LVwG-350171/14/PY/JW

Linz, 08.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn J.O. sen., vertreten durch Rechtsanwälte K., x, L., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land vom 29. Juli 2015, GZ: BHSE-2014-77447/81, wegen Kostenersatz nach dem Oö. Sozialhilfegesetz (Oö. SHG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 31. März 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid vom 29. Juli 2015, GZ: BHSE-2014-7744781, ersatzlos behoben.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land (in der Folge: belangte Behörde) vom 29. Juli 2015, GZ: BHSE-2014-77447/81, wurde der Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) als gesetzlich zum Unterhalt verpflichteter Angehöriger (Gatte) der Empfängerin sozialer Hilfe, Frau R.O., geb. x, verpflichtet, im Rahmen seiner Unterhaltspflicht dem Sozialhilfeverband Steyr-Land einen Kostenbeitrag wie folgt zu leisten:

 

23.5.2014 bis 31.5.2014 66,30 Euro monatlich

1.6.2014 bis 31.12.2014 228,50 Euro monatlich

ab 1.1.2015 232,90 Euro monatlich

 

Als Rechtsgrundlage wurde § 47 Abs. 1 Oö. Sozialhilfegesetz angeführt.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde aus, dass für den Fall, dass kein Vergleich über den Kostenersatz zustande kommt, nach § 52 Abs. 3 des Oö. Sozialhilfegesetzes auf Antrag des Trägers der sozialen Hilfe über den Kostenersatz von der Behörde mit schriftlichem Bescheid abzusprechen ist. Nach der gerichtlichen Praxis gelte, dass eine erwerbslose Unterhaltsberechtigte 33 % des Nettoeinkommens des Verpflichteten erhalten muss. Nach § 1 Abs. 1 Z 7 des Oö. Mindestsicherungsgesetzes haben Hilfeempfänger/Innen, die insbesondere in Alten- und Pflegeheimen (§ 63 Oö. SHG) untergebracht sind, Anspruch auf ein monatliches Taschengeld wie folgt: 2014: 151,00 Euro – 2015: 153,60 Euro.

 

Mit Schreiben vom 11. Februar 2015 wurde angezeigt, dass die Bezirkshaupt­mannschaft Steyr-Land mit Bescheid vom 17. Juli 2014, GZ: 2014-77447, an die Gattin des Bf Frau R.O. am 23.5.2015 eine Hilfe in einer stationären Einrichtung im Bezirksalten- und Pflegeheim G. leistet, wobei die durch das Einkommen und Vermögen sowie durch Kostenersätze Dritter nicht gedeckten Heimgebühren durch den Sozialhilfeverband Steyr-Land übernommen werden. Gleichzeitig wurde der Bf davon in Kenntnis gesetzt, dass er ihm Rahmen seiner Unterhaltspflicht als Gatte zu den Kosten der Pflege einen Kostenbeitrag gemäß § 47 Abs. 1 Oö. SHG zu leisten hat. Ein Vergleich über den Kostenersatz kam nicht zustande, weshalb der Sozialhilfeverband Steyr-Land mit Schreiben vom 24. Juli 2015 bei der Bezirkshauptmannschaft Steyr-Land den Antrag stellte, mit schriftlichem Bescheid über den Kostenersatz zu entscheiden.

 

Aus den vorgelegten Pensionsnachweisen der Sozialversicherungsanstalt der Bauern geht hervor, dass der Bf eine Pension von monatlich 985,64 Euro netto 14 Mal jährlich und ab 1.1.2015 eine solche von monatlich 1.002,40 Euro netto 14 Mal jährlich bezieht. Das ergibt ein monatliches Durchschnittseinkommen von 1.149,91 Euro für 2014 und von 1.169,47 Euro für 2015. Von diesem durch­schnittlichen Einkommen hat Frau R.O. einen Unterhaltsanspruch in der Höhe von 33 %, wovon ein monatlicher Taschengeldanspruch von Frau R.O. in Höhe von 151 Euro für 2014 und von 153,60 Euro für 2015 abzuziehen ist. Der verbleibende Restbetrag wird, kaufmännisch gerundet, als monatlicher Kostenbeitrag vorgeschrieben, wozu auf den beiliegendem Berechnungsbogen verwiesen wird.

