LVwG-150185/29/RK/KHU

Linz, 15.07.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Dr. Roland Kapsammer über die Beschwerde des Herrn M. H., vertreten durch G S P Rechtsanwälte, E x, x W, vom 28.01.2014, gegen den Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde P vom 12.12.2013, mit dem der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters, mit dem die Bauplatzbewilligung auf dem Grundstück Nr. x, KG M, verweigert wurde, abgewiesen wurde,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.      Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Mit Eingabe vom 23.08.2013 beantragte der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf) die baubehördliche Bewilligung von Bauplätzen nach § 4 bzw. für die Änderungen von Bauplätzen und bebauten Grundstücken nach § 9 Oö. BauO 1994 betreffend das Grundstück Nr. x, EZ x, KG M.

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde P vom 19.09.2013 (keine GZ) wurde das Ansuchen gemäß §§ 5 und 9 Oö. BauO abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass das ggst. Grundstück im Flächenwidmungsplan als Grünland ausgewiesen sei. Eine Bauplatzbewilligung könne nur für im Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesene Grundflächen erteilt werden.

 

Dagegen erhob der Bf durch seine rechtsfreundliche Vertretung mit Eingabe vom 14.10.2013 Berufung, in der er mit näherer Begründung die Rechtswidrigkeit des Flächenwidmungsplanes vorbrachte.

 

Mit Bescheid des Gemeinderates von P vom 12.12.2013, keine GZ, wurde der Bescheid des Bürgermeisters bestätigt und die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Baubewilligungen gem. § 3 Abs. 1 Oö. BauO 1994 nur auf Grundflächen erteilt werden dürften, für die eine Bauplatzbewilligung vorliege oder gleichzeitig mit der Baubewilligung erteilt werde. Das ggst. Grundstück sei mit einem desolaten Gebäude landwirtschaftlicher Herkunft bebaut, weshalb der Antrag abzuweisen gewesen sei. Alleine die Tatsache, dass das Grundstück bebaut sei, mache ersichtlich, dass ein Ansuchen um Erteilung einer Bauplatzbewilligung obsolet sei. Im Anlassfall komme noch hinzu, dass für Grundstücke im Grünland eine Bauplatzbewilligung von Gesetzes wegen nicht vorgesehen und daher nicht möglich sei. Es sei daher die Frage der Widmung „Grünland“ oder „Sternchenwidmung“ unerheblich, weil beide Ausweisungen zum selben Ergebnis geführt hätten.

 

Dagegen erhob der Bf mit Schriftsatz vom 28.01.2014 durch seine rechtsfreundliche Vertretung Beschwerde. Begründend wurde ausgeführt, dass eine Bauplatzbewilligung auch für bebaute Grundstücke erteilt werden könne; die diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde seien unzutreffend. Grundsätzlich zutreffend habe die Behörde jedoch ausgeführt, dass eine (rechtmäßige) Grünlandwidmung der Erteilung einer Bauplatzbewilligung entgegenstehen würde. Es sei aber bereits darauf hingewiesen worden, dass der Flächenwidmungsplan ggf. geändert werden müsse bzw. werde eine Anregung an das Verwaltungsgericht gestellt, ein Verordnungsprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof zu initiieren. Zur Gesetzwidrigkeit des Flächenwidmungsplanes wurde ausgeführt, dass bei der Rückwidmung im Jahr 2001 durch Flächenwidmungsplan Nr. x ein wesentlicher Verfahrensfehler bei der Verordnungserlassung vorgelegen sei. Ferner begründe der jahrhundertelange Gebäudebestand und die damit verbundene Bebauungsmöglichkeit einen entsprechenden Vertrauensschutz, der einer Rückwidmung entgegenstehe. Des Weiteren sei jede Rückwidmung vor allem auch unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Gleichheitssatzes relevant, nicht zuletzt aufgrund der umliegenden Wohnbebauung. Ferner liege ein Eingriff in das Eigentumsrecht vor. Schließlich könne davon ausgegangen werden, dass bei der Ausweisung seiner Grundstücke als Grünland keine oder eine völlig unzureichende Interessenabwägung stattgefunden habe. So sei die landwirtschaftliche Herkunft des Gebäudes von Seiten der Behörde behauptet worden, während das Gebäude tatsächlich stets überwiegend zu Wohnzwecken genutzt worden sei, während landwirtschaftliche Tätigkeiten nur in geringfügigem Umfang ausgeübt worden seien. Vor diesem Hintergrund beantragte der Bf die Beischaffung der Verordnungsakten, die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung sowie die Stattgabe seiner Beschwerde, allenfalls nach vorheriger Beantragung der Aufhebung des Flächenwidmungsplanes durch den Verfassungsgerichtshof.

