LVwG-350239/2/GS/PP

Linz, 01.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Gabriele Saxinger über die Beschwerde des Herrn Mag. A K, x, W, gegen den Bescheid der Bezirkshaupt­mannschaft Linz-Land vom 28.4.2016, BHLL-2016-111811/5-SG, betreffend Zurückweisung seines Antrages auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs nach dem Oö. BMSG (Bedarfsorientierte Mindestsicherung)

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.1. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid der Bezirkshauptmann­schaft Linz-Land vom 28.4.2016, BHLL-2016-111811/5-SG, wurde der Antrag des Beschwerdeführers (in der Folge: Bf) vom 15.3.2016 auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs gemäß §§ 27 und 30 Oö. BMSG zurückgewiesen.

 

In der Begründung führt die belangte Behörde dazu aus, dass er mit Schreiben vom 22.3.2016 im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht ersucht worden wäre, die zur Durchführung des Verfahrens erforderlichen Angaben zu machen, Urkunden oder Unterlagen beizubringen:

 

AMS Termin oder Arbeitsunfähigkeitsmeldung, AMS Betreuungsvereinbarung, Gutachten gesundheitlicher Einschränkungen, Arbeitsvertrag der geringfügigen Tätigkeit, Eigenbewerbungen, Nachweise der Selbsterhaltungsfähigkeit.

 

Nachweise für die Selbsterhaltungsfähigkeit zur Gewährung der bedarfs­orientierten Mindestsicherung wären eine abgeschlossene Lehre/Berufs­ausbildung und Lohnzettel über einen Zeitraum von mindestens durchgehend sechs Monaten, in denen die Höhe der Mindestpension inkl. Sonderzahlung erwirtschaftet worden wären. Sei die Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben, wären die Eltern unterhaltspflichtig und sei dieser Unterhalt einzuklagen oder mittels Unterhaltsvereinbarung zu regeln. Eine bereits erlangte Selbst­erhaltungsfähigkeit könne aus verschiedenen Gründen auch wieder erlöschen und die Unterhaltspflicht aufleben lassen. Die Verfolgung von Unterhalts­ansprüchen stelle eine Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung einer Leistung der bedarfsorientierten Mindestsicherung dar. Sollte eine private Unterhaltsvereinbarung abgeschlossen werden, sei zu beachten, dass Eltern bis zu 22 % ihres Einkommens unterhaltspflichtig wären. In diesem Schreiben wäre der Bf nachweislich darauf hingewiesen worden, dass die Behörde bei ihrer Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt worden wäre, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen könne. Der Bf würde in der Eigentumswohnung seines Vaters leben. Beim AMS wäre er zur Arbeitssuche vorgemerkt. Rahmen­vereinbarung über fallweise Beschäftigung als Mitarbeiter für M der geringfügigen Beschäftigung wäre vorgelegt worden. Im Schreiben des Vaters wäre die nicht gegebene Selbsterhaltungsfähigkeit bestätigt worden. Die Unterstützung der Eltern bestehe darin, dass der Bf die Wohnung kostenlos bewohnen könne, da er seit drei Jahren nicht mehr bei den Eltern wohne. Lebensmittel und die notwendigen Zahlungen, die das Einkommen des Bf überschreiten, würden übernommen werden.

Da der Bf seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen sei, fehle für seinen Antrag die Entscheidungsgrundlage. Er wäre aufgefordert worden, Nachweise der Selbsterhaltungsfähigkeit vorzulegen und in weiterer Folge den Unterhalt zu regeln. Dieser Aufforderung wäre der Bf nicht nachgekommen.

 