 

Zu den Einwänden des Bf, wonach dem Sozialhilfeverband Steyr-Land ohnehin alle Pflegegebühren bis auf 10 Euro täglich von der Oö. Versicherung ersetzt werden, wird ausgeführt, dass der Kostenersatz durch andere (hier die Oö. Versicherung) den Unterhaltspflichtigen nicht davon befreit, gemäß § 47 Oö. SHG einen Kostenbeitrag zu den dem SHV Steyr-Land entstehenden Kosten zu leisten, noch dazu, wo diese Kosten nicht zur Gänze von der Oö. Versicherung gedeckt werden. Durch diesen Kostenbeitrag ist weder der Erfolg sozialer Hilfe gefährdet noch führt er zu besonderen Härten für die kostenbeitragspflichtige Person.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde in der zusammengefasst zunächst vorgebracht wird, dass der Sozialhilfeverband Steyr-Land für den Zeitraum 23. Mai bis 31. Mai 2015 Pflegegebühren in Höhe von 705,60 Euro vorgeschrieben hat, die bereits geleistet wurden, weshalb für diesen Zeitraum überhaupt kein Regressanspruch bestehe.

 

In der Sache wird vorgebracht, dass der gegenständliche Fall menschlich als äußerst tragisch zu bezeichnen ist, da die Sozialhilfeempfängerin R.O. völlig unschuldig anlässlich eines Verkehrsunfalls, bei dem sie Insassin in dem von ihrem Ehegatten J.O. gelenkten Fahrzeugs war, schwerstens am Körper verletzt wurde. Dadurch hat sie unfallkausal eine inkomplette Querschnittlähmung erlitten und ist mitten aus dem Leben als Altbäuerin auf dem von ihrem Sohn J.O. jun. weiterbetriebenen Bergbauernhof gerissen worden. Der Verkehrsunfall wurde durch einen unzulässig überholenden anderen Verkehrsteilnehmer, der bei der Oö. Versicherung aufrecht haftpflichtversichert war, alleine rechtswidrig und schuldhaft verursacht.

 

In Folge der abgelegenen Lage des Bergbauernhofes und des Umstandes, dass dieser nicht behindertengerecht umgebaut hätte werden können, musste Frau O. nunmehr im Pflegeheim G. betreut werden, da eine persönliche Betreuung durch den Ehegatten oder Sohn auf dem Bergbauernhof nicht möglich ist. Frau R.O. hat keinen eigenen Pensionsanspruch und beide Ehegatten O. verfügen über eine „gemeinsame“ Pension von monatlich netto lediglich 1.002,40 Euro, ein Betrag, der für zwei Personen unter dem Existenzminimum liegt.

 

Im Sinn des § 2 Abs. 1 1. Satz Oö. SHG ist bei der Leistung der Sozialhilfe auf die besonderen Umstände des Einzelfalles Bedacht zu nehmen und die soziale Hilfe so zu wählen, dass die Stellung der hilfebedürftigen Person innerhalb ihrer Familie nach Möglichkeit erhalten und gefestigt wird. Dieser Prämisse widerspricht jedoch der mit dem angefochtenen Bescheid aufgetragene Kosten­ersatz. Es fällt Frau O. äußerst schwer zu akzeptieren, dass sie aufgrund der inkompletten Querschnittlähmung nicht mehr auf dem Bergbauernhof ihrer Familie weiterleben kann und drängt sie ihre Angehörigen bei jedem Besuch im Pflegeheim, dass die auf den Hof zurückkehren könne. Dies ist aufgrund der baulichen Situation und des Alters des Bf nicht mehr möglich, auch wenn dies die Angehörigen gerne tun würden. Es wird daher versucht, Frau O. mit einem Spezialtaxi zumindest zwei Mal im Monat von G. auf den Hof zu bringen, wodurch im Monat eine Belastung zwischen 300 und 450 Euro allein für Taxikosten anfallen. Der vorgeschriebene Kostenbeitrag stellt daher sehr wohl eine besondere Härte dar.

 

Weiters wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt, dass die Leistung des Haftpflichtversicherers des schuldtragenden Lenkers unbeachtlich sei und dem Bf nicht von seiner Kostenersatzpflicht befreit. Diese Rechtsansicht ist sachlich unrichtig, da gemäß § 49 Oö. SHG vertraglich oder gerichtlich festgesetzte Ansprüche des Empfängers sozialer Hilfe gegen einen Dritten, die der Deckung jenes Bedarfs dienen, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat, für den Zeitraum, in dem die Sozialhilfe geleistet wird, bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den Träger sozialer Hilfe übergehen. Nach § 49 Abs. 2 leg. cit. gilt Abs. 1 auch für Schadenersatzansprüche, die dem Empfänger sozialer Hilfe aufgrund eines Unfalls zustehen, soweit es sich dabei nicht um Schmerzensgeld handelt.

