LVwG-300879/13/Py/SH

Linz, 19.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Drin. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn E.M., vertreten durch H. Anwaltsgesellschaft mbH, x, L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis vom 30. September 2015, GZ: SV96-67-2015, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Zum Verfahren vor dem Oö. Landesverwaltungsgericht ist gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ein Kostenbeitrag in Höhe von 1.000 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafen, zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (in der Folge: belangte Behörde) vom 30. September 2015, GZ: SV96-67-2015, wurden über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 7d Abs. 1 erster und zweiter Satz iVm § 7i Abs. 4 Z 1 Arbeits­vertragsrechts-Anpassungsgesetz – AVRAG, BGBl. Nr. 917/1993 idgF, fünf Geld­strafen in Höhe von je 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatz­freiheitsstrafen in Höhe von je 33 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 500 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Die M. GmbH mit dem Sitz in U., x, hat als Arbeitgeberin im Sinne des § 7b Abs. 1 AVRAG

 

1.     den d. Arbeitnehmer, Herrn M.T., geb. x,

 

2.     den von der E. N. an der O. GmbH überlassenen d. Arbeitnehmer, Herrn M.O.G., geb. x,

 

3.     den von der E. N. an der O. GmbH überlassenen d. Arbeitnehmer, Herrn G.R.H., geb. x,

 

4.     den von der D. Z. e.K. überlassenen d. Arbeit­nehmer, Herrn S.M., geb. x,

 

5.     den von der D. Z. e.K. überlassenen d. Arbeit­nehmer, Herrn J.S., geb. x,

 

seit 04.05.2015 bis zur Kontrolle am 19.05.2015, am Montag und Donnerstag von 07:00 Uhr bis 19:00 Uhr und am Dienstag und Mittwoch von 07:00 Uhr bis 20:00 Uhr mit Elektroarbeiten auf der Baustelle „E. W.“ in R., X, beschäftigt und damit zu einer Arbeitsleistung nach Österreich entsandt, ohne den Arbeitsvertrag oder Dienst­zettel (§ 7b Abs. 1 Z 4 AVRAG), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Bank­überweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unter­lagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung der entsandten Arbeit­nehmer für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvor­schriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeitsort bereitzu­halten, obwohl die Bereithaltung am Arbeitsort zumutbar gewesen wäre.

 

Von Herrn T. konnte nur ein Lohnzettel für April 2015, von Herrn G. ein Arbeitsvertrag, Arbeitszeitaufzeichnungen für die KW 20 und ein Lohnzettel für März 2015, von Herrn H. ein Arbeitsvertrag, Arbeitszeitaufzeichnungen für die KW 18, 19, 20 und ein Lohnzettel für April 2015, von Herrn S. ein unvollständiger Arbeitsvertrag, Stundennachweise vom 11.05. bis 13.05.2015 und ein Lohnzettel für März 2015, von Herrn M. ein unvollständiger Arbeitsvertrag, Stundennachweise vom 11.05. bis 13.05.2015 und ein Lohnzettel für März 2015 bei der Kontrolle vorgelegt werden.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrens­ganges und der Rechtsgrundlagen zu Spruchpunkt 1. zusammengefasst aus, dass für Herrn T. bei der Kontrolle lediglich ein Lohn­zettel für April 2015 vorgewiesen werden konnte, wodurch der objektive Tatbestand der Verwaltungs­übertretung erfüllt ist.

 

Zu den Punkten 2. bis 5. führt die Behörde aus, dass nach dem wahren wirt­schaftlichen Gehalt davon auszugehen ist, dass die Arbeitnehmer M.G., R.H., S.M. und J.S. bereits im Ausland der M. GmbH überlassen wurden. Diese hätte daher auch für die unter Punkt 2. bis 5. angeführten Arbeitnehmer die in § 7d Abs. 1 AVRAG angeführten Lohnunterlagen am Arbeitsort bereithalten müssen. Da dies nicht erfolgt ist, ist der objektive Tatbestand auch hinsichtlich der Punkte 2. bis 5. erfüllt.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass erschwerende Umstände nicht vorlagen und als mildernd die bisherige Unbescholtenheit gewertet wurde. Mangels gegenteiliger Äußerung werde von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 5.000 Euro, einem durchschnittlichen Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Begründend zur verhängten Strafhöhe wird von der Behörde weiter ausgeführt, dass aufgrund der nachträglich vorge­legten Unterlagen davon ausgegangen werden kann, dass keine Unterentlohnung erfolgte und die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe von 2.000 Euro je Arbeit­nehmer/in daher unterschritten wurde.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig im Wege der rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Beschwerde vom 4. November 2015. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass zwischen der Firma M. GmbH und der Firma E. N. an der O. GmbH mit Werkvertrag vom 30. April 2015 ein konkretes Werk, nämlich die Erbringung von Elektro­installationsarbeiten an der Adresse D. M., X, R., vereinbart wurde. Die Firma E. N. an der O. GmbH hatte folgende Werkleistungen erbracht:

 

* Ausbau der Kabelwege;

* Verlegung von Kabeln und Leitungen sowohl im Niederspannungs- als auch im Schwachstrombereich;

* Installation von Leuchten, Schaltern, Steckdosen sowie diverser weiterer Anbaugeräte;

* Aufbau und Anschließen der Verteilerschränke;

* Anschließen und Verkabeln der durch die Firma M. GmbH erstellten baulichen Einrichtungen, z.B. Kassen, Gondeln, Regale usw.;

* Überprüfung, Messung und Dokumentation der gesamten elektronischen Anlage (Prüfbefund, Anlagenbuch).

 

Der Auftragnehmer, die Firma E. Elektrotechnik, hat sich verpflichtet, die übertragenen Arbeiten am 04.05.2015 zu beginnen und bis 15.09.2015 fertigzustellen. Das zu erbringende Werk war klar definiert. Die Firma D. Z. e.K. hat die beiden Arbeitnehmer M. und S. an die Firma E. überlassen und wurden die Arbeiten von der Firma E. mit eigenem Werkzeug und Maschinen sowie entsprechender Messtechnik erbracht. Im Werkvertrag wurde die Anwendbarkeit der Verdingungsordnung für Bauleistungen vereinbart, weshalb eine zusätzliche vertragliche Vereinbarung von Gewährleistungs- und Haftungsbestimmungen entbehrlich war. Die Arbeitnehmer M., G., H. und S. wurden nicht in die Firma M. GmbH eingegliedert. Entsprechend dem Prüfbefund Nr. 1356496 wurden die elektronischen Anlagen am 27.08.2015 durch die Firma E. überprüft, abgenommen und übergeben.

 

Es zeigt sich somit, dass die Firma M. GmbH weder als Arbeitgeber noch als Beschäftiger der Herrn G., H., M. und S. tätig war und bestand für die Firma M. GmbH keine gesetzliche Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen bezüglich dieser Herren.

 

Bezüglich Herrn T. lag der Lohnzettel für April 2015 vor und wurden sämt­liche weiteren Lohnunterlagen fristgerecht mit E-Mail vom 21.05.2015 an die Abgabenbehörde übermittelt, sodass auch diesbezüglich die Bestrafung zu Unrecht erfolgte, weshalb das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos behoben und das Verfahren eingestellt, in eventu die Strafe auf ein tat- und schuldange­messenes Maß herabgesetzt werden möge.

 

3. Mit Schreiben vom 1. Dezember 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landes­verwaltungs­gericht vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Aktenein­sicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. Juni 2015, die aufgrund des sachlichen Zusammenhangs der den Verfahren zugrundeliegenden Verwaltungsübertretungen gemeinsam mit der Verhandlung im Verfahren zu LVwG-300880 abgehalten wurde. An dieser Verhandlung nahmen der Rechtsvertreter des Bf, ein Vertreter der belangten Behörde sowie ein Vertreter des Finanzamtes Grieskirchen Wels als am Verfahren beteiligte Organpartei teil. Als Zeuge wurde ein an der Kontrolle beteiligtes Organ der Finanzpolizei einvernommen.

 

4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Anlässlich einer Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei gemeinsam mit der Polizei am 19. Mai 2015 gegen 09.11 Uhr auf der Baustelle „E. W.“ in R., X, wurden die fünf d. Staatsangehörigen

-      T.M., geb. x, Dienstnehmer der Firma M. GmbH (in der Folge: Firma M.)

-      G.O., geb. x, Dienstnehmer der Firma E. N. an der O. GmbH (in der Folge: Firma E.)

-      H.G., geb. x, Dienstnehmer der Firma E.

-      S.J., geb. x, Dienstnehmer der Firma „d. k. e.K“ (in der Folge: Firma d.z.)

