LVwG-100047/5/VG/SST

Linz, 16.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Dr. Verena Gubesch über die Beschwerde des D R, x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 30.10.2015, GZ: BauR96-43-2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 900 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Stunden herabgesetzt werden.

 

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren keinen Kostenbeitrag zu leisten. Die Kosten des behördlichen Verfahrens betragen 90 Euro (10% der nunmehr festgesetzten Geldstrafe, § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG).

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Verfahrensgang:

 

1.           Den Ursprung in der gegenständlichen Beschwerdesache bildet der bereits rechtskräftige Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012, Zl. 131/9-Akt, betreffend die Beseitigung der baulichen Anlage „Baumhaus“ auf dem Grundstück Nr. x, EZ x, KG x.

 

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn (in der Folge: belangte Behörde) vom 30.10.2015, GZ: BauR96-43-2015, wurde über D R (in der Folge: Beschwerdeführer), wegen einer Übertretung des § 57 Abs. 1 Z 11 iVm Abs. 2 Oö. BauO 1994, unter Zugrundelegung des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012, Zl. 131/9-Akt, zum wiederholten Mal eine Geldstrafe, diesmal in der Höhe von 1.200 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Stunden, verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

„Mit dem seit 14.02.2013 rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012, AZ: 131/9-Akt, wurde Ihnen gemäß § 49 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994, LGBL. Nr. 66/1994 i.d.g.F. vorgeschrieben die bauliche Anlage „Baumhaus“ auf dem Grundstück Nr. x, EZ x, KG x, als Eigentümer der baulichen Anlage binnen einer Frist von sechs Monaten zu beseitigen.

 

Nunmehr konnte von der Gemeinde St. Radegund bei einer am 28.09.2015 durchgeführten Überprüfung festgestellt werden, dass das konsenslos errichtete Baumhaus auf Grst. Nr. x, EZ x, KG x, Gemeinde St. Radegund, nach wie vor besteht und dem baubehördlichen Auftrag zur Beseitigung des Baumhauses nicht nachgekommen worden ist.

 

Sie haben somit zumindest vom 15.09.2015 bis zumindest 28.09.2015 eine baubehördliche Anordnung und zwar den seit 14.02.2013 rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012, AZ: 131/9-Akt, nicht bescheidgemäß erfüllt, zumal Sie die bauliche Anlage „Baumhaus“ als Eigentümer der baulichen Anlage nicht binnen einer Frist von sechs Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides entfernt haben.“

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, bei einer seitens der Gemeinde St. Radegund durchgeführten Überprüfung am 28.09.2015 sei festgestellt worden, dass das verfahrensgegenständliche Baumhaus noch nicht beseitigt worden sei. Aufgrund der Aktenlage sehe es die belangte Behörde in objektiver Hinsicht als erwiesen an, dass der Beschwerdeführer die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen habe. Aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer zum Tatvorwurf keine Rechtfertigung abgegeben habe, sei anzunehmen, dass er dem Tatvorwurf nichts entgegenzusetzen habe.

 

Zum Verschulden werde ausgeführt, dass gemäß § 5 Abs. 1 VStG 1991, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimme, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge. Fahrlässigkeit sei bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung des Gebotes ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre und der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Eine solche Glaubhaftmachung sei dem Beschwerdeführer nicht gelungen. Im gegenständlichen Fall werde dem Beschwerdeführer jedoch Vorsatz zur Last gelegt, zumal er in einem bereits durchgeführten Vollstreckungsverfahren mehrere Mal aufgefordert worden sei seiner Verpflichtung nachzukommen.

 

Bei der Strafbemessung seien die geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigt worden. Strafmildernde Umstände würden nicht vorliegen. Als straferschwerend sei zu werten, dass der Beschwerdeführer dem rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012, Zl. 131/9-Akt, seit nunmehr eineinhalb Jahren nicht nachgekommen sei und sich beharrlich weigere das Baumhaus zu entfernen. Zur Strafhöhe sei anzumerken, dass sich diese im untersten Bereich des Strafrahmens bewege und keinesfalls als überhöht angesehen werden könne, wenn man die lange Zeitdauer bedenke, in der der Beschwerdeführer untätig geblieben sei. Weiters lägen auch bereits einige rechtskräftige Vorstrafen vor.