I.2. Dagegen richtet sich die vom Bf mit Schreiben vom 19.5.2016 rechtzeitig erhobene Beschwerde (fälschlicherweise als Berufung bezeichnet), in der der Bf zusammengefasst ausführt, dass er die Vertreterin der belangten Behörde in den Antwort-E-Mails gebeten hätte, ihm Bescheid zu geben, sollte noch ein Dokument fehlen. Er wäre trotz Nachfrage nicht informiert worden, was mit dem „Nachweis der Selbsterhaltungsfähigkeit“ gemeint sei. Auch das AMS könne ihm nicht sagen, was hier verlangt werde. Die belangte Behörde würde vom Bf einen Beweis verlangen, der ihm den Anspruch auf die bedarfsorientierte Mindest­sicherung abspreche. Da er das nicht liefern hätte können (wenn er selbsterhaltungsfähig wäre, würde er die Mindestsicherung nicht beantragen) würde ihm ein zurückgewiesener Antrag geschickt werden. Er habe ansonsten alle geforderten Dokumente zukommen lassen (Kontoauszüge, Dokumente des AMS etc.). Er hoffe, dass daraus ersichtlich sei, dass er nicht selbster­haltungsfähig sei. Sollte die belangte Behörde dennoch auf den Nachweis der Selbsterhaltungsfähigkeit beharren, bitte er, ihm klar mitzuteilen, was sie genau damit meine.

 

I.3. Mit Schreiben vom 25.5.2016 legte die Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsakt dem Landesverwaltungsgericht vor, in der die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt wurde. Weiters wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Schreiben des Vaters die nicht gegebene Selbsterhaltungsfähigkeit bestätigt worden sei. Die Unterstützung der Eltern bestehe darin, dass  der Bf die Wohnung kostenlos bewohnen könne, da er seit 3 Jahren nicht mehr bei den Eltern wohne. Lebensmittel und die notwendigen Zahlungen, die sein Einkommen überschreiten, würden übernommen werden. Im Mitwirkungsauftrag vom 22.3.2016 wäre der Bf aufgefordert worden, bei fehlender Selbsterhaltungsfähigkeit den Unterhalt einzuklagen oder mittels Unterhaltsvereinbarung zu regeln, wobei der Unterhaltsanspruch bis zu 22 % des Einkommens der Eltern betrage. Eingereicht worden wäre lediglich eine Privatvereinbarung ohne Angaben zur Höhe des Unterhaltsanspruches bzw. Angaben zur Einkommenssituation der Eltern. Es wurde auch auf die Entscheidung des LVwG-350191/2/GS/FE vom 7.1.2016 verwiesen. Aufgrund der fehlenden Nachweise zum Unterhaltsanspruch hätte das Einkommen bzw. die Gegebenheit einer sozialen Notlage nicht festgestellt werden können, der Antrag wäre daher zurückzuweisen gewesen.   

 

Das LVwG ist gemäß § 2 VwGVG zur Entscheidung durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin berufen.

 

I.4. Das Landesverwaltungsgericht hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfallen, da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

 

 

II. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Am 15.3.2016 stellte der Bf A M K, geb. x, einen Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfs nach dem Oö. BMSG.

 

Seitens der Behörde wurde der Bf mit Schreiben vom 22.3.2016  unter anderem  aufgefordert, bis längstens 19.4.2016 Nachweise der Selbsterhaltungsfähigkeit zu erbringen. Näher wird dazu ausgeführt, dass Nachweise für diese Selbsterhaltungsfähigkeit zur Gewährung der bedarfsorientierten Mindest­sicherung eine abgeschlossene Lehre/Berufsausbildung und Lohnzettel über einen Zeitraum von mindestens durchgehend 6 Monaten, in denen die Höhe der Mindestpension inklusive Sonderzahlungen (derzeit monatlich 837,76 Euro netto x 14) erwirtschaftet wurde. Ist die Selbsterhaltungsfähigkeit nicht gegeben, sind die Eltern unterhaltspflichtig und ist dieser Unterhalt einzuklagen oder mittels Unterhaltsvereinbarung zu regeln. Eine bereits erlangte Selbsterhaltungs­fähigkeit kann aus verschiedenen Gründen auch wieder erlöschen und die Unterhaltspflicht aufleben lassen. Die Verfolgung von Unterhaltsansprüchen stellt eine Anspruchsvoraussetzung für die Gewährung einer Leistung der bedarfs­orientierten Mindestsicherung dar. Sollte eine private Unterhaltsvereinbarung abgeschlossen werden, ist zu beachten, dass Eltern bis zu 22 % ihres Einkommens (abhängig von weiteren Sorgepflichten) unterhaltspflichtig sind.