-      M.S., geb. x, Dienstnehmer der Firma d.z.

angetroffen und kontrolliert.

 

Die durchgeführten Arbeiten umfassten die gesamte Elektroinstallation des Ladenlokals der Firma M. GmbH, x, W. (in der Folge: Firma M. H. GmbH), im E. W. in R.

 

Von Herrn T. wurde bei der Kontrolle ein A1-Dokument, eine ZKO3-Meldung (d.h. die Meldung einer Entsendung nach Österreich gemäß § 7b Abs. 3 und 4 AVRAG) der Firma M. vom 5. Mai 2015 und ein Lohnzettel für April 2015 vorgelegt.

 

Von Herrn H. wurde ein Arbeitsvertrag mit der Firma E. einschließlich zweier Änderungsmitteilungen, ein Lohnzettel für April, eine ZKO3-Meldung der Firma E. vom 29. April 2015, ein A1-Dokument und Arbeitszeit­aufzeichnungen für die KW 18, 19 und 20 vorgelegt.

 

Von Herrn G. wurde eine ZKO3-Meldung der Firma E. vom 29. April 2015, ein A1-Dokument, ein Arbeitsvertrag mit der Firma E. einschließlich zweier Änderungsmitteilungen, Arbeitszeitaufzeichnungen für die KW 20 und ein Lohnzettel für März 2015 vorgelegt.

 

Von Herrn M. wurde eine ZKO4-Meldung (d.h. die Meldung einer Überlassung nach Österreich gemäß § 17 Abs. 2 AÜG) der Firma d.z. vom 30. April 2015, ein A1-Dokument, ein Arbeitsvertrag (erste Seite), Stundennachweise für 11. Mai bis 13. Mai 2015 und ein Lohnzettel für März 2015 vorgelegt.

 

Von Herrn S. wurde eine ZKO4-Meldung der Firma d.z. vom 30. April 2015, ein A1-Dokument, ein Arbeitsvertrag, Stundennachweise für 11. Mai bis 13. Mai 2015 und ein Lohnzettel für März 2015 vorgelegt.

 

Die angetroffenen Arbeiter führten auf der Baustelle E. R. seit 4. Mai 2015 gemeinsam Elektroarbeiten durch. Die erforderlichen Arbeitsanweisungen gab Herr T., dem die Arbeiter S., M., H. und G. vom Elektroplaner der Firma M. zugewiesen wurden. Herr T. teilte die Arbeiten anhand des ihm von der Firma M. zur Verfügung gestellten Installationsplanes ein. Die Abrechnung zwischen der Firma M. und der Firma E. erfolgte nach Stundenlohn. Die Arbeitszeitaufzeichnungen von Herrn S., Herrn M., Herrn H. und Herrn G. wurden von Herrn T. abgezeichnet.

 

Das bei den Arbeiten verwendete Material (Befestigungsmaterial, Kabel, Leitungen etc.) stammte von der Firma M. Kleinwerkzeug wurde von S., M., H. und G. beigebracht, Spezialwerkzeug wurde ebenso wie die verwendeten Hebebühnen von der Firma M. beigestellt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, insbesondere den unbestrittenen Angaben des Herrn Michael T. gegenüber den Kontrollbeamten anlässlich seiner Befragung am 19. Mai 2015 und den damit übereinstimmenden Angaben der Arbeiter in den mit ihnen anlässlich der Kontrolle aufgenommenen Personenblättern.

 

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 7d Abs. 1 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 917/1993 idgF, haben Arbeitgeber/innen im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 während des Zeitraums der Entsendung insgesamt (§ 7b Abs. 4 Z 6) den Arbeitsvertrag oder Dienstzettel (§ 7b Abs. 1 Z 4), Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung zur Überprüfung des/dem/der entsandten Arbeitnehmers/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts in deutscher Sprache am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten, auch wenn die Beschäftigung des/der einzelnen Arbeitnehmers/in in Österreich früher geendet hat. Bei innerhalb eines Arbeitstages wechselnden Arbeits(Einsatz)orten sind die Lohnunterlagen am ersten Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten. Ist die Bereithaltung der Unterlagen am Arbeits(Einsatz)ort nicht zumutbar, sind die Unterlagen jedenfalls im Inland bereitzuhalten und der Abgabenbehörde auf Aufforderung nachweislich zu übermitteln, wobei die Unterlagen bis zum Ablauf des der Aufforderung zweitfolgenden Werktages abzusenden sind. Für die Über­mittlung gebührt kein Ersatz der Aufwendungen.

