LVwG-850589/11/Bm/BHu

Linz, 05.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seine Richterin Mag.a Michaela Bismaier über die Beschwerde der A S GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. F T, x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9. März 2016, GZ: Ge20-78-2015, sowie den Antrag der Dr. G P, des MMag. Dr. S P und des J P, vertreten durch Rechts­anwälte Mag. W D, Dr. E M, MMag. Dr. S P, x, x, auf Zuerkennung der Parteistellung betreffend Verfahren nach § 79 GewO 1994 nach Durch­führung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 15. Juni 2016

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der Beschwerde Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

 

 

II.      Dem Antrag der Dr. G P, des MMag. Dr. S P und des J P auf Zuerkennung der Parteistellung wird keine Folge gegeben.

 

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 

 

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I. 1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 9. März 2016, GZ: Ge20-78-2015, wurde der A S GmbH hinsichtlich des von der A S GmbH betriebenen Mineralöltanklagers im Standort x, x, die für das betreffende Mineralöltanklager gewerbe­behördlich rund um die Uhr genehmigte Betriebszeit im Grunde des § 79 GewO 1994 auf Montag bis Sonntag von 06:00 Uhr bis 19:00 Uhr eingeschränkt. Gleichzeitig wurde vorgeschrieben, sämtliche zum Betrieb des Tanklagers erfor­derlichen Manipulationen, wie insbesondere das Zu- und Abfahren von LKW, das Starten bzw. das Laufenlassen von Motoren, das An- und Abkoppeln von Anhän­gern, die Tankvorgänge udgl., ausschließlich innerhalb dieses Betriebszeitraumes vorzunehmen.

 

Begründend wurde im angefochtenen Bescheid ausgeführt, die A S GmbH betreibe auf Grundstück Nr. x, KG x, ein Tanklager für Mineralöl. Dieses Tanklager sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom
26. April 1977, GZ: Ge-806-1976, gewerbebehördlich genehmigt worden. Die Betriebsanlagengenehmigung sei ohne Zugrundelegung von bestimmten Betriebszeiten erteilt worden. Auf Grundlage dieser Genehmigung sei davon auszugehen, dass der Betrieb des Tanklagers von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr genehmigt sei und auch sämtliche Manipulationen zum Betrieb des Tanklagers in diesem Zeitraum bewilligt worden seien.

Zwischenzeitlich sei von der Familie P auf Grundstück Nr. x ein Gebäude errichtet worden und diene dieses nunmehr als Wohngebäude. Mit Schreiben vom
16. Oktober 2015 sei Familie P an die Bezirkshauptmann­schaft herangetreten, dass sie infolge des Betriebes des gegenständlichen Tank­lagers Gesundheitsgefährdungen befürchte. Von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt sei daraufhin im Grunde des § 79 GewO 1994, nach Konkretisierung der Betriebsabläufe durch die Anlagenbetreiberin, eine lärmtechnische Erhebung in Auftrag gegeben worden. Aufbauend auf den lärmtechnischen Erhebungen sei in weiterer Folge von einem medizinischen Amtssachverständigen Befund und Gut­achten erstellt worden.

