LVwG-150978/4/MK

Linz, 18.07.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde des Dipl. Ing. (FH) M F, MSc, vertreten durch P V Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Aurolzmünster, vertreten durch RA Mag. Dr. G P, vom 11.02.2016, GZ: 131-9/2015, betreffend Abweisung eines Antrages auf Erteilung einer Baubewilligung, den

 

 

B E S C H L U S S

 

 

gefasst:

 

 

I. Aus Anlass der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Aurolzmünster vom 11.02.2016, GZ: 131-9/2015, aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG an den Gemeinderat der Marktgemeinde Aurolzmünster zurückverwiesen.

 

 

II. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

I. Sachverhalt, Verfahrensgang:

 

I.1. Mit Eingabe vom 05.02.2015 beantragte Dipl. Ing. (FH) M F, MSc, vertreten durch P V Rechtsanwälte GmbH, (in der Folge: Bf) die Erteilung der Baubewilligung gemäß § 28 Oö BauO 1994 für das Bauvorhaben „Wohnraumschaffung/Umbau/Sanierung“ auf dem Grundstück Nr. X, KG X, unter Anschluss der Projektunterlagen. Laut Antrag beabsichtigt der Bf den Umbau und die Änderung des Verwendungszweckes (§ 24 Abs. 1 Z 3 Oö BauO 1994) eines zweigeschossigen Gebäudes zur vorübergehenden Beherbergung von maximal 40 Personen (Arbeiter- bzw. Flüchtlingsquartiere). In der am 06.02.2015 beim Gemeindeamt der Marktgemeinde Aurolzmünster eingegangenen PowerPoint-Präsentation „Liegenschaft X“ werden die geplanten Umbaumaßnahmen wie folgt zusammengefasst:

 

„● 1 Nutzungseinheit mit 12 Aufenthaltsräumen, davon 10 Räume mit max. 4 Betten, inkl. Bad / WC, Garderobe

● 1 Raum als Wohnküche voll ausgestattet

● 1 Aufenthaltsraum mit Internetcorner, allseits W-Lan

● Gartenbenützung

● Parkplatz“

 

Die Planunterlagen weisen im Obergeschoß 12 Räume aus, die allesamt vom Vorraum bzw. Gang betreten werden können. Die zwei flächenmäßig größten Räume sind als „Gemeinschaftsküche/Aufenthaltsraum“ (59,48 ) bzw. „Aufenthaltsraum“ (35,48 ) bezeichnet. Die restlichen Räume sind von 1 – 10 durchnummerierte „Wohnungen“, mit jeweils eigenem „Bad/WC“.

 

I.2. Mit Schreiben vom 20.05.2015 gab der Bf der Marktgemeinde Aurolzmünster eine Planänderung zu seinem Bauvorhaben bekannt und ersuchte um Austausch der ursprünglichen „planlichen Darstellung der geplanten Umbaumaßnahmen für unser Projekt Wohnheim X gegen den [Anm: diesem Schreiben] beigefügten Plan mit den aktualisierten Bezeichnungen der Räume der Wohneinheit als Wohn- & Schlafraum“. In dem genannten Austauschplan sind die im Antragsplan als „Wohnung 1 – 10“ bezeichneten Räume als „Wohn- und Schlafraum“ ausgewiesen, ebenfalls durchnummeriert. Am Planungsstand selbst wurden keine Änderungen vorgenommen.

 

I.3. Der Bürgermeister der Marktgemeinde Aurolzmünster teilte dem Bf mit Schreiben vom 02.07.2015 mit, dass beabsichtigt sei, das eingebrachte Bauansuchen vom 05.02.2015 abzuweisen. Begründend wird die seit 03.01.2015 rechtswirksame Neuplanungsgebiet-Verordnung für den Ortsteil X angeführt, mit dem das beantragte Bauvorhaben des Bf im Widerspruch stehe. Für die Erstellung eines Bebauungsplans in diesem Gebiet sei bereits ein Architekt von der Marktgemeinde Aurolzmünster beauftragt worden. Zur Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 30 Oö BauO 1994 wurde dem Bf für eine schriftliche Stellungnahme eine Frist bis zum 20.07.2015 eingeräumt.

 

I.4. Mit Schreiben vom 20.07.2015 des Bf wurde von der Möglichkeit zur Stellungnahme Gebrauch gemacht. Demnach widerspreche das geplante Bauvorhaben nicht der Neuplanungsgebiet-Verordnung und würde daher nicht die Durchführung des zukünftigen Bebauungsplanes erschweren, weshalb das Bauansuchen gemäß § 45 Abs. 2 Oö BauO 1994 zu bewilligen sei.

 

Unter Punkt 1. lit a der Stellungnahme wird festgehalten, dass „das auf dem Grundstück Nr. X (Grundbuch X) befindliche zweigeschossige Gebäude umgebaut werden [soll], wodurch im Obergeschoß 1 Wohnung mit 10 Wohn- und Schlafräumen samt Vorraum, Aufenthaltsraum und Gemeinschaftsküche errichtet werden soll“.

