LVwG-550747/10/SE

Linz, 21.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Sigrid Ellmer über die Beschwerde der O U, x, L, vom 23. Dezember 2015, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 3. Dezember 2015, GZ: N10-401-2012-Ak/Eb, betreffend Errichtung der Kleinwasserkraftanlage P an der K N

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.    Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben und der angefochtene Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 3. Dezember 2015, GZ: N10-401-2012-Ak/Eb, aufgehoben.

 

 

II.      Es wird festgestellt, dass durch die Errichtung der Kleinwasser­kraftanlage „P“ auf den Grundstücken Nr. x, x und x, KG und G H, in der 50 m - Uferschutzzone des K, solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, verletzt werden.

 

 

III.   Herr G P, x, H, hat gemäß § 17 VwGVG iVm § 77 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 1 und 3 Abs. 1 der Oö. Landes-Kommissionsgebührenverordnung 2013 - Oö. LKommGebV 2013 einen Betrag von insgesamt 306 Euro zu entrichten.

 

IV.     Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichts­hofgesetz - VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungs­gerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf (kurz: belangte Behörde) vom 3. Dezember 2015, GZ: N10-401-2012-Ak/Eb, wurde unter näher definierten Auflagen, Bedingungen und Befristungen festgestellt, „dass durch die Errichtung der Kleinwasserkraftanlage „P“ auf den Grundstücken Nr. x, x und x, KG und G H, in der Uferschutzzone des K, solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden“.

 

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, dass durch die beantragte Kleinwasserkraftanlage zwar erhebliche Auswirkungen auf den Naturhaushalt und das Landschaftsbild gegeben sind, jedoch die vom Antrag­steller verfolgten Interessen einerseits und das zu beachtende öffentliche Inter­esse des Natur- und Landschaftsschutzes gleichwertig zu gewichten sind. Ein Überwiegen der naturschutzrechtlich geschützten Interessen liege daher nicht vor.

 

Der Beschwerdeführer hat im Wesentlichen folgende Interessen vorgebracht:

·         Energiegewinnung aus Wasserkraft

·         keine Emissionen durch den Betrieb

·         sehr lange Lebensdauer

·         geringster Energieverbrauch bei der Herstellung der Anlagenteile

·         wesentlicher Beitrag (ca. 10 % des G-verbrauchs) zur Unabhängigkeit der G H

·         Substitution von ca. 85 t CO2/Jahr

·         Versorgung der eigenen Wärmeerzeugung über eine Wärmepumpe mit elektrischer Energie, die rund 10.000 kWh im Jahr ausmacht

·         Entlastung von notwendigen Brennstofftransporten auf der Straße

·         Vermeidung von Abfluss heimischer Wertschöpfung der Energieerzeugung

·         Sicherung heimischer Arbeitsplätze durch Beauftragung eines örtlichen Bau­meisters

·         Verwendung für Schauzwecke wie z. B. für Schüler

·         Beitrag zum Vorhaben der Gemeinde H „energieautarke Region P P“

 

Die belangte Behörde hat ihrer Entscheidung das naturschutzfachliche Gutach­ten vom 11. September 2014 zu Grunde gelegt. Es lautet auszugsweise wie folgt:

 

„N a t u r s c h u t z f a c h l i c h e  S t e l l u n g n a h m e

 

[...]

 

Befund:

 

Bei dem geplanten Vorhaben handelt es sich um die Errichtung eines Kleinwasserkraft­werkes als Ausleitungskraftwerk am K, einem rechtsufrigen Zubringer zur oberen S im G-gebiet von H.

 

Hydrographische Kenndaten:

Einzugsgebiet: 2,33 km2

NQt: 13 l/s

MJNQt: 18 l/s

MQ: 85 bis 90 l/s

HQ30: 10,3 m3/s

Ausbau Wassermenge: 70 l/s

Restwasserabgabe: 18 l/s = MJNQT

Bruttofallhöhe: 37,66 m

Turbinenleistung: 21, 89 kW

Jahresregelarbeitsvermögen: 110.000 KWH (0,11 GWh)

 

Die Anlage besteht aus mehreren Teilen, die im Kommenden einzeln beschrieben werden: Das Krafthaus der geplanten Anlage soll oberhalb eine bestehenden Hütte rechtsufrig errichtet werden. Ein Einlaufbauwerk (T) soll ca. 280 m flussaufwärts, die Sohle des T auf 656,80 m ü.A. situiert werden. Dem T nachgelagert ist ein Absetzbecken zur Entfernung von Feinsand. Das Triebwasser wird in eine Druckrohrleitung DN 250 geleitet. Die Druckrohrleitung verläuft anfangs linksufrig, quert dann den Bachverlauf und verläuft schließlich rechtsufrig bis zum Turbinenhaus,. Das Krafthaus hat einen Grundriss von 3 × 4 m. Es besteht im Wesentlichen aus der Turbine, dem Maschinenraum und dem darunter liegenden Auslaufrohr zurück in den K. Es soll eine Peltonturbine eingebaut werden. Die weiteren technischen Details der elektrischen Anlage sind für die naturschutzfachliche Begutachtung nicht relevant. Die Errichtung eines Fischaufstieges ist wegen mangelnder Eignung des Gewässers als Fischlebensraum nicht vorgesehen.

 

Beim K handelt es sich um einen sehr naturnahen bis natürlichen Bachlauf, dessen Gerinnebett ca. 2 m breit ist. Es besteht durchgehend standortgerechtes Ufergehölz, mit vor allem rechtsufrig sumpfigen Bereichen daneben. Rechtsufrig befindet sich ein Stadel mit einem frisch renovierten Einlaufbauwerk ohne Restwasser. Im mittleren Bereich der geplanten Ausleitungsstrecke ist der Graben mit steilen Einhängen relativ tief eingeschnitten. An Einbauten in der Ausleitungsstrecke besteht einmal linksufrig eine wenig professionelle Steinschlichtung aus Rundlingen sowie eine kurze Verrohrung zum Zwecke einer Überfahrt.

 

Es wurde weiters als Projektsbestandteil ein Gutachten der Fa. Tx U P x vorgelegt. Darin werden im Wesentlichen die folgenden Aussagen getroffen:

 

Die Gewässermorphologie wird als stark strukturiert und in Breite und Gefälle stark variabel beschrieben. Entlang des linken Ufers werden vermehrt Ufersicherungen fest­gestellt, die zum Teil schon eingewachsen sind. Beidseitig sind 1- bis 2-reihige, lückige Gehölzstreifen vorhanden. Es treten zahlreiche natürliche Abstürze bei ebenfalls variab­lem Gefälle auf. Auch die Bachbreite variiert beträchtlich. Oberhalb des Projektsgebiets durchfließt dieser eine sehr naturnahe Strecke mit Versumpfungen. Die Fotodokumen­tation zeigt insgesamt einen vielfältigen kleinen Bach mit sehr naturnahen bis natür­lichen Strukturen. Unterhalb des Projektsgebiets ist der K zunächst über landwirtschaftliches Grünland in einem künstlichen Trapezprofil gefasst und dann ver­rohrt. Die Mündung in die S wird als eher naturfern, aber Fisch-passierbar eingestuft.

 

Das Gewässer wird der biozönotischen Region des E zugeordnet, ist aber aufgrund des hohen Gefälles mit vielen Abstürzen nicht als Fischlebensraum geeignet. Die geplante Ausleitungsstrecke wird hydromorphologisch als sehr gut bis gut beschrieben. Die Einteilung in 500 m-Segmente verfälscht das Bild bei oberflächlicher Betrachtung. Im Detail wird aber auch der untere Teil der projektierten Ausleitungsstrecke als weit­gehend natürlich eingestuft.

 

Eine errechnete Restwassermenge im Gutachten von 13 l/s wurde nach oben korrigiert (-> 18 l/s), da im Sommer innerhalb der Ausleitungsstrecke eine geringe Wasserent­nahme zu Bewässerungszwecken vorgenommen werden darf.

 

Gutachten:

 

Im Folgenden wird das Projekt anhand der Kriteriengruppen des Kriterienkatalogs „Wasserkraft aus naturschutzfachlicher Sicht in O“ im Einzelnen behandelt:

 

Tiere:

Der betroffene Landschaftsteil stellt einen gut strukturierten Lebensraum mit vielen Randlinien für zahlreiche, sicherlich auch geschützte Tierarten dar. - Der Bach ist auch als potentieller Lebensraum für den Steinkrebs geeignet, der derzeitige (sehr rudimen­täre) Verbreitungsschwerpunkt des Steinkrebses ist etwas nördlich im Voralpengebiet gelegen.

 

Vegetation/Pflanzenarten/Lebensraumtypen:

Einige Flächen im Umland der Ausleitungsstrecke sind in der Biotopkartierung der Naturschutzabteilung der oö. Landesregierung als wertvolle Flächen ausgewiesen: Es wurde festgestellt, dass sowohl der Bach als auch die Ufergehölze als ökologisch wert­volle Biotopflächen eingestuft wurden. Etwa halbmitt der Ausleitungsstrecke besteht rechtsufrig eine weitere Biotopfläche und zwar in Form einer Quellmulde mit einem ver­brachenden Kalkflachmoor. Hier sind rudimentäre Wollgrasfluren ausgebildet, auch einige Niedermoorpflanzen sind vorhanden.

 

 

Landschaftsbild/Erholungswert:

Das betroffene Gebiet stellt eine wesentliche naturnahe Struktur im ortsnahen Land­schaftsraum um H dar. Der Bach mit seinem Begleitgehölz gliedert das lokale Landschaftsbild. Aufgrund der Ortsnähe ist auch der Erholungswert dieses Bereichs als sehr hoch einzustufen. Auch das Gerinne selbst bietet mit bei Normalwasser ungefähr­lichen Naturstrecken ein hohes Potential für eindrückliche Naturerlebnisse.

