LVwG-150357/8/MK

Linz, 01.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde des Herrn F K, B x, x T, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. M M, L x, x L, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 22.09.2015, GZ. DI-BauR-3023-2010,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, dass neben dem Gst.Nr. x, KG L, nach Teilung auch jener Teil des Gst.Nr. x, KG L, an Herrn F K, B x, x T, rückübereignet wird, welcher im Plan des Magistrates der Stadt Wels, Baudirektion, Dst. Stadt- und Verkehrsplanung, vom 07.09.2015 über den voraussichtlichen „Endausbau J“ als „Straßenbegleitgrün“ ausgewiesen ist.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.            Verfahrenslauf, Sachverhalt:

 

I.1. Mit hg. Beschluss vom 04.03.2015, LVwG-150357/4/MK, wurde in Entsprechung des Erkenntnisses des VwGH vom 24.06.2014, 2011/05/0150, der Beschwerde des Herrn F K, B x, x T, vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. M M, L x, x L (in der Folge: Bf), stattgegeben, der Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels (in der Folge: belangte Behörde) vom 11.04.2011, GZ. DI-BauR-3023-2010, aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen. Diesem Beschluss lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

 

„I. Mit Eingabe vom 07.06.2010 beantragte F K, B x, x T, vertreten durch RA Dr. M M, L x, x L, beim Magistrat der Stadt Wels das schriftliche Angebot der entschädigungsfreien Zurückstellung der in der EZ x, KG x L, inneliegenden Grundstücke x im Ausmaß von 689 m² x im Ausmaß von 229 an den Antragsteller als Eigentümer der Liegenschaft EZ x, KG x L, bestehend aus den Grundstücken x und x, gemäß § 17 Abs.2 Oö. BauO 1994.

Dieser Antrag wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 05.10.2010 mit der Begründung abgewiesen, dass die Voraussetzungen für eine  Zurückstellung nach § 17 Abs.2 Oö. BauO 1994 (Abänderung oder Aufhebung des abtretungskausalen Bebauungsplans bzw. der straßenrechtlichen Verordnung) weder im Zeitpunkt der Grundabtretung im Jahr 1975 noch jetzt vorliegen würden.

Gegen diesen Bescheid brachte der Bf das Rechtsmittel der Berufung ein und führten darin im Wesentlichen aus, dass – auch wenn die Voraussetzungen des § 17 Abs.2 Oö. BauO 1994 objektiv nicht vorliegen würden – nach stRsp des VfGH aber Art. 5 StGG die rückwirkende Beseitigung des (als Enteignung zu wertenden) Grundabtretungsbescheides gebiete, wenn der öffentliche Zweck für die Enteignung weggefallen sei. Dies sei bei beiden Grundstücken der Fall.

Mit Bescheid des Stadtsenates der Stadt Wels vom 11.04.2011 wurde die Berufung abgewiesen und dazu begründend ausgeführt, dass das Gst.Nr. x der Aufschließung des zwischenzeitlich bebauten Gst.Nr. x diene, der Enteignungszweck betreffend das Gst.Nr. x hingegen zwischenzeitlich weggefallen sei. Der Bf sei aber nicht Rechtsnachfolger des seinerzeitigen Abteilungswerbers, sondern lediglich Einzelrechtsnachfolger in Bezug auf die durch die Grundteilung geschaffenen Bauplätze. Es fehle somit die Antragslegitimation.

Mit Bescheid des Amtes der Oö Landesregierung vom 15.06.2011, IKD(BauR)-014339/1-2011-Be/Neu, wurde die gegen den Berufungsbescheid eingebrachte Vorstellung abgewiesen und im Wesentlichen den Argumenten der Berufungsbehörde gefolgt. Ein subjektiv-öffentliches Recht auf rückwirkende Aufhebung eines Enteignungsbescheides stehe nur demjenigen zu, in dessen Eigentumsrecht durch den Enteignungsbescheid eingegriffen worden sei. Dies wäre hier nicht der Fall.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.06.2014, 2011/05/0150, wurde der bekämpfte Vorstellungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Auf der Grundlage der im Verfahren vorgelegten vertraglichen Unterlagen sei sehr wohl von der Rechtsnachfolge des Bf und damit von seiner Antragslegitimation auszugehen, da sich der seinerzeitige Kaufvertrag nicht nur auf die vom Bf erworbenen Bauplätze sondern auch auf die in der Folge ins öffentliche Gut abgetretenen Teilflächen bezogen habe. Es wurde darüber hinaus klargestellt, dass die Rechtsansicht der I. Instanz, die beiden Voraussetzungen des § 17 Abs.2 Oö. BauO 1994 würden nicht vorliegen, zutreffend sei, dass infolge der die im Fall der Enteignung bestehenden Forderungen und Ansprüche nicht abschließend regelnden Bestimmung des § 17 Abs.2 für die darin nicht geregelten Fälle aber Art. 5 StGG unmittelbar anzuwenden sei.

