LVwG-300818/35/Kl/Rd

Linz, 18.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Ilse Klempt über die Beschwerde des C.U., vertreten durch Rechtsan­waltspartnerschaft B. & S., x, L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. September 2015, Ge96-135-2014/DJ, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeit­nehmer­Innenschutzgesetz (ASchG) iVm der Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 27. Jänner 2016,  

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat der Beschwerdeführer einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von insgesamt 332 Euro zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 11. September 2015, Ge96-135-2014/DJ, wurde über den Beschwerdeführer hinsichtlich der Fakten 1 und 2 jeweils eine Geldstrafe von 830 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von je 40 Stunden, gemäß § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG iVm § 58 Abs.3 iVm § 7 Abs.2 Z4 iVm § 8 BauV (Faktum 1) und § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 ASchG iVm § 66 Abs.5 BauV (Faktum 2) verhängt, weil er als zur Vertretung nach außen berufener handelsrecht­licher Geschäftsführer und somit verwaltungsstraf­rechtlich Verant­wort­­licher gemäß § 9 Abs.1 VStG der M. U. GmbH (FNr.: x) unbeschränkt haftende Gesellschafterin der M. U. GmbH & Co KG (FNr.: x), Geschäftsanschrift: T., x, folgende Übertretungen der BauV zu verantworten hat:

Der Arbeitsinspektor Ing. H.G. hat bei einer Unfallerhebung am 24. September 2014 festgestellt, dass am 24. September 2014 auf der Baustelle S. P., x, W.,

1) der Arbeitnehmer Herr C.E. der M. U. GmbH & Co KG, X, T., auf einem verfahrbaren Standgerüst bei einer Absturzhöhe von ca. 2,2 m mit Malerarbeiten beschäftigt war. Obwohl Absturzgefahr nach § 7 Abs.2 Z4 BauV bestand, war die Gerüstlage mit keinen Wehren gemäß § 8 BauV (Brust-, Mittel- und Fußwehren) versehen. Dadurch wurde § 58 Abs.3 BauV übertreten, wonach Gerüstlagen bei Absturzgefahr nach § 7 Abs.2 Z4 BauV mit Wehren gemäß § 8 BauV versehen sein müssen.

2) ein verfahrbares Standgerüst von Herrn C.A. verfahren wurde, obwohl sich der Arbeitnehmer Herr C.E. der M. U. GmbH & Co KG, X, T., auf dem Gerüst befunden hatte. Dadurch wurde § 66 Abs.5 BauV übertreten, wonach verfahrbare Stand­gerüste nur verfahren werden dürfen, wenn sich auf ihnen keine Personen befinden.     

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen, beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass von der belangten Behörde der Sachverhalt nicht korrekt festgestellt und die angebotenen Zeugen, Parteien und Urkundenbeweise nicht aufgenommen und entsprechend gewürdigt worden seien. Aufgrund der Urkunden und beantragten Zeugenaussagen wäre erkennbar gewesen, dass ein entsprechendes Kontrollsystem bestehe, welches die rechtlichen Anforderungen und die Anforderungen vor Ort erfüllt habe. Zudem sei der Eintritt eines Arbeitsunfalles kein Beweis eines mangelnden Kontrollsystems, sondern sei der Mangel eines Kontrollsystems von der Behörde nachzuweisen bzw. gesondert zu prüfen. Zudem treffe den Beschwerdeführer kein Verschulden, da er die Firma A. beauftragt habe, sämtliche in faktischer und rechtlicher Hinsicht notwendigen Schritte einzuleiten, damit kein Arbeitsunfall passiere. Insofern dass trotz der korrekten Handhabung und Durchführung des Kontrollsystems ein derartiger Arbeitsunfall passiere, sei hieran kein Verschulden, auch nicht ein fahrlässiges Verhalten ausschlaggebend, sondern handle es sich offensichtlich um Umstände, die sich trotz der geeigneten Oberaufsicht ereignet haben. Bei ordentlicher Durchführung des Beweisverfahrens hätte der Beschwerdeführer die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften darlegen können bzw. dass ihn an der Nichteinhaltung kein Verschulden treffe. Der erbrachte Entlastungsbeweis/Entlastungsnachweis sei von der belangten Behörde nicht aufgenommen worden. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer sowohl durch die Firma A. für eine entsprechende Kontrolle gesorgt als auch diese Kontrolle selbst beaufsichtigt. Der Beschwerdeführer habe die Einhaltung der Vorschriften in der Früh bei der Materialausgabe sehr wohl kontrolliert und somit für ein wirksames Kontroll­system vorgesorgt. Es entspreche der bekannten Realität, dass auch bei einer entsprechenden Oberaufsicht ein Arbeitnehmer trotz Anweisung und Kontrolle der Anweisungen auch dann immer noch ein abweichendes Verhalten an den Tag legen kann. Dies sei gegenständlich der Fall gewesen und bestehe daher keine Verantwortung des Beschwerdeführers für die Verletzung der arbeitsrechtlichen Vorschriften. Hinsichtlich der Strafhöhe wurde ausgeführt, dass diese deutlich zu hoch bemessen worden sei, zumal die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers nicht entsprechend gewürdigt worden sei.     