 

Gewässercharakteristik:

Es handelt sich über die gesamte Ausleitungsstrecke von ca. 280 lfm Länge um einen sehr naturnahen bis völlig natürlichen Bachlauf mit hohem Gefälle. Daraus resultiert ein besonders mannigfaltig gegliedertes Bachbett mit zahlreichen Strukturen wie steinigen Gefällsstufen, flacheren Abschnitten mit kleinen Verbreiterungen. Kleinräumige Längs­verbauungen in Form von (teils wenig professionellen) Ufersicherungen schränken den Bachlauf bzw. dessen Entwicklung kaum ein und dürften von größeren Hochwässern auch immer wieder beschädigt oder mitgenommen werden.

 

Schutzgebiete:

Es sind weder nationale noch internationale Schutzgebiete betroffen.

 

Interessensabwägung:

Diese obliegt der Behörde. - Eine gewisse Gewichtung des naturschutzfachlichen Werts versus der energiewirtschaftlichen Bedeutung des Kleinkraftwerks wird im Resümee (unten) vorgenommen.

 

Renaturierungspotenzial:

Die wenigen Längsverbauungen sind großteils sehr gering dimensioniert und eher wenig haltbar ausgeführt. Außer im Bereich eines Wohnhauses sind alle diese Verbauungen entbehrlich und könnten jederzeit rückgebaut werden. Das Renaturierungspotenzial wird somit als hoch eingestuft, ist aber nur von geringem Belang.

 

Resümee:

Aus naturschutzfachlicher Sicht wird der K mit seinem Umland als nahezu natürlicher kleiner Bach mit besonders ausgeprägter und landschaftlich reizvoller Vielfalt in Hydromorphologie und Landschaftsbild beurteilt. Diesem ungestörten, dynamischen Bachlauf steht die energiewirtschaftliche Nutzungsvariante mit Herstellung einer 280 m langen Restwasserstrecke gegenüber.

 

Einem 280 m langen Abschnitt des K wird das ganze Jahr über der größte Teil seines Wassers entzogen. Der Eingriff in den Naturhaushalt des Baches und seiner optischen und akustischen Präsenz im Landschaftsbild wird daher als sehr erheblich beurteilt - bei gleichzeitig äußerst geringer energiewirtschaftlicher Ausbeute. Die zu erzielende, ins Netz eingespeiste Energie von durchschnittlich 0,11 GWh pro Jahr hat bezogen auf den Energiebedarf von z.B. O praktisch keine Relevanz. Dennoch büßt der Bach dadurch seinen Charakter als „kleiner Wildbach“ mit vielfältig variierendem Erscheinungs- und Hörbild völlig ein.

 

Auch der Erholungswert des Baches und seiner begleitenden Uferlandschaft ist auf­grund seiner ortsnahen Lage in einem auch Sommer-touristisch gut besuchten Gebiet als sehr hoch zu bewerten.

 

Das Konzept NaLa: Leitbilder für Natur und Landschaft der oö. Landesregierung trifft folgende Aussagen über das Projektsgebiet. Dieses liegt im betroffenen Bereich im Übergangsbereich der beiden Raumeinheiten S- und T und K: In der Raumeinheit S- und T sollen naturnahe Uferstrukturen auch der kleinen Bäche außerhalb der Schluchtstrecken erhalten werden. - Diese sind gerade bei derart kleinen Gerinnen auch besonders abhängig von der Wasserführung des Baches.

 

Zusammenfassend wird das Projekt aus naturschutzfachlicher Sicht demnach negativ beurteilt.

 

[...]“

 

Weiters wurde die ergänzende naturschutzfachliche Stellungnahme vom 9. November 2015 der Entscheidung zu Grunde gelegt. Darin wird auszugs­weise ausgeführt:

 

„Mit Schreiben vom 11.8.2015 ersucht die Behörde um die fachliche Beurteilung, ob die durch die Umsetzung des Projekts verursachten Eingriffe in die naturschutzrechtlich ge­schützten Interessen (im Falle einer Interessenabwägung zugunsten des Antragstellers) durch die Vorschreibung von Nebenbestimmungen minimiert werden können und wenn ja, durch welche. Dazu wird Folgendes festgestellt:

 

Beurteilung:

 

In der vorliegenden „Stellungnahme Naturschutz“ vom Büro Tx U P x vom Juni 2015 werden im Wesentlichen Details des negativen Gutachtens vom 11.9.2014 im Sinne des Antragstellers relativiert. Der Unterschied besteht vorwiegend in der Beurteilung als „wesentliche“ oder „unwesentliche“ Beeinträchtigung. Unwidersprochen bleiben jedoch der Wasserentzug und die dadurch bedingte dauerhafte Veränderung des Bachlaufs als dynamisches System. - Bezüglich der Darstellung des energiewirtschaftlichen Nutzens wird auf den Kriterien-Katalog Wasserkraft verwiesen, der dieses Beurteilungskriterium ausdrücklich vorsieht.

 

Wie im Gutachten vom 11.9.2014 festgestellt, besteht der vorrangig relevante Eingriff in den Bachlauf des K in der Herstellung einer 280 m langen Restwasserstrecke: Dieser Eingriff in den Naturhaushalt kann durch was auch immer für Auflagen im Rahmen des vorliegenden Projekts nicht minimiert werden. An der Wassermenge hängt selbstverständlich auch die optische und akustische Präsenz im Landschaftsbild, die daher ebenfalls durch Nebenbestimmungen nicht verbessert werden kann.

 

Es bleibt der Bau des Kraftwerks, der so umweltschonend wie nur möglich durchgeführt werden müsste, und die Rekultivierung der beeinträchtigten Flächen außerhalb des Bachlaufs: dazu wäre die Erstellung eines ökologischen Begleitprojekts sowie eine öko­logische Bauaufsicht mit Berichts- und Abstimmungspflicht vorzuschreiben.“

 

I. 2. Die „Naturraumkartierung Oberösterreich“ bzw. „Biotopkartierung“ be­schreibt die im Projektgebiet liegenden Bereiche mit den Feldlaufnummern x, x und x wie folgt:

 

159: „Quellmulde mit einem verbrachenden Kalkflachmoor am Waldrand südlich des S. In den tiefsten Bereichen der Quellmulde bzw. des M sind Wollgrasfluren ausgebildet. Großteils ist jedoch Pfeifengras die dominante Pflanzenart. Zahlreiche weitere Niedermoorpflanzen sind, wohl aufgrund der fehlenden Mahd nur in wenigen Exemplaren vorhanden. Am Nordende des Moor befindet sich eine Brunnenfassung.

 

Zwischen dem angrenzenden Wald und dem Niedermoor verläuft ein wenig benutzter Wiesenweg an dessen Böschungen teilweise junge Fichten aufkommen/aufgeforstet wurden, der Weg selbst weist ebenfalls, eine erhaltenswerte, wenn auch gestörte Feuchtvegetation mit reichlich Fettkraut auf.

 

Die Biotopfläche ist insgesamt als hochwertig einzustufen. Der Biotoptyp und die Pflan­zengesellschaft gelten als lokal gefährdet oder selten. Die Quellmulde beherbergt auch Vorkommen von Rote Liste Pflanzenarten.“

 

166: „Eschendominierte bachbegleitende Gehölz, das beidufrig an den Einhängen eines kleinen Kerbtälchens am Ortsrand von H stockt. Es ist ein dichter, hochstaudenreicher Bestand, der die gesamte Breite des Bachtälchens überschirmt, aber durch Wiesenbereiche unterbrochen ist.

 

Die Biotopfläche ist als hochwertig zu beurteilen. Es ist ein naturnahes Kleingehölz und weist mit der Bergulme auch eine Rote Liste Art auf.“

 

409: „Kleiner Bach südwestlich vom S. Der Bach entspringt in einem geschlossenen Waldgebiet mit Hangvernässungen, und fließt dann unverbaut innerhalb einer schmalen, lückigen Gehölzzunge, in einem kleinen Kerbtälchen bis an den Sied­lungsrand an der H. Im Siedlungsbereich ist der Bach verrohrt. Das Bachbett ist etwa 1 bis 3 m breit, die Bachsohle schottrig mit einzelnen größeren Blöcken bis etwa 1m Durchmesser, die wohl teilweise auch zur Sicherung der Ufer eingebracht wurden. Der Wasserfaden ist schmal, zum Kartierungszeitpunkt, Niederwasser, bis etwa 1 m breit. Er fließt rasch über die abgetrennte Bachsohle.