 

Mit Stellungnahme vom 06.10.2014 präzisierte der Bf seine Bedenken gegen den Flächenwidmungsplan und legte nähere Details hinsichtlich des Verordnungserlassungsverfahrens zu Flächenwidmungsplan Nr. x dar.

 

Am 06.11.2014 führte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Darin wurde sowohl vom Bf als auch von Seiten der belangten Behörde geäußert, dass eine (Einzel-)Umwidmung des Grundstückes des Bf angestrebt werde und mit der Entscheidung durch das angerufene Gericht bis zu diesem Zeitpunkt zugewartet werden solle.

 

Mit Eingabe der Gemeinde P vom 08.10.2015 wurde der Bescheid der Oö. Landesregierung vom 29.09.2015, GZ: RO-R-311558/4-2015-Els, mit dem der angesprochenen Änderung des Flächenwidmungsplanes die aufsichtsbehördliche Genehmigung versagt wurde, vorgelegt. Mit Äußerung vom 02.02.2016 führte der Bf hierzu aus, dass er seine ggst. Beschwerde aufrechterhalten möchte, um allenfalls einen Rechtsweg zum Verfassungsgerichtshof bestreiten zu können.

 

Der soeben angesprochene Bescheid der Oö. Landesregierung war Gegenstand einer Bescheidbeschwerde der Gemeinde P an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 24.05.2016, Zl. LVwG-150825/4/MK, wurde diese Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

 

II.            Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

 

Der Bf ist Alleineigentümer des Grundstückes Nr. x, EZ x, KG M, in der Gemeinde P. Das Grundstück ist nach dem aktuell gültigen Flächenwidmungsplan Nr. x der Gemeinde P als Grünland gewidmet.

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt – insbesondere durch Einsichtnahme in den aktuell gültigen Flächenwidmungsplan Nr. x sowie die vorgelegten Akten betreffend die Erlassung bzw. Genehmigung der Flächenwidmungspläne Nr. x und x. Der festgestellte Sachverhalt ergab sich widerspruchsfrei aus den aufgenommenen Beweismitteln.

 

 

III.           Die Oö. Bauordnung 1994, LGBl 1994/66 idgF LGBl 2013/90 (im Folgenden: Oö. BauO 1994), lautet auszugsweise wie folgt:

 

„1. Abschnitt

Bauplätze

 

§ 3

Allgemeines

 

(1) Der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden darf nur auf Grundflächen bewilligt werden, für die eine Bauplatzbewilligung nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 4 bis 7 vorliegt oder gleichzeitig mit der Baubewilligung erteilt wird.

 

(2) Abs. 1 gilt nicht für:

1. Baubewilligungen, die gemäß § 35 Abs. 5 nur auf Widerruf oder nur für einen fünf Jahre nicht übersteigenden Zeitraum erteilt werden;

2. Baubewilligungen für Gebäude auf Verkehrsflächen;

2a. Baubewilligungen für zur Gänze unter dem künftigen Gelände gelegene Gebäude oder Gebäudeteile;

3. Baubewilligungen für Gebäude im Grünland (§ 30 Abs. 5 bis 8a Oö.    Raumordnungsgesetz 1994);

4. Baubewilligungen für unmittelbar der Land- und Forstwirtschaft dienende Gebäude im Dorfgebiet (§ 22 Abs. 2 Oö. Raumordnungsgesetz 1994);

  5. Baubewilligungen für Gebäude, die nicht für Wohnzwecke bestimmt sind und baurechtlich nur untergeordnete Bedeutung haben (wie mit Schutzdächern versehene Abstellplätze und Garagen, kleine Kapellen, Garten- und Gerätehütten, Boots- und Badehütten, Umspann-, Umform- und Schaltanlagen und dergleichen, jeweils mit einer bebauten Fläche bis zu 70 m2), wenn Interessen an einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung dadurch nicht verletzt werden.