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde hat die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landesver­wal­tungsgericht vorgelegt.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27. Jänner 2016, zu welcher die Verfahrensparteien eingeladen wurden. Die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Das Arbeitsinspektorat Linz wurde durch Ing. K.P. vertreten. Die Herren S.S., E.C., A.C. und L.C. sowie Ing. H.G. vom Arbeitsinspektorat Linz wurden als Zeugen geladen und zeugenschaftlich einvernommen.

 

4.1. Nachstehender Sachverhalt wurde festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der M. U. GmbH, welche wiederum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der M. U. GmbH & Co KG, mit dem Sitz in T., X, ist. Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten liegt nicht vor und wurde auch nicht behauptet.

 

Die Hierarchieebene im Unternehmen stellt sich so dar, dass der Be­schwerdeführer, der Prokurist und die Vorarbeiter vor Ort die Einhaltung der erteilten Anordnungen prüfen. Dabei sind die leitenden Mitarbeiter bzw. Poliere instruiert, auf den Baustellen zu prüfen und zu kontrollieren, ob es zum entsprechenden Aufbau der (verfahrbaren) Standgerüste mit den Beweh­rungen kommt und dass sich während des Verschiebens niemand auf dem ver­fahrbaren Standgerüst aufhält. Zuwiderhandlungen werden nicht toleriert und würden arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

  

Das im Unternehmen installierte Kontrollsystem stellt sich so dar, dass der Beschwerde­führer fast täglich auf den Baustellen ist, insbesondere bei großen aufwendigen Baustellen, wie der gegenständlichen. Sein Ansprechpartner ist dabei der jeweilige Vorarbeiter, hier C.L. Am Unfalltag vor dem Unfall und zum Unfallzeitpunkt war der Beschwerdeführer nicht vor Ort. Am Vortag war der Beschwerdeführer auf der Baustelle und war das Gerüst in der Form nicht vorhanden. Bei Fehlverhalten werden die Arbeitnehmer mündlich ermahnt, eine schriftliche Ermahnung, auch nach dem gegenständlichen Vorfall, erfolgte nicht.

 

Kurz vor dem Tattag wurde am 19. September 2014 eine Unterweisung bezüglich des Aufbaus des Gerüstes durch die Firma A. GmbH, Herrn W. als Sicherheitsfachkraft, im Beisein der gegenständlich involvierten Arbeitnehmer in Kirchschlag nachweislich abgehalten. Organisator der Schulung war der Prokurist S.S., welcher auch an der Unterweisung teilgenommen hat. Inhalt der Unterweisung waren Arbeiten auf erhöhten Standplätzen mit Unterstützung von Unterweisungsfolien, insbesondere der Aufbau von Gerüsten, verfahrbaren Standgerüsten, Fassaden­gerüste sowie Aufstiegshilfen wie Leitern. Die Unterweisung erfolgte dabei mittels Powerpoint-Präsentation in deutscher Sprache durch einen Mitarbeiter der Firma A. GmbH. Die Teilnahme an der Unterweisung wurde von den gegenständlich betroffenen Arbeitnehmern nachweislich bestätigt. Eine solche Unterweisung erfolgt jährlich (sh die Vormerkung der nächsten Unterweisung am 10.2015). Verständigungsprobleme der Arbeitnehmer, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, hat es bei der Unterweisung nicht gegeben, jedoch Verständnisprobleme beim Aufbau des verfahrbaren Standgerüstes vor Ort.