 

 

Am 19.4.2016 langte dazu eine Stellungnahme des Vaters Mag. H K ein, in der Folgendes angeführt ist:

„- A hat ein abgeschlossenes Studium, aufgrund der derzeitigen Situation am Arbeitsmarkt ist es sehr schwierig, eine adäquate Anstellung zu bekommen

- A wohnt über 3 Jahre nicht mehr im Elternhaus, sondern wie bereits bekannt in meinem Elternhaus und bewohnt dort die Wohnung 1 in der x, W

- Die Wohnung ist in meinem Eigentum und er bewohnt diese kostenlos

- Die Selbsterhaltungsfähigkeit meines Sohnes ist natürlich mit der derzeitigen Beschäftigung und Einkommen nicht gegeben, sonst wäre die Notwendigkeit der Mindestsicherung und der damit verbundene Antrag erst gar nicht gegeben

- Die Unterstützung der Eltern besteht darin, dass er die Wohnung kostenlos bewohnen kann und wir ihn soweit mit den nötigen Lebensmittel usw und den notwendigen Zahlungen, die sein Einkommen überschreiten, unter­stützen.

- Thema GIS: A bezieht keine Unterstützung vom AMS bzw. bezieht (noch) keine Mindestsicherung: daher ist keine Befreiung möglich, dh die Eltern müssen den Beitrag zahlen; würde er eine Mindestsicherung beziehen, wäre er befreit (wie sinnvoll ist das???)

 

Bezeichnen Sie die letzten Absätze als Unterhaltsvereinbarung.“

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Bf zurück­gewiesen. In der Begründung des zurückweisenden Bescheides führt die belangte Behörde aus, dass der gegenständliche Antrag des Bf aus dem Grund zurückgewiesen wurde, weil dieser seiner Mitwirkungspflicht nicht nachge­kommen ist, fehle für den Antrag die Entscheidungsgrundlage. Der Bf wurde aufgefordert, Nachweise der Selbsterhaltungsfähigkeit vorzulegen und in weiterer Folge den Unterhalt zu regeln. Dieser Aufforderung ist er nicht nachgekommen.

 

 

III. Beweiswürdigung:

 

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und ist unstrittig.

 

 

IV. Das Oö. Landesverwaltungsgericht hat rechtlich erwogen:

 

Zunächst ist auszuführen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Ver­waltungsgerichtshofes aufgrund der Zurückweisung des Antrages durch die belangte Behörde „Sache“ des Beschwerdeverfahrens nur die Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung ist (vgl. VwGH vom 29. April 2010, Zl. 2008/21/0302). Im Beschluss vom 17. Dezember 2014, Ra 2014/03/0049, führt der Verwaltungs­gerichtshof dazu zu den Verfahrensbestimmungen vor den Verwaltungsgerichten aus, dass „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG – ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfangs – jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat, ist. Wenngleich § 66 Abs. 4 AVG einerseits und § 28 Abs. 2 und Abs. 3 VwGVG andererseits unter jeweils verschiedenen Tatbestandsvoraussetzungen eine Pflicht zur Entscheidung „in der Sache selbst“ normiert, ist das Verständnis dessen, was unter „Sache des Verfahrens“ zu verstehen ist, unverändert geblieben. Hat die Behörde einen Antrag zurückgewiesen, dann ist „Sache“ sowohl eines Berufungsverfahrens vor einer im administrativen Instanzenzug übergeordneten Berufungsbehörde als auch eines Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht ausschließlich die „Rechtmäßigkeit der Zurückweisung“ (vgl. VwGH v. 18.12.2014, Ra 2014/07/ 0002). Nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist daher die Prüfung, ob dem Bf bedarfsorientierte Mindestsicherung zu gewähren ist oder nicht.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG), LGBl. 74/2011 idgF setzt die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung einen vorherigen Antrag voraus. Sie ist auch ohne Antrag anzubieten, wenn Umstände bekannt werden, die eine Hilfeleistung erforderlich machen.

 

Gemäß § 28 Abs. 5 leg.cit sind im Antrag auf bedarfsorientierte Mindestsicherung folgende Angaben zu machen und durch entsprechende Nachweise zu belegen:

 

1.   zur Person und Familien- bzw. Haushaltssituation;

2.   aktuelle Einkommens- und Vermögenssituation;

3.   Wohnsituation;

4.   zum Daueraufenthalt gemäß § 4 Abs. 1 Z 2, soweit die fremdenrechtlichen Vorschriften Dokumente zu dessen Nachweis vorsehen.