 

Von der Bestimmung des § 20 VStG bzw. des § 45 Abs. 1 Ziffer 4 VStG könne nicht Gebrauch gemacht werden, zumal einerseits keine Milderungsgründe vorhanden gewesen seien und andererseits auch das Verschulden des Beschwerdeführers, die Bedeutung des geschützten Rechtsgutes und die Intensität dessen Beeinträchtigung keinesfalls als geringfügig anzusehen sei.

 

2.           Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, der Beschwerdeführer habe am 20.10.2015 mit den Abbrucharbeiten begonnen und auch schon den größten Teil abgebaut. An den folgenden Wochenenden werde er den Rest entfernen. Die Verwaltungsstrafen könne er nicht akzeptieren; er habe diese in einem Zeitraum bekommen, indem er ein E‑Mail des Naturschutzes an die belangte Behörde weitergeleitet habe. Darin habe ihm dieser auszugsweise Folgendes mitgeteilt: „Wichtig ist, dass das Baumhaus nicht während es Winterschlafes und während der Jungenaufzuchtzeit [gemeint: der Siebenschläfer] abgerissen wird. Der Winterschlaf dauert bis maximal Anfang Mai.“ Bevor er Anfang Mai mit dem Abbau habe beginnen können, seien die Strafen eingelangt. Dann habe er die belangte Behörde darum gebeten die Strafen aufzuheben, da es ihm nicht möglich gewesen sei, das Baumhaus abzubauen. Außerdem habe er die Siebenschläfer gerne auf dem Baumhaus beobachtet und habe sie nicht vom Winterschlaf aufwecken wollen. Der Beschwerdeführer begehrte, die Geldstrafen mögen aufgehoben werden.

 

3. Mit Vorlageschreiben vom 13.11.2015, eingelangt am 23.11.2015, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

4. Dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wurde durch einen Medienbericht der x vom 29.03.2015 bekannt, dass der Beschwerdeführer – nach eigenen Angaben – das Baumhaus Ende 2015 entfernt hat. Auf Anfrage bei der belangten Behörde teilte diese unter Vorlage eines Lichtbildes mit, dass das Baumhaus im Dezember 2015 entfernt wurde, wobei die letzten Abrissarbeiten am 31.12.2015 stattfanden.

 

 

II.            Beweiswürdigung, Feststellungen:

 

1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Behörde (einschließlich der Schriftsätze des Beschwerdeführers), in den übermittelten Lichtbildnachweis über die Beseitigung des Baumhauses zum 31.12.2015 sowie in die hg. Akten betreffend denselben Verstoß in anderen Tatzeiträumen (GZ: LVwG-100039, LVwG-100042, LVwG-100043, LVwG-100045). Daraus ließ sich bereits der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären. Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen. Somit konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 44 VwGVG abgesehen werden.

 

2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Mit Bescheid vom 04.12.2012, Zl. 131/9-Akt, erteilte der Bürgermeister der Gemeinde St. Radegund dem Beschwerdeführer gemäß § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 den baupolizeilichen Auftrag, das auf dem Grundstück Nr. x, EZ x, KG x, errichtete Baumhaus binnen einer Frist von sechs Monaten zu beseitigen. Dieser Bescheid ist seit 14.02.2013 rechtskräftig. Der Beschwerdeführer ist diesem rechtskräftigen Bescheid bis zumindest 28.09.2015 nicht nachgekommen. Es wurden mehrere Strafverfahren für unterschiedliche Tatzeitabschnitte durchgeführt und der Beschwerdeführer mehrfach rechtskräftig bestraft. Unter anderem wurde über den Beschwerdeführer mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 19.06.2015 zu GZ: BauR96-25-2015 für den Tatzeitraum vom 17.04.2015 bis zumindest 26.05.2015 eine Verwaltungsstrafe von 800 Euro verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 22.07.2015 zu GZ: LVwG-100042 bestätigt. Weiters verhängte die belangte Behörde mit Straferkenntnis vom 11.09.2015 zu GZ: BauR96-41-2015 für den Tatzeitraum vom 24.06.2015 bis zumindest 18.08.2015 eine Geldstrafe von 1.200 Euro (siehe dazu das zu GZ: LVwG-100045 protokollierte Beschwerde-verfahren). Der Beschwerdeführer begann am 20.10.2015 mit den Abbauarbeiten. Das Baumhaus wurde am 31.12.2015 vollständig beseitigt, wodurch der Beschwerdeführer dem Beseitigungsauftrag letztlich nachkam. Der Beschwerdeführer bezieht ein monatliches Nettoeinkommen von 1.000 Euro, hat sonst kein Vermögen und keine Sorgepflichten.