 

Zum von der Marktgemeinde Aurolzmünster angenommenen Widerspruch zur Neuplanungsgebiet-Verordnung für den Ortsteil X wird im Folgenden ausgeführt:

 

(b) Mit der Neuplanungsgebiet-Verordnung vom 03.01.2015 wurde auf Grundlage des § 45 Abs. 1 Oö. BauO 1994 der gesamte Ortsteil X zum Neuplanungsgebiet erklärt. Gemäß § 3 der Neuplanungsgebiet-Verordnung weise der Ortsteil X eine überwiegende Einzelhausbebauung mit bis zu drei Wohnungen auf. Diese Struktur solle beibehalten werden. Das Erfordernis eines Neuplanungsgebiets wird damit begründet, dass eine mehrgeschossige, verdichtete Bauweise der derzeitigen Bebauungsstruktur und damit einhergehend der Ortsentwicklung entgegenstehe. Durch eine Änderung des Flächenwidmungsplanes bzw. Erlassung eines (neuen) Bebauungsplanes solle sichergestellt werden, dass eine Bebauungsdichte von nicht mehr als zwei Geschossen und nicht mehr als drei Wohnungen nicht überschritten werde.

 

Demnach stünde das geplante Bauvorhaben des Bf nicht im Widerspruch mit der Neuplanungsgebiet-Verordnung, da durch den Umbau weder das zweigeschossige Gebäude aufgestockt noch mehr als drei Wohnungen errichtet werden sollen. Unter Punkt 1. lit c weist der Bf schließlich daraufhin, dass sein geplanter Umbau mit der Planungsmaßnahme zur Gänze vereinbar sei und ihm daher – unter Bezugnahme auf die Judikatur des VwGH (1209/72, 95/05/0305, 96/05/0229, ua) – ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Baubewilligung zukäme. Abschließend wiederholt der Bf seinen Antrag auf Bewilligung seines Bauansuchens.

 

I.5. Mit Bescheid vom 04.08.2015 des Bürgermeisters der Marktgemeinde Aurolzmünster (als Baubehörde erster Instanz), GZ: Bau 1719/2015-35, wurde die für das Bauvorhaben des Bf beantragte Baubewilligung gemäß § 35 Abs. 1 iVm § 45 Oö BauO 1994 versagt. Begründend wird festgehalten, dass im Gebiet der gegenständlichen Neuplanungsgebiet-Verordnung eine überwiegende Einzelhausbebauung (bis zu drei Wohnungen) vorhanden sei und man diese Struktur in einem noch zu erlassenden Bebauungsplan sichern möchte. Eine mehrgeschossige, verdichtete Bauweise würde dem Verordnungstext entgegenstehen.

 

Die Baubehörde folge nicht der Argumentation des Bf, wonach „die im Obergeschoss geplanten zehn Wohn- und Schlafräume samt Bad/WC und Gemeinschaftsküche, sowie Aufenthaltsraum, (nur) eine einzige Wohnung darstellen würde“. Unter Bezugnahme auf den Austauschplan, mit dem der Planungsstand selbst nicht geändert, sondern nur die Bezeichnung der Wohnungen auf „Wohn- und Schlafräume“ geändert worden sei, könne von einer einheitlichen Wohnung nicht gesprochen werden und bestehe somit ein Widerspruch zur Neuplanungsgebiet-Verordnung.

 

I.6. Mit Schriftsatz vom 19.08.2015 erhob der Bf Berufung gegen diesen Bescheid an den Gemeinderat der Marktgemeinde Aurolzmünster. Unter Punkt 2. der Berufung wird festgehalten, dass das Bauvorhaben konform zum Planungsziel der Neuplanungsgebiet-Verordnung (siehe I.4.) sei, da das Obergeschoß in eine einzige „große Wohnung, bestehend aus zehn Wohn- und Schlafräumen samt Bad und WC, einem Vorraum, einer Gemeinschaftsküche sowie einem Aufenthaltsraum (diese Räume werden von den Bewohnern jeweils gemeinsam genützt)“ umgebaut werden soll. Die Baubehörde erster Instanz gehe fälschlicherweise – ohne nähere Begründung und ohne Beiziehung eines bautechnischen Sachverständigen – von zehn eigenständigen Wohnungen aus.

 

Zum Begriff der „Wohnung“ wird vom Bf – unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des VwGH vom 30.04.2013, 2010/05/0094, – Folgendes bemerkt:

 

Nach der Definition des VwGH kann darunter nur ‚eine in sich geschlossene und gegen außen abgeschlossene Einheit mit eigenem Zugang, innerhalb eines Wohnhauses, innerhalb eines Geschosses oder auf mehrere Geschosse verteilt, verstanden werden, die über eine sanitäre Mindestausstattung (WC, Küche oder Kochnische, fließendes Wasser) verfügt´.

Gegenständlich stellt sich das Bauvorhaben so dar, dass zehn Wohn- und Schlafräume geschaffen werden sollen, welche jeweils nicht über eine eigene – vom Verwaltungsgerichtshof – geforderte Küche bzw. Kochnische verfügen, sondern können sämtliche Bewohner der Wohn- und Schlafräume eine Gemeinschaftsküche benützen. Auch der Aufenthaltsraum kann von allen Bewohnern gemeinschaftlich genützt werden. Überdies besteht für das gesamte Geschoss nur ein gemeinsamer Strom- und Wasserzähler. Eine Wohnung bzw. Wohneinheit im Sinne der Definition des VwGH ist somit nicht gegeben.