Auf der Grundlage dieser Sach- und Rechtslage hat die Ersatzentscheidung des Landesverwaltungsgerichtes über die nunmehr als Beschwerde zu bewertende Vorstellung des Bf gegen den Berufungsbescheid des Stadtsenates der Stadt Wels zu ergehen.“

 

I.2. In der Folge wurde seitens der belangten Behörde der relevante Sachverhalt dahingehend festgestellt, dass das Gst.Nr. x, KG L, im Endausbau in Form einer asphaltierten Zufahrt zum Objekt J x, eines öffentlicher Geh- und Radweges mit einer Breite von 4 m sowie eines Straßenbegleitgrüns (Verbindung zwischen dem bestehenden Trenngrün im Süden und Norden) als öffentliches Gut bestehen bleiben solle.

 

Das Gst.Nr. x, KG L, für welches weder ein rechtswirksamer Bebauungsplan noch ein straßenrechtlicher Verordnungsplan existieren würde, könne hingegen zur Gänze rückübereignet werden.

 

I.3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.09.2015, GZ. DI-BauR-3230-2010, wurde der Berufung des Bf teilweise stattgegeben und das Gst.Nr. x rückübereignet. Das Gst.Nr. x wurde nicht rückübereignet, weil es als öffentliche Verkehrsfläche benötigt würde. Begründend wurde dazu aus rechtlicher Sicht Folgendes erwogen:

 

„Die Berufung ist aus folgenden Gründen zum Teil begründet:

 

1.         In Bindung an das Erkenntnis des VwGH ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber auf der Grundlage des Art. 5 StGG aktiv legitimiert ist, die Rückübereignung der im Jahr 1975 ist öffentliche Gut (Verkehrsfläche) abgetretenen Grst.Nr. x und x, KG. L, zu begehren.

 

2.         Die Grundstücke x und x KG L sind derzeit im öffentlichen Gut. Lt. Flächenwidmungsplan haben sie die Widmung „Bauland - Betriebsbaugebiet

 

[Anm.: im Original – Auszug aus dem Flächenwidmungsplan]

 

3.         Für das Grundstück x gibt es weder einen rechtskräftigen Bebauungsplan noch einen straßenrechtlichen Verordnungsplan. Die Voraussetzungen nach § 16 Abs 1 BauO liegen nicht mehr vor, sodass dieses Grundstück rückübereignet wird.

 

4.         In der Natur ist der östliche Teil der Parzelle x als Verkehrsfläche geschottert. J Bestandsplan Pkt. 1.

 

In diesem Bereich liegt auch der öffentliche Kanal Bestandsplan Pkt. 2.

 

[Anm.: im Original – Bestandsplan]

 

Im nördlichen Bereich der Parzelle x verläuft ein ca. 2 m breiter Fußweg (sh. Pkt. 3 Bestandsplan). Dieser dient als öffentliche Anbindung zum bestehenden Fuß- und Radweg in der Gemeinde G.

 

Die geschotterte Verkehrsfläche (Pkt. 1 Bestandsplan) dient weiters als Aufschließung für das Objekt J x.

 

[Anm.: im Original – Plan: voraussichtlicher Endausbau (Endausbau J)]

 

Der Bereich des öffentlichen Gutes bis zur Zufahrt des Objektes J x soll zur Gänze asphaltiert werden zuzüglich 2 Stellplätze im öffentlichen Gut. Weiters liegt der bestehende Kanal in Folge im öffentlichen Gut.