 

§ 5

Bauplatzbewilligung

 

(1) Über einen Antrag gemäß § 4 hat die Baubehörde einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Die Bauplatzbewilligung ist zu erteilen, wenn

1. die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers vorliegt,

2. der Erteilung nicht gesetzliche Bestimmungen oder Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes entgegenstehen und

3. die Bauplatzbewilligung mit den Grundsätzen der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung vereinbar ist.

Dabei sind die öffentlichen Interessen der Sicherheit, der Gesundheit, des Verkehrs und der Wahrung eines ungestörten Orts- und Landschaftsbildes besonders zu beachten. Der Bauplatzbewilligung stehen auch dann Bestimmungen eines Bebauungsplanes entgegen, wenn der nach § 4 Abs. 3 Z 4 vorgelegte Plan für Zwecke der grundbücherlichen Teilung die Grundabtretungspflicht gemäß § 16 Abs. 1 nicht berücksichtigt.

 

[...]“

 

IV.          Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat über die rechtzeitige Beschwerde durch seinen gemäß § 2 VwGVG zuständigen Einzelrichter erwogen:

 

Einleitend ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Verwaltungsgerichte ihre Entscheidung nach der stRsp des Verwaltungsgerichtshofes an die zu diesem Zeitpunkt gegebene Sach- und Rechtslage auszurichten haben (vgl. etwa nur VwGH 27.04.2016, Zl. Ra 2015/05/0069; 16.12.2015, Zl. Ro 2014/03/0083 mwN). Zur Beurteilung der ggst. Rechtssache ist für das Landesverwaltungs­gericht Oberösterreich der Flächenwidmungsplan Nr. x heranzuziehen, welcher vom Gemeinderat am 02.03.2012 und 19.06.2012 beschlossen sowie durch Anschlag an der Amtstafel von 03.07.2012 bis 18.07.2012 kundgemacht wurde.

 

Strittig war im Verfahren nicht die Widmung des ggst. Grundstückes, sondern vielmehr die Frage, ob dem Flächenwidmungsplan derartige rechtliche Bedenken anhaften, die das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Initiierung eines Verfahrens gemäß Art 139 Abs. 1 B-VG iVm Art 135 Abs. 4 und Art 89 Abs. 2
B-VG beim Verfassungsgerichtshof verhalten würden.

 

Was die vom Bf vorgebrachten formellen Bedenken betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass für einen Antrag auf Verordnungsprüfung relevante Fehler im Verordnungserlassungs­verfahren, die den Flächenwidmungsplan Nr. x betreffen, nicht vorgebracht wurden. Vielmehr zeigt sich, dass nach Kundmachung der beabsichtigten Überprüfung des Flächenwidmungsplanes an der Amtstafel der Gemeinde P im Juni 2010 ein Änderungsantrag hinsichtlich des ggst. Grundstückes eingebracht, Erhebungen durchgeführt und deren Ergebnis dem Bf mitgeteilt wurde (siehe die Verhandlungsschriften zu den Sitzungen des Gemeinderates vom 06.05.2011 und 02.03.2012). Letztlich kam der Gemeinderat jedoch der vom Bf gewünschten Widmung seines Grundstückes nicht nach.

In weiterer Folge wurde – nach einer diesbezüglichen Anregung des Bf in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 06.11.2014 – im Jahr 2015 erneut eine Änderung der Widmung des ggst. Grundstückes von Seiten der Gemeinde initiiert, welcher jedoch die aufsichtsbehördliche Genehmigung rechtskräftig versagt wurde (siehe hierzu das unten dargestellte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 24.05.2016).

 

Trotz der Einbeziehung des Bf – sowohl bei der Erlassung des Flächenwidmungsplanes Nr. x als auch bei der jüngsten (Einzel-)Umwidmung – war von der von ihm beantragten sog. „Sternchenwidmung“ seines Grundstückes im Ergebnis Abstand zu nehmen. Bei dieser handelt es sich nach Pkt. 1.3.14 der Anlage 1 der Planzeichenverordnung für Flächenwidmungspläne in der zum Zeitpunkt der Erlassung des ggst. Flächenwidmungsplans relevanten Fassung (LGBl 46/2008) um die Darstellung der Widmung für ein bestehendes Wohngebäude im Grünland, für das die Widmung Dorfgebiet festgelegt wird. Auch früheren Fassungen der Planzeichenverordnung bzw. des Flächenwidmungsplanes der Gemeinde P lässt sich eindeutig entnehmen, dass eine derartige „Sternchenwidmung“ immer in der Weise definiert wurde, dass auf ein bestehendes Wohngebäude im Grünland Bezug zu nehmen ist.