 

Im Weiteren wird festgehalten, dass das Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren sei. Demnach sei für die Feststellung, ob das Bauvorhaben den gesetzlichen Bestimmungen entspricht, nur die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids maßgeblich. Folglich habe die Behörde nur aufgrund des vom Bf eingebrachten Austauschplans und des konkreten Projekts, wie es sich in diesem Plan darstelle, zu beurteilen, ob das Vorhaben den baurechtlichen Bestimmungen, insbesondere dem Flächenwidmungsplan und der Neuplanungsgebiet-Verordnung, entspricht. Durch Berücksichtigung der Bezeichnung „Wohnung“ für die nunmehrigen „Wohn- und Schlafräume“ aus dem Einreichplan, sei die Begründung der Behörde mangelhaft.

 

Das geplante Bauvorhaben würde die Durchführung des künftigen Bebauungsplanes weder erschweren noch verhindern, somit sei die Baubewilligung gemäß § 45 Abs. 2 Oö BauO 1994 zu erteilen. Aufgrund voller Vereinbarkeit mit der Planungsmaßnahme bestehe ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Baubewilligung (Punkt 4.).

 

Es wird die Abänderung des Bescheides des Bürgermeisters dahingehend beantragt, dass dem Ansuchen auf Umbau des Gebäudes stattgegeben und die Baubewilligung erteilt werde.

 

I.7. Auf Anfrage seitens der Baubehörde wurde vom bautechnischen Amtssachverständigen festgehalten, dass die Art der Nutzungseinheit in der Baubeschreibung mit „Hotel u.a. Einheiten für kurzfristige Beherbergung“ beschrieben und der Energieausweis für das Bauvorhaben mit „Planung Mehrfamilienhaus“ tituliert sei. Unter Bezugnahme auf die Begriffsbestimmung „Wohnung“ der OIB-Richtlinie 2011 – „Gesamteinheit von einzelnen oder zusammen liegenden Räumen, die baulich in sich abgeschlossen und zu Wohnzwecken bestimmt sind und die Führung eines eigenen Haushalts ermöglichen“ – wird festgestellt, dass aufgrund der Trennung der sanitären Anlagen von den Wohn- und Schlafräumen durch Türen bzw. Trennwände und der Trennung dieser Räume durch Wände vom Vorraum, die Möglichkeit zur Führung einzelner Haushalte bzw. Wohnungen bestehe.

 

Außerdem wird von Seiten des Amtssachverständigen festgehalten, dass die erforderliche Mindestfläche (18 ) für 10 Kleinstwohnungen bzw. 10 Garconnieren gemäß § 10 Abs. 3 Oö Bautechnikverordnung 2013 (Oö BauTV 2013) gegeben sei. Abschließend wird angeführt, dass die laut Baubeschreibung vorgesehenen 10 KFZ-Stellplätze, 10 Fahrradabstellplätze, Gemeinschaftsraum /Aufenthaltsraum und der Kinderspielplatz die Vermutung zuließen, von mehreren eigenständigen Wohnungen auszugehen.

 

I.8. Mit Bescheid des Gemeinderats der Marktgemeinde Aurolzmünster als Baubehörde zweiter Instanz (in der Folge: belangte Behörde) vom 11.02.2016, GZ: 131-9/2015, wurde die Berufung des Bf als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wird die Stellungnahme des bautechnischen Amtssachverständigen wiedergegeben und festgehalten, dass es im Bereich der Wohn- und Schlafräume jeweils problemlos möglich sei, eine Küche oder Kochnische zu integrieren. Somit sei davon auszugehen, dass die Möglichkeit zur Führung einzelner Haushalte bzw. Wohnungen gegeben sei.

 

Daher nehme die belangte Behörde an, dass es sich nicht um eine große Wohnung, bestehend aus zehn Wohn- und Schlafräumen samt Bad und WC, einem Vorraum, einer Gemeinschaftsküche sowie einem Aufenthaltsraum handle, sondern um insgesamt zehn eigenständige Kleinstwohnungen bzw. Garconnieren iSd § 10 Oö BauTV 2013. Es wird auch darauf hingewiesen, dass der Bf bei der ursprünglichen Einreichplanung selbst davon ausgegangen sei, „dass einzelne Wohnungen zur Genehmigung anstehen. Am Planungsstand selbst [Anm: im Austauschplan] ist keinerlei Änderung eingetreten“.

 

Da es sich um zehn eigenständige Wohnungen handle, stehe das Bauvorhaben im Widerspruch mit der Neuplanungsgebiet-Verordnung und dem noch zu erlassenden Bebauungsplan (siehe Punkt I.4.). Die Berufung sei daher abzuweisen gewesen.

 

I.9. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde richtet sich die gegenständliche Beschwerde des Bf vom 14.03.2016. Unter Punkt „3. Beschwerdegründe“ wird zuerst festgehalten, dass die Behörde im Widerspruch zum Akteninhalt, in concreto zum Austauschplan annehme, dass die Wohn- und Schlafräume durch einen Vorraum vom Eingangsbereich abgetrennt seien. Weder sei ein Vorraum im Austauschplan vorgesehen, noch solle ein solcher errichtet werden. Konkret handle es sich um einen Gang, von dem aus die Wohn- und Schlafräume betreten werden können. Schließlich wird angemerkt, dass selbst die Errichtung eines Vorraums irrelevant wäre, da dieser nicht die Führung eines eigenständigen Haushaltes ermögliche (Punkt 3.1.).

