LVwG-350234/4/AL/HG

Linz, 26.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag. Dr. Astrid Lukas über die Beschwerde der A A, x, V, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 15. April 2016, Z BHGMSO-2015-255246/28-MIT, bezüglich der bedarfsorientierten Mindestsicherung betreffend I A, geb. am x (Spruchpunkt I.b)),

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG iVm § 1 Abs. 1 Oö. BMSV, LGBl. Nr. 75/2011 in der Fassung LGBl. Nr. 152/2015, wird der Beschwerde mit der Maßgabe stattgegeben, dass Spruchpunkt I.b) zu lauten hat:

 

"A I, geb. am x

Mindeststandard für volljährige Personen, die in Haushalts­gemeinschaft leben (§ 1 Abs. 1 Z. 3 lit. a Oö. BMSV)"

 

und der Monatsanspruch für I A mit 643,90 Euro festzu­setzen ist.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.              

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmunden (in der Folge: belangte Behörde) vom 15. April 2016, Z BHGMSO-2015-255246/28-MIT, wurde aufgrund eines entsprechenden Antrags vom 6. November 2015 der Beschwerdeführerin (im Folgenden: Bf) und ihrer Tochter I A, geboren am x, ab 1. Mai 2016 eine Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs in Form von laufenden monatlichen Geldleistungen in der Gesamthöhe von 777,68 Euro befristet bis 31. Dezember 2016 zuerkannt.

 

Dieser Betrag ergibt sich laut BMS-Berechnungsblatt wie folgt:

 

Haushaltsgemeinschaft

 

Person 1: A A, geb. x

Mindeststandard ‚Alleinerziehend

Einkommen ‚Sonstige Pensionsleistung‘ (Pflegegeld für Tochter): 346,62 (12 x pro Jahr)

 

Person 2: A I, geb. x

Mindeststandard ‚Kind mit FB‘

 

Wohnaufwand

Monatliche Miete:

633,00

Beihilfen:

200,00

Reduktion Wohnbedarf:

0,00

 

Berechnung

 

Mindeststandard

Einkommen

Person 1:

monatlich 914,00

abzgl. 346,62

Person 2:

monatlich 210,30

abzgl. 0,00

 

 

 

Summe:

monatlich 1124,30

abzgl. 346,62

 

Abzüglich Kürzungsbeträge, monatlich:

Abzgl. Reduktion Wohnbedarf, monatlich: 0,00

 

Monatsanspruch: 777,68

 

Als Rechtsgrundlage für die Bf (Person 1) wird § 1 Abs. 1 Z. 1 Oö. BMSV und für die Tochter der Bf (Person 2) § 1 Abs. 1 Z. 5 lit. a Oö. BMSV angeführt.

 

2. Mit Schreiben vom 28. April 2016 erhob die Bf, die mit Gerichtsbeschluss zur Sachwalterin ihrer Tochter bestellt wurde, fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und führte darin wie folgt aus:

 

"[…] hiermit erhebe ich Beschwerde gegen den Bescheid der Bedarfsorientierten Mindestsicherung vom 15.04.2016 betreffend meiner Tochter I A.

 

Bescheid: BHGM-2015-255246/24-SI

Behörde: BH Gmunden

 

Für die Berechnung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung wird meine Tochter I (Person 2) aufgrund ihrer Krankheit, als Kind mit erhöhter Familienbeihilfe gerechnet.

I ist aber 22 Jahre und es wurde von mehreren Ämtern bestätigt, das[s] I als Volljährig gerechnet werden muss.

 

Mein Anliegen ist daher, das[s] I nicht als Kind gerechnet wird, sondern als Volljährig. […]"

 

Die Beschwerde richtet sich somit ausschließlich gegen die Festsetzung der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs betreffend die Tochter der Bf (sohin Spruchpunkt I.b) des bekämpften Bescheides).