 

Die Biotopfläche ist als erhaltenswert zu beurteilen. Sie zählt zu den bedingt naturnahen Abschnitten von Fließgewässern unabhängig von ihrer Wasserqualität, mit höchstens lo­kalen Einbauten bei nur unwesentlich verändertem Verlauf, mit standortgerechter, aber nur mäßig ausgebildeter Ufervegetation (z. B. lückige, zu schmale Gehölzsäume).“

 

I. 3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde der O U, x, L (im Folgenden: Beschwerdeführerin) vom 23. Dezember 2015, in der zusammengefasst Folgendes ausgeführt wurde:

 

Die belangte Behörde habe sich bei der Interessenabwägung der nicht nachvoll­ziehbaren Argumentation angeschlossen. Es fehle die Auseinandersetzung mit dem geringen Jahresregelarbeitsvermögen, das vom energiewirtschaftlichen Planungsorgan als nicht signifikanter Beitrag zur Deckung des österreichischen Energieverbrauchs beurteilt wurde. Durch die massive Reduktion des Wasser­dargebotes auf einer Strecke von 280 m gehe die elementare Urwüchsigkeit, Dynamik und vor allem das seit Jahrzehnten prägende Landschaftsbild dieses Abschnittes des K vollständig und unwiederbringlich verloren. Im Vergleich zum Status quo werde der K zum Rinnsal degradiert. Die Wasserentnahme auf einer Strecke von 280 m sei nicht „als nicht besonders schwerwiegende zu beurteilen“. Es sei vom konkreten Bach und seiner Charakteristik auszugehen. Durch das Vorhaben werde im überwiegenden Zeitraum des Jahres das Wasserdargebot auf eine Restwassermenge von 20 % reduziert, was keineswegs der natürlichen Wasserdargebotsfluktation und –verteilung ent­spreche. Von „Wildbach-Schwankungen“ könne hier also nicht mehr die Rede sein. Die Qualitätszielverordnung Ökologie sei für Kleinstgewässer unzurei­chend. Es sei naturschutzfachlich festgestellt worden, dass durch Auflagen und Bedingungen die Eingriffe nicht minimiert werden könnten. Selbst der Antrag­steller gehe faktisch von einem hohen privaten Interesse aus. Rein rechnerisch und unter Optimalbedingungen könnten 30 Haushalte mit Strom versorgt werden. Es werde in der gesamten Interessensabwägung in keiner Weise auf den tatsächlichen Eingriff in Naturhaushalt und Landschaftsbild eingegangen. Das von der belangten Behörde eingeholte naturschutzfachliche Gutachten sowie die ergänzende naturschutzfachliche Stellungnahme seien schlüssig und nachvollziehbar.

 

Es wurde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor Ort sowie die Aufhebung des angefochtenen Bescheids beantragt.  

 

I. 4. Mit Vorlageschreiben vom 28. Dezember 2015, eingelangt am 29. Dezember 2015, legte die belangte Behörde die Beschwerde unter An­schluss des gesamten Verfahrensaktes dem Landesverwaltungsgericht Ober­österreich zur Entscheidung vor.

 

Die Zuständigkeit des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich zur Entschei­dungsfindung ergibt sich aus Art. 130 Abs. 1 Z 1 iVm 131 Abs. 1 B-VG iVm § 3 VwGVG. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich entscheidet gemäß Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG iVm § 2 VwGVG durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelrichterin.

 

I. 5. Mit Schreiben vom 5. Jänner 2016 wurde dem Antragsteller Herrn G P, x, H, (kurz: Antragsteller) die Beschwerde übermittelt und ihm gemäß § 10 VwGVG die Möglichkeit gegeben, sich zur Beschwerde zu äußern.

I. 6. In der am 15. Jänner 2016 eingelangten Stellungnahme führte der Antrag­steller im Wesentlichen Folgendes aus:

 

Es werde auf das ausführliche Fachgutachten von Frau Dr. P verwiesen. Im Vorfeld sei von einem Amtssachverständigen der belangten Behörde mitgeteilt worden, dass sich der konkrete Standort eigne, da es ja schon Verbauungen gäbe.

 

Tatsache sei, dass das Projekt wesentlich mehr Wasser ungenutzt im Bachbett belasse als fachlich notwendig wäre, um eine Biozönose nicht wesentlich zu beeinträchtigen. Die Restwassermenge sei höher als in der Fachliteratur für Fischlebensräume empfohlen.

 

Da das Projektgebiet für niemand Fremden einsichtig sei, könne auch kein Erholungsraum beansprucht werden. Der Gebirgsbachcharakter sei nur bei Starkregen gegeben. Die natürlichen Spitzen der Wasserführung blieben auf­recht. Für den Betrachter sei es ohne Messgerät nicht abschätzbar, ob im Bach 30 l/s oder 60 l/s vorhanden seien. Es könne zu keiner optischen Beurteilung zwischen gut, besser oder schlecht kommen.

 

Die Kleinheit der Anlage bewirke, dass sich das Landschaftsbild für einen Betrachter nicht wesentlich verändere. Es bestehen derzeit schon Verbauungen, die künftig zu sanieren sind. Das Umfeld ist nicht von einer Naturlandschaft geprägt, sondern durch eine Bebauung sowohl im Gewässer (unterhalb liegende Wasserkraftanlage) als auch durch umliegende Gebäude. Die Erhaltung des Naturhaushaltes sei durch Vorkehrungen gemäß dem Wasserrechtsgesetz sichergestellt.

 

Die Beurteilung, ob eine Erzeugung erneuerbarer Energie ein wesentlicher Bei­trag sei, hänge insbesondere von der heranzuziehenden Bezugsgröße ab. Für die lokale Energieerzeugung seien 116.000 kWh ein beachtlicher Beitrag für die Bereitstellung erneuerbarer Energie.

 

Das vom Antragsteller eingeholte Gutachten „Kleinwasserkraftanlage P am K bei H – Stellungnahme Naturschutz“ erstellt von Tx U P x, Dr. R P G, im Juni 2015, lautet auszugsweise:

 

„[...]

 

2. Stellungnahme

 

2.1. Energiewirtschaft

 

Die Kritik der Amtssachverständigen stützt sich im Wesentlichen auf die Feststellungen, dass es sich beim K um einen „sehr naturnahen bis natürlichen Bachlauf“ handeln würde und gleichzeitig nur eine sehr geringe Energieausbeute durch das Wasserkraftwerk erzielt werden kann.

 

Zu diesem letzteren Punkt ist zu sagen, dass er naturgemäß auf alle kleinen Wasser­kraftanlagen und auf alle kleinen Gewässer zutrifft (je kleiner desto geringer ist logi­scherweise der energiewirtschaftliche Ertrag) und daher keine fachliche Relevanz haben kann. Die gegebenenfalls notwendige Interessenabwägung bleibt der Behörde vorbe­halten.

 

2.1. Gewässercharakteristik und Morphologie

 

Die Aussage, es handle sich um ein naturnahes bis natürliches Gewässer kann hier nicht geteilt werden. Es bestehen Ufersicherungen, Verrohrungen, Abstürze und Weg­querungen. Der Großteil der (mit 280 m Länge relativ kurzen) Ausleitungsstrecke liegt in einem 500-m-Bewertungsabschnitt (M 2015), der in seiner Gesamtheit hydromorphologisch als „unbefriedigend“ eingestuft wurde. Der obere Abschnitt zeigt aufgrund der Ausprägung des Teilkriteriums „Uferdynamik“ eine Bewertung mit „gut“, da auch hier Ufersicherungen vorliegen.

[...]

 

Dazu ist zu sagen, dass diese [Ufersicherungen] derzeit trotzdem den Zweck erfüllen, das Gewässer zu begradigen und die Uferdynamik zu unterbinden, und daher liegt aus ökologischer Sicht eine Beeinträchtigung vor. [...]

 

Zum Vorliegen bzw. der Notwendigkeit der Ufersicherungen ist zusätzlich festzuhalten, dass es sich beim K keineswegs um ein idyllisches Waldbächlein mit einem „besonders mannigfaltig gegliedertem Bachbett“ handelt, auch wenn die Fotodokumentation insbesondere im Abschnitt oberhalb der geplanten Wasserfassung diesen Schluss erlauben würde. Tatsächlich handelt es sich um einen geschiebeführenden Wildbach, wie auch der Stellungnahme des Vertreters der Wildbach- und Lawinenverbauung zum gegenständlichen Projekt entnommen werden kann. Dieser gibt das Bemessungsereig­nis im gegenständlichen Bereich mit einem Hochwasserabfluss von 12,9 m³/s und einer Geschiebefracht von 2100 m³ an. [...] Es handelt sich daher um ein Gewässer mit von Natur aus gewaltiger Dynamik.

[...]

 

2.3. Landschaftsbild und Erholungswert

 

Das betroffene Gebiet wird von der Amtssachverständigen als „wesentliche naturnahe Struktur im ortsnahen Landschaftsraum von H“ bezeichnet. Der Erholungswert wird als „sehr hoch“ eingestuft, wobei dem Gerinne ein hohes Potential für eindrückliche Naturerlebnisse zugestanden wird. Im Resümee wird der Eingriff in das Landschaftsbild als „sehr erheblich“ bezeichnet. Es handelt sich dabei aber nicht um eine Darlegung, der nachvollziehbar entnommen werden könnte, inwiefern die das Bild der Landschaft prägenden Elemente durch die Errichtung der Wasserkraftanlage optisch verändern würden [...]

 

Jedes Fließgewässer hat, v.a. durch bachbegleitende Gehölze, eine gewisse Präsenz im Landschaftsraum. Bei dieser Beurteilung ist aber die „Fernwirkung“ maßgeblich, d.h. die Erkennbarkeit im Gesamtbild der Landschaft. Diese wird aber durch das gegenständ­liche Projekt nicht verändert, da das Gewässer in seinem Verlauf und mit der begleiten­den Vegetation erhalten bleibt. Die Veränderung liegt nur in der Reduktion der Wasser­menge. Diese ist nur im Nahbereich, d.h. mit direktem Blick in das Gewässer erkenn­bar. Der Eingriff in die „optische und akustische Präsenz im Landschaftsbild“ kann daher und auch unter Berücksichtigung der Kleinheit des Gewässers nur unerheblich sein.

 

[...]

Doch der Erholungswert und die Möglichkeit eines Naturerlebnisses sind im gegenständ­lichen Fall von vorn herein stark eingeschränkt, da die Zugänglichkeit zum Gewässer im Projektabschnitt nur über private Grundstücke gegeben ist. Es sind also keine öffent­liche Straße oder auch nur ein Wanderweg vorhanden, so dass weder ein regionaler noch überregionaler Erholungswert des Gebietes gegeben und dieser damit auch nicht sehr hoch sein kann.