 

Entlang der nördlichen Grundgrenze soll ein Geh- und Radweg in einer Breite von 4 m geschaffen werden.

 

Die verbleibende Fläche der Parzelle x soll als Straßenbegleitgrün bepflanzt und als Schutz zwischen Wohn- und Betriebsbaugebiet dienen (Verbindung zwischen bestehendem Trenngrün im Süden und Norden).

 

Gemäß § 16 Abs 1 BauO sind anläßlich der Bewilligung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken die nach Maßgabe

 

1. der Straßenfluchtlinien des Bebauungsplans oder

 

2. der in einem Plan bestimmten Straßengrundgrenzen einer straßenrechtlichen Verordnung gemäß § 11 Abs. 1 dritter Satz des O.ö. Straßengesetzes 1991zu den öffentlichen Verkehrsflächen der Gemeinde fallenden Grundstücke abzutreten.

 

Wie bereits angeführt dient die geschotterte Verkehrsfläche (Pkt. 1 Bestandsplan) als Aufschließung für das Objekt J x. Weiters soll der Bereich des öffentlichen Gutes bis zur Zufahrt des Objektes J x zur Gänze asphaltiert werden zuzüglich 2 Stellplätze im öffentlichen Gut. Auch liegt der bestehende Kanal in Folge im öffentlichen Gut. Entlang der nördlichen Grundgrenze soll ein Geh- und Radweg in einer Breite von 4 m geschaffen werden.

 

Die verbleibende Fläche der Parzelle x soll als Straßenbegleitgrün bepflanzt und als Schutz zwischen Wohn- und Betriebsbaugebiet dienen (Verbindung zwischen bestehendem Trenngrün im Süden und Norden).

 

Das in Rede stehende Grundstück dient daher zweifelsohne als öffentliche Verkehrsfläche iSd § 16 Oö. BauO, sodass eine Rückübereignung nicht erfolgen kann.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

 

I.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig erhobene Beschwerde vom 20.10.2015, bei der belangten Behörde eingelangt am 22.10.2015, in der die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, die Abänderung des angefochtenen Bescheides, dass dem Rückübereignungsantrag zur Gänze stattgegeben werde, in eventu die Aufhebung und neuerliche Zurückverweisung sowie der Kostenersatz beantragt wurden.

Begründend führt der Bf zusammengefasst Folgendes aus:

 

Die antragsgegenständlichen Grundstücke würden – entgegen den Ausführungen im Bescheid – nicht als Verkehrsflächen benötigt. Sie würden am Ende einer Sackgasse liegen, welche unmittelbar in eine unbebaute Fläche münde, weshalb dieser Teil der Sackgasse auch nicht für Zufahrtszwecke benutzt würde. Der Bf sei durch den bekämpften Bescheid in seinem Recht auf vollständige Rückübereignung abgetretener Grundflächen verletzt, wenn infolge des Wegfalls des Enteignungszweckes die betreffenden Grundflächen nicht mehr benötigt würden.

 

Der bekämpfte Bescheid sei daher aus folgenden Gründen rechtswidrig:

 

I.4.1. Im Zusammenhang mit den in der Begründung für die weitere Erforderlichkeit des Gst.Nr. x angeführten Vorhaben (Radweg, Schotterung der Verkehrsfläche) sei dem Bf das Parteiengehör nicht eingeräumt und damit die Möglichkeit genommen worden, entsprechende Einwendungen zu erheben.

 

I.4.2. Der belangten Behörde sei es nicht erlaubt, im Nachhinein Gründe für die Notwendigkeit der Flächeninanspruchnahme zu konstruieren. Der Anspruch auf Rückübereignung bestehe ab dem Wegfall des der Enteignung zu Grunde liegenden damaligen Enteignungszweckes.

 

Der belangten Behörde stünde es frei, im Falle neuer Erforderlichkeiten neue Enteignungsanträge zu stellen. Ein „Nachschießen“ neuer Gründe würde den betroffenen Grundeigentümer hingegen jeglichen Rechtszuges berauben.