 

Sofern diesbezüglich erforderliche Unterlagen nicht vorgelegt werden, kommt
§ 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) zur Anwen­dung.

 

 Gemäß § 30 Abs. 1 Oö. BMSG ist die hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) verpflichtet, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts mitzuwirken. Im Rah­men der Mitwirkungspflicht sind insbesondere die zur Durchführung des Verfahrens erforderlichen Angaben zu machen, erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen und erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen.

 

§ 30 Abs. 2 Oö. BMSG lautet:

Kommt eine hilfesuchende Person (ihr gesetzlicher Vertreter) ihrer Mitwirkungs-pflicht in­nerhalb angemessener Frist nicht nach, kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zugrunde legen oder bei mangelnder Entscheidungsgrundlage den Antrag zurückweisen. Voraussetzung da­für ist, dass die hilfesuchende Person oder ihr Vertreter nachweislich auf die Folgen ei­ner unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist (§ 30 Abs. 2 Oö BMSG).

...

Abs. 5 leg.cit legt fest, dass für die Mitwirkung eine angemessene Frist, die mindestens eine Woche betragen muss, zu setzen ist. Im Mitwirkungsersuchen sind jene Tatsachen, über die Auskunft verlangt wird, im Einzelnen zu bezeichnen.

 

 

Nach § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unver­züglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

 

Bei den von dieser Bestimmung umfassten materiellen oder formellen Mängeln handelt es sich um das Fehlen von für die Partei erkennbaren Anforderungen an ein  vollständiges und fehlerfreies Anbringen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG-Kommentar Rz 27 zu § 13 und die dort angeführten Judikaturbeispiele). Von der­artigen Mängeln iSd § 13 Abs. 3 AVG zu unterscheiden ist das zur meritorischen Erledigung eines Antrages durch seine Abweisung führende Fehlen einer Erfolgsvoraussetzung (vgl. VwGH vom 22. Oktober 2001, 2001/19/0089). Als derartige Erfolgsvoraussetzung hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 29. April 2010, Zl. 2008/21/0302, die Vorlage von Urkunden zum Nachweis des gesicherten Lebensunterhaltes eines Niederlassungswerbers qualifiziert, wenn im Gesetz lediglich beispielhaft und nicht ausreichend konkret aufgezählt ist, welche Nachweise dafür zu erbringen sind. Weiters im Erkenntnis vom
23. Februar 2011, 2008/11/0033, die Vorlage von Unterlagen zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für Kammerbeiträge, wenn im Gesetz nur geregelt ist, auf welcher Grundlage die Beiträge zu bemessen sind und dass der Betreffende an der Ermittlung mitzuwirken hat.

 

In den Materialien zur AVG-Novelle, BGBl. I, Nr. 158/1998 (Erläuterungen des selbständigen Antrags des Verfassungsausschusses 1167 BlgNR. XX. GP, 27) ist zur Abgrenzung von Mängeln iSd § 13 Abs. 3 AVG zu derartigen Erfolgs­voraussetzungen festgehalten, dass „Mängel“, die das Anbringen nicht unzulässig machen, sondern nur seine Erfolgsaussichten beeinträchtigen, durch die Neu­formulierung des Abs. 3 nicht erfasst sind. Die Behörde trifft daher auch keine Verpflichtung, die Partei anzuleiten, ihren Antrag so zu formulieren, dass ihm allenfalls stattgegeben werden kann. Ob eine bestimmte „Mangelhaftigkeit“ eines Anbringens, dessen Zurückweisung oder Abweisung zur Folge hat, ergibt sich nicht aus Abs. 3, sondern aus jenen Rechtsvorschriften, die an das Vorliegen dieses „Mangels“ bestimmte Rechtsfolgen knüpfen.

 

Ob die der belangten Behörde im Rahmen des Mitwirkungsauftrages vorgelegte private Unterhaltsvereinbarung des Vaters des Bf einen (der Verbesserung gem. § 13 Abs. 3 AVG zugänglichen) Mangel des Antrags darstellt oder eine sonstige Unzulänglichkeit, die nicht die Vollständigkeit des Antrages, sondern seine Erfolgsaussichten betrifft, ist somit nach dem Oö. BMSG zu beurteilen.