Auf Grund der gutachtlichen Stellungnahmen, insbesondere des medizinischen Gutachtens, sei festzustellen, dass nunmehr - auch nach längerem Betrieb der Betriebsanlage - durch den Zuzug der Familie P ein Zustand eingetreten sei, bei dem - auch wenn die Anlage betriebsanlagenrechtlich bewilligt sei - die nach
§ 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen nicht mehr hinlänglich geschützt seien. Wenngleich Familie P erst nach Genehmigung der Betriebsanlage die Nachbarstellung im Sinne des § 75 Abs. 2 und 3 GewO 1994 erlangt habe, bleibe festzustellen, dass es infolge des Betriebes des Tanklagers bzw. der dadurch ausgelösten wiederholt auftretenden Schlafstörungen/Aufweckreaktio­nen - bei unbeschränkten Betriebszeiten - zu einer Gefährdung der Gesundheit der auf dem Nachbargrundstück wohnhaften Familie P kommen könne. Ins­besondere unter Berücksichtigung des Ruhebedürfnisses eines Kleinkindes sei daher der Betriebszeitraum auf 06:00 Uhr bis 19:00 Uhr an allen Tagen zu be­schränken. Zum Vorbringen der A S GmbH, wonach auf dem Grund­stück der Familie P lediglich ein Bürogebäude bewilligt worden sei und sich insofern dort keine Schlafstätten befinden würden, wonach auch allfällige Über­legungen betreffend Schlafstörungen völlig uninteressant wären, werde darauf hingewiesen, dass seitens der zuständigen Baubehörde Stadt­gemeinde F mitgeteilt worden sei, dass sich auf dem Grundstück der Familie P ein Wohngebäude befinde und dieses Wohngebäude baurechtlich als genehmigt zu qualifizieren sei.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die A S GmbH durch ihre anwalt­liche Vertretung innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, die belangte Behörde begründe den bekämpften Bescheid, gestützt auf die eingeholten gutachterlichen Stellungnahmen, zusam­mengefasst damit, dass der Betrieb des Tanklagers und die dadurch ausgelösten wiederholt auftretenden Schlafstörungen/Aufweckreaktionen bei unbeschränkten Betriebszeiten zu einer Gefährdung der Gesundheit der auf dem Nachbargrund­stück „wohnhaften“ Familie P führen würden und beschränke den Betriebs­zeitraum, unter Hinweis auf das Ruhebedürfnis eines Kleinkindes, auf 06:00 Uhr bis 19:00 Uhr an allen Tagen.

Es werde seitens der belangten Behörde davon ausgegangen, dass Familie P rechtmäßig im auf Grundstück Nr. x, KG x, errichteten Gebäude wohne. Der Bauakt der Stadtgemeinde F betreffend das auf Grundstück Nr. x, KG x, errichtete Gebäude mit der Zahl: Bau153/9-73-2012 sei trotz des Einwandes der Beschwerdeführerin, dass auf Grundstück Nr. x, KG x, nur ein Bürogebäude und kein Wohn­gebäude bewilligt worden sei, nicht eingeholt worden. Hätte die belangte Behörde den Bauakt beigeschafft, wozu sie von Amtswegen verpflichtet gewesen wäre, hätte sie festgestellt, dass nur der Neubau eines Bürogebäudes mit Ein­friedung eingereicht und sohin bewilligt worden sei.

Den Einreichplan betreffend die Errichtung eines Bürogebäudes vom 3. Dezem­ber 2012 habe auch die Beschwerdeführerin unterfertigt, zumal ihr nur bei einem Bau von Wohngebäuden umfangreiche und zu berücksichtigende Einwendungen im Zusammenhang mit ihrer auf ihrer Liegenschaft bestehenden gewerblichen Betriebsanlage zukommen würden (vgl. § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994). Bei wesentlichen Änderungen im Zuge des Verfahrens hätte ohnehin eine Bauver­handlung stattfinden müssen, wenn nicht anders das Parteiengehör gewahrt werde (vgl. § 34 Oö. BauO 1994). Bei gesetzeskonformer Auslegung der BauO 1994 sei aber natürlich auch eine nachträgliche Änderung der Verwendung eines Gebäudes in Wohngebäude bewilligungspflichtig. Die Änderung der Ver­wendung in Wohngebäude sei im Vergleich zum eingereichten Bauvorhaben (Bürogebäude) eine wesentliche, zumal dadurch subjektive Nachbarrechte, nämlich die der Beschwerdeführerin als Inhaberin einer bestehenden gewerb­lichen Betriebsanlage am angrenzenden Grundstück, beeinträchtigt würden. Die Verwendung widerspreche dem baurechtlichen Konsens.

Eine Baubewilligung der Änderung der Verwendung in Wohngebäude liege nicht vor.

Ein Bürogebäude diene nach Sinn und Zweck nicht als (regelmäßige) Schlaf­stätte, insbesondere nicht als Schlafstätte für Kleinkinder. Die Betriebsanlage der Beschwerdeführerin sei sohin bei rechtmäßiger Nutzung des auf Grundstück Nr. x errichteten Gebäudes nicht geeignet, die Gesundheit der Nachbarn zu gefährden.