 

Gemäß § 7i Abs. 4 Z 1 AVRAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde für jede/n Arbeitnehmer/in mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis 10.000 Euro, im Wiederholungsfall von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, sind mehr als drei Arbeitnehmer/innen betroffen, für jede/n Arbeitnehmer/in von 2.000 Euro bis 20.000 Euro, im Wiederholungsfall von 4.000 Euro bis 50.000 Euro zu bestrafen, wer als Arbeitgeber im Sinne der §§ 7, 7a Abs. 1 oder 7b Abs. 1 und 9 entgegen § 7d die Lohnunterlagen nicht bereithält.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG), BGBl. Nr. 196/1988 idgF, ist Überlassung die Zurverfügungstellung von Arbeitskräften zur Arbeits­leistung an Dritte.

 

Gemäß § 3 Abs. 2 AÜG ist Überlasser, wer Arbeitskräfte zur Arbeitsleistung an Dritte vertraglich verpflichtet.

 

Gemäß § 3 Abs. 3 AÜG ist Beschäftiger, wer Arbeitskräfte eines Überlassers zur Arbeitsleistung für betriebseigene Aufgaben einsetzt.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 AÜG ist für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend.

 

Gemäß § 4 Abs. 2 AÜG liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1.     kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunter­nehmer zuzurechnendes Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2.     die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werk­unternehmers leisten oder

3.     organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder

4.     der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.

 

5.2.1. Der Bf bestreitet, dass die in Spruchpunkt 2. bis 5. des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Arbeiter von dem von ihm vertretenen Unternehmen zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wurden. Vielmehr handle es sich um Arbeitnehmer, die bei der Erbringung einer von seinem Unternehmen an die Firma E. übertragenen Werkleistung tätig waren, weshalb die Lohnunterlagen nicht von der Firma M. bereitzuhalten waren.

 

Wie bereits von der belangten Behörde ausführlich dargelegt, ist für die Beurteilung, ob eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt, gemäß § 4 Abs. 1 AÜG der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhalts maßgebend. Gemäß § 4 Abs. 2 AÜG liegt Arbeitskräfteüberlassung insbesondere auch vor, wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1.   kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares oder dem Werkunter­nehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder

2.   die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunter­nehmers leisten oder

3.   organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst- und Fachaufsicht unterstehen oder

4.   der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet.

 

Wenn der Bf auf die vorgelegten Verträge verweist, so ist ihm entgegenzuhalten, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für das Vorliegen von Arbeitskräfteüberlassung nicht entscheidend ist, ob und welche Rechtsbeziehungen zwischen dem Beschäftiger (Auftraggeber) und der Arbeitskraft, aber auch zwischen dem Beschäftiger und dem Überlasser besteht (vgl. VwGH v. 27.7.2015, Ra 2014/02/0148). Für die Abgrenzung zwischen Werkverträgen, deren Erfüllung im Sinne des § 4 Abs. 2 AÜG im Wege der Arbeitskräfteüberlassung stattfinden und solchen, bei denen dies nicht der Fall ist, ist eine Gesamtbetrachtung der Unterscheidungsmerkmale notwendig. Bei Erfüllung auch nur eines der in § 4 Abs. 2 Z 1-4 AÜG genannten Tatbestands­merkmale liegt jedenfalls dem wahren wirtschaftlichen Gehalt nach Arbeitskräfteüberlassung im Sinne des § 3 Abs. 1 AÜG durch den Werknehmer als Überlasser im Sinne des § 3 Abs. 2 AÜG an den Werkbesteller als Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 AÜG vor.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass die unter Punkt 2. bis 5. im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Arbeiter gemeinsam mit dem als Vorarbeiter agierenden Arbeitnehmer des vom Bf vertretenen Unternehmens die Elektroarbeiten durchführten. Unterschiedliche, einerseits von der Firma M. und andererseits von der Firma E. hergestellte Werke sind daher nicht erkennbar und gehen auch aus dem im Verfahren vorgelegten Vertrag zwischen der Firma M. Ladenbau und der Firma E. nicht hervor, vielmehr wurde lt. Pkt. 2 des Vertrages vom 30. April 2015 die Durchführung von – nicht näher definierten und nach Stundensatz abgerechneten - „Elektroinstallationsarbeiten“ vereinbart. Des Weiteren blieb unbestritten, dass das verwendete Material sowie das wesentliche Werkzeug (ausgenommen Kleinwerkzeug) seitens der Firma M. beigestellt wurden. Der Vorarbeiter der M. kontrollierte die Arbeitszeit­aufzeichnungen der anderen Arbeiter, teilte die Arbeiter ein und beaufsichtigte ihre Tätigkeiten.