 

Eine Veränderung des Erscheinungsbildes des Gewässers tritt bei jedem Ausleitungs­kraftwerk auf (und ist auch natürlicherweise durch die natürlichen Wasserführungs­schwankungen gegeben), wobei für den Menschen diese Veränderung trotzdem nicht zwangsläufig wahrnehmbar wird, da durch die Restwassermenge neben der ökologi­schen Funktionsfähigkeit die optischen und akustischen Reize für den Menschen erhal­ten bleiben. Die Auswirkung der Wasserentnahme ist für den durchschnittlichen, d.h. nicht mit einschlägigen Fachkenntnissen ausgestatteten Betrachter, vermutlich gar nicht erkennbar, und für Fachleute nur dann, wenn ihnen der Bach und sein Abflussverhalten langjährig bekannt sind. Die Erlebbarkeit und der Erholungswert bleiben daher theore­tisch (d.h. sofern überhaupt jemand in die Nähe der Auslastungsstrecke käme) erhal­ten.

 

2.4. Auswirkungen des Projekts

 

[...]

Es fehlen konkrete Angaben, worin diese Beeinträchtigung, die immerhin einer Zer­störung des gesamten Gewässercharakters gleichgesetzt wird, genau bestehen würde. Während in der ökologischen Begleitplanung zum Projekt genau dargelegt wird, dass aufgrund der Abgabe einer ökologisch begründeten Mindestdotation, die in ihrer Höhe auch gutachterlich untersucht wurde, die Auswirkungen des Projektes soweit gemindert werden, dass ein guter ökologischer Zustand erhalten bleiben kann (und damit auch der Naturhaushalt nicht gefährdet ist), fehlen im Gutachten der Amtssachverständigen der­artige Begründungen.

 

[...] ist in Fließgewässern der ökologische Zustand die maßgebliche Vorgabe, wobei gilt, dass der bestehende Zustand erhalten bleiben muss und nicht verschlechtert werden darf. Ist der ökologische Zustand nicht gut, gilt überdies, dass durch ein Projekt eine zukünftige Verbesserung nicht unverhältnismäßig erschwert werden darf. Eine Fest­legung der Restwassermenge nach § 13 Abs 2 QZV Ökologie OG 2010 gewährleistet „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ die abiotischen Parameter, die für einen guten ökologischen Zustand erforderlich sind.

 

[...]

Die gesetzlichen Vorgaben werden damit „übererfüllt“. Es darf daher davon ausgegang­en werden, dass auch die Schutzgüter der Oö. Naturschutzgesetzes (§ 1 Abs 2 Z 1 und 2) ausreichend Berücksichtigung finden.

 

Vom VwGH [...] wurde bereits in einem anderen Fall entschieden, dass die Bezeichnung eines Gewässers als „naturnah“ nicht per se eine Begründung für eine wesentliche Beeinträchtigung durch ein Projekt darstellt. [...]

Es wird auch nicht weiter präzisiert, was genau bei Projektsumsetzung bestehen würde und welche Auswirkungen auf die Schutzgüter des Naturschutzgesetzes zu erwarten sind [...]. es wird auf Mutmaßungen zurückgegriffen und der Eingriff in den Naturhaus­halt als „sehr erheblich“ bezeichnet.

 

Natürlich entstehen durch den Wasserentzug Veränderungen (Flächenverluste, Verring­erung von Wassertiefen Fließgeschwindigkeit). In Summe sind diese Veränderungen aber nicht so groß und v.a. in ihren Auswirkungen nicht so einschneidend, dass eine Verschlechterung des ökologischen Zustandes entstünde und die gewässertypspezifi­schen Biozönosen keinen adäquaten Lebensraum vorfänden. Das impliziert aber auch, dass der Gewässertyp „kleiner Wildbach“ in seiner charakteristischen Ausprägung erhal­ten bleiben muss und daher nicht von einer wesentlichen Beeinträchtigung auszugehen ist.

 

3. Zusammenfassung

 

[...]

Zum einen handelt es sich beim K nicht um ein völlig naturnahes Gewässer. Als geschiebeführender Wildbach eingestuft, darf davon ausgegangen werden, dass die bestehenden Verbauungen einen Schutzzweck erfüllen und gegebenenfalls auch erneu­ert werden.

 

Zum anderen kann durch die Abgabe einer ökologisch begründeten Mindestdotation, die gutachterlich ermittelt, zwischenzeitlich im Hinblick auf geänderte hydrologische Kenn­daten sogar erhöht, und durch die wasserrechtliche Bewilligung durch die Amtssach­verständigen bereits bestätigt wurde, ein wesentlicher Einfluss auf den Naturhaushalt durch die Wasserausleitung ausgeschlossen werden.

 

Der Erholungswert des Gewässers ist maximal gering, da keine Zugänglichkeit besteht. Aufgrund der Gewässergröße und der Vorkehrungen zur Minderung der Auswirkungen (Restwasserdotation) kann auch der Einfluss des Vorhabens auf das gesamte Land­schaftsbild nur als unerheblich angesehen werden.

 

Es wird daher in Summe festgestellt, dass durch das gegenständliche Projekt die Schutzgüter im Sinne des Oö. Naturschutzgesetzes nicht mehr als unwesentlich beein­trächtigt werden.

[...]“

 

I. 7. Da der Beschwerdeführer keine Einwendungen betreffend des der Ent­scheidung der belangten Behörde zu Grunde gelegten naturschutzfachlichen Gutachtens sowie der ergänzenden naturschutzfachlichen Stellungnahme erho­ben hat, zog das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die bereits von der belangten Behörde befasste naturschutzfachliche Amtssachverständige bei.

 

I. 8. Im Zuge der am 13. April 2016 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde auch ein Lokalaugenschein durchgeführt sowie den Parteien die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme gegeben.

 

Nach Vorstellung des beantragten Projekts und Durchführung des Lokalaugen­scheins fasste die beigezogene Amtssachverständige zusammen:

 

„Im Zuge der heutigen Verhandlung wurde auch ein Lokalaugenschein durchgeführt. Das besonders kontroversiell diskutierte Hauptthema stellt die Restwasserführung dar:

Von Seiten des Projektwerbers wurde angegeben, dass die errechnete Restwasser­menge von 13l/s bereits im Projekt nach oben auf 18l/s korrigiert wurde. Aus Sicht des Projektanten würde diese Restwassermenge genügen, um den optischen Eindruck des Baches zB im Hinblick auf das Landschaftsbild in einem günstigen Zustand zu erhalten.

 

Aus naturschutzfachlicher Sicht werden die rechnerischen Fakten nicht in Frage gestellt. Es wurde aber deutlich darauf hingewiesen, dass das Kriterium aus fachlicher Sicht vor allem in der Dauer dieser Restwasserführung liegt: Die Wassermenge von 18l/s oder weniger beträgt bei einem Ausbau des Gerinnes durchschnittlich 180 Tage im Jahr statt 40 Tage in dem unbeeinflussten Bachlauf. In dieser Zeit werden sämtliche Schwan­kungen in der natürlichen Wasserführung durch die Ausleitung abgefangen. Während 180 Tagen im Jahr findet deshalb keine natürliche Dynamik (zB. Umlagerungen im Bachbett) statt. Hochwasserspitzen, die über das Schluckvermögen der Turbine (70l/s) hinausgehen, kommen in der Dynamik des Baches hingegen zum Tragen. Aus natur­schutzfachlicher Sicht kommt die Verlängerung der Niederwasserphase auf ein halbes Jahr einer wesentlichen Beeinträchtigung gleich.

 

Weiters wurde von Seiten des Projektwerbers angeführt, dass der K nicht ausschlaggebend für den Erholungswert der Landschaft sei, weil hier keine Wanderwege unmittelbar vorbeiführen. Im Sinne des Oö. NSchG ist der Erholungswert der Land­schaft aber unabhängig von der tatsächlichen Nutzung zu beurteilen. In diesem Fall ist er aus fachlicher Sicht als hoch einzustufen.“

 

Der Antragsteller führte zusammenfassend aus, dass beim heutigen Lokal­augenschein im Wesentlichen die Argumentationslinie in den bisherigen Stel­lungnahmen bestätigt worden sei. Eine Beurteilung nach Wassermengen durch den Betrachter sei nicht möglich. Der U habe sich um 100% verschätzt. In dem GA Dr. P G werden Profilmessungen vorgenommen, die den Unterschied der benetzten Breite der Wassertiefe und der Fließgeschwindigkeit darstellen. Aus diesen Unterlagen sei eindeutig erkennbar, dass die benetzten Breiten sich unwesentlich verändern und somit für den Betrachter eine Einschätzung der abfließenden Wasserwelle nicht möglich ist. Durch die Abgabe einer Restwassermenge in einer Höhe von 100% MJNOt sei auch sichergestellt, dass der vorhandene Lebensraum nicht oder nur im geringen Ausmaß beeinträchtigt werden kann. Die Gewässerökologie geht für die Erhaltung des guten Gewässerzustandes von wesentlich geringeren Wasserführungen aus.

 

Der Vertreter der belangten Behörde verwies auf die Begründung des angefoch­tenen Bescheids und führte im Wesentlichen aus, dass es Parallelitäten zwi­schen WRG und QZV Ökologie mit dem Oö. NSchG hinsichtlich Gewässeröko­logie gäbe, wenn auch im Naturschutzrecht im Einzelfall eine eigenständige Beurteilung und Entscheidung erforderlich sei. Eine wasserrechtliche Bewilligung liege vor.