 

Aus den obigen Gründen stelle die Beschwerdeführerin sohin den Antrag,

das Verwaltungsgericht möge eine Verhandlung anberaumen; die angebotenen Beweise aufnehmen; den Bescheid vom 9. März 2016, GZ: Ge20-78-2015, ersatzlos aufheben und das Verfahren einstellen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat diese Beschwerde als belangte Behörde gemeinsam mit dem Bezug habenden Verfahrensakt dem Landesver­waltungsgericht Oberösterreich (LVwG) zur Entscheidungsfindung vorgelegt.

 

4. Das LVwG hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der belangten Behörde zu GZ: Ge20-78-2015 sowie in den Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Freistadt zu GZ: Ge-806-1976 betreffend Genehmi­gungsverfahren Mineralöltanklager im Standort Grundstück Nr. x, KG x, sowie in den Bauakt der Stadtgemeinde F zu GZ: Bau153/9-73-2012 betreffend Bauverfahren Familie P.

Weiters wurde vom LVwG eine mündliche Verhandlung für den 15. Juni 2016 an­beraumt und an diesem Tage in Anwesenheit der Verfahrensparteien durch­geführt.

Auf Grund des sachlichen Zusammenhanges wurden die beim LVwG anhängigen Verfahren zu LVwG-800161, 800186 und 850575 zu einer gemeinsamen Ver­handlung verbunden.

 

Von Dr. G P, MMag. Dr. S P und J P wurde folgende Stellungnahme abgegeben:

„Der von der A S GmbH angefochtene Bescheid der Bezirks­hauptmannschaft Freistadt vom 9. März 2016, GZ: Ge20-78-2015, sei auch den mitbeteiligten Parteien von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt zugestellt worden.

Die mitbeteiligten Parteien als Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 GewO würden im Sinne des § 8 AVG ein rechtliches Interesse an dieser Angelegenheit haben und komme diesen daher Parteistellung zu, weshalb beantragt werde, den mitbeteiligten Parteien gegenständlich Parteistellung zuzuerkennen und eine Ausfertigung des Erkennt­nisses zuzustellen.

Die mitbeteiligten Parteien würden an der Adresse x, x wohnen und dort ihren meldebehördlichen Hauptwohnsitz haben. Die mitbeteiligten Parteien seien Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 GewO. Hervor­zuheben sei, dass Frau Dr. G P als dinglich berechtigte Grundstücks­eigentümerin immer Nachbarstellung im Sinne des § 75 Abs. 2 GewO zukomme. Das gegenständliche Grundstück diene vor allem auch ständigen Erholungs- und Frei­zeitzwecken der mitbeteiligten Parteien als Familie zu jeder Tages- und Nachtzeit und sei auch aus diesem Grunde infolge der Immissionen der gegenständlichen Betriebsanlage eine konkrete persönliche Gesundheitsgefährdung der mitbetei­ligten Parteien als Nachbarn im Falle des Betriebes innerhalb des Zeitraumes von 19:00 bis 06:00 Uhr gegeben.

Bauwille der Frau Dr. G P als Bauwerberin im Baubewilligungs­verfahren Stadtgemeinde F, Zl. Bau153/9-73-2012, sei stets von vorn­herein die Errichtung eines sogenannten kanadischen Holzblockhauses und die gemischte Nutzung dieses Gebäudes, nämlich einerseits zur Wohnnutzung und andererseits zur Büronutzung, gewesen. Aus steuerlichen Gründen sei schließlich das Gebäude in der planlichen Darstellung als ‚Bürogebäude‘ bezeichnet worden. Um auch die jederzeitige Wohnnutzung des Gebäudes zu gewährleisten, sei allerdings gleichzeitig der Verwendungszweck in der Baubeschreibung entspre­chend weit gefasst (und eben nicht eingeschränkt auf ausschließlich ‚Büronut­zung‘) worden, damit unter Verweis auf die zugrundeliegende Flächenwidmung sämtliche im Kerngebiet zur Verfügung stehenden Nutzungsarten, wie insbeson­dere auch die Wohnnutzung, vom Baukonsens umfasst und genehmigt seien.