 

 

III.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

1.            Der Beschwerdeführer bringt vor, dass es ihm wegen des Winterschlafes der Siebenschläfer nicht möglich gewesen sei, vor Mai (2015) das Baumhaus zu beseitigen. Er habe letztlich am 20.10.2015 mit den Abbauarbeiten begonnen.

 

Dem ist zu entgegen, dass der hier verfahrensgegenständliche Tatzeitraum am 15.09.2015 begann und am 28.09.2015 endete. Damit geht dieses Vorbringen des Beschwerdeführers aber schon aus chronologischen Gesichtspunkten ins Leere.

 

Nach § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 hat die Baubehörde – wenn sie feststellt, dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wurde, dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, die bauliche Anlage innerhalb einer festzusetzenden angemessenen Frist – wenn die Möglichkeit der nachträglichen Bewilligung aufgrund der Rechtslage nicht gegeben ist – zu beseitigen und gegebenenfalls den vorherigen Zustand wieder herzustellen.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 Z 11 Oö. BauO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer baupolizeiliche Anordnungen nicht bescheidmäßig erfüllt. Eine solche Verwaltungsübertretung ist nach § 57 Abs. 2 Oö. BauO 1994 mit Geldstrafe bis zu € 36.000 zu bestrafen.

 

Das objektive Tatbild der genannten Verwaltungsübertretung begeht daher, wer einer behördlichen Anordnung, worunter der hier relevante rechtskräftige baupolizeiliche Beseitigungsauftrag zweifellos fällt, nicht innerhalb der festgesetzten Erfüllungsfrist nachkommt.

 

Der dem Beschwerdeführer gemäß § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 erteilte Beseitigungsauftrag ist seit 14.02.2013 rechtskräftig. Der Beschwerdeführer ist dieser behördlichen Anordnung, wie auch aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers hervorgeht, zumindest bis 28.09.2015 und damit jedenfalls nicht binnen der vorgeschriebenen Erfüllungsfrist von sechs Monaten (arg: „... am 20.Oktober [2015] mit den Abbrucharbeiten begonnen [...]“) nachgekommen.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist daher zweifelsfrei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand verwirklicht.

 

2.            Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretung der Nichtbefolgung eines baupolizeilichen Auftrages für einen bestimmten Zeitraum (hier: 15.09.2015 bis zumindest 28.09.2015) um ein Dauerdelikt, bei welchem das Unrecht der Tat mit der Vornahme der Handlung beginnt und erst mit deren Aufhören – konkret der Beseitigung der Konsenswidrigkeit – endet (vgl. VwGH 31.01.2012, 2009/05/0123). Daher steht der Bestrafung bereits für einen anderen Zeitraum nicht entgegen, dass der Beschuldigte bereits für einen anderen Zeitraum, in dem der gesetzwidrige Zustand aufrecht erhalten wurde, bestraft worden war (vgl. VwGH 26.06.2009, 2008/02/0001).

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Beschwerdeführer initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Ein solcher Entlastungsbeweis wurde vom Beschwerdeführer nicht geführt. Der Beschwerdeführer hat daher die ihm vorgeworfene Tat auch subjektiv zu verantworten.

 

3.            Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach Abs. 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Geht es um die Bestrafung (und nicht um die Vollstreckung) eines Beseitigungsauftrages, kann der Milderungsgrund des Wohlverhaltens seit der Begehung der Tat von Bedeutung sein (vgl. VwGH 28.02.2006, 2005/06/0061).

 

Gemäß § 34 Abs. 1 Z 18 StGB ist es insbesondere ein Milderungsgrund, wenn der Täter die Tat schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten hat. Liegt die Tat zum Urteilszeitpunkt schon längere Zeit zurück und hat sich der Täter seither wohlverhalten, kommt ihm dieser Umstand nach § 34 Abs. 1 Z 18 StGB mildernd zugute. Als „längere Zeit“ ist eine Zeitspanne zu verstehen, die sich an der fünfjährigen Rückfallsverjährungszeit des § 39 Abs. 2 StGB orientiert. Die Beurteilung des geforderten Wohlverhaltens ist nach denselben Kriterien vorzunehmen wie sie für die Annahme eines ordentlichen Lebenswandels (§ 34 Abs. 1 Z 2) maßgebend sind (vgl. Ebner in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 34 Rz 39 mVa § 32 Rz 46).