 

Unter Punkt 3.2. werden im Wesentlichen die Berufungsgründe wiederholt. Unter Bezugnahme auf die bereits zitierte VwGH-Judikatur (siehe Punkt I.6.) und auf die Begriffsbestimmung „Wohnung“ der OIB-Richtlinie 2011 wird vom Bf Folgendes ausgeführt:

 

Die gegenständlichen Wohn- und Sch[l]afräume verfügen weder über eine Küche noch über eine Kochnische. Es fehlt daher an der vom VwGH geforderten sanitären Mindestausstattung und ist die Führung eines eigenständigen Haushaltes nicht möglich. Sämtliche Bewohner haben eine große Gemeinschaftsküche gemeinschaftlich zu nutzen, genauso wie die beiden Aufenthaltsräume. Die einzelnen Wohn- und Schlafräume sind vorgesehen, damit die Bewohner ihr Ruhebedürfnis stillen und sich zurückziehen können. Das Zusammenleben soll sich jedoch in der Gemeinschaftsküche bzw. den Aufenthaltsräumen abspielen. Überdies besteht für das gesamte Geschoß nur ein gemeinsamer Strom- und Wasserzähler für sämtliche Wohn- und Schlafräume, die Gemeinschaftsküche und die beiden Aufenthaltsräume.

 

In einem Projektgenehmigungsverfahren, wie das Baubewilligungsverfahren eines sei, sei ausschließlich aufgrund der eingereichten Pläne, der Baubeschreibung und allfälliger Modifizierungen in der Bauverhandlung die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit den gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere dem Flächenwidmungsplan, festzustellen. Die von der Baubehörde erster Instanz in ihrer Begründung einbezogene Möglichkeit, dass im Bereich der Wohn- und Schlafräume jeweils eine Küche oder Kochnische problemlos zu integrieren wäre, sei daher irrelevant. Im Austauschplan fänden sich keine solchen konkreten Baumaßnahmen. Die bloß theoretische Möglichkeit sei nicht zu berücksichtigen, genauso wenig die im ursprünglichen Einreichplan vorgenommene Bezeichnung der Räume als „Wohnung“.

 

Abschließend wird festgehalten, dass das Projekt des Bf weder mehr als zwei Geschosse noch mehr als drei Wohnungen vorsehe, und somit nicht im Widerspruch zu § 3 Neuplanungsgebiet-Verordnung stehe. Es wird außerdem nach dem Wissensstand des Bf erwähnt, dass in jenem Gebiet, welches von dieser Verordnung umfasst sei, „erst kürzlich zwei Gebäude neu errichtet und ein Gebäude von Grund auf saniert bzw. umgebaut wurden [EZ X KG X; EZ X KG X; EZ X KG X]. Diese drei Gebäude stehen allesamt im Widerspruch zur Neuplanungsgebiet-Verordnung, da sie zum einen mehr als zwei Geschoße und zum anderen deutlich mehr als drei Wohnungen aufweisen. Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass gerade jenes Projekt, welches der Beschwerdeführer zu realisieren versucht, unter Stützung auf eine bloße Scheinbegründung verhindert werden soll“.

 

Es wird die Aufhebung des Bescheides der belangten Behörde und die Erteilung der Baubewilligung, in eventu die Zurückverweisung zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde beantragt.

 

I.10. Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 16.06.2016 vor.

 

 

II. Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt der Behörde. Daraus ergibt sich der unter Punkt I. wiedergegebene Sachverhalt widerspruchsfrei.

 

Im gegenständlichen Beschwerdefall werden ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen. Eine mündliche Verhandlung ließe daher keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten und wird die Durchführung einer solchen für nicht erforderlich erachtet. Mangels Parteiantrags wurde daher von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG abgesehen.

 

 

III. Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

III.1. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und Z 4) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Nach § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen, wenn diese notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen hat. Bei der neuen Entscheidung ist die Behörde an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist (§ 28 Abs. 3 Satz 3 VwGVG).

 

III.2. In der Sache:

 

Die hier relevanten Bestimmungen der Oö Bauordnung 1994 (Oö BauO 1994), StF: LGBl Nr. 66/1994, in der Fassung LGBl Nr. 90/2013, lauten (auszugsweise):

 

„§ 24
Bewilligungspflichtige Bauvorhaben

 

(1) Folgende Bauvorhaben bedürfen einer Bewilligung der Baubehörde (Baubewilligung), soweit die §§ 25 und 26 nichts anderes bestimmen:

 

1. der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden;

2. die Errichtung oder wesentliche (umbaugleiche) Änderung sonstiger Bauwerke über oder unter der Erde, die auf Grund ihrer Verwendung, Größe, Lage, Art oder Umgebung geeignet sind, eine erhebliche Gefahr oder eine wesentliche Belästigung für Menschen herbeizuführen oder das Orts- und Landschaftsbild zu stören;

3. die Änderung des Verwendungszwecks von Gebäuden (Gebäudeteilen) oder sonstigen Bauwerken gemäß Z 2, wenn dadurch zusätzliche schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten sind;

4. der Abbruch von Gebäuden (Gebäudeteilen) oder sonstigen Bauwerken gemäß Z 2 oder Teilen hievon, wenn sie an der Nachbargrundgrenze mit anderen Gebäuden zusammengebaut sind;

5. die Anbringung oder Errichtung von Antennenanlagen mit mehr als drei Meter Höhe einschließlich eines allfälligen Antennenmastes, gemessen vom Fußpunkt der Antenne oder des Mastes, soweit sie nicht in den Widmungskategorien des § 22 Abs. 6 und Abs. 7, § 23 Abs. 4 Z 3, § 29, § 30 und § 30a Oö.Raumordnungsgesetz 1994 errichtet werden.

