LVwG-350221/2/Py/PP

Linz, 20.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr.in Andrea Panny über die Beschwerde der Frau C M, x, gegen den Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Ried im Innkreis vom 2. Februar 2015, GZ: BHRI-2014-87798/18-LAU, betreffend Rückerstattung der gewährten Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs nach dem Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis (in der Folge: belangte Behörde) vom 2. Februar 2016, GZ: BHRI-2014-87798/18-LAU, wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin (in der Folge: Bf) den im Zeitraum 1.4.2014 bis 31.12.2015 entstandenen Überbezug der bedarfs­orientierten Mindestsicherung iHv 6.792,10 Euro binnen 14 Tagen ab Rechtskraft des Bescheides gemäß § 35 Abs. 4 und 8 iVm § 13 Abs. 6 Oö. Mindest­sicherungsgesetz (Oö. BMSG), LBGl. Nr. 74/2011 idgF rückzuerstatten hat.

 

Begründend führt die belangte Behörde unter Wiedergabe der Rechtsgrundlagen zusammengefasst aus, dass die Bf im Zeitraum von 1.4.2014 bis 31.12.2015 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und Wohnbedarfs iHv 8.348,10 Euro bezogen hat. Bei der Berechnung der Mindestsicherung für diesen Zeitraum wurde der Bezug der Notstandshilfe iHv 16,38 Euro/Tag berücksichtigt. Nunmehr wurde der Bf vom Arbeitsmarktservice rückwirkend ab 10.3.2014 ein Übergangsgeld iHv 27,23 Euro/Tag zuerkannt. Sie habe deswegen am 16.12.2015 eine Nachzahlung iHv 6.792,10 Euro erhalten. In diesem Ausmaß sei ein Überbezug entstanden. Da ein Vergleichsversuch nicht zustande kam, hat der Träger der bedarfsorientierten Mindestsicherung nach § 35 Abs. 4 Oö. BMSG einen Antrag auf bescheidmäßige Absprache über die Rückerstattungspflicht gestellt. Eine Aufrollung des entstandenen Überbezugs durch Einbehaltung von Leistungsbestandteilen konnte nicht mehr durchgeführt werden, da zum Stichtag 1.4.2016 die Voraussetzungen für den Anspruch auf Alterspension erfüllt und ab 1.5.2016 kein Anspruch auf Mindestsicherung mehr gegeben war.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 16. Februar 2016. Darin wird zusammengefasst vorgebracht, dass die Rückerstattung gänzlich nachzusehen sei, da die Bf dadurch in ihrer Lebensführung massiv sozial beeinträchtigt werden würde. Die Rückzahlung stelle eine existenzielle Bedrohung dar und gefährde die Bestreitung wesentlicher Lebensinteressen und wäre die Bf nicht mehr in der Lage, mittelfristig ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen, sodass der Erfolg der bisher geleisteten Hilfe gefährdet wäre. Ab 1. April 2014 werde der Bf eine normale Alterspension in der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes für alleinstehende Pensionistinnen gewährt. Die monatlichen Gesamtkosten für die Wohnung belaufen sich auf 600 Euro und habe sie weder Meldepflichten noch sonstige wesentliche Kriterien iSd gesetzlichen Grundlagen über die bedarfsorientierte Mindestsicherung verletzt, weshalb die Stattgebung der Berufung (gemeint: Beschwerde) und Behebung des strittigen Bescheides beantragt wird.

 

3. Mit Schreiben vom 23. Februar 2016 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Landes­verwaltungs­gericht vor, das gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäfts­verteilung zuständige Einzelrichterin berufen ist.

 

4. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akten­einsicht. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 VwGVG abgesehen werden, da die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtsache nicht erwarten lässt und diese weder von der Bf noch von der belangten Behörde beantragt wurde.

 

4.1. Das Oö. Landesverwaltungsgericht geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bf wurde zuletzt mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. April 2013, GZ: SO10-6566574, aufgrund ihres Antrags vom 2.4.2013 Hilfe zur Sicherung des Lebens­unterhaltes und des Wohnbedarfs ab 1. April 2013 in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen in Höhe des Mindeststandards für Personen, die alleinstehend sind, gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 Oö. BMSV zuerkannt und ausge­sprochen, dass als eigenes Einkommen der Pensionsvorschuss anzurechnen ist. In der Folge wurde der Bf im Zeitraum 1. April 2014 bis 31. Dezember 2015 Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs iHv 8.348,10 Euro unter Berücksichtigung der für diesen Zeitraum erfolgten AMS-Leistungen von 16,38 Euro/Tag ausbezahlt.

 

Am 16. Dezember 2015 erhielt die Bf vom Arbeitsmarktservice aufgrund des ab 10. März 2014 rückwirkend zuerkannten Übergangsgeldes iHv 27,23 Euro täglich eine Nachzahlung iHv 6.792,10 Euro überwiesen.

 

Mit Schreiben vom 7. Jänner 2016 stellte der Sozialhilfeverband R bei der belangten Behörde mit dem Hinweis, dass sich die Bf hinsichtlich der Rückerstattungspflicht uneinsichtig zeigt und ein Vergleichsversuch nicht zustande kam, bei der belangten Behörde den Antrag, dass diese mittels Bescheid über die Rückerstattungspflicht absprechen möge. Gegen den daraufhin ergangenen Bescheid vom 2. Februar 2016, GZ: BHRI-2014-87798/18, richtet sich die vorliegende Beschwerde.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und ist in dieser Form unbestritten.