Im Naturschutzverfahren seien unbestimmte Gesetzesbegriffe anzuwenden, welche Interpretationsspielräume und in gewissem Ausmaß auch subjektive Betrachtungsweisen hinsichtlich der Beurteilung der Fachfragen und hinsichtlich der Bewertung der Interessenslagen zulassen würden. Dies zeige sich im ge­genständlichen Fall darin, dass im Rahmen einer Projektvorprüfung der damali­ge Bezirksbeauftragte für Natur- und Landschaftsschutz der belangten Behörde eher von einer naturschutzfachlichen Bewilligungsfähigkeit ausgegangen sei.

 

Die Bewertung der gegeneinander stehenden Interessen erweise sich als ausle­gungsbedürftig und teilweise subjektiv. Die belangte Behörde sei davon ausge­gangen, dass die abzuwägenden Interessen als etwa gleichwertig anzusehen seien. Insbesondere das öffentliche Interesse an der Errichtung der Anlage sei nur in sehr geringem Ausmaß anzunehmen gewesen. Dies ergäbe sich aus der im Verfahren eingeholten Stellungnahme des energiewirtschaftlichen Planungs­organes. Die belangte Behörde sei jedoch angesichts der vom Antragsteller vertretenen Argumente von einem eher als hochwertig einzustufenden privaten Interesse an der Errichtung der Wasserkraftanlage ausgegangen.

 

Die O U verwies auf die Beschwerdeschrift, die Ausführungen der Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz und ergänzte im Wesentlichen wie folgt:

Die angeführte grundsätzlich positive Beurteilung durch den damaligen Natur­schutzsachverständigen sei offenkundig nur eine mündliche Ersteinschätzung, da keinerlei schriftliche Ausführungen dazu vorliegen. Wesentlich detaillierter und umfangreicher seien die fachlichen Ausführungen der Naturschutzsach­verständigen und könnten daher als wesentliche und einzige Grundlage für die naturschutzfachliche Beurteilung des Vorhabens herangezogen werden. Hätte der damalige Sachverständige derart detaillierte Erhebungen, wie sie nun vor­liegen, gemacht, wäre er unweigerlich zum selben Schluss gekommen wie die Sachverständige in ihrem Gutachten.

 

Die QZV erweise sich bei der Beurteilung im Naturschutzverfahren als proble­matisch, weil für die Beurteilung der Ökologie nur Tiere und Pflanzen des Wasserkörpers selbst herangezogen werden, der Schutz von Tieren und Pflan­zen im Bereich der Uferzone oder Ufernähe (die in einem funktionalen Zusam­menhang zum Bach stehen) würden nicht berücksichtigt werden. Überdies wäre die alleinige Anwendung der QZV Ökologie als Richtwert zur Sicherstellung eines guten Zustandes gemäß WRG, insbesondere bei Gewässern mit hohem Geschiebetrieb oder geringer Wasserführung unzureichend. Vergleichsunter­suchungen, wie jene die in der RdU-U&T (2010), Seite 60 bis 69, publiziert wurden, würden dies bestätigen und klar machen, dass die Reduktion der hydrologischen, morphologischen und ökologischen Parameter auf einen einzi­gen Abflusswert unzureichend seien. Die in der angeführten Untersuchung er­fassten Gewässer seien insofern mit dem gegenständlichen Fall vergleichbar, weil an ihnen die Restwassermenge ebenfalls an der Hälfte des Jahres auf eine Basisdotation reduziert wird.

 

Die Kritik am Verschätzen der Wassermenge (Lokalaugenschein) sei nicht in der Lage, den Kernpunkt der Einwendungen der O U zu entkräften. Durch die geplante Nutzung werde ein naturnahes Gewässer in naturnaher Umgebung für ca. die Hälfte des Jahres auf ein Rinnsal reduziert, das in Erscheinungsbild und Charakter eher einem Zubringer, als dem Hauptbach, entspräche. In Bereichen von Gesteinsquerriegeln und mit blockigeren Material werde sich die Wassermenge von lediglich 13 bzw. 18 l/s verlaufen und das Erscheinungsbild ein grundsätzlich anderes sein.

 

Ungestörte Bachbereiche würden mittlerweile zu einem Mangelbiotop gehören. Der Erhalt solcher Strecken sei von hohem öffentlichem Interesse. Diese Inter­essen am Natur- und Landschaftsschutz seien auch im gegenständlichen Ver­fahren von niemandem bestritten worden. Hinsichtlich der Energieerzeugung würden zweifelsfrei private Interessen bestehen, öffentliche Interessen seien jedoch marginal bis nicht existent. Es sei somit offenkundig, dass das öffent­liche Interesse am Natur- und Landschaftsschutz die privaten Interessen des Konsenswerbers bei weitem überwiegt.

 

Es wurde die Abweisung der Beschwerde und Bestätigung des angefochtenen Bescheids beantragt.

 

 

II. 1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsicht in den vorgelegten Verfahrensakt samt eingereichtem Projekt und alle von den Parteien vorgelegten Stellungnahmen sowie Durchführung einer öffent­lichen mündlichen Verhandlung samt Lokalaugenschein am 13. April 2016.  

 

II. 2. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender ent­scheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Der Standort des geplanten Kleinwasserkraftwerkes P liegt auf den Gst. Nr. x, x und x, je KG und G H, am K und sind diese als Grünland ausgewiesen. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Gst. Nr. x und Hälfteeigentümer von Gst. Nr. x. Die Eigentümer der übrigen Grundstücke, bis auf die Republik Österreich – öffentliches Wassergut, haben die Zustimmung zur Durchführung des beantragten Vorhabens in der von der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung am 23. Februar 2015 erteilt.

 

Das Kleinwasserkraftwerk besteht im Wesentlichen aus folgenden Anlagentei­len: Wehranlage (T 1,2 m lang, 3 m breit), Feinrechen (1,6 m breit, 1,28 m2 lang, Neigung 15° talwärts), Absetzbecken (Länge 3 m, Breite 1,2 m); Absperrorgane (Handschieber, Rohrbruchklappe mit Verriegelung und Schwim­mer), Krafthaus mit Maschinenraum (Breite 3 m, Länge 4 m, Höhe 3,4m), Peltonturbine, Generator und Schaltanlage.

Im Unterwasser der Wehranlage wird eine ca. 5 m lange Sohlsicherung aus Wasserbaubruchsteinen eingebracht. Die Druckrohrleitung ist ca. 278 m lang, quert den K im mittleren Projektabschnitt und wird unterirdisch mit Rohren in der Dimension DN 500 ausgeführt. Die Querung des K erfolgt mittels Durchpressen eines Rohres oder einer Bohrung bei felsigem Untergrund. Bei der Umsetzung des Vorhabens bedarf es bauliche Maßnahmen zur Stabilisierung des Gewässerbettes und einer Rodung von Ufergehölzen an den jeweiligen Standorten.

 

Die Peltonturbine hat eine Leistung von 21,89 kW und einer Engpassleistung von 20,13. Die Ausleitung des Triebwassers liegt unterhalb des T-Rechens.

 

Die Hauptdaten sind: Ausbauwassermenge QA beträgt 70 l/s; Stationsfallhöhe bei QA ca. 39,17 m, Stauziel 656,80 m.ü.A.; Restwassermenge 18 l/s, Auslei­tungsstrecke ca. 280 m.

 

Die Wasserführungsdaten des K im gegenständlichen Bereich (bei der geplanten Wasserfassung) betragen: MQ 85 l/s, MJNQT: 18 l/s, NQT: 13 l/s

Auf Basis des Monatsmittels fließt 4,5 – 5 Monate lang, etwa 135 – 150 Tage, eine höhere Wassermenge in der geplanten Ausleitungsstrecke als die Mindest­dotierwassermenge von 18 l/s (Tabelle 5.7., Seite 29, in der vom Beschwer­deführer vorgelegten „Gewässerökologischen Begleitplanung“ vom Novem­ber 2012).

Die Restwassermenge von 18 l/s oder weniger beträgt bei einem Ausbau des K durchschnittlich 180 Tage im Jahr statt 40 Tage. Durch den Wasserentzug entstehen Veränderungen wie Flächenverluste, Verringerung von Wassertiefen, Fließgeschwindigkeit.

 

Das durchschnittliche elektrische Regelarbeitsvermögen des gegenständlichen Kleinwasserkraftwerkes beträgt im Jahr ca. 110.000 kWh. Damit können ca. 35 (3-Personen-) Haushalte mit elektrischer Energie versorgt werden. Es werden ca. 85 t Co2/Jahr substituiert. Der Beitrag zum Ziel des Ökostromgeset­zes 2012 von 4.000 GWh bis zum Jahr 2020 beträgt 0,00275 %, zur Zieler­reichung der Energiestrategie Österreichs von 3.500 GWh 0,00314 % sowie zum energetischen Endverbrauch an elektrischer Energie im Jahr 2013 in Ober­österreich von 14.509 GWh (Statistik A, November 2014) einen Beitrag von 0,00076 %. Es liegt eine wasserrechtliche Genehmigung vom 7. April 2015 vor.

 

Das Projektgebiet liegt im Übergangsbereich der beiden Raumeinheiten S- und T und K. In der Raumeinheit S- und T sollen naturnahe Uferstrukturen auch der kleinen Bäche außerhalb der Schluchtstrecken erhalten werden.

