LVwG-300942/22/KLi/TK

Linz, 19.04.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Lidauer über die Beschwerde vom 25. Jänner 2016 des A. S., geb. x, x, O., vertreten durch Mag. T. J., Rechtsanwältin, x, M., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 7. Jänner 2016, GZ.: SV96-120-2014, wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG  wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungs­strafverfahren eingestellt.

 

 

II.      Der Beschwerdeführer hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde noch zu den Kosten des Verfahrens vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu leisten.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 7. Jänner 2016, GZ.: SV96-120-2014, wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe die nachstehend angeführte ausländische Person, für die weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt, noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sei bzw. welche keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot-Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung-Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt-EU“ besessen habe, im angeführten Zeitraum als Bauarbeiter bzw. Bauhilfsarbeiter, somit jedenfalls im Sinne des § 1052 ABGB unentgeltlich in O., x, beschäftigt, obwohl ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen dürfe, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sei oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot-Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt-EU“ besitze:

 

1.   Herrn K. S., geb. x, StA. x.

Beschäftigungszeitraum: zumindest am 5.6.2014

 

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 3 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a AuslBG verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über ihn eine Geldstrafe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 34 Stunden verhängt. Ferner werde der Beschwerdeführer verpflichtet, einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 100 Euro zu leisten.

 

Begründend führte die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrens­ganges und der gesetzlichen Bestimmungen aus, dass der gegenständliche Sachverhalt mit Strafantrag der Finanzpolizei Team 40 mitgeteilt worden sei.

 

Im Zuge einer Kontrolle sei festgestellt worden, dass zwei Arbeiter bei Schotterarbeiten angetroffen worden seien. Es habe sich um M. K. und S. K. gehandelt. Eine gültige Arbeitsbewilligung sei nicht vorgelegen. Der Zeuge K. habe bestätigt, Essen, Trinken und Unterkunft zu erhalten, was von der Zeugin V. S. bestätigt worden sei. Der Zeuge K. sei ohne gültige Arbeitserlaubnis beschäftigt gewesen, somit bestehe der Verdacht eines Verstoßes gegen das AuslBG.

 

Der Einwand des Beschwerdeführers, es hätte ein „Verwandtschaftsdienst“ vorgelegen, sei unzutreffend. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichts­hofes seien als „Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste“, kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden aufgrund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht würden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhielten. Eine derartige spezifische Bindung habe der Beschwerdeführer nicht nachweisen können. Ein bloßer Verweis auf ein Verwandtschaftsverhältnis könne keinesfalls als ausreichend erachtet werden. Ebenso wenig könne von einem „kurzfristigen“ Dienst die Rede sein. Laut Aussagen der Zeugin V. S. habe die Beschäftigung zum Kontrollzeitpunkt bereits mehr als einen Monat angedauert, wobei der genau Beginn nicht mehr festgestellt werden hätte können. Auch das Kriterium der Unentgeltlichkeit sei nicht erfüllt.

 

Bei der Strafbemessung sei einerseits mildernd zu berücksichtigen, dass einschlägige Verwaltungsvorstrafen nicht aufscheinen würden. Als erschwerend sei jedoch das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen zu werten, da der illegal beschäftigte Ausländer nicht zur Sozialversicherung angemeldet worden sei. Folglich würde die Anwendung einer Ermahnung oder das Herabsetzen der Mindeststrafe ausscheiden. Im Hinblick auf die Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei von einem durchschnittlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro ausgegangen worden, weshalb die gesetzliche Mindeststrafe von 1.000 Euro tat- und schuldangemessen erscheine.

 

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Beschwerde vom 25. Jänner 2016, mit welcher das Straferkenntnis dem Grunde und der Höhe nach zur Gänze angefochten wird. Zusammengefasst behauptet der Beschwerdeführer, in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein.

 