Dementsprechend seien auch in der konkreten Baubeschreibung vom 19. Dezember 2012 das Bauvorhaben und der Verwendungszweck wie folgt angegeben worden:

Punkt 1 a) Art des Bauvorhabens: ‚Blockhaus‘

Punkt 1 c) Verwendungszweck: ‚Bestehende Widmung‘

Im Falle von allfälligen Widersprüchen zwischen Einreichplan und Baubeschrei­bung sei jedenfalls die Baubeschreibung vorrangig (vgl.
Oö. LVwG-150737/6/RK/FE). Daraus ergebe sich, dass die gegenständlich von der A S GmbH beanstandete Wohnnutzung des errichteten Gebäudes vollkommen dem baurechtlichen Konsens entspreche. Den mitbe­teiligten Parteien komme das subjektiv-öffentliche Recht zu, das gegenständliche Holz-Blockhaus entsprechend dem Verwendungszweck der Baubewilligung (Baubeschreibung) gemischt genutzt, Wohn- und Büronutzung, zu benutzen. Die beabsichtigte Wohnnutzung sei bei Einholung des nachbarlichen Einwendungs­verzichtes auch dem Geschäfts­führer der Beschwerdeführerin, Herrn R S, ausdrücklich mitge­teilt worden und seien diesem ausdrücklich sowohl der Bauplan als auch die Baubeschreibung zur Einsichtnahme vorgelegt worden. Der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin habe anstandslos in Kenntnis all dieser Umstände und unter vollständiger Kenntnis der baulichen Einreichunterlagen (wie im Übrigen auch alle anderen Nachbarn) den Einwen­dungsverzicht unterschrieben und abge­geben. Auch bereits aus dem eigentüm­lichen Charakter und der Optik des Bauvorhabens als ‚kanadisches Holz-Blockhaus‘ habe dem Geschäftsführer der Beschwerdeführerin hervorgehen müssen, dass dieses jedenfalls auch für Wohn­zwecke benützt werden würde. Die entgegenstehenden Ausführungen der Beschwerdeführerin würden somit ins Leere gehen. Die Beschwerdeführerin stelle offensichtlich lediglich auf das Deckblatt des Einreichplanes ab und verkenne jedoch, dass die Baubeschreibung hinsichtlich des zulässigen Verwendungs­zweckes maßgeblich sei. Somit verbleibe auch kein Raum, wie dies die Beschwerdeführerin behaupte, etwa auf die Bestimmung bezüglich Verwen­dungszweckänderungen im § 24 Abs. 1 Z 3 Oö. BauO Bedacht zu nehmen, da eben die dort normierte Verwendungszweck­änderung gar nicht als gegenständ­lich zu betrachten sei. Die Betriebsanlage der Beschwerdeführerin sei entspre­chend der eingeholten Amtssachverständigen­gutachten geeignet, die Gesundheit der mitbeteiligten Parteien als Nachbarn zu gefährden, weshalb die Erlassung des verfahrensgegenständlichen Bescheides durch die Bezirkshauptmannschaft Freistadt zu Recht erfolgt sei.