 

Am Tattag, dem 24.9.2016, waren die Arbeitnehmer E. und A.C. mit Malerarbeiten auf der Baustelle S. P., X, in W., beschäftigt. Für das Aufstellen des gegenständlichen Gerüstes war der Vorarbeiter C.L. verantwortlich. Die Absturzhöhe betrug dabei ca. 2,2 m. Der Arbeitnehmer E.C. befand sich zum Zeitpunkt des Unfalls auf der Etage des verfahrbaren Standgerüstes, welches nicht durch Wehren gesichert war. Der Arbeitnehmer A.C. verfuhr das Standgerüst, während sich E.C. auf der Etage des Gerüstes befand. Er hatte nur noch einen halben Meter zu spritzen. Beim Verfahren stieß das Gerüst an eine Palette Rigipsplatten. A.C. hielt sich unterhalb des Standgerüstes auf, als das verfahrbare Standgerüst nach einem Anstoß bei einer Rigipsplattenpalette in sich zusammengefallen ist. Der Arbeitnehmer E.C. konnte sich durch einen Sprung vom Gerüst retten, den Arbeitnehmer A. trafen die Gerüstteile und verletzten ihn. Er befand sich 12 Wochen im Krankenstand.

 

Wehren waren auf der Baustelle vorhanden, nicht jedoch in jenem Raum, in welchem der Unfall passierte. Beim verfahrbaren Standgerüst waren zum Unfallzeitpunkt keine Wehren montiert, da diese beim Verschieben des Gerüstes bzw. beim Spritzen des Plafonds behindert hätten. Vom Vorarbeiter wurde zu­mindest eine Quer- bzw. Verstrebungsstange vor dem Verschiebevorgang entfernt, um das Standgerüst besser verfahren zu können. Nach dem Verschiebevorgang wurden die Quer- bzw. Verstrebungsstange nicht mehr montiert. Der Vorarbeiter hielt sich zum Zeitpunkt des Zusammenbruchs des Gerüstes nicht in dem Raum auf.

 

4.2. Diese Feststellungen gründen sich auf die im Akt einliegenden Unterlagen sowie auf die Aussagen der bei der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen, welche glaubwürdig wirkten und in den wesentlichen Bereichen übereinstimmten. Die Aussagen belegen, dass zum Zweck des Verfahrens des Standgerüstes die Wehren sowie Verstrebungsstangen entfernt wurden und nach dem Verfahrvorgang nicht mehr ordnungsgemäß montiert wurden, aber auch, dass sich während des Verschiebens ein Arbeitnehmer auf dem Standgerüst befunden hat und aus Zeitersparnis nicht heruntergestiegen ist. Dass kurz vor dem Arbeitsunfall eine Unterweisung in deutscher Sprache stattgefunden hat und dass diese zwar von den Arbeitnehmern inhaltlich verstanden wurde, es jedoch vor Ort zu Problemen bei der Umsetzung (Aufbau) kam. Weiters wurde einhellig ausgesagt, dass der Beschwerdeführer nahezu täglich auf die Baustelle gekommen ist. Es konnten daher die Feststellungen als erwiesen zugrunde gelegt werden.

 

5. Hierüber hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwort­liche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 58 Abs.3 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) müssen bei Absturz­gefahr nach § 7 Abs.2 Z2 oder 4 die Gerüstlagen mit Wehren gemäß § 8 versehen sein. Abweichend davon kann bei bauartbedingter Notwendigkeit bei Systemgerüsten der Abstand von Belagoberfläche zu Brustwehrenoberkante auf 950 mm verringert werden.

 

Gemäß § 66 Abs.5 leg.cit. dürfen verfahrbare Standgerüste nur verfahren werden, wenn sich auf ihnen weder Personen noch lose Lasten befinden.

 

Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 166 Euro bis 8.324 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 333 Euro bis 16.659 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestim­mungen zuwiderhandelt. Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutz­verordnung (BauV) als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

5.2. Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der M. U. GmbH, welche wiederum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der M. U. GmbH & Co KG, mit dem Sitz in T., X, ist und mangels Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs.2 VStG, verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich iSd § 9 Abs.1 VStG. Es hat daher der Beschwerdeführer als im gegenständlichen Fall für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften der BauV iVm dem ASchG verantwortliches Organ der Arbeitgeberin zu verantworten, dass am 24. September 2014 auf der Baustelle S. P., X, W., der Arbeitnehmer C.E. auf einem verfahrbaren Standgerüst bei einer Absturzhöhe von ca 2,2 m mit Malerarbeiten beschäftigt wurde und trotz Absturzgefahr nach § 7 Abs.2 Z4 BauV die Gerüstlage mit keinen Wehren gemäß § 8 BauV versehen war (Faktum 1). Weiters hat der Beschwerdeführer zu verantworten, dass vom Arbeitnehmer C.A. ein verfahrbares Standgerüst verfahren wurde, obwohl sich der Arbeitnehmer C.E. auf dem Gerüst befunden hat (Faktum 2). Der Beschwerdeführer erfüllt den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen und hat diese auch zu verantworten. Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer der Sachverhalt an sich nicht mehr bestritten. Doppelbestrafung liegt nicht vor, zumal jede der Tathandlungen für sich den objektiven Tatbestand erfüllt und ein Delikt darstellt. Ein Arbeitsunfall ist für den Tatbestand nicht erforderlich und daher die Unfallskausalität unerheblich.