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden legte die Beschwerde samt Verwaltungsakten in Kopie dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich mit Schreiben vom 11. Mai 2016 zur Entscheidung vor. Eine Beschwerdevor­entscheidung wurde nicht erlassen.

 

4. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und das Beschwerde­vorbringen.

 

5. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht bei seiner Entscheidung von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Die Bf, A A, geb. x, ist seit 29. Juni 2015 geschieden und lebt seit 3. November 2015 gemeinsam mit ihrer Tochter, I A, geb. x, in V. Der Vater der gemeinsamen Tochter, K A, geb. x, lebt in W und bezieht seit etwa 20 Jahren Notstandshilfe; Unterhalt für die Tochter kann er aufgrund seiner finanziellen Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung des Unterhaltsexistenzminimums keinen leisten (Beschluss des BG Gmunden vom 21. März 2016, 6 FAM 9/16 a).

 

Die Tochter der Bf ist 22 Jahre alt und hat einen schweren psychomentalen Entwicklungsrückstand mit einem diagnostizierten Gesamtgrad der Behinderung von 100 %. Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit auch auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem integrativen Betrieb ist nicht möglich. Sie kann wegen ihrer Behinderung nicht alleine gelassen werden und benötigt ständige Begleitung. Daher ist es ihrer Mutter auch nicht möglich, einer Arbeit nachzugehen. Bei der beschwerdeführenden Mutter wurde zudem Anfang 2015 ein Aneurysma festgestellt, welches operativ entfernt werden sollte.

 

Die Bf ist gerichtlich bestellte Sachwalterin ihrer Tochter I A und bezieht für diese erhöhte Familienbeihilfe iHv 373,30 Euro pro Monat (inkl. Familienabsetzbetrag) sowie Pflegegeld der Stufe 3 iHv 391,80 Euro pro Monat (451,80 Euro abzüglich 60,- Euro als Anrechnung für die erhöhte Familien­beihilfe). Der Bf wurde mit Schreiben vom 10. Dezember 2015 eine Wohnbeihilfe iHv 200,- Euro vom Land Oberösterreich bewilligt. Das einzige vorhandene Vermögen ist ein Sparbuch der Tochter, über welches auf Grund des gerichtlichen Beschlusses des BG Leopoldstadt vom 22. Juni 2015,
1 P 109/12v – 999, nur mit Genehmigung des Pflegschaftsgerichts verfügt werden kann.

 

 

II.             

Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang und Sachverhalt ergibt sich widerspruchsfrei aus dem vorgelegten Akt.

 

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, sofern durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrages von der Durchführung einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Da der entscheidungswesentliche Sachverhalt bereits nach der Aktenlage hinreichend geklärt war und in der Beschwerde ausschließlich Rechtsfragen aufgeworfen wurden, zu deren Lösung auch im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Eine solche wurde zudem auch nicht beantragt.

 

 

III.            

1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 und Art. 131 Abs. 1 B-VG iVm. § 3 VwGVG ist das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung über die vorliegende Beschwerde zuständig.

 

Dieses hatte gemäß § 2 VwGVG durch den nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter zu entscheiden.

 

Ergänzend ist nochmals festzuhalten, dass sich die Beschwerde ausschließlich gegen die Festsetzung der Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs betreffend die Tochter der Bf (sohin Spruchpunkt I.b) des bekämpften Bescheides) richtet, weshalb auch nur dies Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist.

 

Hinzuweisen ist an dieser Stelle auch auf die Bestimmung des § 28 Abs. 2 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG), LGBl. 74/2011, in der Fassung LGBl. 36/2016, der gemäß die Mutter der Bf im konkreten Fall auch zur Antragstellung für ihre Tochter berechtigt war.

 

2. Gemäß § 4 Abs. 1 Oö. Mindestsicherungsgesetz (Oö. BMSG), LGBl. 74/2011, in der Fassung LGBl. 36/2016, kann, sofern dieses Landesgesetz nicht anderes bestimmt, eine bedarfsorientierte Mindestsicherung nur Personen geleistet werden, die

1.

ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich haben und die Voraussetzungen des § 19 oder des § 19a Meldegesetz, BGBl. Nr. 9/1992, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, erfüllen und

2.    a)

österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger oder deren Familienangehörige,

      b)

Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte,

      c)

EU-/EWR-Bürgerinnen oder -Bürger, Schweizer Staatsangehörige oder deren Familienangehörige, jeweils soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

      d)

Personen mit einem Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt - EG“ oder „Daueraufenthalt - Familienangehörige“ oder mit einem Niederlassungsnachweis oder einer unbefristeten Niederlassungsbewilligung,

      e)

Personen mit einem sonstigen dauernden Aufenthaltsrecht im Inland, soweit sie durch den Bezug dieser Leistungen nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren würden,

sind.

 

Voraussetzung für die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung ist gemäß § 5 Oö. BMSG, dass eine Person im Sinn des § 4

1.    von einer sozialen Notlage (§ 6) betroffen ist und

2.    bereit ist, sich um die Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage zu bemühen (§ 7).

 

Gemäß § 6 Abs. 1 Oö. BMSG liegt eine soziale Notlage bei Personen vor,

1.    die ihren eigenen Lebensunterhalt und Wohnbedarf oder

2.    den Lebensunterhalt und Wohnbedarf von unterhaltsberechtigten Angehörigen, die mit ihnen in Haushaltsgemeinschaft leben,

nicht decken oder im Zusammenhang damit den erforderlichen Schutz bei Krankheit, Schwangerschaft und Entbindung nicht gewährleisten können.

 

Die Leistung bedarfsorientierter Mindestsicherung setzt gemäß § 7 Abs. 1 Oö. BMSG die Bereitschaft der hilfebedürftigen Person voraus, in angemessener, ihr möglicher und zumutbarer Weise zur Abwendung, Milderung bzw. Überwindung der sozialen Notlage sowie gegebenenfalls zur Integration beizutragen. Eine Bemühung ist jedenfalls dann nicht angemessen, wenn sie offenbar aussichtslos wäre.

 

Beim Einsatz der eigenen Mittel dürfen folgende Einkünfte gemäß § 9 Abs. 1 Oö. BMSG nicht berücksichtigt werden:

1.

freiwillige Zuwendungen der freien Wohlfahrtsträger oder Leistungen, die von Dritten ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden, außer diese erreichen ein Ausmaß oder eine Dauer, dass keine Leistungen bedarfsorientierter Mindestsicherung mehr erforderlich wären - es sei denn, es handelt sich bei der Empfängerin oder dem Empfänger dieser Leistungen um eine Person im Sinn des § 4 Abs. 2;

2.

Leistungen nach dem Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (mit Ausnahme von Zuwendungen aus dem Familienhospizkarenz-Härteausgleich) und die im Zusammenhang mit der Familienbeihilfe zuerkannten Kinderabsetzbeträge;

3.

Pflegegeld nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften oder andere pflegebezogene Geldleistungen, die zur Deckung von Aufwendungen für den eigenen Pflegebedarf zuerkannt wurden.

 

Gemäß § 13 Abs. 2 Oö. BMSG hat die Landesregierung mit Verordnung die Höhe der Mindeststandards und die näheren Kriterien zur Zuordnung zu einzelnen Mindeststandardkategorien festzusetzen. Dabei sind gemäß § 13 Abs. 3a Oö. BMSG gesonderte Mindeststandards für volljährige Personen festzusetzen, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z 5 fallen.

 

Diese Mindeststandards wurden mit Verordnung der Oö. Landesregierung, über die Leistungen der bedarfsorientierten Mindestsicherung und den Einsatz der eigenen Mittel (Oö. Mindestsicherungsverordnung - Oö. BMSV) festgesetzt.