 

Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist gemäß dessen § 5 das Vorliegen einer „sozialen Notlage“ und die Bereitschaft, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen. Welche Unterlagen zum Nachweis dieser Voraussetzungen vorzulegen sind, wird im Gesetz nicht konkret geregelt. § 30 Abs. 1 Oö. BMSG verpflichtet die hilfe­suchende Person lediglich dazu, an der Feststellung des maßgeblichen Sach­verhaltes mitzuwirken und im Rahmen dieser Mitwirkungspflicht die zur Durch­führung des Verfahrens erforderlichen Angaben zu machen, erforderlichen Urkunden oder Unterlagen beizubringen und erforderlichen Untersuchungen zu ermöglichen. Die Folgen der Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ohne triftigen Grund sind in § 30 Abs. 2 leg.cit ausdrücklich geregelt. Demnach kann die Behörde der Entscheidung über den Leistungsanspruch den Sachverhalt, soweit er festgestellt wurde, zu Grunde legen oder bei mangelnder Entscheidungs­grundlage den Antrag zurückweisen, wenn die hilfesuchende Person ihrer Mitwirkungspflicht innerhalb angemessener Frist nicht nachkommt und auf diese Folgen einer unterlassenen Mitwirkung hingewiesen worden ist.

 

Aus dem maßgeblichen Materiengesetz ergibt sich somit eindeutig, dass es sich bei den von der belangten Behörde vom Bf verlangten Unterlagen nicht um – einem Mängelbehebungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG zugängliche – Voraus­setzung für einen vollständigen Antrag auf Zuerkennung bedarfsorientierter Mindestsicherung handelt, sondern um eine Erfolgsvoraussetzung, bei deren Fehlen der Antrag – mangels Nachweis einer sozialen Notlage – abzuweisen ist. Daran kann der Umstand nichts ändern, dass nach den Erläuterungen der Vorlage der Oberösterreichischen Landesregierung zum Oö. Mindestsicherungs­gesetz Blg 357/2011 zu den Wortprotokollen des Oö. Landtages XXVII. GP, Seite 52, wonach im Antrag unter anderem Angaben über die aktuelle Einkommens- und Vermögenssituation zu machen und durch entsprechende Nachweise zu belegen sind und bei Unterlassung der Vorlage derartiger Urkunden nach § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen ist, lediglich „klargestellt“ wird, welche Unterlagen bei der Antragstellung beizubringen sind, bei deren Fehlen mit Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen ist (vgl. VwGH vom 22.10.2013, 2012/10/0213).

 

Der gegenständliche Zurückweisungsbescheid war daher zu beheben und hat die belangte Behörde eine inhaltliche Entscheidung über den vom Bf gestellten Antrag auf Zuerkennung bedarfsorientierter Mindestsicherung zu treffen.

 

Zur Unterhaltsleistung wird Folgendes angemerkt:

Die Verfolgung von Ansprüchen gegen Dritte stellt einen Fall der Bemühungs­pflicht des § 7 Oö. BMSG dar. Die Unterhaltspflicht durch die Eltern ist ein solcher Anspruch. Die Frage, ob Unterhaltsansprüche bestehen und ausreichend verfolgt werden, hat gemäß § 7 Abs. 2 Z 3 Oö. BMSG unmittelbar Auswirkungen auf die Höhe der beantragten Mindestsicherung und muss daher vor Entscheidung über den Antrag auf Mindestsicherung geklärt werden (vgl.LVwG-350191/2/GS/FE vom 7.1.2016 und LVwG-350222/2/KLi/TK vom 21.3.2016 mit näheren Ausführungen zur Selbsterhaltungsfähigkeit und Anspruch auf Kindesunterhalt). Zur Klärung eines eventuellen Unterhaltsanspruches gegenüber den Eltern ist daher grundsätzlich eine gerichtliche Verfolgung erforderlich. Andernfalls kann auch auf Verlangen des zuständigen Trägers der bedarfsorientierten Mindest­sicherung der Anspruch diesem zur Rechtsverfolgung  übertragen werden (§ 8 Abs. 4 Oö. BMSG). Die Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung sind  nach § 2 Abs. 5 Oö.BMSG subsidiär.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Gabriele Saxinger