Der Abschnitt oberhalb der geplanten Wasserfassung zeigt ein besonders mannigfaltig gegliedertes Bachbett. Im Bereich der geplanten Wasserfassung ist das Ufer des K kurz mit einer alten, bereits stark überwachsenen, Steinschlichtung gesichert. Aus einem Hochbehälter mündet ein Überlauf unter­halb der geplanten Wasserfassung in den K. Lokal befinden sich im weiteren Verlauf am linken/talseitigen Ufer Befestigungen mit Blocksteinen oder eine kurze Betonmauer (im Bereich eines alten Fischteichs). Es besteht ein hohes mittleres Gefälle. Das Gerinnebett ist im oberen Bereich etwa 1 - 3,5 m breit. Im überwiegenden Teil der geplanten Ausleitungsstrecke zeigt sich eine typische Abfolge von Becken und Stufen. Im oberen Bereich sind die zahl­reichen natürlichen Abstürze zwischen den Becken durchwegs relativ niedrig. In Aufweitungen befinden sich kleine Inseln. Linksufrig schließt eine Wiese an. Entlang des K besteht rechtsufrig durchgehend standortgerechtes Ufergehölz, das in Wald übergeht. Vor allem rechtsufrig bestehen sumpfige Bereiche (sh. Biotopkartierung Nr. 159). In der Hälfte des oberen Bereichs der geplanten Ausleitungsstrecke befindet sich ein kleiner Holzsteg, in dessen Bereich die Druckrohrleitung den Bach quert, im mittleren Bereich ist ein Graben mit steilem Einhängen relativ tief eingeschnitten. Das Gefälle des K erhöht sich deutlich. Die Abstürze zwischen den kleinen Becken in diesem Bereich bis zu 0,5 m hoch. Beidseitig sind ein- bis zweireihige Gehölzstreifen. Etwa in der Mitte der geplanten Ausleitungsstrecke quert ein Wirtschaftsweg den hier ca. 6 m lang verrohrten Bach. Wenige Meter nach einem querenden Holzsteg folgt ein höherer künstlicher Absturz über ein Holzbrett. Das Gefälle nimmt nach der Wegquerung wieder deutlich zu und zahlreiche niedrige natürliche Abstürze treten auf. Die Gewässerbreite beträgt hier 1 – 2 m. Entlang der Böschungs­oberkante führt rechtsufrig ein Traktorweg parallel zum K. Der Ufergehölzstreifen ist im untersten Abschnitt der geplanten Ausleitungsstrecke etwas dichter. Bachab der geplanten Wasserrückgabe befindet sich die Wasserfassung des Unterliegers. Im Unterlauf ist der K gleichmäßig breit und verläuft in einem Trapezprofil. Der K ist ein geschiebeführender Wildbach und mündet in die S.

 

Der gegenständliche Landschaftsbereich stellt einen gut strukturierten natur­nahen Lebensraum mit vielen Randlinien für zahlreiche Tierarten dar. Der Bach ist auch als potentieller Lebensraum für den Steinkrebs geeignet und gilt nach der Biotopkartierung als erhaltenswert. Im Projektbereich besteht entlang des K eine hochwertige Biotopfläche mit eschendominiertem, bachgleitendem Gehölz, das auch die Ulme als Rote Liste Art aufweist. Diese Biotopfläche verläuft im Bereich der Wasserfassung relativ schmal, im unteren Bereich und im Bereich des Krafthauses ist diese linksufrig viel breiter, rechtsufrig bleibt sie schmal (sh. Biotopkartierung). Etwa halbmitt der Ausleitungsstrecke grenzt rechtsufrig eine besonders hochwertige Biotopfläche in Form einer Quellmulde mit einem verbrachenden Kalkflachmoor an. Dieser Biotoptyp und die Pflanzen­gesellschaften gelten als lokal gefährdet oder selten. Die Quellmulde beherbergt auch Vorkommen von Rote Liste Pflanzenarten (sh. Biotopkartierung). 

 

Der Beschwerdeführer hat im Wesentlichen folgende Interessen vorgebracht:

Energiegewinnung aus Wasserkraft, keine Emissionen durch den Betrieb, sehr lange Lebensdauer, geringster Energieverbrauch bei der Herstellung der Anla­genteile, wesentlicher Beitrag (ca. 10 % des Gemeindeverbrauchs) zur Unab­hängigkeit der G H, Substitution von ca. 85 t CO2/Jahr, Versorgung der eigenen Wärmeerzeugung über eine Wärmepumpe mit elektrischer Energie, die rund 10.000 kWh im Jahr ausmacht, Entlastung von notwendigen Brennstofftransporten auf der Straße, Vermeidung von Abfluss heimischer Wertschöpfung der Energieerzeugung, Sicherung heimischer Arbeitsplätze durch Beauftragung eines örtlichen Baumeisters, Verwendung für Schauzwecke wie z.B. für Schüler, Beitrag zum Vorhaben der G H „energieautarke Region P P“.

 

II. 3. Die Ausführungen in den vorliegenden naturschutzfachlichen Gutachten bzw. Stellungnahmen der Amtssachverständigen (im Folgenden kurz: Gutach­ten ASV) und der vom Beschwerdeführer beauftragten Umweltgutachten P O sind grundsätzlich schlüssig und nachvollziehbar. Bei der Bewertung des Landschaftsraums und der Beurteilung, ob ein Eingriff in das Landschaftsbild vorliegt, zeigen sich jedoch unterschiedliche Ergebnisse.

 

Im Gutachten „Kleinwasserkraftanlage P am K bei H Gewässerökologische Begleitplanung“ vom November 2012 sowie in der „Stellungnahme Naturschutz“ vom Juni 2015, erfolgt die Bewertung des maßgeblichen Landschaftsraumes ausschließlich auf Basis der Qualitätszielverordnung Ökologie OG 2010, deren Ziel die Beurteilung der ökologischen Qualität von Oberflächengewässern mittels festgelegter Werte für gemäß § 30a Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 zu erreichende Zielzustände sowie für, im Hinblick auf das Verschlechterungsverbot, maßgebliche Zustände für Typen von Oberflä­chengewässern ist. Demnach ist als Zielzustand die Erreichung bzw. Erhaltung des guten ökologischen Zustandes eines Oberflächengewässers festgelegt. Parameter wie ständige Mindestwasserführung im Gewässerbett, Tagesnieder­wasser, Mittelwasserabfluss, dynamische Wasserführung sind für die Zieler­reichung ausschlaggebend.

 

Das im konkreten Fall maßgebliche Oö. Natur- und Landschaftsschutzge­setz 2001 (Oö. NSchG 2001) hat den Schutz der Natur und der Landschaft zum Ziel. Den Beurteilungsrahmen eines Eingriffs in das Landschaftsbild nach dem Oö. NSchG 2001 bilden die Kriterien Erhaltung, Gestaltung und Pflege heimi­scher Landschaft zur Sicherung einer angemessenen bestmöglichen Lebens­grundlage für den Menschen; Schutz der Vielfalt, Eigenart, Schönheit und Erho­lungswert der Landschaft sowie der optische Eindruck des Landschaftsbildes.

 

Die Amtssachverständige hat ihrem Gutachten genau diese Kriterien zu Grunde gelegt. Die Eingriffsintensität ergibt sich aus den Eigenschaften des Standortes und des Vorhabens.

 

Dem Einwand, dass die Bezeichnung eines Gewässers als „naturnah“ nicht per se eine Begründung für eine wesentliche Beeinträchtigung durch ein Projekt darstellt, ist entgegenzuhalten, dass die Amtssachverständige den maßgeb­lichen Projektbereich ausreichend beschrieben hat, wobei sie dabei auch Fest­stellungen aus der Ökologischen Begleitplanung/P heranzog, woraus sich –wie von der erkennenden Richterin selbst beim Lokalaugenschein festgestellt werden konnte – eine „Naturnähe“ ergibt. Eine Unschlüssigkeit des Gutachtens ist daher nicht gegeben.

 

In der Stellungnahme Naturschutz/P wird die Gesamteinstufung eines 500-m-Bewertungsabschnitts (M 2015), in dem der Großteil der Ausleitungsstrecke liegt, als Grundlage zur Bewertung der Ausleitungsstrecke herangezogen. Danach wird die ca. 280 m lange Ausleitungsstrecke hydromorphologisch als „unbefriedigend“ eingestuft. Ausschlaggebend sind jedoch der Zustand des Gewässerbereichs am konkreten Standort des Vorhabens und der umliegende Landschaftsraum. Der obere Abschnitt ist mit „gut“ bewertet.

 

„Pauschale“ Beurteilungen sind aber einer Beurteilung bzw. Bewertung eines Landschaftsraumes, Gewässerabschnittes, ... nicht zu Grunde zu legen, weil nach dem Oö. NSchG 2001 immer das konkrete Vorhaben am konkreten Stand­ort zu prüfen ist.

 

Überdies ist es nicht nachvollziehbar, die Beeinträchtigung des Landschafts­bildes mit der Begründung, die Qualitätszielverordnung Ökologie 2010 werde eingehalten, zu verneinen, zumal die Zielsetzungen dieser Verordnung mit der Zielsetzung des Oö. NSchG 2001, wenn überhaupt, dann nur in einem kleinen Teilbereich betreffend Naturhaushalt (Tiere und Pflanzen des Wasserkörpers), übereinstimmen.

 

Die Amtssachverständige hat sich aus Sicht des erkennenden Gerichtes in ausreichender Weise mit dem bestehenden Landschaftsbild und dem verursach­ten Eingriff in selbiges auseinandergesetzt. Die Feststellungen der Amtssachver­ständigen sind auch durch die gegenständliche Biotopkartierung belegt.