 

§ 1 Abs. 1 Oö. BMSV lautet auszugsweise:

Die laufenden monatlichen Geldleistungen (Mindeststandards) zur Sicherung des Lebensunterhalts und des Wohnbedarfs betragen für

1.

alleinstehende oder alleinerziehende Personen

914,00 Euro

2.

alleinstehende oder alleinerziehende volljährige Personen, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht und die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z 5 Oö. BMSG fallen

677,30 Euro

3.

volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben

 

 

a)

pro Person

643,90 Euro

 

b)

ab der dritten leistungsberechtigten volljährigen Person, wenn diese einer anderen Person im gemeinsamen Haushalt gegenüber unterhaltsberechtigt ist oder sein könnte

447,10 Euro

 

c)

ungeachtet der lit. a) und b) pro familienbeihilfebeziehender Person gemäß § 11 Abs. 3. Z 5 Oö. BMSG, wenn diese als Kind Unterhalt bezieht oder beziehen könnte und mit zumindest einem Elternteil im gemeinsamen Haushalt lebt

210,30 Euro

4.

volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z 5 Oö. BMSG fallen

 

 

a)

pro Person, wenn diese mit keinem Elternteil im gemeinsamen Haushalt lebt

407,20 Euro

 

b)

pro Person, wenn diese mit zumindest einem Elternteil im gemeinsamen Haushalt lebt

210,30 Euro

4.

unterhaltsberechtigte minderjährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben,

 

 

a)

für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für die ersten drei minderjährigen Kinder

210,30 Euro

 

b)

für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht ab dem vierten minderjährigen Kind

184,00 Euro

 

b)

für die kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht

447,10 Euro

 

3. Die Bf und deren Tochter sind österreichische Staatsbürgerinnen und haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Land Oberösterreich. Auch die Tochter befindet sich auf Grund der dargestellten Einkommenssituation in einer sozialen Notlage. Das Abwenden der sozialen Notlage ist ihr wegen ihrer Behinderung auch nicht möglich.

 

4. Die belangte Behörde hat für die Tochter der Bf den Mindeststandard gemäß § 1 Abs. 1 Z. 5 lit. a Oö. BMSV für unterhaltsberechtigte minderjährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben und für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, festgesetzt. Die Tochter der Bf ist jedoch 22 Jahre alt und damit bereits volljährig. Die von der belangten Behörde angeführte Anspruchsgrundlage für minderjährige Personen ist daher – wie in der Beschwerde richtig ausgeführt – nicht anzuwenden.

 

5. Zu prüfen bleibt weiters, ob ein Anspruch gemäß § 1 Abs. 1 Z. 4 lit. b Oö. BMSV iHv 210,30 Euro für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, für die ein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, die als Kind Unterhalt beziehen oder beziehen könnten und nicht unter § 11 Abs. 3 Z. 5 Oö. BMSG (Schülerin) fallen, wenn diese zumindest mit einem Elternteil im gemeinsamen Haushalt leben, vorliegt. Dieser Mindeststandard stellt eine Umsetzung gemäß § 13 Abs. 3a Oö. BMSG dar und berücksichtigt bereits, dass die Tochter der Bf volljährig ist.

 

Die Anspruchsgrundlage gemäß § 1 Abs. 1 Z. 4 lit. b Oö. BMSV setzt aber, abgesehen vom Bezug der Familienbeihilfe und dem Zusammenleben mit zumindest einem Elternteil, voraus, dass die Anspruchsberechtigte als Kind Unterhalt bezieht oder beziehen könnte.