 

Bedenkt man, dass dem Sozialhilfeverband sämtliche gewährten Leistungen ohnehin von der x Versicherung, mit Ausnahme eines von der x Versicherung zu Unrecht geltend gemachten Selbstbehaltes bzw. Eigenersparnis von täglich 10 Euro, ersetzt werden, so können diese Leistungen nicht unbeachtlich bleiben. Im ordentlichen Verfahren hat der Beschwerdeführer bereits darauf hingewiesen, dass im konkreten Fall überhaupt keine Eigenersparnis zur Anwendung kommt, aufgrund des Übergangs dieser kongruenten Schadenersatzansprüche auf Pflege auf den Sozialhilfeträger ist der Bf aber auch nicht aktiv legitimiert diese Ansprüche gegenüber dem Schädiger geltend zu machen. Es wäre vielmehr Aufgabe des Trägers der Sozialhilfe, die Ansprüche gegenüber der x Versicherung notfalls auch gerichtlich durchzusetzen. Es kann nicht zu Lasten des Bf dieser unzulässige Einwand seitens der x Versicherung ausgetragen werden.

 

3. Mit Schreiben vom 10. September 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Bezug habenden Verwaltungsakt dem Oö. Landes-verwaltungsgericht vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 31. März 2016. An dieser nahmen der Rechtsvertreter des Bf sowie ein Vertreter der belangten Behörde teil. Im Anschluss an die mündliche Verhandlung legte die belangte Behörde ergänzende Unterlagen vor. Mit Schreiben vom 9. Mai 2016 gab der Bf eine Äußerung zur vorgelegten Aufstellung der bisher entstandenen Heimkosten und des bislang von der x Versicherung geleisteten Kostenersatzes ab. Mit E-Mail vom 23. Juni 2016 übermittelte die belangte Behörde dem Oö. Landesverwaltungsgericht den Schriftverkehr des Sozialhilfeverbandes Steyr-Land mit der x Versicherung und mit Eingabe vom 24. Juni 2016 legte der Bf die Pensionsbestätigung des Jahres 2016 vor.

 

4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Ehegattin der Bf, Frau R.O., geb. x, wurde mit Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Steyr-Land vom 17. Juli 2014, GZ: 2014/77447, aufgrund ihres Antrages vom 3. Mai 2014 Hilfe zur Pflege im Bezirksalten- und Pflegeheim G. ab 23. Mai 2014 nach dem Oö. Sozialhilfegesetz gewährt. Gleichzeitig wurde ausge­sprochen, dass die Heimgebühren, der Pflegegeldzuschlag und allfällige Bettfrei­haltegebühren übernommen werden und an den Sozialhilfeverband Steyr-Land ein Kostenersatz in Höhe von 80 % des jeweiligen Pflegegeldes zu leisten ist.

 

Frau R.O. erlitt anlässlich eines unverschuldeten Verkehrsunfalls eine inkomplette Querschnittlähmung und konnte in weiterer Folge aufgrund der schweren Verlet­zung bzw. Verletzungsfolgen nicht mehr länger gemeinsam mit ihrem Ehegatten, am Bauernhof ihres Sohnes wohnhaft bleiben.

 

Mit Schreiben vom 9. September 2014, SHV10-719149, zeigte der Sozialhilfe­verband Steyr-Land der x Versicherung als Haftpflichtversicherer des Unfallverur­sachers unter Hinweis auf die gewährte Hilfe den Übergang von Rechtsan­sprüchen nach § 49 Abs. 2 Oö. SHG an.

 

In weiterer Folge wurden dem Sozialhilfeverband von der x Versicherung die in Rechnung gestellten Heimkosten abzüglich des Pflegegeldbetrages sowie einer Eigenkostenersparnis von zunächst 20 Euro/Tag für Frau O. überwiesen. Die Höhe des in Abzug zu bringenden Eigenkostenanteils blieb in einem Schrift­verkehr zwischen dem Sozialhilfeverband Steyr-Land und der x Versicherung strittig, mit Schreiben vom 27. Mai 2015 stimmte die x Versicherung für den Vergleichsfall einer Reduktion auf 10 Euro/Tag zu.