[...]

 

§ 35
Entscheidung über den Baubewilligungsantrag

 

(1) Die Baubehörde hat über den Antrag gemäß § 28 einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Sofern nicht eine Zurückweisung oder eine Abweisung nach § 30 zu erfolgen hat, ist die beantragte Baubewilligung zu erteilen, wenn

1.  die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers oder der Grundeigentümerin vorliegt,

2.  das Bauvorhaben in allen seinen Teilen den Bestimmungen des Flächenwidmungsplans und des Bebauungsplans sowie sonstigen baurechtlichen Vorschriften nicht widerspricht und

3.  das Bauvorhaben auf Grund seiner Nähe zu einem bestehenden Betrieb im Sinn der Seveso II-Richtlinie das Risiko eines schweren Unfalls im Hinblick auf die menschliche Gesundheit weder vergrößern noch die Folgen eines solchen Unfalls im Hinblick auf die menschliche Gesundheit verschlimmern kann.

Andernfalls ist die beantragte Baubewilligung zu versagen.

[...]

 

 

 

 

§ 45
Neuplanungsgebiete

 

(1) Der Gemeinderat kann durch Verordnung bestimmte Gebiete zu Neuplanungsgebieten erklären, wenn ein Flächenwidmungsplan oder ein Bebauungsplan für dieses Gebiet erlassen oder geändert werden soll und dies im Interesse der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung erforderlich ist. Der Gemeinderat hat anläßlich der Verordnung die beabsichtigte Neuplanung, die Anlaß für die Erklärung ist, in ihren Grundzügen zu umschreiben.

(2) Die Erklärung zum Neuplanungsgebiet hat die Wirkung, daß Bauplatzbewilligungen, Bewilligungen für die Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken und Baubewilligungen - ausgenommen Baubewilligungen für Bauvorhaben gemäß § 24 Abs. 1 Z 4 - nur ausnahmsweise erteilt werden dürfen, wenn nach der jeweils gegebenen Sachlage anzunehmen ist, daß die beantragte Bewilligung die Durchführung des künftigen Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans nicht erschwert oder verhindert.

[…]“

 

Außerdem ist folgende Bestimmung der Oö Bautechnikverordnung 2013 (Oö BauTV 2013), StF: LGBl Nr. 36/2013, in der Fassung LGBl Nr. 153/2015 maßgeblich:

 

„§ 10
Wohnungsgrößen

 

(1) Wohnungen, ausgenommen Kleinstwohnungen und Garconnieren, müssen einschließlich der Nebenräume eine baulich in sich geschlossen nutzbare Fläche von mindestens 45 m2 aufweisen.

(2) Wohnräume, ausgenommen in Wohngebäuden mit nur einer Wohnung, müssen eine nutzbare Mindestfläche von 12 m2, Schlafräume eine solche von 8 m2 aufweisen.

(3) Kleinstwohnungen und Garconnieren müssen eine nutzbare Mindestfläche von 18 m2 aufweisen.

(4) Für jede Wohnung ist innerhalb der Wohnung ein Bereich für Abstellzwecke sowie innerhalb oder außerhalb des Gebäudes ein Abstellraum vorzusehen.“

 

 

IV. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

IV.1. Unbestritten handelt es sich bei dem Bauvorhaben des Bf um einen Umbau im Sinne des § 2 Abs. 2 Oö BauO 1994 iVm § 2 Z 28 Oö BauTV 2013. Sowohl dieser als auch die geplante Änderung des Verwendungszwecks zur vorübergehenden Beherbergung (Arbeiter- bzw. Flüchtlingsquartiere) sind gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 und Z 3 Oö BauO 1994 baubewilligungspflichtig. Auf die Erteilung dieser Baubewilligung richtet sich der vom Bf eingebrachte Antrag gemäß § 28 Oö BauO 1994. Im gegenständlichen Fall ist nun fraglich, ob die Bewilligung gemäß § 35 Abs. 1 Z 2 iVm § 45 Abs. 2 Oö BauO 1994, wie von der belangten Behörde angenommen, zu versagen war.

 

In diesem Zusammenhang gilt es zu klären, ob das Projekt des Bauwerbers im Widerspruch zur Neuplanungsgebiet-Verordnung der Marktgemeinde Aurolzmünster steht und die Durchführung des künftigen Bebauungsplans erschwert oder verhindert. Die seit 03.01.2015 rechtswirksame, bereits (gemäß § 101 Oö Gemeindeordnung 1990) auf ihre Gesetzmäßigkeit von der Oö Landesregierung geprüfte Neuplanungsgebiet-Verordnung sieht vor, mit dem neuen Bebauungsplan die vorhandene überwiegende Einzelhausbebauung (bis zu drei Wohnungen) zu erhalten. Eine mehrgeschossige, verdichtete Bauweise würde der Ortsentwicklung, unter Rücksichtnahme auf die derzeitige Bebauungsstruktur, entgegenstehen. Folglich muss beurteilt werden, ob es sich bei den, im Austauschplan als „Wohn- und Schlafräume“ bezeichneten Räumlichkeiten um zehn eigenständige Wohnungen oder, wie vom Bf vorgebracht, um eine einzige große Wohnung handelt.

