LVwG-300768/10/Py/SH

Linz, 03.06.2016

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Drin. Andrea Panny über die Beschwerde des Herrn R. P., x, L., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshaupt­mannschaft Kirchdorf an der Krems vom
11. August 2015, GZ: SanRB96-23-2015, wegen Verwaltungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozial­versicherungs­gesetz (ASVG), nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2016, den

B E S C H L U S S

gefasst:

I. Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungs­ strafverfahren eingestellt.

 

 

II. Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG iVm § 66 Abs. 1 VStG hat der Beschwerdeführer keine Verfahrenskostenbeiträge zu leisten.

 

 

III. Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems (in der Folge: belangte Behörde) vom 11. August 2015, GZ: SanRB96-23-2015, wurde über den Beschwerdeführer (in der Folge: Bf) wegen Verwaltungs­übertretung nach § 111 Abs. 1 Z.1 iVm § 33 Abs. 1 Allge­meines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 56 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 36,50 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

„Sie haben als Verantwortlicher der Firma R. in x, S., zu verantworten, dass die genannte Firma als Dienstgeber nachstehende Person, bei welcher es sich um eine in der Krankenversicherung (vollversicherte) pflichtversicherte Person handelt, am 16.02.2015 um 08:40 Uhr beschäftigt hat, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt bei der Oberöster­reichischen Krankenkasse zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person an­gemeldet wurde. Die genannte Firma wäre als Dienstgeber verpflichtet gewesen, den Beschäftigten vor Arbeitsantritt anzumelden und wurde die Meldung nicht erstattet.

 

Name: J. K., geb. x.

Arbeitsantritt: 01.01.2015.

Beschäftigungsort: x, S.

Tatort: Gemeinde S, S, x.

Tatzeit: 16.02.2015, 08:40 Uhr.“

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrens­ganges zusammengefasst aus, dass die Übertretung aufgrund des schlüssigen und widerspruchsfrei geschilderten Sachverhaltes, wie er von der Finanzpolizei in der Anzeige mitgeteilt wurde, als erwiesen anzusehen ist. Vorerst hatte der Beschuldigte behauptet, dass Herr A. K. die Einschulung von Frau A. übernommen hat, erst nach dem Strafantrag wurde angegeben, dass er nur eine Begleitperson war. Der Erstaussage ist ein höheres Maß an Glaubwürdigkeit beizumessen als einer später getätigten Aussage, da diese meist nur eine Schutzbehauptung dar­stellt.

 

Abschließend legte die belangte Behörde ihre für die Strafbemessung maßgeb­lichen Gründe heran.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 17. August 2015. Darin wird zusammengefasst zum vorliegenden Sachverhalt vorgebracht, dass Herr A. K. zum angeführten Zeitraum nicht beim Bf gearbeitet habe. Er habe weder eine Einschulung durchgeführt noch sonstige Arbeiten zu diesem Zeitpunkt verrichtet.

 

3. Mit Schreiben vom 19. August 2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Landes­verwaltungs­gericht vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akten­einsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. Mai 2016. An dieser nahmen der Bf sowie ein Vertreter der belangten Behörde teil. Als Zeugen wurden Frau R. A. sowie ein an der gegenständlichen Kontrolle beteiligtes Organ der Finanzpolizei einvernommen.

 

4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Am 1. Jänner 2015 begleitete Herr L. A. K. eine Bekannte von ihm, Frau R. A., in den Gewerbebetrieb des Bf, in dem Frau A. als Zimmer­mädchen und Reinigungskraft zu arbeiten beginnen sollte. Herr A. K. und Frau A. kannten sich aus U. und hat er ihr diese Arbeitsmög­lichkeit vermittelt. Arbeitsleistungen in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zum Bf wurden von Herrn L. A. K. an diesem Tag nicht erbracht.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 25. Mai 2016. Zunächst ist auszuführen, dass seitens der anzeigenden Organpartei der belangten Behörde mit Schreiben vom 7. Mai 2015 mitgeteilt wurde, dass der Vorname des lt. Anzeige beschäftigten Dienstnehmers nicht „J.“ lautet. Aus der der Anzeige beiliegenden Dienstnehmer/innenliste des vom Bf vertretenen Unternehmens geht hervor, dass die R. in der Zeit vom 15.7.2013 bis 1.6.2014 Herrn J. A. K. und in der Zeit vom 1.3.2013 bis 31.7.2014 Herrn L. A. K. zur Sozialversicherung gemeldet hatte. Es handelt sich daher offensichtlich um zwei verschiedene Personen und wurde nicht nur der Vorname irrtümlich verwechselt. Da auch die Zeugin A. in der mündlichen Verhandlung bestätigte, dass sie am ersten Arbeitstag von L. als Dolmetscher begleitet wurde, entspricht der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses schon aus diesem Grund nicht dem nunmehr der Entscheidung zugrunde zu legenden Sachverhalt. Zudem bestätigte die Zeugin in der mündlichen Verhandlung vom 25. Mai 2016 die Verantwortung des Bf, wonach Herr L. A. K. an diesem Tag keine Arbeits­tätigkeiten durchführte, sondern sie aufgrund der Sprach­barriere an ihrem ersten Arbeitstag begleitete.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idgF sind in der Kranken-. Unfall- und Pensionsversicherung die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Gemäß § 4 Abs. 2 erster Satz ASVG ist Dienstnehmer im Sinn dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbstständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG, haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Gemäß § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

§ 111 Abs. 2 ASVG besagt: Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

-      mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-      bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirks­verwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs. 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG, der gemäß § 38 VwGVG auch im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Anwendung findet, hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

5.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird dem § 44a Z. 1 VStG dann entsprochen, wenn

     a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahme­verfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

     b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Im Beschwerdeverfahren stellte sich heraus, dass der von der belangten Behörde im gegenständlichen Verfahren erhobene Tatvorwurf nicht den Tatsachen entspricht.

 

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG hat die Behörde von der Ein­leitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsüber­tretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit auf­heben oder ausschließen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

II. Die Entscheidung über die Verfahrenskosten ist in der zitierten Gesetzes­stelle begründet.

 

 

 

 

III. Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diesen Beschluss besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Drin. Andrea Panny