 

 

III. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III. 1. Maßgebliche Rechtslage:

 

Art. II Abs. 2 zur Oö. NSchG 2001-Novelle LGBl. 92/2014 normiert, dass „die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz-Novelle 2014, LGBl. Nr. 35/2014, anhängigen individuellen Verfahren [...] nach den bis dahin geltenden Bestimmungen weiterzuführen [sind]“. Auch in Art. II Abs. 2 zur Novelle LGBl. Nr. 35/2014 findet sich eine dementsprechende Bestimmung.

 

Da der verfahrenseinleitende Antrag bereits am 10. Dezember 2012 bei der belangten Behörde einlangte und damit das gegenständliche Verfahren schon im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz-Novelle 2014 anhängig war, findet diese hier noch keine Berücksichtigung. Die anzuwendende Fassung des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001, LGBl. Nr. 129/2001 in der Fassung LGBl. Nr. 90/2013, wird in der Folge als Oö. NSchG 2001 bezeichnet.

 

Die im konkreten Fall maßgeblichen Bestimmungen des Oö. NSchG 2001 lauten:

 

㤠1

Zielsetzungen und Aufgaben

(1) Dieses Landesgesetz hat zum Ziel, die heimische Natur und Landschaft in ihren Lebens- oder Erscheinungsformen zu erhalten, sie zu gestalten und zu pflegen und da­durch dem Menschen eine ihm angemessene bestmögliche Lebensgrundlage zu sichern (öffentliches Interesse am Natur- und Landschaftsschutz).

 

(2) Durch dieses Landesgesetz werden insbesondere geschützt:

1.     das ungestörte Wirkungsgefüge des Naturhaushaltes (Ablauf natürlicher Entwick­lungen);

2.     der Artenreichtum der heimischen Pflanzen-, Pilz- und Tierwelt (Artenschutz) sowie deren natürliche Lebensräume und Lebensgrundlagen (Biotopschutz);

3.     die Vielfalt, Eigenart, Schönheit und der Erholungswert der Landschaft;

[...]

 

(4) Im Sinn des Abs. 1 sind Eingriffe in die Natur und Landschaft, wie insbesondere Schädigungen des Naturhaushaltes oder der Grundlagen von Lebensgemeinschaften von Pflanzen-, Pilz- und Tierarten, Beeinträchtigungen des Erholungswertes der Land­schaft und Störungen des Landschaftsbildes nach Maßgabe der näheren Bestimmungen dieses Landesgesetzes verboten. Wenn nach diesem Landesgesetz solche Maßnahmen zulässig sind, sind sie jedenfalls so durchzuführen, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

[...]

 

§ 3

Begriffsbestimmungen

 

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

1.     Anlage: alles, was durch die Hand des Menschen zweckbestimmt erstellt (angelegt) wird, z.B. Bauten, Einfriedungen, Bodenentnahmen, Aufschüttungen, Abgrabungen usw.;

2.     Eingriff in das Landschaftsbild: eine Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer, die zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich ver­ändert;

[...]

5.     geschlossene Ortschaft: ein Gebiet, das durch eine größere Ansammlung von Bau­ten geprägt ist, sodass sich eine zusammenhängende Verbauung von der Umge­bung deutlich sichtbar abhebt; nicht zur geschlossenen Ortschaft zählen Einzelan­siedlungen wie Gehöfte und Weiler sowie Ortsränder, vor allem entlang von See­ufern;

6.     Grünland: Grundflächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Ge­meinde nicht als Bauland (§ 21 Oö. Raumordnungsgesetz 1994) oder als Verkehrs­flächen (§ 29 Oö. Raumordnungsgesetz 1994) gewidmet sind;

[...]

8.     Landschaftsbild: Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft;

[...]

10.   Naturhaushalt: Beziehungs- und Wirkungsgefüge der biotischen und abiotischen Faktoren der Natur; das sind Geologie, Klima, Boden, Oberflächen- und Boden­wasser, Sickerwasser, Grundwasser, Vegetation und dgl.;

[...]

 

§ 9

Natur- und Landschaftsschutz im Bereich von Seen

 

[...]

(2) Als Eingriffe in den Naturhaushalt im Sinn des Abs. 1 Z 2 gelten

[...]

6. die Rodung von Ufergehölzen;

[...]

8. bauliche Maßnahmen zur Stabilisierung des Gewässerbettes sowie

[...]

§ 10

Natur- und Landschaftsschutz im Bereich übriger Gewässer

 

(1) Der Natur- und Landschaftsschutz im Sinn dieser Bestimmungen gilt für folgende Bereiche:

[...]

2.    für sonstige Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen, wenn sie in einer von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung angeführt sind;

[...]

(2) In geschützten Bereichen gemäß Abs. 1 ist jeder Eingriff      

1.    in das Landschaftsbild und

2.    im Grünland (§ 3 Z 6) in den Naturhaushalt

verboten, solang die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffent­liche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Ausgenommen von diesem Verbot sind Eingriffe in geschlossenen Ortschaften oder in Gebieten, für die ein rechts­wirksamer Bebauungsplan (§ 31 Oö. Raumordnungsgesetz 1994) vorhanden ist.

[...]

(4) § 9 Abs. 2, 3, 5, 6 und 7 gilt sinngemäß.“

 

Die ebenfalls maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung der Oö. Landes­regierung vom 20. Dezember 1982 über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl. Nr. 107/1982 idF LGBl. Nr. 4/1987 (in der Folge kurz: Flüsse- und Bäche-VO) lauten:

 

§ 1 (1) Der Landschaftsschutz im Sinne des § 6 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 gilt für die in der Anlage angeführten Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen.

(2) Abs. 1 gilt auch für jene Bäche, die in Seen münden oder die in die in der Anlage bezeichneten Flüsse und Bäche oder deren Zubringerbäche münden.

[...]

 

Anlage zu § 1 Abs. 1

 

[...]

6.6. Steyr

[...]“

 

III. 2. Die Errichtung des gegenständlichen Kleinwasserkraftwerks ist am K vorgesehen. Der K mündet in die S, die in der Anlage zu § 1 Abs. 1 der Flüsse- und Bäche-VO unter Z 6.6. genannt ist.

 

III. 3. Das Feststellungsverfahren gemäß § 10 Abs. 2 Oö. NSchG 2001 ist ein projektbezogenes Verfahren (vgl. VwGH vom 3.11.2008, Zl. 2007/10/0141, und vom 19.2.2001, Zl. 99/10/0065). Gegenstand dieses Verfahrens ist daher das vom Antragsteller eingereichte Projekt, das auf seine Vereinbarkeit mit den öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Natur­haushaltes zu prüfen ist.

 

III. 4. Durch die Errichtung des geplanten Vorhabens mit all seinen Anlagen wie Wehranlage mit Klappe, Feinrechen, Einlaufbauwerk und Absetzbecken sowie Krafthaus wird in eine Landschaft mit einem gut strukturierten naturnahen Lebensraum mit vielen Randlinien für zahlreiche Tiere eingegriffen. Die Wehr­anlage grenzt an den im oberen Teil besonders mannigfaltig gegliederten Bach­bereich an. Durch die Errichtung der Anlagenteile kommt es zu einer wesent­lichen anthropogenen Überprägung des lokalen Landschaftsbildes. Die Beur­teilung eines Objektes als maßgeblicher Eingriff setzt auch nicht voraus, dass im betreffenden Uferabschnitt noch keinerlei Verbauung besteht. Auch das Unterbleiben der Verstärkung einer Eingriffswirkung liegt im öffentlichen Inter­esse an der Erhaltung des Landschaftsbildes (vgl. dazu VwGH vom 6.7.1999, Zl. 96/10/0085). Der Großteil der Ufersicherungen ist bereits überwachsen. Durch die Wehranlage entstünde der Eindruck eines kleinräumigen Areals mit Anlagenteilen in geometrischer und technischer Form, gleich anschließend an einen besonders mannigfaltig gegliederten Bachbereich. Es ist nicht von unter­geordneter Bedeutung. Das Landschaftsbild wird dauerhaft prägend und maß­geblich verändert. Das Krafthaus soll rechtsufrig oberhalb einer bestehenden Hütte errichtet werden. Auch hier kommt es zu einer Verstärkung der Eingriffs­wirkung.

 

Die Fernwirkung des Eingriffes ist zwar zu vernachlässigen, jedoch genügt eine Sichtbarkeit von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft. Dem Einwand, dass der Eingriff in das Landschaftsbild mangels Fernwir­kung nicht maßgeblich sei, ist entgegenzuhalten, dass auch ein Eingriff vor­liegen kann, wenn dieser nur im Nahbereich ersichtlich ist. Für die Annahme eines Eingriffs in das Landschaftsbild i.S.d. § 3 Z 2 Oö. NSchG 2001 genügt bereits die maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes von einem möglichen Blickpunkt aus (vgl. dazu VwGH vom 26.6.2014, Zl. 2011/10/0151).

Durch die Reduzierung der Wassermenge auf 18 l/s in der ca. 280 m langen Ausleitungsstrecke fließt auf Basis des Monatsmittels 4,5 – 5 Monate lang, das sind etwa 135 – 150 Tage, eine höhere Wassermenge in der geplanten Auslei­tungsstrecke. Ohne Vorhaben würde laut der Tabelle 5.7., Seite 29, in der vom Beschwerdeführer vorgelegten „Gewässerökologischen Begleitplanung“ vom November 2012 jedes Monat die Mindestdotierwassermenge von 18 l/s über­schritten.

Die Restwassermenge von 18 l/s oder weniger beträgt bei einem Ausbau des K durchschnittlich 180 Tage im Jahr statt 40 Tage, das bedeutet eine 4,5-fache Erhöhung. Durch diesen Wasserentzug kommt es zu Veränderungen wie Flächenverluste, Verringerung von Wassertiefen und Fließgeschwindigkeit, die wiederum zu einer nicht unwesentlichen Beeinträchtigung der optischen und akkustischen Präsenz führt.