Eine Strafbarkeit gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit.a AuslBG würde nicht vorliegen. Als Beschäftigung gelte entsprechend der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 AuslBG die Verwendung eines Ausländers gemäß den lit.a bis e. Der Begriff der „Verwandtschaftshilfe“ sei gesetzlich keiner Regelung unterzogen worden, wodurch grundsätzlich die angeführten Rechtsgrundlagen anzuwenden seien. Allerdings habe sich in der Judikatur die Spruchpraxis manifestiert, dass enge Verwandtschaftsverhältnisse unter gewissen Voraussetzungen nicht als Beschäftigung im Sinn des AuslBG zu subsumieren seien. Dies vor allem vor dem praxisnahen Hintergrund, dass Familien mit Migrationshintergrund oftmals fehlende finanzielle Mittel durch gegenseitige Verwandtschaftshilfe ausgleichen würden und die sozial gewachsene Familienstruktur die Möglichkeit bieten würde, durch gegenseitige Hilfeleistung unter Verwandten fehlende finanzielle Ressourcen kompensieren zu können. So auch im gegenständlichen Fall, wo der Beschwerdeführer ein monatliches Einkommen in Höhe von 1.450 Euro netto erhalte, Sorgepflichten für zwei Kinder im Alter von 6 und 8 Jahren habe und den Hausbaukredit in Höhe von 190.000 Euro und das Landesdarlehen in Höhe von 71.000 Euro bediene.

 

Bereits § 2 Abs. 4 AuslBG lege fest, dass „für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliege, der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend“ sei. Hier gelte es, eine Gesamtbetrachtung anzustellen, wesentlich sei auch das Verwandt­schaftsverhältnis, je enger es sei, desto eher werde man eine Nichtanwendung des AuslBG argumentieren können, zudem werde dadurch auch der Schuldvorwurf relativiert.

 

Die Behörde habe bei ihrer Entscheidungsfindung rein auf den Wortlaut des § 3 AuslBG abgestellt und weder die Ausschlussgründe des § 2 Abs. 2 AuslBG noch die angebotene Judikatur in ihre Überlegungen einbezogen. Beim Zeugen K. handle es sich tatsächlich um den Onkel des Beschwerdeführers, was durch die beiliegenden Dokumente belegt werden könne. Damit liege ein enges Verwandtschaftsverhältnis vor. Bei einer wertenden Gesamtbetrachtung hätte die Behörde erkennen können, dass im gegenständlichen Fall keine gesetzwidrige Beschäftigung eines Ausländers und somit kein Verstoß gegen das AuslBG vorliege.

 

Außerdem sei die Begründung mangelhaft. Entsprechend den Bestimmungen gemäß § 58 Abs. 2 AVG seien Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen werde. In der Begründung gemäß § 60 AVG seien die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Pflicht der Behörde zur Begründung ihrer normativen Anordnung sei eines der wichtigsten Erfordernisse eines rechtstaatlichen Verfahrens. Inhalt und Ausgestaltung der Begründung hätten sich nach der ständigen Judikatur des VwGH am von der Rechtsordnung anerkannten Rechtsschutzinteresse der Partei zu orientieren.

 

Daraus folge zweierlei: Zum einen müsse der Bescheidadressat über die von der Behörde getroffenen Erwägungen, von denen sie sich bei ihrer Entscheidung habe leiten lassen, ausreichend und nachvollziehbar informiert werden, damit er in der Lage sei, sie eventuell zu entkräften und Gegenargumente vorzubringen; zum anderen setze das Wesen der bloß nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts voraus, dass die Behörde hinreichend darlege, von welchem Sachverhalt sie aus welchen Gründen ausgegangen sei und welche rechtlichen Schlussfolgerungen sie zum Spruch des Bescheides bewogen hätten. Eine nicht den Anforderungen des § 60 AVG iVm § 58 Abs. 2 AVG entsprechende Begründung belaste den Bescheid mit einem Verfahrens­mangel.

 

Im vorliegenden Bescheid habe die Behörde ihre Begründung wie folgt dargelegt: Unter der Bezeichnung „Verfahrensgang/Sachverhaltsdarstellung“ sei der Straf­antrag der Finanzpolizei Linz vom 1.8.2014 in vollem Umfang wiedergegeben worden und begründe sich so der Verdacht einer Verwaltungsübertretung. Dem Parteiengehör sei mit der am 27.11.2014 eingelangten Rechtfertigung entsprochen worden und habe die Behörde zusammenfassend die darin gemachten Angaben wiederholt. Unberücksichtigt seien dabei jedoch die vom Beschwerdeführer nach der Verständigung von der Beweisaufnahme gemachten Angaben in seiner Stellungnahme vom 2.2.2015 geblieben, die in der Begründung durch die Behörde keinen Eingang gefunden hätten.