 

5. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 13 Abs. 1 Oö. Mindestsicherungsgesetz – Oö. BMSG, LGBl. Nr. 74/2011 idF LGBl. Nr. 55/2014 erfolgt Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs durch laufende monatliche Geldleistungen (Mindeststandard) soweit keine Hilfe in Form von Sachleistungen in Betracht kommt und auch keine Bedarfsdeckung durch Inanspruchnahme von Hilfe zur Arbeit besteht.

 

Gemäß § 13 Abs. 6 Oö. BMSG kann bei wechselnden Einkommen bzw. Anspruchszeiten sowie bei Vorschussleistungen zum Ausgleich von allfälligen monatlichen Überbezügen eine Aufrollung vorgenommen werden. Dabei darf im Rahmen der monatlichen Auszahlungen maximal ein Betrag in Höhe von 15 % der zuerkannten Mindeststandards einbehalten werden. Davon unberührt bleiben Rückerstattungs- bzw. Kostenersatzansprüche.

 

Gemäß § 35 Abs. 8 Oö. BMSG besteht eine Rückerstattungspflicht auch für Überbezüge iSd § 13 Abs. 6, deren Abrechnung aufgrund der Einstellung der Leistung oder aufgrund der Wertgrenze nicht durch Einbehaltung von Leistungsbestandteilen durchgeführt werden kann.

 

5.2. Die Bestimmung des § 13 Abs. 6 Oö. BMSG sieht vor, dass - insbesondere bei wechselnden Einkommen beispielsweise im Rahmen von Arbeitsverhältnissen oder Maßnahmen der Arbeitslosenversicherung - mittels Aufrollung durch Einbehaltung von monatlichen Leistungsbestandteilen ein Ausgleich zwischen den ausbezahlten Leistungen und dem tatsächlichen Leistungsanspruch hergestellt wird. Den Gesetzesmaterialen ist zu entnehmen, dass damit dem Umstand Rechnung getragen wird, dass durch die Vorauszahlung der bedarfsorientierten Mindestsicherung die monatlichen Leistungen als Akontozahlungen anzusehen sind. Sofern – wie im gegenständlichen Fall – eine Aufrollung des aufgrund nachträglich zuerkannten höheren Leistungen des AMS mangels Weiterbezug der Mindestsicherung nicht möglich ist, sieht § 35 Abs. 8 Oö. BMSG korrespondierend mit § 13 Abs. 6 Oö. BMSG eine Rückerstattungspflicht von Überbezügen vor.

 

Die Regelung des § 35 Abs. 8 iVm § 13 Abs. 6 Oö. BMSG sieht somit vor, dass eine zunächst objektiv zu recht bezogen Leistung später wieder zurückgefordert werden kann (vgl. dazu auch Walter J. Pfeil, Ersatz und Regresspflichten im „sonstigen Sozialrecht“ in „Haftungsrechtliche Probleme im Sozialrecht“, Michaela Windisch-Graetz (Hrsg.), S.30). Das Beschwerdevorbringen, die Bf habe weder Meldepflichten noch sonstige wesentliche Kriterien im Sinn der gesetzlichen Grundlagen über die bedarfsorientierte Mindestsicherung verletzt, geht daher ins Leere, da dieser Umstand keine Voraussetzung für die Rückerstattungspflicht nach § 35 Abs. 8 iVm § 13 Abs. 6 Oö. BMSG bildet.

 

Ergänzend wird jedoch angeführt, dass der Akteninhalt erkennen lässt, dass die Bf die belangte Behörde nicht von sich aus auf die vom AMS erfolgte Nachzahlung vom 16. Dezember 2015 hingewiesen hat. Anlässlich ihrer Vorsprache bei der belangten Behörde am 28. Dezember 2015 legte die Bf eine aktuelle Mietvorschreibung, eine AMS-Bezugsbestätigung für Dezember 2015 und Jänner 2016 sowie einen Kontoauszug Nr. 27 vom 3. Dezember 2015 und einen Kontoauszug Nr. 31 vom 28. Dezember 2015 vor. Zu der aus dem Behördenportal des AMS ersichtlichen Nachzahlung gab die Bf an, dass ihr diese nicht bekannt sei, wobei die Auszahlung offenbar in den Zeitraum fiel, der von den vorgelegten Kontoauszügen nicht erfasst war.

 

Wenn die Bf einwendet, dass die Rückzahlung für sie eine existentielle Bedrohung darstellen würde, so ist dem entgegenzuhalten, dass sich der rückgeforderte Betrag mit der erhaltenen Nachzahlung des AMS deckt. Im Hinblick auf den nunmehrigen Bezug der Alterspension in der Höhe des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende verfügt die Bf unter Berücksichtigung des Anspruchs auf Sonderzahlungen nunmehr über ein Einkommen, das über der Höhe des Mindeststandards als Alleinstehende nach dem Oö. BMSG liegt. Gemäß § 35 Abs. 5 Oö. BMSG kann die Bf zudem die Rückerstattung in angemessenen Teilbeträgen beantragen, wenn ihr dies auf andere Weise nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

 

Da somit der Rückerstattungsbescheid der belangten Behörde zu Recht erfolgte, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

 

II. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr.in Andrea Panny