 

IV.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH vom 30.04.2013, 2010/05/0094) kann unter dem Begriff der Wohnung „nur eine in sich geschlossene und gegen außen abgeschlossene Einheit mit eigenem Zugang, innerhalb eines Wohnhauses, innerhalb eines Geschosses oder auf mehrere Geschosse verteilt, verstanden werden, die über eine sanitäre Mindestausstattung (WC, Küche oder Kochnische, fließendes Wasser) verfügt“. In den Begriffsbestimmungen der OIB-Richtlinien, ausgegeben im Oktober 2011, wird eine Wohnung als „Gesamtheit von einzelnen oder zusammen liegenden Räumen, die baulich in sich abgeschlossen und zu Wohnzwecken bestimmt sind und die Führung eines eigenen Haushalts ermöglichen“ verstanden.

 

Zum Begriff „Haushalt“ verweist der VwGH (vom 12.08.1994, 92/17/0252) auf die Definition im Duden, wo dieser Begriff als „Gemeinsame Wirtschaft der in einer Gruppe lebenden Personen“ ausgelegt wird (Bedeutungswörterbuch, Der Große Duden, Band 10 [1970]). Weiters verweist das Höchstgericht in dieser Entscheidung auf Hartfield, Wörterbuch der Soziologie (1972), das „Haushalt“ wie folgt umschreibt: „Die ‚häusl.‘ d.h. ‚innere‘ Wirtschaftsgemeinschaft einer Familie, eines Familienverbandes, einer sonstigen Lebensgemeinschaft, oder [...]. Die Kategorie H. bedeutet in jedem Falle, daß wirtschaftl. Entscheidungen über die Beschaffung (Einkommen) u. Verwendung (Konsum) von Mitteln nicht individuell, sondern im Zusammenhang mit u. in teilweiser oder völliger Abhängigkeit von der Bedarfslage u. den gemeinsamen Vorstellungen u. Zielen der Mitglieder des betr. soz. Gebildes erfolgen“.

 

Daraus lässt sich ableiten, dass für das Vorliegen einer „Wohnung“ zwei Komponenten vorliegen müssen: Einerseits muss das Raumensemble „baulichen“ Ansprüchen insofern genügen, als dass es eine in sich geschlossene und gegen außen abgeschlossene Einheit mit eigenem Zugang bildet und über eine sanitäre Mindestausstattung (WC, Küche oder Kochnische, fließendes Wasser) verfügt. Andererseits muss dieser Raum jedoch auch geeignet sein, „der Befriedigung des individuellen Wohnbedürfnisses einer einzelnen Person oder einer durch enge Bande zusammengefügten Gemeinschaft  (Haushalt) auf Dauer zu dienen. Haushalt bedeutet in diesem Fall – unter Anschluss an Hartfield –, dass wirtschaftliche Entscheidungen über die Beschaffung (Einkommen) und Verwendung (Konsum) von Mitteln nicht individuell, sondern im Zusammenhang mit und in teilweiser oder völliger Abhängigkeit von der Bedarfslage und den gemeinsamen Vorstellungen und Zielen der Mitglieder des betreffenden sozialen Gebildes erfolgen“. (vgl LVwG Oö vom 9.4.2015, LVwG-150266/18/VG/WP - 150267/2). Insofern gilt es also diese beiden Bestandteile zu unterscheiden.

 

Wenn der Bf vorbringt, dass es sich bei der, in seinem Austauschplan als „Vorraum“ bezeichneten Räumlichkeit, und daher wohl auch von der belangten Behörde derart betitelt, um einen Gang handle, verkennt er, dass dies für die gegenständliche Beurteilung irrelevant ist. Einzig entscheidend ist die Tatsache, dass die Wohn- und Schlafräume, durch Trennwand und Tür vom Vorraum (= Gang) abgetrennt, (unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des VwGH) in sich geschlossene und gegen außen abgeschlossene Einheiten mit eigenem Zugang innerhalb eines Geschosses darstellen.

 

Um das Vorliegen von „Wohnungen“ bejahen zu können, müssen die genannten Räumlichkeiten auch über die erforderliche sanitäre Mindestausstattung (WC, Küche oder Kochnische, fließendes Wasser) verfügen. Im vorliegenden Fall sind die einzelnen Wohn- und Schlafräume zwar jeweils mit einem eigenen Bad und WC ausgestattet, jedoch sind nach dem Austauschplan weder eine Küche noch eine Kochnische geplant. Mangels erforderlicher sanitärer Mindestausstattung sind diese Räume daher nicht als „Wohnungen“ zu qualifizieren. Es handelt sich somit nicht, wie von der belangten Behörde unter bloßer Bezugnahme auf die normierte Mindestgröße angenommen, um Kleinstwohnungen bzw. Garconnieren gemäß § 10 Abs. 3 BauTV 2013.

 

IV.3. Soweit der Bf vorbringt, dass es sich bei einem Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handle und daher die von der Behörde ins Treffen geführte Möglichkeit der problemlosen Integration einer Küche bzw. Kochnische bei der Erlassung des Bescheides nicht zu berücksichtigen sei, ist ihm zuzustimmen. Für die Erteilung einer Baubewilligung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des Baubescheides maßgeblich (vgl. Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht Band I: Bau- und Raumordnungsrecht7 (2014) § 35 Oö BauO 1994, Erl 1).