 

Unter dem Punkt „Beweiswürdigung“ habe die Behörde angeführt, dass sich der festgestellte Sachverhalt auf die im Strafantrag der Finanzpolizei übermittelten Erhebungsergebnisse der Kontrolle vom 9.4.2014 stütze, welche durch den Beschwerdeführer im Wesentlichen unbestritten geblieben seien. Dem sei entgegenzuhalten, dass hier der Sachverhaltsdarstellung der Finanzpolizei im Wesentlichen sehr wohl widersprochen worden sei und der Beschwerdeführer unter Berufung auf das bestehende Verwandtschaftsverhältnis von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens und keiner Verwirklichung einer Verwaltungs­übertretung ausgegangen sei. Weiters sei abzuklären, ob sich eine Kontrolle zur fraglichen Zeit tatsächlich ereignet habe oder ob es sich letztlich um einen Schreibfehler der Behörde gehandelt habe und damit richtigerweise die Kontrolle vom 5.6.2014 gemeint gewesen sei.

 

In ihrer unter „Rechtliche Beurteilung“ dargelegten Ansicht führe die Behörde die Gesetzeslage an und beurteile sie den Einwand des Beschwerdeführers – es hätte ein „Verwandtschaftsdienst“ vorgelegen – mit einer auszugsweisen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, worin dieser eine Aussage zu den „Freundschafts- oder Gefälligkeitsdiensten“ getroffen habe. Festzuhalten gelte es hier, dass die als „Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste“ bezeichneten Tätigkeiten vor allem den sogenannten „Pfusch am Bau“ betreffen würden, und sich somit gegen eine vollkommen andere Art von Arbeitnehmern richten würde, deren wesentliches Unterscheidungsmerkmal darin bestehe, dass hier gerade keine verwandt­schaftlichen Beziehungen vorliegen würden. Solche Beschäftigungsverhältnisse würden restriktiver beurteilt und seien dabei andere Maßstäbe anzulegen.

 

Dem gegenständlichen Bescheid könne unter Beachtung der von der Behörde getroffenen Feststellungen keine vom Gesetzgeber und Rechtsprechung geforderte Begründung entnommen werden. Aus Sicht des Beschwerdeführers sei nicht nachvollziehbar, aufgrund welcher Gesamtwertung die Behörde zu ihrer Entscheidung gelange. Obwohl die angebotenen Unterlagen ergeben würden, dass es sich beim Zeugen K. um den leiblichen Onkel des Beschwerde­führers handele und unter diesem Aspekt die Anwendung des AuslBG im gegenständlichen Fall zu verneinen wäre, habe es die Behörde unterlassen, in ihrer Begründung darauf einzugehen. Trotz der langen Verfahrensdauer habe die Behörde lediglich aufgrund des Strafantrages der Finanzpolizei entschieden, Einwände und Rechtfertigungen des Beschwerdeführers seien nicht berücksichtigt worden.

 

Eine Begründung ohne Begründungswert stelle einen Verfahrensmangel dar. Bei sorgfältiger Wertung aller für die Begründung geforderten Umstände wäre die Behörde aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem anderen Ergebnis gekommen. Eine mangelhafte Begründung wie sie im bekämpften Bescheid erfolge, stelle einen Verfahrensmangel dar und belaste den Bescheid mit Rechtswidrigkeit.

 

Ferner sei die Beweiswürdigung mangelhaft. Nach § 37 AVG habe die Behörde von sich aus („von Amts wegen“) im Ermittlungsverfahren den maßgeblichen Sachverhalt in einem Beweisverfahren zu ermitteln („Grundsatz der materiellen Wahrheit“). Dieser Grundsatz besage, dass die Behörde den wirklichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln habe und nicht an das Vorbringen der Parteien gebunden sei. Wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt sei, müsse der volle Beweis über das Vorliegen der für die Entscheidung relevanten Tatsachen erbracht werden. Der volle Beweis gelte dann als erbracht, wenn die Behörde die Gewissheit habe, dass jene Tatsachen vorliegen würden, auf die sie ihre Entscheidung stütze. Dabei handle die Behörde nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung.

 

Die Beweisaufnahme habe durch die Behörde zu erfolgen. Wenn auch die Partei eines Verwaltungsverfahrens, wenn sie ihrer Nähe zur Sache wegen näher am Beweis sei, eine entsprechende Mitwirkungspflicht treffe, so entbinde diese die Behörde nicht davon, von sich aus für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen.