 

Aufgrund des wahren wirtschaftlichen Gehalts der unbestritten festgestellten Tätigkeit ist daher bei der Durchführung der gegenständlichen Arbeiten jedenfalls vom Vorliegen einer Arbeitskräfteüberlassung auszugehen. Dafür spricht zudem – wie bereits ausgeführt - die dem Vertrag zwischen der Firma M. und der Firma E. festgelegte Abrechnung nach Stundensätzen sowie der Umstand, dass im Hinblick auf die tatsächliche Abwicklung nicht ersichtlich ist, in welcher Form eine Haftung der Firma E. für Arbeitsausführungen, die unter Anleitung eines Vorarbeiters der Firma M. erfolgten, hätte stattfinden können und liegt Arbeitskräfteüberlassung zudem vor, wenn nur eines von vier möglichen Merkmalen vorliegt. An dieser rechtlichen Beurteilung vermag auch der mit der Beschwerde vorgelegte Prüfbefund Nr. 1356496 nichts zu ändern, die sich auf das Erfüllen der elektrotechnischen Voraussetzungen der Betriebsanlage bezieht und keine Aussage über die konkrete Durchführung der verfahrensgegenständlichen Arbeiten trifft. Im Übrigen wird – um Wieder­holungen zu vermeiden - auf die ausführliche Begründung der Entscheidung der belangten Behörde verwiesen.

 

Im Ergebnis wurden daher die unter Punkt 2. bis 5. angeführten Arbeiter von der Firma M. als überlassene Arbeitskräfte beschäftigt und hätte daher die Firma M. während des Zeitraums der Entsendung die gesetz­lich vorgesehenen Lohnunterlagen bereitzuhalten gehabt, was auch möglich gewesen wäre, weshalb der objektive Tat­bestand der dem Bf zu Punkt 2. bis 5. zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen als erwiesen anzusehen ist.

 

5.2.2. Hinsichtlich des Arbeitnehmers M.T. wird vom Bf nicht bestritten, dass auch hinsichtlich seiner Person bei der Kontrolle die erforder­lichen Lohnunterlagen nicht bereitgehalten wurden, es wird jedoch vorgebracht, dass diese mit E-Mail vom 21.05.2015 an die Abgabenbehörde übermittelt wurden. Dazu ist auszuführen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch die Übermittlung von Lohnunterlagen an die Abgabenbehörde kurze Zeit nach einer Kontrolle nichts an der Verletzung der Bereithaltungspflicht gemäß § 7b Abs. 5 und 7d Abs. 1 AVRAG ändert (vgl. VwGH vom 04.05.2016, Ra2016/11/0053). Der objektive Tatbestand der gegenständlichen Verwaltungs­übertretung ist daher auch hinsichtlich Spruchpunkt 1. als erfüllt zu werten.

 

6. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bf entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungs­vorschrift kein Verschulden trifft.

 

Im Verfahren sind keine Umstände hervorgekommen, die Zweifel am Verschulden des Bf am Zustandekommen der Verwaltungsübertretungen aufkommen lassen und ist ihm fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

 

7. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungs­gründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung der Entscheidung so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs. 1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs. 2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Seitens der belangten Behörde wurde im Hinblick auf den Umstand, dass der Bf verwaltungsbehördlich unbescholten ist und aufgrund der nachträglich vorge­legten Unterlagen davon ausgegangen werden kann, dass eine Unterentlohnung nicht vO.g, die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe gemäß § 20 VStG bereits bis zur Hälfte unterschritten, weshalb eine weitere Herabsetzung der verhängten Strafen nicht möglich ist. Ein gänzliches Absehen von der Strafe ist, wie von der belangten Behörde zutreffend ausgeführt wird, mangels Vorliegen der gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht möglich.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Die Vorschreibung über die Verfahrenskosten vor dem Oö. Landes­verwaltungsgericht ist in der angeführten Gesetzesbestimmung begründet.

 

 

III.                 Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Drin. Andrea Panny