LVwG-400163/2/Gf/Mu

Linz, 01.08.2016

I M  N A M E N  D E R  R E P U B L I K !

 

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat durch seinen Einzelrichter Dr. Grof über die Beschwerde des A B, D, vertreten durch RA J S, D, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 6. April 2016, Zl. 0006492/2016, wegen einer Übertretung des Bundesstraßenmautgesetzes

 

 

z u  R e c h t  e r k a n n t:

 

 

I. Der Beschwerde wird gemäß § 50 VwGVG insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wird.

 

II. Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten noch einen Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich zu leisten.

 

III. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 25a VwGG nicht zulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

 

 

 

I.

 

Gang des Behördenverfahrens

 

 

1. Mit Schreiben vom 27. Jänner 2016 hat die ASFINAG beim Magistrat der Stadt Linz deshalb Anzeige erstattet, weil der Lenker des mautpflichtigen KFZ mit dem polizeilichen Kennzeichen CR (D) am 4. September 2015 um 16:17 Uhr die mautpflichtige Bundesstraße A1, Mautabschnitt Asten St. Florian – Knoten Linz, km 164,057, Richtungsfahrbahn Staatsgrenze Walserberg, benutzt habe, ohne zuvor die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, da am Fahrzeug keine Vignette bzw. die Vignette nicht ordnungsgemäß (z.B. Trägerfolie nicht entfernt) angebracht gewesen sei.

 

Vor der Anzeigeerstattung sei der  Zulassungsbesitzer dieses KFZ ermittelt und dieser mit Schriftsatz vom 16. November 2015 dazu aufgefordert worden, die fällige Ersatzmaut zu entrichten; dem sei jedoch innerhalb der gesetzlichen Frist nicht nachgekommen worden.

 

2. In der Folge wurde der Zulassungsbesitzer dieses KFZ mit Schreiben des Magistrates der Stadt Linz vom 2. Februar 2016 dazu aufgefordert, binnen zwei Wochen den Namen, das Geburtsdatum und die Anschrift jener Person bekanntzugeben, die das verfahrensgegenständliche KFZ zum hier fraglichen Zeitpunkt gelenkt hat.

 

3. Mit Schriftsatz vom 10. Februar 2016 gab der Beschwerdeführer bekannt, dass dieses KFZ damals von ihm selbst gelenkt worden sei.

 

4. Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Linz vom 25. Februar 2016, Zl. 0006492/2016, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 34 Stunden) verhängt, weil er am 4. September 2015 um 16:17 Uhr ein KFZ mit einem Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen gelenkt und mit diesem die Autobahn A 1, Mautabschnitt Asten St. Florian - Knoten Linz, km 164,057, Richtungsfahrbahn Staatsgrenze Walserberg benutzt habe, ohne zuvor die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, da am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung des § 20 Abs. 1 des Bundesstraßen-Mautgesetzes, BGBl I 109/2002 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 99/2013 (im Folgenden: BStMG), begangen, weshalb er nach § 20 Abs. 1 BStMG zu bestrafen gewesen sei.

 

5. Dagegen hat der Beschwerdeführer mittels Telefax vom 8. März 2016 rechtzeitig Einspruch erhoben. Gleichzeitig wurde Akteneinsichtnahme beantragt und erklärt, dass hierauf umgehend eine Einspruchsbegründung erfolgen werde.

 

Durch diesen Einspruch wurde die angefochtene Strafverfügung ex lege (vgl. § 49 Abs. 2 VStG) aus dem Rechtsbestand eliminiert.

 

6. Daraufhin hat der Magistrat der Stadt Linz dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 9. März 2016 den Bezug habenden Verwaltungsakt übermittelt und ihm die Möglichkeit eingeräumt, sich binnen einer Frist von zwei Wochen zur Tatanlastung zu äußern.

 

7. In weiterer Folge brachte der Rechtsmittelwerber mit e-mail vom 8. April 2016 begründend vor, dass er eine gültige Vignette besitze und diese ordnungsgemäß auf seinem KFZ angebracht habe. Zum Beweis dafür wurden entsprechende Lichtbilder sowie die Rechnung über den Kauf einer Vignette übermittelt.

 

8. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 6. April 2016, Zl. 0006492/2016, wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 34 Stunden) verhängt, weil er am 4. September 2015 um 16:17 Uhr ein KFZ mit einem Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 Tonnen gelenkt und mit diesem die Autobahn A 1 benutzt habe, ohne zuvor die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, weil am Fahrzeug keine Mautvignette angebracht gewesen sei. Dadurch habe er eine Übertretung der §§ 1 Abs. 1 und 10 Abs. 1 BStMG begangen, weshalb er nach § 20 Abs. 1 BStMG zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass diese Übertretung auf Basis der Anzeige der ASFINAG vom 27. Jänner 2016 und des von der Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung seien keine Erschwerungsgründe hervorgekommen, während die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als strafmildernd zu werten gewesen sei.