 

Vom Beschwerdeführer seien im Zuge des Parteiengehörs eigene Beweismittel, wie die Einvernahme des Beschwerdeführers, seiner Gattin und die der angehaltenen Personen sowie die Vorlage der beweiskräftigen Geburtsurkunden angeboten worden. Im Zuge ihrer Beweisaufnahme habe die Behörde die angebotenen Beweise in ihre Würdigung nicht einbezogen. Obwohl verfügbar, seien die Einvernahmen des Beschwerdeführers, seiner Ehefrau sowie der Zeugen unterblieben. Die beigeschafften Dokumente, welche ein Verwandt­schaftsverhältnis unzweifelhaft belegen würden, seien nicht berücksichtigt worden. Die Ausführungen in der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 2.2.2015 über das Ergebnis der Beweisaufnahme seien im Verfahren unberück­sichtigt geblieben.

 

Im bekämpften Bescheid habe die Behörde entscheidende Beweismittel nicht in ihre Überlegungen einbezogen. So hätte z.B. unter Umständen die Einvernahme der Beteiligten und die Einsichtnahme in die amtlichen Urkunden ein anderes Gesamtbild ergeben, da zweifelsfrei feststellbar gewesen wäre, dass das angeführte Verwandtschaftsverhältnis tatsächlich gegeben sei. Wenngleich die Behörde nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung entscheide, habe sie  angebotene Beweise in ihren Entscheidungen zu berücksichtigen. Gerade die Einsichtnahme in amtliche Urkunden und die praxisnahe Bewertung der Gesamtsituation hätte zweifellos einen anderen Standpunkt ergeben. Nicht lebensfremd sei die Annahme, dass im Rahmen eines Familienverbandes eine gegenseitige Hilfeleistung und Unterstützung nach den jeweiligen Möglichkeiten erfolge. Dies könne durch Geld- oder Sachleistungen geschehen. Wenn also, wie im gegenständlichen Fall, der Onkel auf der Baustelle des Neffen helfe und so seinen Beitrag leiste, könne daraus nicht zwingend auf eine verbotene Ausländerbeschäftigung geschlossen werden. Die bloße Tätigkeit auf der Baustelle ohne Berücksichtigung der Gesamtsituation sei dafür keinesfalls ein Beweis. Erhebungen zum konkreten Gehalt des Beschäftigungsverhältnisses seien von der Behörde nicht angestellt worden. Alle vom Beschwerdeführer angebotenen Beweise, die seine Behauptungen belegen hätten können, seien nicht in Augenschein genommen bzw. in die Beweiswürdigung einbezogen worden.

 

Der Beschwerdeführer erhebe daher gegen das Straferkenntnis Bescheid­beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich und stelle die Anträge, das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich möge nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung das angefochtene Straferkenntnis der belangten Behörde vom 7.1.2016, GZ. SV96-120/2014, ersatzlos aufheben und das Verfahren einstellen; oder in eventu das angefochtene Straferkenntnis vom 7.1.2016, GZ. SV96-120/2014, aufheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückvereisen; oder in eventu das angefochtene Straferkenntnis vom 7.1.2016, GZ. SV96-120/2014, dahingehend abändern, dass die Strafhöhe herabgesetzt werde und lediglich eine Verwarnung ausgesprochen werde.

 

 

II. Nachfolgender Sachverhalt steht fest:

 

II.1. Der Beschwerdeführer errichtete unter der Adresse in O., x, ein Einfamilienhaus, welches er mittlerweile mit seiner Familie bewohnt. Am 5.6.2014 fand dort eine Kontrolle durch die Finanzpolizei u.a. nach den Bestimmungen des AuslBG statt. Im Zuge der Kontrolle wurde der b. Staatsangehörige S. K. angetroffen.

 

II.2. Der b. Staatsangehörige verrichtete Schalungsarbeiten bzw. Schotterarbeiten auf der Baustelle.

 

Bei der beschäftigten Person handelte es sich um eine ausländische Person, für die weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt noch eine Anzeigebestätigung ausgestellt wurde bzw. welche keine für diese Beschäftigung gültige „Rot-Weiß-Rot-Karte“, „Blaue Karte EU“ oder „Aufenthaltsbewilligung – Künstler“ oder eine „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“, eine „Aufenthaltsberechtigung plus“, einen Befreiungsschein (§ 4c AuslBG) oder einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt EU“ besessen hatte. Inwiefern eine derartige Bewilligung nach dem AuslBG erforderlich gewesen wäre, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung (Punkt V).

 

II.3. Bei S. K. handelt es sich um einen Verwandten des Beschwerdeführers. Er ist der Bruder der Mutter des Beschwerdeführers, also sein Onkel. Nachdem der Zeuge nicht in Österreich sondern in B. wohnhaft ist, besteht nicht ein derart regelmäßiger Kontakt, wie dies der Fall wäre, würde auch er in Österreich wohnen. Die Kontakte sind aber dennoch regelmäßig und finden ca. zweimal im Jahr Besuche statt. Besondere Feste, wie z.B. Hochzeiten, werden gemeinsam gefeiert.