 

 

Mit Schreiben vom 11. Februar 2015 wurde dem Bf angezeigt, dass die Bezirks­hauptmannschaft Steyr-Land mit Bescheid vom 17. Juli 2014 an seine Ehegattin eine Hilfe in einer stationären Einrichtung leistet und die durch das Einkommen und Vermögen sowie durch Kostenersätze Dritter nicht gedeckten Heimgebühren durch den Sozialhilfeverband Steyr-Land übernommen werden. Gleichzeitig wurde der Bf davon in Kenntnis gesetzt, dass er im Rahmen seiner Unterhaltspflicht als Ehegatte zu den Kosten der Pflege einen Kostenbeitrag gemäß § 47 Abs. 1 Oö. Sozialhilfegesetz zu leisten hat.

 

Ein Vergleich zwischen dem Sozialhilfeverband Steyr-Land und dem Bf über die Höhe des zu leistenden Kostenersatzes kam nicht zu Stande, weshalb der Sozialhilfeverband Steyr-Land mit Schreiben vom 24. Juli 2015 bei der belangten Behörde den Antrag stellte, mit schriftlichem Bescheid über den Kostenersatz zu entscheiden.

 

Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 29. Juli 2015 wurde der Bf im Rahmen seiner Unterhaltspflicht zur Leistung eines Kostenbeitrages hinsichtlich der ungedeckten Heimkosten für seine Ehegattin verpflichtet.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 31. März 2016 sowie den von den Parteien im Anschluss an die mündliche Verhandlung vorgelegten Unterlagen.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 47 Abs. 1 Oö. Sozialhilfegesetz 1998 – Oö. SHG 1998, LGBl. Nr. 82/1998 idgF haben gesetzlich zum Unterhalt verpflichtete Angehörige des Empfängers sozialer Hilfe im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Ersatz zu leisten. Eine Ersatzpflicht besteht nicht, wenn der Ersatz wegen des Verhaltens des Hilfeempfängers gegenüber der unterhaltspflichtigen Person sittlich nicht gerechtfertigt wäre, oder wenn durch den Ersatz der Erfolg der Hilfe, insbeson­dere im Hinblick auf die nach § 2 zu beachtenden Grundsätze, gefährdet würde.

 

Gemäß § 49 Abs.1 Oö. SHG gehen vertraglich oder gerichtlich festgesetzte Ansprüche des Empfängers sozialer Hilfe gegen einen Dritten, die der Deckung jenes Bedarfes dienen, der die Leistung sozialer Hilfe erforderlich gemacht hat, für den Zeitraum, in dem soziale Hilfe geleistet wurde, bis zur Höhe der aufgewendeten Kosten auf den Träger sozialer Hilfe über, sobald dieser dem Dritten hiervon schriftlich Anzeige erstattet hat. Dies gilt nicht für Ansprüche auf laufende Ausgedingeleistungen gegenüber Kindern und Enkelkindern und deren jeweiligen Ehegatten oder eingetragenen Partnerinnen oder Partner auf Grund eines Übergabevertrages, sofern die Hilfe in einer stationären Einrichtung oder nach Vollendung des 60. Lebensjahres geleistet wurde.

Gemäß § 49 Abs. 2 Oö. SHG gilt Abs. 1 auch für Schadenersatzansprüche, die dem Empfänger sozialer Hilfe auf Grund eines Unfalls oder eines sonstigen Ereignisses zustehen, soweit es sich dabei nicht um Schmerzensgeld handelt.

 

Gemäß § 52 Abs. 1 Oö. SHG dürfen Ansprüche gemäß §§ 45 bis 49 nicht geltend gemacht werden, wenn dadurch die wirtschaftliche Existenz der leistungs­pflichtigen Person und der ihr gegenüber unterhaltsberechtigten Angehörigen sowie der Lebensgefährten oder des Lebensgefährten bzw. der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners gefährdet wird. Die Landesregierung kann nach Maßgabe der Aufgaben und Ziele dieses Landesgesetzes durch Verordnungen nähere Bestimmung über die Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz erlassen.