 

9. Gegen dieses ihm am 21. April 2016 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die gegenständliche, am 19. Mai 2016 – und damit rechtzeitig – per e-mail eingebrachte Beschwerde.

 

Darin wendet der Rechtsmittelwerber neuerlich ein, dass er an seinem Fahrzeug ordnungsgemäß eine gültige Vignette angebracht gehabt habe. Auf den Lichtbildern, die bereits mit e-mail vom 8. März 2016 übermittelt wurden, sei ersichtlich, dass diese Vignette in Höhe des Innenspiegels auf die Windschutzscheibe geklebt worden sei. Durch den Tönungsstreifen auf der Windschutzscheibe sei die Vignette teilweise verdeckt gewesen. Auch auf dem von der belangten Behörde mit Schreiben vom 2. Februar 2016 übermittelten Foto sei in der Mitte der Windschutzscheibe des gegenständlichen Fahrzeuges zumindest der untere Teil der Vignette erkennbar. Daraus und aus der Rechnung vom 4. August 2015 ergebe sich, dass er zum Tatzeitpunkt über eine gültige Vignette verfügt und diese auch am Fahrzeug ordnungsgemäß angebracht gehabt habe.

 

Daher wird – erschließbar – die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

10. Der Magistrat der Stadt Linz hat dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich diese Beschwerde mit Schreiben vom 23. Mai 2016, Zl. 0006492/2016, samt Bezug habendem Akt vorgelegt; von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung hat die belangte Behörde abgesehen. 

 

 

II.

 

Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes des Landes Oberösterreich

und Zulässigkeit der Beschwerde

 

 

1. Die vorliegende, auf Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG gegründete Beschwerde richtet sich gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde und wurde innerhalb der Vier-Wochen-Frist des § 7 Abs. 4 VwGVG bei der belangten Behörde eingebracht; da der Inhalt dieser Beschwerde den Anforderungen des § 9 VwGVG entspricht und auch sonstige Prozesshindernisse nicht vorliegen, ist sie insgesamt als zulässig zu qualifizieren.

 

2. Weil diesbezüglich weder im BStMG noch im VwGVG Abweichendes angeordnet ist, hatte das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich im vorliegenden Fall gemäß Art. 135 Abs. 1 B‑VG durch seinen nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

 

III.

 

Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung

durch das Verwaltungsgericht

 

 

Das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Stadt Linz zu Zl. 0006492/2016; da sich bereits aus diesem in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche, oben unter I. dargestellte Sachverhalt als zutreffend klären ließ, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

 

IV.

 

Rechtliche Beurteilung

 

 

In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich erwogen:

 

1. Nach § 20 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 BStMG begeht derjenige eine Verwal-tungsübertretung und ist hierfür mit einer Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen, der als Lenker eines Kraftfahrzeuges, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, die zeitabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet.

 

Gemäß § 11 Abs. 1 BStMG haben Lenker solcher KFZ die zeitabhängige Maut vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette i.S.d. § 11 Abs. 2 BStMG am Fahrzeug zu entrichten, wobei die näheren Bestimmungen über die Beschaffenheit der Mautvignetten, über ihre Anbringung an den Fahrzeugen und über das Mitführen der Mautvignetten anstelle der Anbringung in der Mautordnung getroffen sind.

 

Nach Punkt 7.1 (S. 15) der Mautordnung für die Autobahnen und Schnellstraßen Österreichs (Version 41, im Folgenden: MautO V41)[1] ist die Vignette u.a. vor der Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes ordnungsgemäß – insbesondere unter Verwendung des originären Vignettenklebers – anzubringen. Jede andere Art der Anbringung (z.B. durch [zusätzliche] Klebestreifen, andere Arten von
Fixierungen oder ein Überkleben der Vignette mit einer zusätzlichen Schutzfolie) ist nicht gestattet und verwirkt den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung; Zehntagesvignetten und Zweimonatsvignetten sind nur dann gültig, wenn sie durch ordnungsmäßige, vollständige Lochung des Kalendertages und ‑monats entwertet wurden; die Vignette für mehrspurige Fahrzeuge ist – nach vollständigem Ablösen von der Trägerfolie – unbeschädigt und direkt so auf die Innenseite der Windschutzscheibe anzukleben, dass sie von außen gut sicht- und kontrollierbar ist (z.B. kein Ankleben hinter einem dunklen Tönungsstreifen); jede Nichtbeachtung der Anbringungsvorschriften (z.B. nicht vollständiges Ablösen von der Trägerfolie oder nicht vollständige Anbringung der Vignette) führt ebenso zum Verlust des Nachweises der ordnungsgemäßen Mautentrichtung wie das Ablösen und Umkleben einer bereits geklebten gültigen Vignette, jede andere als in der MautO zugelassene Mehrfachverwendung der Vignette oder auch die chemische oder die technische Manipulation des originären Vignettenklebers derart, dass bei Ablösen der Vignette deren Selbstzerstörungseffekt verhindert wird.