 

Im Einzelnen sei den Bescheidausführungen Folgendes entgegenzuhalten:

·                Das Gst.Nr. x würde nicht (mehr) als öffentliche Verkehrsfläche benötigt. Die Aufschließung der nördlich gelegenen Gst.Nr. x, x und x erfolge ausschließlich über das Gemeindegebiet von G im Westen. Die Liegenschaften hätten teilweise auch eine G Adresse.

·                Die Schotterung einer etwa 80 großen Teilfläche erfolgte ca. 35 Jahre nach der Enteignung und Jahre nach der Stellung des Antrages auf Rückübereignung. Im Hinblick auf die Gesamtgröße des Grundstückes (689 m²) sei der Versuch, eine Verkehrsnutzung zu konstruieren, eindeutig erkennbar.

·                Die Errichtung eines Geh- und Radweges sei sachlich nicht gerechtfertigt, da sich 120 m südlich ein Radweg befinde. Darüber sei die angegebene Breite von 4 m nicht erforderlich, da die angrenzenden Fuß- und Radwege eine Breite von lediglich 2 – 3 m aufweisen würden.

·                In keinem anderen Bereich (vgl. Gst.Nr. x, x, x, x, x, x und x sei ein Grundabtreten für den Zweck „Trenngrün“ erfolgt. Die gegenständliche Vorgangsweise widerspreche daher dem Gleichheitsgrundsatz. Dieser Verwendungszweck begründe keine Pflicht zur Abtretung von Grundflächen sondern allenfalls eine Widmungsbeschränkung des im Privateigentum verbleibenden Grundstückes.

 

I.5. Mit Schreiben vom 16.11.2015 legte die belangte Behörde den Verfahrensakt zur Entscheidung vor und gab zum Beschwerdevorbringen zusammengefasst folgende Stellungnahme ab:

 

Bereits in der Bauplatzbewilligung für das im Norden an das Gst.Nr. x unmittelbar angrenzende Gst.Nr. x und dem dieser Bewilligung zu Grunde liegenden Teilungsplan, sei die Aufschließung über das hier in Rede stehende öffentliche Gut vorgesehen. Eine andere Möglichkeit der Aufschließung sei (im Gegensatz den in der Beschwerde angeführten Grundstücken) in diesem Fall nicht möglich. Würde das Gst.Nr. x rückübereignet werden, wäre die in § 6 Oö. BauO 1994 geforderte unmittelbare Anbindung eines Bauplatzes an eine geeignete öffentliche Verkehrsfläche nicht mehr gegeben.

 

 

II.          Beweiswürdigung:

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt. Auf dessen Grundlage konnten weitere Ermittlungsschritte – insbesondere die (weder von der belangten Behörde von den Bf beantragte) Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 VwGVG – unterbleiben, da keine weitere Klärung des Sachverhaltes zu erwarten war.

 

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht fest. Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen.

 

 

III.        Für die Beurteilung der hier relevanten Rechtsfragen sind insbesondere nachstehende Bestimmungen zu berücksichtigen:

 

III.1. In der Sache:

 

Gemäß § 17 Abs. 2 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) ist für den Fall, dass Grundflächen, die für im Bebauungsplan oder in einer straßenrechtlichen Verordnung ausgewiesene öffentliche Verkehrsfläche der Gemeinde abgetreten werden mussten (§ 3 Abs. 3 oder § 16 Abs. 1), infolge einer Änderung oder Aufhebung des Bebauungsplans oder der straßenrechtlichen Verordnung nicht mehr unter diese Widmung fallen, ihre Zurückstellung dem früheren Grundeigentümer oder dessen Rechtsnachfolger schriftlich anzubieten. […] Wurde die Verkehrsfläche noch nicht hergestellt, hat das Angebot innerhalb von sechs Wochen nach Änderung oder Aufhebung des Bebauungsplans oder der straßenrechtlichen Verordnung [...] zu erfolgen.

 

Der Art. 5 des Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger (StGG) normiert, dass das Eigentum unverletzlich ist. Eine Enteignung gegen den Willen des Eigentümers kann nur in den Fällen und in der Art eintreten, welche das Gesetz bestimmt.

