; ein Dachgeschoß ist in die Gesamtgeschoßzahl einzurechnen, außer der Bebauungsplan legt etwas anderes fest;

8. Dachraum: – soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlegt – ein von Dachschrägen und den Giebelwänden umschlossener Raum über dem obersten oberirdischen Geschoß mit

a) Übermauerungen bis höchstens 1,20 m über der Rohdeckenoberkante und

b) Fenstern in Giebelwänden, Gaupen oder Dachflächenfenstern;

ein Dachraum ist in die Gesamtgeschoßzahl nicht einzurechnen;

28. Umbau: eine so weitgehende bauliche Änderung eines Gebäudes, dass dieses nach der Änderung ganz oder in größeren Teilen (zB hinsichtlich eines Geschosses) als ein anderes anzusehen ist;

32. Zubau: die Vergrößerung eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung, ausgenommen die Errichtung von Gaupen.“

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Durch den eingetretenen Eigentümerwechsel am beschwerde-gegenständlichen Grundstück Nr. x, KG L, wurden die nunmehrigen Bf abgabgepflichtig gemäß § 19 Abs. 4 Oö. BauO 1994 (vgl. VwGH 15.9.2011, 2011/17/0037).

 

Die Bf bringen nun vor, die Anhebung des Dachgeschoßes um 1,2 m sei keine Aufstockung, da eine solche nur vorliege, wenn eine Ergänzung eines Gebäudes um weitere Stockwerke erfolge. Ohne Anhebung hätte nur ein länglicher Schlauch die baurechtlich vorgeschriebene Mindesthöhe erreicht, weshalb ohne diese Anhebung das Dachgeschoß nicht so ausgebaut hätte werden können, dass Wohnräume entstanden wären.

 

Die Bf zielen mit diesem Vorbringen darauf ab, dass ihrer Ansicht nach mit der erteilten Baubewilligung vom 23.06.2014 kein abgabenbegründender Zubau gemäß § 19 Abs. 1 Oö. BauO 1994 iVm § 2 Z 32 Oö. BauTG 2013 ausgelöst wurde.

 

Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. Ein Zubau ist nach der Definition des § 2 Z 32 Oö. BauTG 2013 die Vergrößerung eines Gebäudes in waagrechter oder lotrechter Richtung. Dabei muss es sich nicht um die Ergänzung eines weiteren Stockwerkes handeln. Nach der Judikatur des VwGH ist ein Zubau dann gegeben, wenn die Kubatur des Gebäudes vergrößert wird (vgl. VwGH 30.1.2014, 2011/05/0060, mit Hinweis auf Hinweis auf das bei Moritz, Bauordnung für Wien4, 2009, S 153 zitierte VwGH Erkenntnis vom 13.4.1993, 92/05/0324). Ein Zubau liegt dann vor, wenn eine bestehende bauliche Anlage selbst der Höhe, Länge oder Breite nach vergrößert wird (VwGH 27.1.2016, 2012/05/0210 mit Hinweis E vom 27. Juni 2006, 2006/06/0053). Maßgeblich ist im konkreten Fall dabei, dass das Gebäude bezüglich der Außenabmessungen höher geworden ist, was von den Bf auch nicht bestritten wird („Anhebung des Kniestocks um 1,2 m“). Es kommt nicht– wie die Bf vermeinen – auf die „Kubatur im Inneren“ des Gebäudes an, die durch die Niveauangleichung und Dämmung des Fußbodens – laut Ansicht der Bf - nahezu unverändert geblieben sei. Die belangte Behörde ging daher zu Recht davon aus, dass mit Bescheid der Baubehörde vom 23.06.2014 in rechtlicher Hinsicht ein Zubau gemäß § 2 Z 32 Oö. BauTG 2013 bewilligt wurde und dieser Bescheid gemäß § 19 Abs. 1 Oö. BauO 1994 geeignet war, die Vorschreibung eines Verkehrsflächenbeitrages auszulösen.

 

IV.2. Sofern die Bf den Ausnahmetatbestand des § 21 Abs. 1 Z 2 Oö. BauO 1994 geltend machen, folgt das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich der Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach dieser Ermäßigungstatbestand nur dann zum Tragen kommt, wenn ein bereits vorhandenes unausgebautes Dachgeschoß oder ein vorhandener unausgebauter Dachraum ausgebaut wird. Unter dem „Ausbau eines Dachraumes bzw. Dachgeschoßes“ sind im abgabenrechtlichen Sinn daher nur Ausbaumaßnahmen innerhalb eines bestehenden Dachraumes oder Dachgeschoßes zu verstehen. Durch den bewilligten Zubau (siehe Pkt. IV.1.) kann jedoch nicht von einem bestehenden Dachraum bzw. Dachgeschoß ausgegangen werden, weshalb die Anwendbarkeit des § 12 Abs. 1 Z 2 Oö. BauO 1994 ausscheidet.

 

IV.3. Die Bf bringen weiters vor, dass der Verkehrsflächenbeitrag nur hinsichtlich der Bodenfläche des Gebäudes, nicht jedoch für die gesamte Liegenschaft zu berechnen und vorzuschreiben gewesen wäre.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 Oö. BauO 1994 ist die Höhe des Beitrags gleich dem Produkt aus der anrechenbaren Breite der öffentlichen Verkehrsfläche, der anrechenbaren Frontlänge und dem Einheitssatz.