 

Im Zuge seiner Österreichurlaube wohnt der Zeuge regelmäßig bei den Eltern des Beschwerdeführers, weshalb dort im ZMR auch ein Nebenwohnsitz aufgeschienen ist. Wenn der Beschwerdeführer oder seine Eltern den Zeugen besuchen, wohnen sie bei diesem. Wechselseitige Besuche und Urlaube finden regelmäßig statt.

 

Zum Zeitpunkt der Kontrolle befand sich der Zeuge auf Urlaub bei der Familie des Beschwerdeführers und wohnte bei dessen Eltern.

 

II.4. Im Zuge der Baustellentätigkeit hätte der Zeuge nur am Kontrolltag auf der Baustelle aushelfen sollen. Der Beschwerdeführer hatte für diesen Tag eine Betonlieferung bestellt und mussten Schalungsarbeiten fertiggestellt werden. Um den zeitlichen Ablauf sicherzustellen war der Zeuge dazu bereit, seinem Neffen zu helfen.

 

Der Zeuge verrichtete diese Tätigkeit freiwillig. Er erhielt dafür keine Bezahlung; auch eine Unterkunft wurde ihm nicht gewährt, zumal er urlaubsbedingt ohnedies bei den Eltern des Beschwerdeführers wohnte.

 

Dem Zeugen wurden vom Beschwerdeführer keine Weisungen erteilt, wie er die erforderlichen Schotter- bzw. Schalungsarbeiten zu verrichten habe. Zeitliche Vorgaben waren nur dadurch gegeben, dass die Arbeiten bis zur Betonlieferung fertiggestellt werden mussten. Abgesehen von dieser Aushilfstätigkeit am 5.6.2014 waren keine weiteren Arbeiten vorgesehen.

 

Der Onkel des Beschwerdeführers ist außerdem bereits in Pension und körperlich beeinträchtigt, sodass er nicht in der Lage wäre, dauerhaft anstrengende Baustellentätigkeiten zu verrichten.

 

 

III.        Beweiswürdigung:

 

III.1. Die Feststellungen zur Baustelle des Beschwerdeführers, Tatzeit und Tatort ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde, insbesondere aus dem Strafantrag der Finanzpolizei. Diese allgemeinen Daten sind außerdem unbestritten, sodass weitere diesbezügliche Erhebungen unterbleiben konnten. Der Baustellenbetrieb, Zeit und Ort wurden vom Beschwerdeführer ohnehin zugestanden.

 

III.2. Die persönlichen Daten des beschäftigten Ausländers ergeben sich ebenfalls aus dem Akt der belangten Behörde und dem Strafantrag der Finanzpolizei. Inwiefern der beschäftigte Ausländer über eine Bewilligung nach dem AuslBG verfügen hätte müssen, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.

 

III.3. Die Familienverhältnisse zwischen dem Beschwerdeführer und dem beschäftigten Ausländer ergeben sich schon aus dem Akt der belangten Behörde. Von Anbeginn an hat der Beschwerdeführer vorgebracht, dass es sich bei dieser Person um seinen Onkel (den Bruder seiner Mutter) handelt. Er hat diesbezüglich auch Geburtsurkunden vorgelegt.

 

Darüber hinaus wurden in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich sowohl der Beschwerdeführer als auch dessen Vater vernommen. Beide gaben an, dass es sich bei der beschäftigten Person um den Onkel des Beschwerdeführers handelt.

 

III.4. Zum Familienverhältnis und zur Tätigkeit des Ausländers wurden in der öffentlichen mündlichen Verhandlung sowohl der Beschwerdeführer als auch dessen Vater vernommen.