 

Das Baubewilligungsverfahren ist daher ein Genehmigungsverfahren, in dem aufgrund der Pläne, der Baubeschreibung und allfälliger Modifizierungen in der Bauverhandlung die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit den gesetzlichen Bestimmungen festzustellen ist (vgl. VwGH vom 29.04.1997, 94/05/0072). Gegenstand des Verfahrens ist lediglich die Beurteilung der Einreichpläne und sonstigen Projektunterlagen (vgl VwGH vom 10.12.2013, 2012/05/0030). Die Möglichkeit einer späteren Änderung des Projekts oder eine mögliche Abänderung bzw. Abweichungen vom vorgelegten Projekt sind rechtlich unerheblich (vgl. Neuhofer, Oö Baurecht Band I: Bau- und Raumordnungsrecht7 (2014) § 35 Oö BauO 1994, Erl 2, mwN).

 

Darüber hinaus ist jegliches Vorbringen bezüglich baulicher Maßnahmen, die im Projekt nicht dargestellt werden (wie hier betreffend den Einbau von Kochnischen) von der Behörde im Bewilligungsverfahren nicht zu beachten, allenfalls aber im Rahmen eines separaten baupolizeilichen Verfahrens von Amts wegen aufzugreifen. Dies gilt umso mehr für mutmaßlich aber „offenkundige“ Motive und damit verbundene, nicht zweckkonforme und in den Unterlagen nicht dargestellte „beabsichtigte“ Nutzungen.

 

Im konkreten Fall ist dem aktuellen Austauschplan (und auch dem ursprünglichen Einreichplan) zu entnehmen, dass in den „Wohn- und Schlafräumen“ keine Küchen bzw. Kochnischen geplant sind. Unter Bezugnahme auf das oben Ausgeführte ist die bloße Möglichkeit, eine Küche bzw. Kochnische problemlos zu jedem Zeitpunkt integrieren zu können, bei Erlassung des Bescheides irrelevant. Auch die im (mit Antrag auf Erteilung der Baubewilligung eingereichten) Plan vorgenommene Bezeichnung der Räumlichkeiten als „Wohnungen“ bzw. die daraus abgeleitete Ansicht, dass der Bauwerber „bei der ursprünglichen Einreichplanung selbst davon ausgegangen ist, dass einzelne Wohnungen zur Genehmigung anstehen“ ist nicht heranzuziehen. Einzig relevant ist der (aktuellere) Austauschplan. Hinzu kommt, dass die falsche Bezeichnung als „Wohnung“ nach dem Grundsatz „falsa demonstratio non nocet“ ohnehin nicht schaden würde (die Anwendung dieses zivilrechtlichen Grundsatzes im Bereich des öffentlichen Rechts ist zulässig; vgl. OGH vom 23.1.2003, 6 Ob 111/02).

 

Auch wenn sich aus dem gegenständlichen Verfahrensakt keine Anhaltspunkte dafür ergeben, so ist an dieser Stelle klarstellend ausdrücklich festzuhalten, dass im Baubewilligungsverfahren nicht zu prüfen ist, aus welchen Motiven der Bauwerber das eingereichte Projekt ausführen möchte (vgl. VwGH vom 29.01.2008, 2006/05/0297).

 

IV.4. Unter Zugrundelegung der bisher vorgenommenen Erwägungen geht das Landesverwaltungsgericht von einer einzigen großen Wohnung mit zehn Schlaf- und Wohnräumen aus. Das ganze Obergeschoß mit den Schlaf- und Wohnräumen samt Bad/WC, dem Vorraum/Gang, der Gemeinschaftsküche und dem anderen Aufenthaltsraum stellt eine in sich geschlossene und gegen außen abgeschlossene Einheit mit eigenem Zugang dar und verfügt über die laut VwGH erforderliche sanitäre Mindestausstattung (WC, Küche und fließendes Wasser). Insofern erfüllt also erst das ganze Geschoß die „baulichen“ Ansprüche einer Wohnung. Der Vollständigkeit halber wird im Folgenden auch auf die zweite zwingende Komponente für die „Wohnungs-Eigenschaft“ eingegangen.

 

Ohne eigene Küche ist für die Bewohner der Wohn- und Schlafräume eine selbständige Haushaltsführung nicht möglich. Erst mit der Gemeinschaftsküche wird diese Möglichkeit geschaffen. Sowohl die Gemeinschaftsküche als auch der andere Aufenthaltsraum sind als Zentrum des Zusammenlebens geplant und müssen, v.a. wenn es um die Ernährung geht, gemeinschaftlich genutzt werden. Dadurch entsteht eine Lebensgemeinschaft, in der wirtschaftliche Entscheidungen über Beschaffung und Verwendung im Zusammenhang mit und zumindest in teilweiser Abhängigkeit von der Bedarfslage und den gemeinsamen Vorstellungen und Zielen der Mitglieder des betreffenden sozialen Gebildes erfolgen. Der Haushalt kann nicht von den Bewohnern der einzelnen Wohn- und Schlafräume zur Gänze eigenständig geführt, sondern muss zumindest teilweise, in Bezug auf die Kochmöglichkeit, mit den anderen Bewohnern abgestimmt werden. Auch der gemeinsame Strom- und Wasserzähler für sämtliche Räumlichkeiten des Obergeschoßes bekräftigt die Annahme einer gemeinschaftlichen (wirtschaftlichen) Haushaltsführung. Die einzelnen Wohn- und Schlafräume dienen den Bewohnern (nur) dazu, ihr Ruhebedürfnis zu stillen und sich zurückziehen zu können.