 

2.1. Im gegenständlichen Fall wurde der Rechtsmittelwerber beim Lenken eines Kraftfahrzeuges mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 t auf der Autobahn A 1 betreten. Dies wird von ihm selbst gar nicht in Abrede gestellt und Gleiches ergibt sich auch aus der Anzeige der ASFINAG vom 27. Jänner 2015, Zl. 770222015090416170946, aus der hervorgeht, dass die Übertretung durch ein auf der Autobahn A 1 installiertes automatisches Überwachungssystem festgestellt wurde.

 

In Würdigung dieser Umstände ist es daher als erwiesen anzusehen, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt mit einem KFZ, das – allseits unbestritten – ein höchstzulässiges Gesamtgewicht von weniger als 3,5 t aufwies, die Autobahn A 1 benutzt hat (siehe dazu bereits oben, I.).

 

2.2. Die Autobahn A 1 zählt nach Teil A, Pkt. 2.1 (Seite 8), der auf § 14 BStMG basierenden MautO zum Tatzeitpunkt (4. September 2015) zu den mautpflichtigen Bundesstraßen.

 

Der Rechtsmittelwerber war daher nach § 10 erster Satz BStMG dazu verpflichtet, für die Benützung der A 1 mit seinem ein nicht über 3,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht aufweisenden KFZ eine zeitabhängige Maut zu entrichten.

 

2.3. Hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Ordnungsgemäßheit der Mautentrichtung lassen sich dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses keine Konkretisierungsmerkmale entnehmen. In Verbindung mit der Begründung des an gefochtenen Bescheides lässt sich ableiten, dass die belangte Behörde offenbar davon ausgegangen sein dürfte, dass der Beschwerdeführer die Autobahn A 1 zum Vorfallszeitpunkt ohne jegliche Vignette – und nicht bloß mit einer nicht ordnungsgemäß angebrachten Vignette – benützt hat.

 

Dem gegenüber lässt sich den im Zuge der automatischen Überwachung angefertigten, im Akt der belangten Behörde einliegenden Lichtbildern – zumindest im Zweifel zu Gunsten des Rechtsmittelwerbers – entnehmen, dass am 4. September 2015 wohl eine Vignette an der Windschutzscheibe des gegenständlichen KFZ angebracht gewesen sein dürfte; da diese aber zumindest zum Teil auch innerhalb des Tönungsstreifens platziert war, ist sohin objektiv besehen nicht erkennbar, um welche Art von Vignette (Jahresvignette, Zehntagesvignette, .....) es sich hierbei handelte.

 

Im Ergebnis hätte der Beschwerdeführer aber jedenfalls nicht wegen Nichtanbringens, sondern lediglich deshalb bestraft werden dürfen, weil er die Vignette nicht der Mautordnung entsprechend angebracht hatte.

 

3. Daher war der gegenständlichen Beschwerde gemäß § 50 VwGVG insoweit stattzugeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben war.

 

Ob bzw. in welchem Umfang das Verwaltungsstrafverfahren weitergeführt wird, hat die belangte Behörde hingegen im Hinblick auf die derzeit noch offene Verfolgungsverjährungsfrist aus eigenem zu beurteilen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 9 VwGVG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich vorzuschreiben.

 

 

V.

 

Revision an den Verwaltungsgerichtshof

 

 

Eine ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren lediglich eine Geldstrafe von 150 Euro verhängt wurde und keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, da eine Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bzw. des Verwaltungsgerichtshofes zu den im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen weder fehlt noch uneinheitlich ist noch mit der gegenständlichen Entscheidung von dieser abgewichen wird.

 

 


 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

 

 

 

Gegen dieses Erkenntnis kann eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Eine solche Beschwerde ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt abzufassen und einzubringen. Für die Beschwerde ist eine Eingabegebühr von 240 Euro zu entrichten.

 

Gegen dieses Erkenntnis kann innerhalb derselben Frist auch eine außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die durch einen bevollmächtigen Rechtsanwalt abzufassen und beim Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich einzubringen ist; die Eingabegebühr von 240 Euro ist hingegen unmittelbar an den Verwaltungsgerichtshof zu entrichten.

 

 

 

 

 

Verwaltungsgericht des Landes Oberösterreich

 

 

Dr.  G r o f

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



[1] Abrufbar unter http://www2.asfinag.at/web/guest/maut/mautordnung/archiv