 

Der Beschwerdeführer sagte dazu aus:

Herr K. ist der Bruder meiner Mutter. Nachdem er mein Onkel ist, kenne ich ihn sehr gut. Seinen Geburtstag weiß ich nicht auswendig. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Herr K. war damals, als die Kontrolle stattfand, in Österreich auf Urlaub. Er war bei meinen Eltern auf Besuch. Deshalb war er auch bei meinen Eltern gemeldet; das erklärt auch, warum für Herrn K. ein Nebenwohnsitz bei der Adresse meiner Eltern aufscheint. Ich kann es aber nicht erklären, warum diese Meldeadresse noch aufrecht ist und warum er nicht abgemeldet ist. Das Problem war nämlich damals, dass Herr K. nur 24 Stunden Zeit hatte, um aus Österreich auszureisen. Ich habe ihn damals nach Wien zum Bus gebracht. Wir haben einen guten Kontakt zu Herrn K.. Wenn wir auf Urlaub in B. sind, wohnen wir bei ihm. Wechselseitig wohnt er auch hier bei meinen Eltern, wenn er zu uns nach Österreich kommt. Meine Eltern haben öfters telefonischen Kontakt mit Herrn K., ich rufe ihn nur ab und zu an. Wir feiern auch gemeinsame Feste, wenn es sich ausgeht. Auch zu Hochzeiten werden wir wechselseitig eingeladen. Mit meinen Eltern hat Herr K. einen intensiveren Kontakt als mit mir selber.“ (Protokoll ON 19, Seite 2, Abs. 6).

 

Zur Bezahlung gab der Beschwerdeführer an:

„Zur Bezahlung angesprochen ist es so, dass wir darüber schon geredet haben. Es ist aber nicht so, dass wir hier jeden bezahlen müssten. Es hat auf der Baustelle aber Essen und Trinken gegeben. Eine Unterkunft haben wir nicht zur Verfügung gestellt. Herr K. war bei meinen Eltern untergebracht. Arbeitsanweisungen habe ich eigentlich keine gegeben, weil wir ja nur diese eine Schalung brauchten, wo ich den Beton bestellt hatte.“ (Protokoll ON 19, Seite 3, Abs. 2-3). „Wir helfen uns alle gegenseitig. Es ist egal, ob wir hier in Österreich bauen oder ob jemand in B. baut, sobald Verwandtschaft Zeit hat, wird geholfen. Es muss auch nie etwas bezahlt werden. Ich habe selber auch schon auf Baustellen geholfen. Ich habe damals auch kein Geld dafür bekommen.“

(Protokoll ON 19, Seite 3, Abs. 5).

 

Der Vater des Beschwerdeführers gab dazu an:

„Herr K. ist der Bruder meiner Ehefrau. Wir haben öfters Kontakt, es ist ja ganz normal, dass man sich trifft oder sieht. Ich meine damit, dass wir z.B. wöchentlich miteinander telefonieren oder uns gegenseitig besuchen. Herrn K. besuchen wir in B. ca. zweimal im Jahr, telefonieren tun wir natürlich öfter.“ (Protokoll ON 19, Seite 4, Abs. 5). „Es war nur ausgemacht, dass sie bei einem kleinen Teil helfen. Sie sind auch nicht mehr so in der Lage, ganztägig auf einer Baustelle zu helfen, weil sie in Pension und invalid sind. Sie hätten auch nur einen ganz kleinen Teil bearbeiten und betonieren sollen. Zufällig ist aber gerade zu dieser Zeit die Kontrolle passiert.“ (Protokoll ON 19, Seite 4, Abs. 7).

 

Zur Bezahlung sagte er:

„Nein, wir sind eine Familie und eine Verwandtschaft. Wenn man sich gegenseitig in der Familie hilft, ist nie die Rede von einer Bezahlung.“ (Protokoll ON 19, Seite 4, Abs. 8).

 

Diese Aussagen wurden vom Beschwerdeführer und seinem Vater überein­stimmend geschildert, wobei sein Vater diese Aussagen nach Belehrung über die Wahrheitspflicht ablegte. Die Aussagen des Beschwerdeführers und seines Vaters wirkten aber nicht abgestimmt und vorbereitet. Darüber hinaus ist das Verwandtschaftsverhältnis auch durch die vom Beschwerdeführer vorgelegten Dokumente belegt.

 

Außerdem wurde noch ein weiterer Zeuge befragt, nämlich M. K., welcher ebenfalls auf der Baustelle anwesend war und ebenfalls ein Verwandter des Beschwerdeführers ist. Auch diese unter Wahrheitspflicht abgegebene Aussage fügt sich in das Gesamtbild ein.