 

III.2. Verfahren vor dem Verwaltungsgericht:

 

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den hier angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

 

Gemäß § 24 Abs.4 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. 33/2013, kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art.6 Abs.1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

 

 

IV.         Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat im Rahmen des durch §§ 27 und 9 Abs. 1 Z 3 und Z 4 VwGVG normierten Prüfungsumfangs durch seinen gemäß § 2 VwGVG zuständigen Einzelrichter erwogen:

 

IV.1. Bei einer Grundabtretung nach § 16 Oö. BauO 1994 handelt es sich in der Sache um eine Enteignung (vgl. VwGH vom 27.02.2013, 2010/05/0208), die nur zulässig ist, wenn sie durch das öffentliche Interesse geboten ist (vgl. VwGH vom 27.02.2015, 2013/06/0109). Der Verfassungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit der tatsächlichen Verwirklichung des im Abtretungsbescheid festgehaltenen Verwendungszweckes zwar durchaus längere Zeiträume für unbedenklich befunden, legt aber unmissverständlich klar, dass ein solcher Bescheid – vor dem Hintergrund des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsschutzes (vgl. VwGH vom 27.02.2013, 2010/05/0208) – rechtswidrig wird, wenn der Verwendungszweck – und sei es auch nur teilweise (vgl. VwGH vom 19.09.2006/06/0120) – wegfällt (vgl. VfGH vom 08.10.1997, V172/95, V173/95).

 

In der Eigentumsgarantie des Art. 5 StGG ist (in Ermangelung einer Sonderregelung für Fälle außerhalb des Tatbestandes der Abänderung oder Aufhebung eines Bebauungsplanes oder einer straßenrechtlichen Verordnung nach § 17 Abs. 2 Oö. BauO 1994) auch die Rückgängigmachung der Enteignung für den Fall grundgelegt, das die enteignete Sache dem im Bescheid als Enteignungsgrund genannten öffentlichen Zweck nicht zugeführt wird, sei es, weil dieser Zweck überhaupt nicht, sei es, weil er nicht im ursprünglich beabsichtigten Umfang verwirklicht wird. (vgl. wiederum VwGH vom 27.02.2013, 2010/05/0208). Der Enteignungsbescheid ist aufzuheben (vgl. VwGH vom 25.06.2009/2006/07/0141). Für die Beurteilung des geltend gemachten Rückübereignungsanspruches kommt dem Enteignungszweck also entscheidende Bedeutung zu.

 

IV.2. Aus dem Abtretungsbescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 25.02.1975, MA 11-BauR-3161-1974 Ki/Le, ergibt sich dieser Enteignungszweck aus der lapidaren Formulierung: „Der für öffentliche Verkehrsflächen erforderliche Grund, […]“. Der von der belangten Behörde im bekämpften Bescheid nun angeführte Verwendungszweck „Straßenbegleitgrün“ ist folglich objektiv ein anderer.

 

Dem Beschwerdevorbringen ist in diesem Zusammenhang insoweit beizupflichten, als darin ein „Nachschießen“ weiterer Verwendungsabsichten als unzulässig qualifiziert wird, sofern sich nicht aus dem Enteignungsbescheid ein anderer (weiterer) Zweck ableiten ließe (vgl. VwGH vom 20.05.1998, 96/06/0217).

 

Bei einem „Straßenbegleitgrün“ handelt es sich um eine spezielle Form des „Trenngrüns“, d.h. einer Grünfläche mit besonderer Widmung, die im Wesentlichen aus öffentlichen Interessen, wie der Schaffung von Freiflächen bei Aneinandergrenzen von verschiedenen Widmungskategorien zur Hintanhaltung von Immissionsbeeinträchtigungen, geschaffen wird (vgl. VwGH vom 24.03.2015, 2013/05/0221). Es handelt sich dem Wesen nach um eine Bebauungsbeschränkung, da nur die Errichtung von Bauten und Anlagen zulässig ist, welche die Funktion der Grünfläche nicht beeinträchtigen.