 

5.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Vom Beschwerdeführer wurde im Zuge des Verfahrens und auch anlässlich der mündlichen Verhandlung anschaulich das im Unternehmen installierte Kontroll­system dargelegt. Dem Beschuldigten sind grundsätzliche Maßnahmen bezüglich der Installation eines Kontrollsystems auch nicht in Abrede zu stellen. Es wurde allerdings nichts vorgebracht, welche Maßnahmen getroffen wurden, um ein eigenmächtiges vorschriftswidriges Handeln von Arbeitnehmern hintanzuhalten. Diese Beweisergebnisse sind dahingehend zu bewerten, ob damit ein aus­reichendes und den Beschwerdeführer exkulpierendes Kontrollsystem vorgelegen ist. Hier muss auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hingewiesen werden, an welcher diese Maßnahmen zu messen sind.

 

So hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass das Kontrollsystem auch für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Mitarbeitern gegen die einschlägigen Vorschriften Platz zu greifen hat (vgl. VwGH 27.7.2004, 2004/02/0002, 19.10.2001, 2000/02/0228, 22.10.2003, 2000/09/0170, 23.5.2006, 2005/02/0248, 20.4.2004, 2003/02/0243, 14.12.2007, 2007/02/0277, 15.10.2009, 2008/09/0102 alle mit Vorjudikatur). Es kann kein Vertrauen darauf geben, dass die eingewiesenen laufend geschulten und ordnungsgemäß ausge­rüsteten Arbeitnehmer die Arbeitnehmerschutzvorschriften einhalten (vgl. VwGH 23.2.2012, 2010/02/0263).

Ein hierarchisch aufgebautes Kontrollsystem – wie vom Beschwerdeführer geschildert - hat zu enthalten, welche Maß­nahmen im Einzelnen der unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet war, um durchzusetzen, dass jeder in das Kontrollsystem eingebundene Mitarbeiter die einschlägigen Vorschriften auch tatsächlich befolgt. Weiters, welche Maßnahmen der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vor­ge­sehen hat, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewähr­leisten, d.h. sicherzustellen, dass auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilte Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung der einschlägigen Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. VwGH vom 5.8.2009, 2008/02/0128, 5.8.2009, 2008/02/0127, 25.1.2005, 2004/02/0294 u.v.m. zum Thema "Kontroll­kette"). Es bedarf daher des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte (vgl. VwGH 5.9.2008, 2008/02/0129, mit Vorjudikatur).

 

Vom Beschwerdeführer wurde eine jährliche Unterweisung in deutscher Sprache nachgewiesen, welche auch von den einvernommenen Arbeitnehmern bestätigt wurde. Jedoch kam im Zuge der mündlichen Verhandlung zutage, dass die ge­gen­ständlich betroffenen Arbeitnehmer sprachlich der Unterweisung zwar folgen konnten, jedoch ihre Probleme beim praktischen Umsetzen der Unterweisung hatten, so bestand Unklarheit beim Aufbau des verfahrbaren Standgerüstes, welcher Umstand letztlich auch zum folgenschweren Zusammenbruch des Ge­rüstes geführt hat. Vom Beschwerdeführer wurde nichts dahingehend vorge­bracht, dass er sich auch vergewissert hat, ob die Angewiesenen die Unter­weisung auch verstanden haben, noch dazu, da es sich hier um Arbeitnehmer handelt, deren Muttersprache nicht Deutsch ist. Auch die Verantwortung, wonach er den Vorarbeiter L.C. – als für das Aufstellen der Gerüste Verantwortlichen – bei der Materialausgabe darauf hingewiesen habe, sämtliche Verstrebungen mitzunehmen und zu montieren und dass sich die benötigten Wehren im Anhänger befinden, zeigt, dass das installierte Kontroll­system unzu­reichend bzw. mangelhaft war, ansonsten sich der gegenständliche Sachverhalt nicht ereignet hätte, zumal der Vorarbeiter dafür Sorge getragen hätte, dass zum einen die mitgeführten Wehren auch zum Einsatz gekommen und die Montage der zum Versetzungsvorgang entnommenen Verstrebungen wieder am Gerüst eingesetzt worden wären und zum anderen sich niemand beim Verfahren des Standgerüstes darauf befunden hätte, indem der Vorarbeiter Nachschau gehalten hätte. Es hat sich daher der Beschwerdeführer die mangelnde bzw. unzureichende Kontrolle seines Vorarbeiters anrechnen zu lassen. Auch wurden keine Beweise dahingehend erbracht, dass über die jährliche Unterweisung hinaus noch Schulungen, Anweisungen und Kontrollen der Angewiesenen erfol­gen. Der nahezu tägliche Besuch auf der Baustelle und die kurz vor dem Arbeitsunfall stattgefundene Unterwei­sung begründen für sich allein noch kein geringfügiges Verschulden, auch nicht die Sanktionen bei einem Fehlverhalten, in Form von mündlichen Ermahnungen.   