 

Dieser sagte aus:

„Es war lediglich ausgemacht, dass wir aushelfen und etwaige Reinigungs- und Vorbereitungsarbeiten machen, nämlich bevor die Betonlieferung kommen hätte sollen. Zeitlich gesehen hätten wir vielleicht nur 4-5 Stunden dort aushelfen sollen. Ich hätte dort nur an zwei Tagen helfen sollen. Es gab dort „Blocks“, die weggeräumt werden hätten sollen. Über Nachfragen gebe ich an, dass es Paletten waren, die zur Seite geräumt werden mussten. Das meinte ich auch mit „Aufräumen“. Die genaue Zeit war aber nicht ausgemacht, wann ich z.B. kommen musste und wann ich wieder gehen konnte, war nicht vorgegeben. Befragt dazu, ob ich eine Bezahlung bekommen hätte, bzw. ob etwas ausgemacht war: Nein. Befragt dazu, ob es ohnehin klar war, dass ich meinem Neffen helfe: Es war nur eine Hilfeleistung, keine Bezahlung.“ (Protokoll ON 19, Seite 5, Abs. 7-10).

 

Zusammengefasst ergab sich für das erkennende Gericht, dass das vom Beschwerdeführer und den Zeugen geschilderte Verwandtschaftsverhältnis den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht und es sich nicht bloß um eine Schutzbehauptung des Beschwerdeführers handelt, um einer Bestrafung zu entgehen. Insbesondere erweckten auch die vernommenen Zeugen nicht den Eindruck auf ihre Zeugenaussagen vorbereitet worden zu sein oder ihre Aussagen im Vorfeld der Verhandlung aufeinander abgestimmt zu haben. Immerhin bestanden in den Details geringfügige Abweichungen, die aber keinen Einfluss darauf haben, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt auf Basis der vorliegenden Beweisergebnisse festgestellt werden konnte.

 

 

IV.         Rechtslage:

 

IV.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AuslBG darf ein Arbeitgeber, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebe­stätigung ausgestellt wurde, oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ oder einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ oder einen Niederlassungsnachweis besitzt.

 

IV.2. Nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG begeht, sofern die Tat nicht in den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c), oder eine Zulassung als Schlüsselkraft (§§ 12 bis 12c) erteilt, noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“ (§ 41a NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Fall der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 bis zu 50.000 Euro.

 

 

V.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat hiezu erwogen:

 

V.1. Typische Merkmale wirtschaftlicher Abhängigkeit (Unselbstständigkeit) sind:

1. die Verrichtung der Tätigkeit nicht in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte des Verpflichteten, sondern in einem Betrieb des Unternehmers;

2. eine gewisse Regelmäßigkeit und längere Dauer der Tätigkeit;

3. die Verpflichtung zur persönlichen Erbringung der geschuldeten Leistung;

4. Beschränkungen der Entscheidungsfreiheit des Verpflichteten hinsichtlich der Verrichtung der Tätigkeit (Weisungsgebundenheit, „stille“ Autorität);

5. die Berichterstattungspflicht;

6. die Arbeit mit Arbeitsmitteln des Unternehmers;

7. das Ausüben der Tätigkeit für einen oder eine geringe Anzahl, nicht aber für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer;

8. die vertragliche Einschränkung der Tätigkeit des Verpflichteten in Bezug auf andere Personen (Unternehmerbindung, Konkurrenzverbot);

9. die Entgeltlichkeit und

10. die Frage, wem die Arbeitsleistung zugutekommt.

(VwGH 18.10.2000, 99/09/0011)

 

Bei der Beurteilung des konkret erhobenen Sachverhaltes geht es nicht darum, dass lückenlos alle rechtlichen und faktischen Merkmale festgestellt sind, sondern darum, die vorhandenen Merkmale zu gewichten und sodann das Gesamtbild daraufhin zu bewerten, ob wirtschaftliche Unselbständigkeit vorliegt oder nicht. Das totale Fehlen des einen oder anderen Merkmales muss dabei nicht entscheidend ins Gewicht fallen. Die vorhandenen Merkmale werden in aller Regel unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Ihre Bewertung erfolgt nach einer Art „beweglichem System“, in dem das unterschiedliche Gewicht beim einzelnen Tatbestandsmerkmale zueinander derart in eine Beziehung zu setzen ist, dass man berücksichtigt, dass eine Art von wechselseitiger Kompensation der einzelnen Gewichte vorgenommen wird. Das bedeutet nichts anderes, als dass das Fehlen wie auch eine schwache Ausprägung des einen oder anderen Merkmales des durch ein besonders stark ausgeprägtes Vorhandensein eines anderen oder mehrerer anderer Merkmale ausgeglichen bzw. überkompensiert werden kann (VwGH 22.02.2006, 2002/09/0187).