Zu den Betriebszeiten und Tankvorgängen des gegenständlichen Mineralöltank­lagers werde ausgeführt, dass nach den Wahrnehmungen der mitbeteiligten Parteien die Beschwerdeführerin lediglich über einen Tank-LKW samt Anhänger verfüge. Erst nachdem die Beschwerdeführerin von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt aufgefordert worden sei, ihren LKW vom Betriebsgelände infolge fehlen­der Abstellgenehmigung wegzustellen, hätten plötzlich die Tankvorgänge mit dem eigenen Tank-LKW in der Zeit von ca. 04:30 Uhr bis 06:00 Uhr in der Früh an­gefangen. Davor habe es nach den Wahrnehmungen der mitbeteiligten Parteien zu dieser Zeit in der Früh keinerlei Tankvorgänge, sondern lediglich am Tag ins­gesamt ca. jeweils drei ungefähr 20 bis 30 Minuten dauernde Tank­vorgänge, ge­geben. Die mitbeteiligten Parteien würden sich die plötzlich in der Früh durch­geführten Tankvorgänge nur als Art ‚Retourkutsche‘ für das behördlich ange­ordnete Wegstellen der LKW erklären; die mitbeteiligten Parteien hätten darauf­hin die Bezirkshauptmannschaft Freistadt ersucht, von Amtswegen einzu­schrei­ten, weil sie in der Nachtruhe gestört und damit in ihrer Gesundheit gefährdet gewesen seien, woraufhin die Bezirkshauptmannschaft Freistadt richtigerweise die Betriebszeiten außerhalb der Nachtzeiten mit Bescheid eingeschränkt habe. Die von der Beschwerdeführerin behaupteten Fremdlieferer würden die mitbetei­ligten Parteien noch nie, weder zur Tages- noch zur Nachtzeit, wahrgenommen haben. Dies decke sich mit Seite 2 des Genehmi­gungsbescheides der Bezirks­hauptmannschaft Freistadt vom 18. Jänner 1977, GZ: Ge-809-1976 (Verführung der Mineralöle nur mit eigenen Tankfahrzeugen) und im Übrigen mit der Stellung­nahme Seite 3 der Beschwerdeführerin selbst vom 4. November 2015 gegen­über der Bezirkshauptmannschaft Freistadt hinsichtlich Betriebsablauf, wonach es ‚in den Nachtstunden, also nach
22:00 Uhr, kaum zu Tankvorgängen kommt, das mag in äußerst seltenen Fällen vereinzelt der Fall gewesen sein. Zu Treib­stoffanlieferungen kommt es in den Nachtstunden äußerst selten‘. Dies stehe diametral im Widerspruch zu den späteren Ausführungen der Beschwerdeführerin in der Beschwerde sowie anlässlich der mündlichen Verhandlung, wonach Fremdlieferer laufend rund um die Uhr beliefern würden. Aus Sicht der mitbetei­ligten Parteien könne es sich dabei lediglich um Schutzbehauptungen handeln, die nicht der Realität entsprechen würden. Es würde durch den gegenständlichen Bescheid somit weder in das Wesen der Betriebsanlage eingegriffen, noch stelle dieser ein Berufsverbot dar. Die Beschwerdeführerin könne, wenn auch zeitlich einge­schränkt, das Tanklager entsprechend der Genehmigung betreiben. Nach Kenntnis der mitbeteiligten Parteien würden, dies unter dem Aspekt der Einheit der Betriebsanlage, auch die genehmigten Betriebszeiten der anderen Betriebs­anlagen der Beschwerdeführerin frühestens erst ab 06:00 Uhr, z.B. SB-Tankstelle im vorderen Bereich des Betriebsgeländes 06:00 Uhr bis 23:00 Uhr, Servicehalle 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr, Waschanlage 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr etc., beginnen.“

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Die A S GmbH betreibt im Standort x, x, Grundstück Nr. x, KG x, ein Tanklager für Mineralöl. Dieses Mineral­öltanklager wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 26. April 1977, GZ: Ge-806-1976, gewerbebehördlich genehmigt. Eine bestimmte Betriebszeit wurde im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid nicht festgelegt, weshalb der Betrieb des Tanklagers und die dazugehörigen Manipulationen von 00:00 Uhr bis 24:00 Uhr gewerbebehördlich genehmigt sind.

Das Nachbargrundstück mit der Grundstücksnummer x, KG x, steht (seit 2010) im Eigentum der Frau Dr. G P. Mit Ansuchen vom 19. Dezem­ber 2012 ersuchte Frau Dr. G P um „Bewilligung für den Neubau eines Bürogebäudes mit Einfriedung“ auf Grundstück Nr. x, KG x. Diesem Ansuchen wurde eine Baubeschreibung, worin das Bauvor­haben wiederum als „Neubau eines Bürogebäudes mit Einfriedung“ benannt ist, beigelegt; auf Seite 2 dieser Baubeschreibung ist unter 1. festgehalten:

„1. Bauvorhaben  

a)    Art des Bauvorhabens      Blockhaus

b)    ...

c)    Verwendungszweck         Bestehende Widmung“.