 

Die Tochter der Bf bezieht allerdings keinen Unterhalt iS dieser Bestimmung. Sie wohnt getrennt von ihrem Vater mit ihrer Mutter, die ihre Tochter auch pflegt, im gemeinsamen Haushalt. Die Bf – aufgrund ihrer Notlage ebenfalls Mindest­sicherungsbezieherin – hat als gerichtlich bestellte Sachwalterin für ihre Tochter gerichtlich einen Unterhalt des Vaters beantragt, doch wurde dieser mit Beschluss des BG Gmunden vom 21. März 2016, 6 FAM 9/16 a, abgewiesen. Begründend führte das Gericht aus, dass es dem arbeitslosen Vater aufgrund seiner finanziellen Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung des Unterhalts­existenzminimums nicht möglich sei, einen monatlichen Unterhaltsbetrag von 30,- Euro zu leisten. Die Tochter der Bf bezieht daher keinen Unterhalt im engeren Sinn und kann tatsächlich – wie sich aus dem vorliegenden Gerichtsbeschluss eindeutig ergibt – auch keinen beziehen.

Nachdem die Verordnung für die gegenständliche Voraussetzung von der Wendung "Unterhalt bezieht oder beziehen könnte" Gebrauch macht, ist dies auf Grund des Wortlauts sowie aus teleologischer Interpretation nur so auszulegen, dass die Anspruchsberechtigte entweder tatsächlich einen Unterhalt (konkret vom getrennt lebenden Vater) bezieht, oder diesen zumindest beziehen könnte, jedoch den Anspruch nicht geltend macht bzw. gemacht hat. Auf Fälle wie den vorliegenden, in denen auf Grund eines gerichtlichen Beschlusses faktisch keine Möglichkeit besteht, Unterhalt zu beziehen, trifft diese Voraussetzung hingegen nicht zu. Würde es dem Verordnungsgeber nur um die abstrakte Unterhalts­berechtigung gehen, so hätte er als Voraussetzung die Wendung "unterhaltsberechtigt", wie z.B. in § 1 Abs. 1 Z. 3 lit. b Oö. BMSV oder § 1 Abs. 2 Oö. BMSV, vorsehen können. Die Voraussetzung des § 1 Abs. 1 Z. 4 lit. b Oö. BMSV, dass die Tochter der Bf Unterhalt bezieht oder beziehen könnte, ist daher im Rahmen einer Gesamtbetrachtung des konkret vorliegenden Einzelfalles nicht gegeben.

 

6. Zu prüfen bleibt daher in weiterer Folge noch das Vorliegen eines Anspruchs gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 lit. a Oö. BMSV iHv 643,90 Euro für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, pro Person. Wie bereits oben erläutert, ist die Tochter der Bf volljährig und wohnt mit ihrer Mutter, die ebenfalls aufgrund ihrer Notlage Mindestsicherung bezieht, gemeinsam in einer Wohnung. Die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 lit. a Oö. BMSV liegen daher vor.

 

7. Zur Geltendmachung des im Beschluss des Bezirksgerichts Gmunden angegebenen Regelbedarfs ist ergänzend festzuhalten, dass dieser zur Berechnung der Unterhaltsleistung des getrennt lebenden Elternteils herangezogen wird und eine statistische Größe für den durchschnittlichen Bedarf darstellt. Für die Festlegung der bedarfsorientierten Mindestsicherung kann diese Größe zwar ein Anhaltspunkt sein, sie ist jedoch insofern nicht maßgeblich, als dass dieser Wert ohnehin mit dem festgelegten Mindeststandard erreicht werden müsste.

 

8. Insofern ist abschließend festzuhalten, dass für die Tochter der Bf der Mindeststandard gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 lit. a Oö. BMSV zugrunde zu legen ist, welcher für volljährige Personen, die in Haushaltsgemeinschaft leben, pro Person 643,90 Euro pro Monat beträgt.

 

9. Es war also im Ergebnis der Beschwerde mit der Maßgabe stattzugeben, dass die Tochter der Bf den Mindeststandard gemäß § 1 Abs. 1 Z. 3 lit. a Oö. BMSV iHv 643,90 Euro erhält. Es war daher spruchmäßig zu entscheiden.

 

 

IV.          Zulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Recht­sprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungs­gerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landes­verwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Dr. Astrid Lukas