 

Was die Möglichkeiten der Widmung des ggst. Grundstückes mit der genannten „Sternsignatur“ im Lichte der raumordnungsrechtlichen Vorgaben betrifft, erfolgte eine umfassende Erörterung durch Erkenntnis des Landesverwaltungsgericht Oberösterreich vom 24.05.2016, Zl. LVwG-150825/4/MK, betreffend die gemeindeaufsichtsbehördliche Versagung der Umwidmung. Darin wurde auszugsweise wie folgt ausgeführt:

 

„Bei einer (Sonder-)Ausweisung im Grünland in Form der Sternsignatur als „Bestehendes Wohngebäude im Grünland“ handelt es sich um einen (wenngleich systematisch atypischen) Akt der Baulandwidmung („Dorfgebiet“ iSd § 22 Abs. 2 Oö. ROG 1994).

[...] Entgegen der – was diese systematische „Verwerfung“ anbelangt nachvollziehbaren – Argumentation der Bf haben sowohl der VfGH als auch der VwGH in diesem Zusammenhang eindeutig ausgesprochen, dass die Ausweisungen mit der Sternsignatur einen Akt der Baulandwidmung darstelle, und daher auch die entsprechenden inhaltlichen Kriterien heranzuziehen sind, sofern klargestellt ist, auf welche planlich eindeutig dargestellte Fläche sich diese Widmung bezieht. [...]

 

Mit anderen Worten sollte mit dieser restriktiv zu handhabenden Form der Ausweisung ein Bestandskatalog der – und auch das ist aus den gesetzgeberischen Zielsetzungen eindeutig abzuleiten – hinkünftig kritisch zu betrachtenden siedlungsstrukturellen Gegebenheiten erstellt werden.

Daneben war es immer auch Ziel der Raumordnung, bestehende und in ihrer Tradition gewachsene Wohngebäude (insbesondere auch Kleingebäude) im Grünland basierend auf ihrem land- und forstwirtschaftlichen Ursprung einer den Zielen und Grundsätzen dieses Regelungsregimes entsprechenden, potenziellen Bestandsgarantie zuzuführen. Dies insbesondere deshalb, weil dem materiellen Ansatz der Raumordnung eine generelle Abkehr bzw. kategorische Beseitigung von gewachsenen und daher auch prägenden (Siedlungs-)Elementen vor dem Hintergrund der Raumentwicklung grundsätzlich fremd ist.

 

Beiden Ansätzen ist – so unterschiedlich die jeweiligen Regelungen rechtstechnisch auch gestaltet sein mögen – ein vorrangiges Abstellen auf die Erhaltungswürdigkeit des (Bau-) Bestandes (als objektiv nachvollziehbares Kriterium für die faktische Relevanz bzw. Berechtigung eines von den Kernzielen des Regelungsregimes tendenziell abweichenden Phänomens) gemein.

 

IV.2. Vor diesem Hintergrund ist zu den in der Begründung des bekämpften Bescheides herangezogenen Argumenten darüber hinaus Folgendes festzuhalten:

 

IV.2.1. Zersiedelung

 

Nach der stRsp des VwGH definiert der Begriff „Zersiedelung“ grundsätzlich eine für die Zukunft relevante Vorgehensweise innerhalb eines bestimmten Landschaftsraumes, wenn durch eine Maßnahme oder ein Vorhaben eine Erweiterung von Siedlungssplittern eingeleitet oder fortgesetzt wird. Dies trifft – und diesbezüglich ist dem Vorbringen der Bf auch beizupflichten – bei einem faktisch unbestritten vorliegenden Bestand über einen Zeitraum von jedenfalls mehr als 140 Jahren – was den Bestand an sich betrifft – definitiv nicht zu.