 

Die Maßgeblichkeit eines Eingriffs in das Landschaftsbild hängt davon ab, wie stark der Ist-Zustand des zu beurteilenden Landschaftsraumes durch ein Vor­haben prägend verändert wird. Insofern ist auch der im Gutachten P aus der Fotodokumentation gezogene Schluss, dass noch bei einer Wassermenge von 40 l/s ein natürliches Erscheinungsbild des K gegeben sei, oder der Einwand, dass die vorhandene Wassermenge von nur sehr wenigen Beobachtern richtig eingeschätzt werden könne, nicht relevant, weil eben der Vergleich zu den üblicherweise (natürlich) vorhandenen Wassermengen fehlt. Ausschlaggebend ist der aktuelle Zustand ohne Vorhaben. Auch wenn „in der Natur“ oft geringere oder gleich hohe Wassermengen als die (durch anthropogene Maßnahmen erreichte) Restwassermenge vorkommen, ergibt sich daraus nicht, dass eine dauernde Reduzierung der Wassermenge keine naturschutzrelevanten Auswirkungen hat. Das Oö. NSchG 2001 hat eben zum Ziel, so wenig wie möglich in die Natur bzw. die natürlichen Abläufe einzugreifen. Durch die Auswirkungen der Reduzierung der Wassermenge – Verlängerung der Niederwasserphase auf ein halbes Jahr (sh. oben)- wird maßgeblich in das Landschaftsbild eingegriffen. Die jetzt noch vorhandene Dynamik wie Umla­gerungen im Bachbett des naturnahen, abschnittsweise völlig natürlichen Bach­verlaufes (von dem sich die erkennende Richterin auch beim Lokalaugenschein überzeugen konnte) ginge verloren.

 

Eine Prüfung, ob die bereits vorhandenen anthropogenen Maßnahmen (Stein­schlichtungen, Betonmauer, Verrohrung, ...) konsensgemäß ausgeführt wurden, konnte unterbleiben, weil noch ein schützenswertes Landschaftsbild existiert und durch das Vorhaben ein maßgeblicher Eingriff in das Landschaftsbild auch bei konsensgemäßer Durchführung dieser Maßnahmen besteht (vgl. dazu VwGH vom 9.7.1992, Zl. 91/10/0250).

 

Überdies wird auch in die gegenständlichen erhaltungswerten und hochwertigen Biotopflächen eingegriffen.

Auflagen, Bedingungen und Befristungen können die Wesentlichkeit des Ein­griffs in das Landschaftsbild in seiner Gesamtheit jedoch nicht so weit redu­zieren, dass keine erhebliche Beeinträchtigung mehr gegeben ist.

 

III. 5. Grundsätzlich ist jeder Eingriff im 50 m – Uferschutzbereich eines unter die Flüsse- und Bäche-VO fallenden Fließgewässers verboten. Ein konkretes Vorhaben ist nur dann nicht verboten, solange nicht bescheidmäßig festgestellt wurde, dass solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschafts­bildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

 

Vorauszuschicken ist, dass der Beschwerdeführer der Interessensabwägung zu unterziehende andere Interessen, soweit sie nicht auf der Hand liegen, konkret zu behaupten und zwar im Hinblick auf das Interesse an sich und die Intensität (vgl. dazu VwGH vom 5.7.1993, Zl. 93/10/0085) und zu beweisen (vgl. dazu 27.3.2000, Zl. 97/10/0149) hat.

 

Das private Interesse des Beschwerdeführers besteht zusammengefasst in der Abdeckung seines Strombedarfs, insbesondere für die, aufgrund seiner Wahl der Heizung, benötigten 10.000 kWh/Jahr, sowie offensichtlich in der Möglich­keit, finanziellen Gewinn durch den Betrieb des gegenständlichen Kleinkraft­werkes bzw. den Verkauf des erzeugten elektrischen Stroms zu erzielen.

 

Die öffentlichen Interessen am Vorhaben liegen im Wesentlichen in der Ge­winnung von erneuerbarer Energie und der erteilten wasserrechtlichen Bewil­ligung.

 

Zum öffentlichen Interesse der erneuerbaren Energieerzeugung hat der Verwal­tungsgerichtshof festgestellt, dass an der Erhöhung des Anteils der Strom­erzeugung aus erneuerbarer Energie und der Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft mit kostengünstiger, qualitativ hochwertiger Energie ein langfristiges öffentliches Interesse besteht (VwGH vom 27.3.2014, Zl. 2010/10/0182).

 

Das gegenständliche Kleinwasserkraftwerk trägt mit einer Jahresstromer­zeugung von 110.000 kWh zum Ziel des Ökostromgesetzes 2012 (4.000 GWh bis zum Jahr 2020) 0,00275 %, zur Zielerreichung der Energiestrategie Öster­reichs (3.500 GWh) 0,0031 % sowie zum energetischen Endverbrauch an elektrischer Energie im Jahr 2013 in Oberösterreich von 14.509 GWh (Statistik Austria, November 2014) 0,00076 % bei. Ein signifikanter Beitrag zur jewei­ligen Zielerreichung ist somit nicht gegeben. Die weiteren angeführten „ande­ren“ Interessen im Zusammenhang mit erneuerbarer Energie wie Einsparung von CO2 und weniger Brennstofftransporte liegen daher auch nicht in einem zu berücksichtigenden Ausmaß vor. Der behauptete Beitrag zur „energieautarken Region P P“ oder zur „Unabhängigkeit der G H“ (10% des Gemeindeverbrauchs) ist einerseits auch nur in einem geringen Ausmaß gegeben und andererseits durch die Einspeisung in ein (öffentliches) Stromnetz nicht alleinig für die G H verfügbar.

Auch aus den darüber hinausgehenden –hier unbezifferten- Effekten wie Bele­bung der regionalen Bauwirtschaft oder Vermeidung von Abfluss heimischer Wertschöpfung kann aufgrund der Kleinheit der Anlage und dem geringen Aus­maß der Energiegewinnung kein zu berücksichtungswürdiges „anderes“ Inter­esse abgeleitet werden.

Die zusätzliche Verwendung des geplanten Vorhabens für Schauzwecke wurde ohne weitere konkrete Ausführungen über den Bedarf (es ist am K ein Kleinwasserkraftwerk bereits in Betrieb), die Art und Weise, Frequenz, etc. der Besichtigung behauptet, weshalb auch daraus kein „anderes“ Interesse ableitbar ist.

 

III. 6. Der K stellt im Projektgebiet einen naturnahen, abschnittsweise natürlichen Bach in einem naturnahen Landschaftsraum dar. Im K gibt es nur noch wenige unberührte Abschnitte. Es treten zahlreiche natürliche Abstürze bei ebenfalls variablem Gefälle auf. Die Bachbreite variiert beträchtlich. Die geplante Ausleitungsstrecke wird im oberen Bereich hydromorphologisch als sehr gut bis gut beschrieben. Der K als Biotopfläche ist als erhaltenswert beurteilt. Die weiteren betroffenen Biotopflächen wurden als hochwertig eingestuft. Insgesamt betrachtet besteht für den gegenständlichen Standort ein sehr hohes öffentliches Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes.

 

Dem gegenüber stehen das private (und nachvollziehbare) Interesse an der kostengünstigen Abdeckung des Bedarfs des Beschwerdeführers an elektrischer Energie und der Erzielung eines wirtschaftlichen Ertrags sowie der nicht signifi­kante Beitrag zur Gewinnung von erneuerbarer Energie und ein aus der wasser­rechtlichen Bewilligung ableitbares öffentliches Interesse (Vorhaben findet wasserrechtliche Deckung).

 

Diese vorgebrachten (anderen) Interessen am Vorhaben sind aber im Vergleich zum öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes aufgrund der Schutzwürdigkeit des konkreten Standorts geringer zu bewerten, weshalb das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes alle anderen Inter­essen überwiegt. Durch die Umsetzung des gegenständlichen Vorhabens wird das überwiegende öffentliche Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes verletzt. Der Beschwerde war somit stattzugeben.

 

 

IV. Kosten (Spruchpunkt II.):

 

Nach § 17 VwGVG sind die §§ 75 ff AVG sinngemäß anzuwenden. Daraus ergibt sich, dass für auswärtige Amtshandlungen Kommissionsgebühren vorzuschrei­ben sind. Sie betragen für Amtshandlungen des Landesverwaltungsgerichtes für jede angefangene halbe Stunde außerhalb der Amtsräume 20,40 Euro. Es hat jene Partei dafür aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag wird nach der Judikatur der Prozessgegenstand, also die „Sache“ des jeweiligen Verfahrens bzw. „die in Verhandlung stehende Angelegenheit“ bzw. „die Hauptfrage“ bestimmt, die gemäß § 59 Abs. 1 AVG im Spruch des Bescheides zu erledigen ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG2 2014 § 76 Rz 16).

Bei der mündlichen Verhandlung am 13. April 2016 im M H waren die zuständige Richterin, eine Schriftführerin sowie die vom Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich beigezogene Amtssachverständige anwesend. Die Verhandlung samt Lokalaugenschein dauerte insgesamt fünf halbe Stunden, weshalb dafür für die Beschwerdeführer Kommissionsgebühren in Höhe von 306 Euro (20,40 Euro x 5 x 3) anfallen.

 

 

V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zu­kommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Recht­sprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungs­gerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechts­frage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsge­richtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechts­anwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240 Euro zu entrichten.

 

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Sigrid Ellmer