 

Abgesehen davon, dass es sich bei einer funktional zu erhaltenden Grünfläche nicht um den „Grund für eine öffentliche Verkehrsfläche“ handelt, schließen sich die jeweiligen Verwendungszwecke der Flächen geradezu aus. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass (dem oben dargestellten Zweck der Grünfläche als Immissionsschutz entsprechend) ein „Straßenbegleitgrün“ auch nicht als Nebenanlage zu einem Geh- und Radweg  bezeichnet werden kann, sondern eine Abschirmfunktion zwischen den im konkreten Fall aneinandergrenzenden Widmungskategorien „Betriebsbaugebiet“ und „Wohngebiet“ entfalten soll, also anderen Zwecke dient als die Abwicklung bzw. Bewältigung des öffentlichen Verkehrs. Ein Zusammenhang mit einer öffentlichen Verkehrsfläche kann also schon auf Grund dieser Überlegungen nicht unmittelbar hergestellt werden.

 

IV.3. Von entscheidender Bedeutung aber – und auch hier ist dem Beschwerdevorbringen zuzustimmen – ist die Tatsache, dass für Zwecke eines Trenngrüns eine Enteignung tatsächlich nicht erforderlich und daher den restriktiven Kriterien für einen Eigentumseingriff auf Basis des Art. 5 StGG unzulässig ist. An dieser Stelle sei lediglich darauf hingewiesen, dass auch die in unmittelbarer Nähe bereits vorhandenen Grünzüge (zu deren weitgehendem Zusammenschluss die gegenständliche Fläche planmäßig auch dienen soll) nachvollziehbarer Weise nicht in das öffentliche Gut abgetreten wurden.

 

Aus dem vorgelegten Gestaltungsplan des betreffenden Grundstücks ist in Zusammenschau mit den konkreten Verhältnissen im Umfeld zudem zu schließen, dass die nun als Trenngrün ausgewiesene Fläche auch zukünftig nicht mehr als Verkehrsfläche benötigt werden wird, und zwar sowohl für den fließenden als auch für den ruhenden Verkehr. Zum einen wird auch von der belangten Behörde der darin dargestellte Zustand als (zwar „vorläufiger“, dennoch aber als) „End“-Ausbau bezeichnet. Zum anderen wurden in der Zeit seit der Grundabtretung im Jahr 1974 in wesentlichem Umfang von der ursprünglich beabsichtigten Art der Aufschließung abweichende und unter Aufwendung wirtschaftlich vertretbarer Mittel wohl nicht rückgängig zu machende faktische Gegebenheiten geschaffen (bzw. deren Schaffung in Kauf genommen), die eine Nutzung der Trenngrün-Fläche des Gst.Nr. x auch für einen raumplanerisch großzügig bemessenen Zeitraum ausschließen. Im Ergebnis wurde aus einer geschlossenen verkehrstechnischen Aufschließung eine Sackgasse für den mehrspurigen Kraftfahrzeugverkehr und damit – im Sinne der obzitierten Judikatur – der Enteignungszweck teilweise (rechtlich) endgültig nicht verwirklicht.

 

IV.4. Dass ein ins öffentliche Gut abgetretenes Grundstück nur zur Gänze rückübereignet werden könnte, ist weder den gesetzlichen Bestimmungen, noch der stRsp der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zu entnehmen. Im Sinne der obigen Ausführungen ist jener Teil des Gst.Nr. x, welcher als Parkfläche bzw. als Geh- und Radweg nicht benötigt wird, antragsgemäß rückzuübereignen. Die funktionale Herstellung des (raumordnungsfachlich durchaus plausiblen) Straßenbegleitgrüns ist widmungstechnisch herzustellen.

 

 

V.           Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass es sich bei den im bekämpften Bescheid als „Straßenbegleitgrün“ dargestellten Flächen des Gst.Nr. x um keine Verkehrsflächen handelt und der Enteignungszweck dadurch dauerhaft weggefallen ist. Zudem ist für die Herstellung eines „Straßenbegleitgrüns“ eine Enteignung nicht erforderlich. Das betreffende Grundstück ist dem Bf in diesem Ausmaß daher (nach Teilung) teilweise rückzuübereignen.

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger

Beachte:

Das angefochtene Erkenntnis wurde insoweit, als damit der Rückübereignungsantrag des Revisionswerbers abgewiesen worden ist, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

VwGH vom 30. Oktober 2018, Zl.: Ra 2016/05/0108-7