 

Gegenstand der hier vorzunehmenden Beurteilung ist aber nicht die Frage des objektiven Bestandes, sondern jene, ob ein (von allen Verfahrensparteien unbestritten) bestehender Baukörper hinkünftig der Baulandkategorie „Dorfgebiet“ und den mit dieser Widmung eingeräumten baulichen Möglichkeiten zugeordnet werden kann. Es geht hier also nicht um die Frage des Bestandes, sondern ganz wesentlich um eine abstrakte Kategorisierung und die damit verbundene (ordnungsrechtlichen Materien auf Grund ihres prognostischen Charakters stets immanente) Frage der zu erwartenden (zumindest aber möglichen) Entwicklung. In diesem Licht betrachtet entspricht es ganz allgemein nicht den Intentionen des Gesetzgebers, solitäre Baukörper zu forcieren, und zwar weder in ihrem (speziellen wie generellen) Umfang noch in ihrer Gestaltung. Gerade in dieser Hinsicht gewährt aber die Baulandkategorie „Dorfgebiet“ vergleichsweise weitreichende Möglichkeiten, die den Interessen des Gesetzgebers im Zusammenhang mit der Abgrenzung zum „ländlichen Raum“ diametral zuwiderlaufen.

 

Genau diesem Umstand ist – wenn auch nur in einem sehr kleinräumigen, gerade deshalb aber im Vergleich zu sonst charakteristischen Siedlungsgebieten wahrnehmungsintensiven Umfeld – der widmungskategorisch relevante Aspekt der Zersiedlung nicht abzusprechen.

 

[...]

 

IV.2.4. Land- und forstwirtschaftlicher Ursprung:

 

[...] Bei näherer Recherche ist auch leicht festzustellen (und im Ergebnis aus dem vorgelegten Akt auch ersichtlich), dass es sich bei einer „Sölde“ zwar um kein typisches agrarisches, also der land- und forstwirtschaftlichen Urproduktion zuzurechnendes Betriebsgebäude heutigen Beurteilungsstandards handelt. Die „Sölde“ bezeichnet Haus und Grund eines Söldners (kein Soldat, sondern ein Kleinbauer, Häusler), der manchmal auch etwas Vieh besaß, davon allein in der Regel aber nicht leben konnte. Als Taglöhner oder Handwerker musste er zusätzlichen „Sold“ dazuverdienen, etwa als Schmied, Schneider, Wagner, Schäffler, Bäcker, Kistler, etc. Der Aspekt der land- und forstwirtschaftlichen Produktion beschränkte sich im Wesentlichen auf die Selbstversorgung. Damit kam dem Wohnzweck auch deshalb eine gewisse Bedeutung zu, weil diese Objekte mit einem geringfügigen Grundanteil von den landwirtschaftlichen Höfen abgetrennt dem selbständigen Besitz bzw. Eigentum zugänglich gemacht wurden.

Dass sich beim Siedlungsphänomen der „Sölde“ kritisch-abstrakt aber ebenso zweckbestimmende, agrarische Tätigkeiten (und damit in ihrer Planmäßigkeit solche der Land- und Forstwirtschaft) feststellen lassen, was sich auch im gegenständlichen Fall eindeutig in der Funktionalität des Gebäudebestandes niederschlägt, ordnet Gebäude dieser Siedlungs- und Bauform ihrer Grundidee nach der (was den Begriff „Ursprung“ anbelangt historisch auszulegenden) Sphäre der über einen bloßen Nebeneffekt hinausgehend land- und forstwirtschaftlichen Nutzung zu. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass – neben der Schaffung von Wohnraum – tendenziell auch die Grundlage für die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten gelegt wurde. In der Nachschlageliteratur wird die „Sölde“ auch regelmäßig dem Bereich der Landwirtschaft und dabei den Kategorien der landwirtschaftlichen Bauform, der Agrarsoziologie und der Agrarrechtsgeschichte zugeordnet (vgl. zum Begriff etwa aus Wikipedia – Sölde / Landwirtschaft). „Söldner“ waren demnach keine Arbeiter mit einem Selbstversorgergarten, sondern Kleinstbauern, die davon alleine nicht leben konnten.