 

An dieser Stelle ist festzuhalten, dass das von der belangten Behörde als tragende Grundlage ihrer Entscheidung herangezogene bautechnische Gutachten unter Zugrundelegung des (der tatsächlichen Sachfrage entsprechenden, im Akt allerdings nicht dokumentierten) Beweisthemas keine verwertbare Aussage enthält. Die darin enthaltenen Schlussfolgerungen beruhen vor dem Hintergrund des vorgelegten Projektes auf reinen Mutmaßungen und in diesem Zusammenhang konstruierten fachlichen Indizien. Nicht jeder Raum, der größer als 18 ist, stellt vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen eine Kleinstwohnung oder Garconniere dar. Derartige Annahmen sind zwar objektiv richtig, beweistechnisch aber unhaltbar, da nicht Gegenstand der gebotenen Beweisfrage. Die Verwertung eines solchen Beweisergebnisses in einem Bescheid stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar und behaftet diesen mit Rechtswidrigkeit.

 

IV.5. Da es sich bei gegenständlichem Bauvorhaben um einen Umbau des Obergeschoßes in eine einzige große Wohnung, wie ausführlich dargelegt, handelt, befindet sich das Projekt des Bf nicht im Widerspruch zur Neuplanungsgebiet-Verordnung. Die Durchführung des neuen Bebauungsplans, mit dem die vorhandene, überwiegende Einzelhausbebauung (bis zu drei Wohnungen) erhalten und die mehrgeschossige, verdichtete Bauweise zur Sicherung der Ortsentwicklung verhindert werden soll, wird durch das Vorhaben weder erschwert noch verhindert. Denn es werden nicht mehr als drei Wohnungen errichtet (in concreto nur eine) und es ist außerdem keine Aufstockung geplant (es bleibt bei Erdgeschoß und Obergeschoß).

 

IV.6. Dem Bf ist zuzustimmen, wenn er vorbringt, dass er bei voller Vereinbarkeit seines Bauvorhabens mit der beabsichtigten Planungsmaßnahme (in concreto mit dem beabsichtigten Bebauungsplan) einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Baubewilligung hat. Selbst wenn das Projekt nicht zur Gänze mit der Durchführung des neuen Bebauungsplans vereinbar sei, sondern jene „lediglich“ nicht erschweren (oder verhindern) würde, wäre ein solcher Rechtsanspruch anzunehmen (vgl. Neuhofer, Oö Baurecht Band I: Bau- und Raumordnungsrecht7 (2014) § 45 Oö BauO 1994, Erl 11, mwN). Wie bereits festgestellt, wird durch das Bauvorhaben, konkret durch den Umbau eines bestehenden Gebäudes, weder zu einer mehrgeschossigen, verdichteten Bauweise beigetragen, noch die überwiegende Einzelhausbebauung (bis zu drei Wohnungen) beeinträchtigt. Das Projekt des Bf ist somit grundsätzlich vereinbar mit dem beabsichtigten Bebauungsplan.

 

IV.7. Wenn der Bf auf andere Bauvorhaben hinweist, welche die Anforderungen der Neuplanungsgebiet-Verordnung mutmaßlich nicht erfüllen sollen, wird auf die Rechtsprechung des VwGH hingewiesen, wonach in solchen Fällen keine Gleichheitswidrigkeit vorliegt, wenn derartige [Anm.: vor Erlassung der Neuplanungsgebiet-Verordnung] konsensgemäße Bauten bestehen bleiben (VwGH vom 10.10.2010, 2005/05/0021). Im Übrigen wird festgehalten, dass nach der Oö BauO 1994 auf Projekte anderer Bauwerber nicht Bedacht zu nehmen ist.

 

IV.8. Indem die belangte Behörde bei der Entscheidung über den Baubewilligungsantrag nicht auch die anderen Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Oö BauO 1994 ermittelt und geprüft hat, hat sie die notwendige Ermittlung des Sachverhalts de facto zur Gänze unterlassen.

 

Im Sinne der Bestimmung des § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG ist bei dieser Konstellation bzw. bei dem noch erforderlichen Umfang des gebotenen Ermittlungsverfahrens der verfahrensökonomische Aspekt der Raschheit nicht maßgeblich. Auch eine erhebliche Kostenersparnis ist durch die Führung des Ermittlungsverfahrens durch das LVwG nicht zu erwarten, sondern ist in beiden Fällen das Gegenteil anzunehmen.

 

 

V. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Erteilung der Baubewilligung gemäß § 35 Abs. 1 Z 2 iVm § 45 Abs. 2 Oö BauO 1994 zulässig ist. Der bekämpfte Bescheid der belangten Behörde wird daher aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG an die belangte Behörde zurückverwiesen. Bei ihrer Entscheidung ist die Behörde sodann an die rechtliche Beurteilung des Landesverwaltungsgerichtes gebunden (§ 28 Abs. 3 Satz 3 VwGVG).

 

Sollten sich aber Nutzungsarten etablieren, die von der beantragten wesentlich abweichen (insbesondere die tatsächliche Einrichtung mehrerer Wohnungen), wäre dieser Umstand baupolizeilich abzuhandeln.

 

 

VI. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

 

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

 

 

Mag. Markus Kitzberger