 

V.2 Im Hinblick auf den gegenständlichen Fall hat sich ergeben, dass der betroffene Ausländer keine Tätigkeit in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte eines Unternehmers verrichtet hat, sondern auf einer privaten Baustelle des Beschwerdeführers zur Errichtung dessen eigenen Einfamilienhauses tätig war. Die Tätigkeit war außerdem nicht regelmäßig oder auf längere Dauer vorgesehen. Vielmehr hätten an 1-2 Tagen stundenweise (4-5 Stunden) Aushilfstätigkeiten erfolgen sollen.

 

Der betroffene Ausländer erhielt dafür auch keine Bezahlung und war nicht weisungs- oder berichterstattungspflichtig. Zwar könnte man grundsätzlich behaupten, dass einfache Arbeiten wie Aufräumen oder Vorbereitungstätigkeiten keiner besonderen Autorität (stille Autorität) unterliegen würden, allerdings war der Ausländer nicht an Weisungen des Beschwerdeführers gebunden. Im Hinblick auf Entgeltlichkeit wurde vereinbart, dass der Ausländer dem Beschwerdeführer unentgeltlich aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses Hilfe leistet. Der Zeuge verrichtete die Arbeit freiwillig.

 

Unter Zugrundelegung der oben dargestellten objektiven Merkmale ergibt sich insofern, dass diese nicht in einer Form und in einem Ausmaß ausgeprägt sind, dass von einer Beschäftigung im Sinne des AuslBG ausgegangen werden könnte.

 

V.3. Als Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienste sind kurzfristige, freiwillige und unentgeltliche Dienste anzusehen, die vom Leistenden auf Grund spezifischer Bindungen zwischen ihm und dem Leistungsempfänger erbracht werden und die einer Prüfung auf ihre sachliche Rechtfertigung standhalten (vgl. die zum Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom
6. März 2008, Zl. 2007/09/0285, mwN, und vom 14. Jänner 2010,
Zl. 2009/09/0276, sowie auf letzteres Bezug nehmend, das vom 19. Jänner 2011, 2009/08/0062). Für die Abgrenzung zwischen einem Gefälligkeitsdienst und einer Beschäftigung ist eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen. Dabei trifft die Partei – unabhängig von der grundsätzlichen Verpflichtung der Behörde zur amtswegigen Erforschung des für die Entscheidung notwendigen Sachverhaltes und über die oben erwähnte Darlegungspflicht hinaus – eine entsprechende Mitwirkungspflicht, zumal es sich bei den zur Beantwortung der Frage, ob ein Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst vorliegt, maßgeblichen Umständen und Motiven um solche handelt, die zumeist der Privatsphäre der Partei zuzuordnen sind und der Behörde nicht ohne weiteres zur Kenntnis gelangen. Es ist in diesen Fällen daher Sache der Partei, entsprechend konkrete Behauptungen aufzustellen und Beweise anzubieten (vgl. die zum Ausländerbeschäftigungsgesetz ergangenen hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 2010, Zl. 2007/09/0374, und vom 12. Juli 2011, Zl. 2009/09/0101) [
VwGH 12.07.2011, 2009/09/0101 und 19.12.2012, 2012/08/0165].

 

V.4. Gerade ein solcher Freundschafts- oder Gefälligkeitsdienst liegt gegenständlich vor. Der Dienst war nur kurzfristig (1-2 Tage / 4-5 Stunden) vorgesehen. Darüber hinaus waren die Hilfstätigkeiten des Ausländers auch freiwillig, zumal er aufgrund eines verwandtschaftlichen Verhältnisses dazu bereit war, seinem Neffen zu helfen. Daraus resultiert in weiterer Folge auch die Unentgeltlichkeit der von ihm verrichteten Dienste.

 

Im vorliegenden Fall konnten der Beschwerdeführer sowie die vernommenen Zeugen die zwischen ihnen bestehenden verwandtschaftlichen Verhältnisse glaubhaft schildern. Insgesamt kann daher von einer Gefälligkeitsleistung des betroffenen Ausländers ausgegangen werden.

 

V.5. Zusammengefasst liegen daher die Merkmale für eine Beschäftigung im Sinne des AuslBG nicht vor, vielmehr sind jene Merkmale eines familienhaften Gefälligkeitsdienstes erfüllt. In rechtlicher Konsequenz war der Beschwerde daher Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

VI.   Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

VI.1. Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

VI.2. Die Entscheidung steht insbesondere im Einklang mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Freundschafts- und Gefälligkeitsdiensten, wozu auf V.3. verwiesen werden kann. Die diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellungen sind das Ergebnis der durchgeführten Verhandlung und der dortigen Beweis­aufnahme.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Lidauer