 

Gemäß § 52 Abs. 2 Oö. SHG kann der Träger sozialer Hilfe, der Hilfe geleistet hat, über den Kostenersatz – sofern sein Anspruch nicht ohnehin anerkannt wird – einen Vergleichsversuch mit der oder dem Ersatzpflichtigen vornehmen. Einen Vergleich über den Kostenersatz kommt, wenn er von der Behörde beurkundet wird, die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches (§ 1 Z 15 Exekutionsordnung) zu.

 

Gemäß § 52 Abs. 3 Oö. SHG ist auf Antrag des Trägers sozialer Hilfe über den Kostenersatz von der Behörde mit schriftlichem Bescheid abzusprechen. Wenn ein Vergleichsversuch nicht unternommen wird oder ein Vergleich im Sinn des Abs. 2 nicht zustande kommt.

 

Gemäß § 52 Abs. 4 Oö. SHG kann der Kostenersatz in angemessenen Teilbe­trägen bewilligt werden, wenn er auf andere Weise nicht möglich oder der kostenersatzpflichtigen Person nicht zumutbar ist.

 

Gemäß § 52 Abs. 5 Oö. SHG ist der Kostenersatz teilweise oder gänzlich nachzusehen, wenn

1.   durch ihn der Erfolg sozialer Hilfe gefährdet wird,

2.   er zu besonderen Härten für die kostenersatzpflichtige Person führt oder

3.   das Verfahre mit einem Aufwand verbunden ist, der in keinem Verhältnis zu den Kosten der in Anspruch genommenen sozialen Hilfe steht.

 

5.2. Der Bf begründet seine Beschwerde unter Hinweis auf § 49 Oö. SHG damit, dass dem Sozialhilfeverband sämtliche gewährten Leistungen ohnehin von der X Versicherung – mit Ausnahme eines von der X Versicherung zu Unrecht geltend gemachten Selbstbehalts bzw. Eigenersparnis von täglich 10 Euro – ersetzt werden. Der Bf hat bereits darauf hingewiesen, dass im konkreten Fall überhaupt keine Ersparnis zur Anwendung kommt, aufgrund des Übergangs dieser kongruenten Schadenersatzansprüche auf Pflege auf den Sozialhilfeträger ist der Bf aber auch nicht aktiv legitimiert diese Ansprüche gegenüber dem Schädiger geltend zu machen. Nach Ansicht des Bf wäre es vielmehr Aufgabe des Trägers der Sozialhilfe, die Ansprüche gegenüber der X Versicherung notfalls auch gerichtlich durchzusetzen und könne nicht zu Lasten des Bf dieser unzulässige Einwand seitens der X Versicherung ausgetragen werden.

 

Im Ergebnis ist dieser Einwand begründet. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 8.10.2014, Zl. 2013/10/0148; vom 26.9.1995, Zl. 94/08/0071) ist Voraussetzung für den Eintritt der in § 49 Oö. SHG normierten Legalzession eine an den Dritten gerichtete, schriftliche Anzeige durch den Träger sozialer Hilfe. Diese schriftliche Anzeige führte der Sozialhilfeverband Steyr-Land mit Schreiben vom 9. September 2014 durch. Damit ist der Träger sozialer Hilfe ex lege Rechtsnachfolger der Empfängerin sozialer Hilfe geworden und tritt dieser in deren Rechtsposition. Indem der Sozialhilfeträger durch die Legalzession in den Besitz der Forderung der Hilfeempfängerin gelangt ist, ist damit sein (in Wahrheit gegen die Hilfeempfängerin bestehender) Anspruch gemäß § 47 Abs. 1 Oö. SHG bereits erfüllt (vgl. VwGH v. 18. März 2015, Zl. RO 2014/10/0063 zu einer vergleich­baren Regelung des Steiermärkischen Sozialhilfegesetzes). Im Umfang der Legalzession kommt dem Sozialhilfeträger somit das Recht zu, die Schaden­ersatzforderungen gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers beim dafür zuständigen Gericht geltend zu machen, wobei im Gerichtsverfahren zu klären ist, in welcher Höhe (etwa hinsichtlich einer in Abzug zu bringenden Eigen­kostenersparnis) die zedierte Schadenersatzforderung besteht.

 

Da somit die Voraussetzungen für einen gegenüber dem Bf geltende gemachten Kostenersatz nicht vorliegen war spruchgemäß zu entscheiden und der angefochtene Bescheid ersatzlos zu beheben.

 

 

Zu II:

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Andrea Panny