 

Nach der Judikatur reichen stichprobenartige Überprüfungen und bloße Anwei­sungen und Belehrungen wie vom Beschwerdeführer geschildert für ein effizien­tes und effektives Kontrollsystem nicht aus.

 

Es hat daher der Beschwerdeführer auch den subjektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretungen zu verantworten.

  

6. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

 

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG idF BGBl. I Nr. 33/2013, in Geltung ab 1. Juli 2013, sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

6.2. Die Bestimmungen des ASchG bzw. der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeit­nehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hierdurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen. Aufgrund der fehlenden Wehren und Verstrebungen des Gerüstes und der Absturzhöhe von 2,2 m ist das Rechtsgut gegenständlich intensiv beeinträchtigt worden. Tatsächlich verunfallte auch ein Arbeitnehmer nicht unbeträchtlich.

 

6.3. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis über den Beschwerdeführer Geldstrafen hinsichtlich der Fakten 1 und 2 von jeweils 830 Euro verhängt. Der Strafrahmen für die zur Last gelegten Verwaltungsüber­tretungen reicht von 166 Euro bis 8.324 Euro. Straferschwerend wurden von der belangten Behörde die Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeit­nehmer sowie der Arbeitsunfall, strafmildernd kein Umstand gewertet. Dem Be­schwerdeführer kommt – entgegen der Ansicht seines Rechtsvertreters - der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit aufgrund von zahlreichen Verwaltungsstrafvormerkungen (AuslBG, ASVG, KFG, BStMG und ASchG) nicht mehr zugute. Bei der Strafbemessung hat die belangte Behörde die Angaben des Beschwerde­führers, nämlich ein Einkommen von 2.000 Euro sowie die Sorge­pflichten für zwei Kinder, berücksichtigt.

 

Die von der belangten Behörde verhängten Geldstrafen von jeweils 830 Euro sind aufgrund der besonderen Umstände tat- und schuldangemessen. Grundsätzlich bedürfen Verwaltungsübertretungen nach dem ASchG, bei welchen es zu einem nicht unbeträchtlichen Arbeitsunfall gekommen ist, im Hinblick auf den general- und spezialpräventiven Aspekt einer strengen Ahndung. Die Begleichung der verhängten Geldstrafen in Höhe von jeweils 830 Euro durch den Beschwerde­führer als handelsrechtlichen Geschäftsführer wird ohne unzumutbare Beein­trächtigung seiner Lebensführung und allfälliger Sorgepflichten möglich sein.

 

Einer Anwendung des § 20 VStG konnte seitens des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich nicht näher getreten werden, da hierfür die Voraussetzungen, insbesondere ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe, nicht vor­lagen.

 

Gemäß § 45 Abs.1 Z4 VStG hat die Behörde von der Einleitung und Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Diese kumulativen Voraussetzungen wurden durch den Beschwerdeführer nicht erfüllt. So kann auch im Hinblick auf die ständige Judikatur des Verwal­tungsgerichtshofes zum Kontrollsystem, insbesondere bezüglich des eigen­mächtigen Handelns der Mitarbeiter von keinem geringfügigen Verschulden aus­ge­gangen werden.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Be­gehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. Die Voraussetzungen zur Erteilung einer Ermahnung liegen gegenständlich nicht vor, schon gar nicht jene zur Einstellung des Verfahrens.        

 

 

II. Weil die Beschwerde keinen Erfolg hatte, war ein Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren in der Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe, das sind 332 Euro, aufzuerlegen (§ 52 Abs.1 und 2 VwGVG).  

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsge­richtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Ilse Klempt