 

Die verfahrensgegenständliche Tat liegt erst 11 Monate zurück. Darüber hinaus begann der Beschwerdeführer erst am 20.10.2015 das Baumhaus abzubauen. Die Abbauarbeiten wurden erst am 31.12.2015 abgeschlossen. Der Beschwerdeführer blieb sohin über rund einen Monat nach dem verfahrensgegenständlichen Tatzeitraum (hier: nach dem 28.09.2015) untätig. Er verhielt sich daher nicht von Anbeginn an (arg: „seither“) wohl. Darüber hinaus ging der Beseitigung eine mehrjährige beharrliche Verweigerung voraus, weil er den Auftrag erst rund drei Jahre (!) nach Rechtskraft des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund erfüllte. Ob daher überhaupt ein Wohlverhalten des Beschwerdeführers angenommen werden darf, kann dahingestellt bleiben. Der inzwischen vorgenommene Abbau des Baumhauses stellt daher weder den Milderungsgrund des Wohlverhaltens noch einen anderen Milderungsgrund iSd § 19 VStG iVm § 34 StGB dar und führt nicht zu einer Strafmilderung durch das Landesverwaltungsgericht.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist (vgl. ua. VwGH 28.11.1966, 1846/65). In Verwaltungsstrafsachen normiert Art. 130 Abs. 3 B-VG eine umfassende Ermessenskontrolle. Demnach kann das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis innerhalb des Ermessensspielraums zu einem anderen Ergebnis kommen und dieses an die Stelle des verwaltungsbehördlichen Ergebnisses setzen.

 

Über den Beschwerdeführer verhängte die belangte Behörde für unterschiedliche Tatzeiträume bereits mehrere Verwaltungsstrafen, unter anderem mit Straferkenntnis vom 19.06.2015 zu GZ: BauR96-25-2015, bestätigt durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu GZ: LVwG-100042, eine Geldstrafe in Höhe von 800 Euro wegen der Nichtbeseitigung des Baumhauses im Zeitraum von rund eineinhalb Monaten, vom 17.04.2015 bis zumindest 26.05.2015. Nur wenige Wochen vor dem gegenständlichen Verfahren, bestrafte die belangte Behörde den Beschwerdeführer für die Nichtbeseitigung im Zeitraum von weiteren eineinhalb Monaten, vom 24.06.2015 bis zumindest 18.08.2015 (siehe dazu das zu GZ: LVwG-100045 protokollierte Beschwerdeverfahren). Nicht einmal einen Monat danach wurde dem Beschwerdeführer der verfahrensgegenständliche Tatzeitraum von rund zwei Wochen ab 15.09.2015 bis zumindest 28.09.2015 angelastet und eine Geldstrafe von 1.200 Euro verhängt. Zwar ist aus general- und spezialpräventiven Erwägungen im Vergleich zur rechtskräftigen Vorstrafe hinsichtlich der Tatbegehung im Frühjahr 2015 eine höhere Geldstrafe geboten. Angesichts des wesentlich kürzeren Tatzeitraumes ist bei gleichbleibender Vermögenslage (1.000 Euro monatliches Nettoeinkommen) und unverändertem Tatbestand aber die von der belangten Behörde vorgenommene Straferhöhung um 50 % insbesondere vor dem Hintergrund des Strafrahmens (bis 36.000 Euro) und der damit drohenden „Progressionseskalation“ tendenziell überzogen. Dass die Geldstrafe im unteren Bereich des Strafrahmens anzusiedeln ist, ist im gegenständlichen Fall schon den Einkommens- und Vermögensverhältnissen geschuldet. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich befindet eine Straferhöhung um 100 Euro, sohin eine Geldstrafe von 900 Euro als tat- und schuldangemessen.

 

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die zur Last gelegte Tat sowohl objektiv als auch subjektiv als erwiesen anzusehen ist. Das Strafmaß ist nach den Umständen des Einzelfalles, auch in Berücksichtigung der durch die faktische Entfernung des Bauwerks letztlich nun doch geänderten Sachlage, auf 900 Euro herabzusetzen.

 

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Beschwerdeführer nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

 

Aufgrund der Reduktion der Strafe hat der Beschwerdeführer keine Kosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu bezahlen. Der von ihm zu leistende Kostenbeitrag zum behördlichen Verfahren beträgt gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG 90 Euro (= 10 % der neu festgesetzten Geldstrafe).

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s e

1. Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

2. Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.


 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Verena Gubesch