Die Formel zur Errechnung des Verkehrsflächenbeitrages nach der Oö. BauO 1994 lautet somit: Anrechenbare Breite (3 m gemäß § 20 Abs. 3) x anrechenbare Frontlänge (Quadratwurzel aus der Fläche des Bauplatzes gemäß § 20 Abs. 4) x Einheitssatz (gemäß § 20 Abs. 5).

 

Mit Bescheid vom 10.02.2014 wurde der Bf die Bauplatzbewilligung für gegenständliches Grundstück Nr. x, KG L, erteilt. Die Größe des Bauplatzes, die dem bekämpften Abgabenbescheid zugrunde gelegt wurde, beträgt laut diesem Bescheid 2522 .

 

Da nach der anzuwendenden Bestimmung des § 20 Abs. 2 iVm Abs. 4 leg.cit. die Fläche des Bauplatzes der Berechnung des Verkehrsflächenbeitrages zugrunde zu legen ist, und dies die Abgabenbehörde korrekt angewendet hat, geht der Einwand der Bf ins Leere.

 

IV.4. Schließlich wenden die Bf noch ein, dass das Gebäude seit dem 16. Jahrhundert existiere und der Verkehrsflächenbeitrag schon vor langer Zeit zur Gänze entrichtet worden sei. Weiters hätten durch den Dachbodenausbau keine neuen Versorgungseinrichtungen (Strom, Wasser, Gas, Kanal) geschaffen werden müssen - Straßenführung, Gehweg und Oberfläche seien unberührt geblieben.

 

Gemäß § 20 Abs. 7 Oö. BauO 1994 sind sonstige oder frühere, insbesondere auch auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen oder anderer gesetzlicher Bestimmungen für die Herstellung der öffentlichen Verkehrsfläche geleistete Beiträge auf den Verkehrsflächenbeitrag anzurechnen, wobei die Beiträge, bezogen auf den vom Österreichischen Statistischen Zentralamt kundgemachten Verbraucherpreisindex und den Monat ihrer vollständigen Entrichtung, um jenen Prozentsatz zu ändern sind, um den sich dieser Index geändert hat. Dies gilt gegebenenfalls auch für geleistete Hand- und Zugdienste und für erbrachte Sachleistungen. Können solche sonstige oder frühere Beitragsleistungen weder von der Gemeinde noch vom Abgabepflichtigen (§ 19 Abs. 4) ausreichend belegt werden, besteht ein Anspruch des Abgabepflichtigen auf Anrechnung nur insoweit, als er die von ihm oder von seinen Rechtsvorgängern erbrachten Leistungen glaubhaft machen kann.

 

Laut vorliegendem Sachverhalt hat die Abgabenbehörde nach durchgeführtem Ermittlungsverfahren der Rechtsvorgängerin der Bf mitgeteilt, dass für ihr Grundstück bisher noch keine Anliegerleistungen erbracht wurden. Diese hat sodann auf das Alter des Gebäudes und auf die erfolgten Anschlüsse an alle öffentlichen Ver- und Entsorgungseinrichtungen hingewiesen und geht davon aus, dass es wohl auszuschließen sei, dass die Anbindung an die öffentlichen Ver- und Entsorgungseinrichtungen unentgeltlich erfolgt sei.

 

Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung im Abgabeverfahren setzt die Glaubhaftmachung die schlüssige Behauptung der maßgeblichen Umstände durch den Abgabepflichtigen voraus (vgl. VwGH 26.04.1989, 89/14/0027). Die Bf stützen sich lediglich auf das Alter des Gebäudes und meinen, dass Leistungen der Ver- und Entsorgungsanlagen wohl nicht unentgeltlich erfolgen wären. Sie bringen aktiv jedoch keine konkreten Argumente hinsichtlich eines allfälligen bereits geleisteten Verkehrsflächenbeitrages vor.

 

Demgegenüber legt die Abgabenbehörde konkret dar, dass aufgrund der rechtlichen Entwicklung des Verkehrsflächenbeitrages eine Vorschreibung erst ab 01.01.1977 denkmöglich ist, sich für die tatsächliche Vorschreibung jedoch keine Hinweise im Archiv der Baubehörde finden. Vor diesem Hintergrund können die Bf nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichts nicht glaubhaft machen, dass von ihnen bzw. ihren Rechtsvorgängern bereits Leistungen iSd § 20 Abs. 7 Oö. BauO 1994 erbracht wurden.

 

Wenn die Bf vorbringen, es hätten keine neuen Versorgungseinrichtungen (Strom-, Wasser-, Gas- und Kanalleitungen) geschaffen werden müssen bzw. die Straßenführung und deren Oberfläche sei unverändert geblieben und auch der Gehweg sei davon nicht berührt worden, so ist darauf hinzuweisen, dass dies für die Vorschreibung des Verkehrsflächenbeitrags nicht relevant ist, weshalb dieses Argument ins Leere geht.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Die Abfassung und Einbringung der Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder durch einen bevollmächtigten Wirtschaftstreuhänder bzw. eine bevollmächtigte Wirtschaftstreuhänderin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag. Doris Manzenreiter