 

Sehr wohl findet dieses Phänomen daher seinen Ursprung in der Land- und Forstwirtschaft und nicht in der (oben bereits beschriebenen) davon losgelösten „reinen“ Wohnraumschaffung. In diesem Zusammenhang stellt sich die über einen so langen Zeitraum nachvollziehbare Geschichte des Objektes aber auch als ein (im Sinne der Intention des hier verfahrensgegenständlichen Antrages insofern mutmaßlich kontraproduktives) Sachverhaltselement dar, als diese Qualifikation naturgemäß auch bedeutet, dass es sich bei dem in Rede stehenden Gebäude um ein solches land- und forstwirtschaftlichen Ursprungs handelt, auch wenn derartige Kleinstlandwirtschaften den heutigen Anforderungen an einen Agrarbetrieb nicht mehr entsprechen und agrarische Tätigkeiten u.U. auch schon länger nicht mehr tatsächlich ausgeübt wurden.

 

[...]

 

V. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Voraussetzungen für die Ausweisung des gegenständlichen Objekts als „Bestehendes Wohngebäude im Grünland“ infolge der damit verbundenen Schaffung eines Baulandsplitters sowie des land- und forstwirtschaftlichen Ursprungs des Objektes nicht vorliegen. [...]“

 

Vor dem Hintergrund der wiedergegebenen Erwägungen zu Aspekten der Zersiedelung sowie insbes. des land- und forstwirtschaftlichen Ursprungs des auf dem Grundstück befindlichen Baubestandes – denen sich der erkennende Richter vollumfänglich anschließt – hat das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich keine Bedenken, was die Widmung des ggst. Grundstückes als Grünland anbelangt.

 

Wenn nämlich das auf dem Grundstück bestehende Gebäude ein solches landwirtschaftlichen Ursprungs ist und damit in seiner originären Funktion nicht als Wohngebäude angesehen werden kann, entspricht eine sog. „Sternchenwidmung“ nicht den einschlägigen raumordnungsrechtlichen Vorgaben. Eine solche Widmung konnte daher vom Gemeinderat in rechtskonformer Weise nicht erfolgen bzw. bei Neuerlassung eines Flächenwidmungsplanes nicht aufrechterhalten werden. In der Absehung von der Festlegung einer „Sternchenwidmung“ für das ggst. Grundstück ist daher die Beseitigung eines gesetzwidrigen Zustandes zu erblicken, bei der der Gemeinde nach der Rsp des Verfassungsgerichtshofes kein Auswahlermessen zukommt (vgl. idS. etwa VfSlg 16.323).

Bedenken an der Gesetzwidrigkeit des hier einschlägigen Flächenwidmungsplanes Nr. x konnten daher im Ergebnis vom Bf weder in materieller noch in formeller Hinsicht geweckt werden.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 Oö. BauO 1994 ist eine Bauplatzbewilligung zu erteilen, wenn

1.   die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers vorliegt,

2.   der Erteilung nicht gesetzliche Bestimmungen oder Bestimmungen eines Flächenwidmungsplanes oder eines Bebauungsplanes entgegenstehen und

3.   die Bauplatzbewilligung mit den Grundsätzen der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung vereinbar ist.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 Oö. BauO 1994 darf der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden nur auf Grundflächen bewilligt werden, für die eine Bauplatzbewilligung nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 4 bis 7 vorliegt oder gleichzeitig mit der Baubewilligung erteilt wird. Abs. 1 gilt jedoch gemäß § 3 Abs. 2 Z 3 leg cit nicht für Baubewilligungen für Gebäude im Grünland.

 

Die Erteilung einer Bauplatzbewilligung kommt für Grundstücke, die als Grünland gewidmet sind, nicht in Betracht (vgl. etwa VwGH 12.06.2012, Zl. 2012/05/0059), was der Bf in seiner Beschwerdeschrift auch selbst darlegt (vgl. Pkt. B.2. der Beschwerde vom 28.01.2014, wonach „eine [rechtmäßige] Grünlandwidmung der Erteilung einer Bauplatzbewilligung gemäß § 5 Abs 1 Z 2 Oö. BauO entgegenstehen würde“).

 

Das Grundstück des Bf ist nach dem aktuell gültigen Flächenwidmungsplan Nr. x unstrittig als Grünland gewidmet. Die belangte Behörde hat den Antrag auf Erteilung einer Bauplatzbewilligung damit zutreffend abgewiesen.

 

 

V.           Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.

 

 

VI.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. zu einer Bauplatzbewilligung auf Grünland: VwGH 12.06.2012, Zl. 2012/05/0059 betreffend die Oö. BauO). Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Dr. Roland Kapsammer