 

Weiters vorgelegt wurde ein Einreichplan vom 3. Dezember 2012; die am Deck­blatt des Planes aufscheinende Flächenbeschreibung lautet wie folgt:

„Wohnnutzfläche: ... m2

Bebaute Fläche: ... 80 m2

Umbaute Fläche: ... 420 m2

 

Im Plan ist das Erdgeschoss mit Büro (41,83 m2), Archiv/Aktenlager (12,04 m2), Lager (3,34 m2) und Dusche/WC (7 m2) sowie im Dachgeschoss ein Büro mit 30,64 m2 eingezeichnet; eine Wohnfläche ist nicht eingezeichnet und auch nicht in der Flächenbeschreibung aufgenommen.

Über dieses Ansuchen wurde ein vereinfachtes Verfahren gemäß § 32 Oö. BauO 1994 durchgeführt.

Vom Bausachverständigen wurde im Zuge des Verfahrens Befund und Gutachten abgegeben; im Befund wurde das Projekt wie folgt beschrieben:

„Das geplante Bürogebäude wird im Nordwesten des Grundstückes situiert und hält einen kürzesten Abstand von 4,50 m zur nördlichen und 5,20 m zur westlichen Nachbargrund­grenze ein.“

 

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde F vom 17. Jänner 2013,
GZ: Bau-153/9-73-2012HH, wurde Frau Dr. G P die Baubewilligung für die Errichtung eines Bürogebäudes auf Grundstück Nr. x, KG x, entsprechend dem gekennzeichneten Bauplan erteilt. Weiters wurden bestimmte Bedingungen und Auflagen für die Ausführung des Bauvorhabens und für die Erhaltung und Benützung dieses Baus vorgeschrieben.

 

Am 5. August 2014 wurde von Frau Dr. P die Baufertigstellung gemäß § 42
Oö. BauO 1994 angezeigt. In der Anzeige wurde unter der Rubrik „Beschreibung Bauvorhaben“ angeführt: „Neubau eines Bürogebäudes mit Einfriedung“.

 

Mit Eingabe vom 25. August 2014 wurde von Frau Dr. P eine teilweise Wohnnutzung des Gebäudes angezeigt. Konkret wurde in der Eingabe angeführt: „Ich beabsichtige nunmehr ab 01.09.2014 - vorübergehend bis auf weiteres - eine teil­weise Wohnnutzung dieses Gebäudes entsprechend der beiliegenden Skizzen [...] und möchte dies der Stadtgemeinde F als zuständiger Baubehörde hiermit bekannt geben“.

 

Im Zuge des Verfahrens wurde von der Stadtgemeinde F zur Frage der Rechtmäßigkeit der Wohnnutzung des Bürogebäudes auf Grundstück Nr. x, KG x, folgende Stellungnahme abgegeben:

„Mit Bescheid vom 17.01.2013 wurde ein Neubau eines Bürogebäudes im vereinfachten Verfahren (Einwendungsverzicht der Nachbarn am Bauplan) bewilligt.

Mit Eingabe vom 25.08.2014 wurde eine teilweise Wohnnutzung des Gebäudes ange­zeigt. Gemäß Oö Bauordnung 2013 idgF. § 24 Abs. 1 Zif.3 ist die Änderung des Verwen­dungszweckes von Gebäuden bewilligungspflichtig, wenn dadurch zusätzlich schädliche Umwelteinwirkungen zu erwarten sind. Solche zusätzlichen schädlichen Umwelteinwir­kungen durch die teilweise Wohnnutzung waren nicht zu erwarten und daher wurde gemäß § 25 (1) 2b Oö BauO 1994 die Änderung der Baubehörde angezeigt. Das Anzeige­verfahren nach § 25a Oö BauO 1994 sieht keine Parteistellung der Nachbarn vor. Es lag auch kein Grund gem. § 25a Oö BauO 1994 vor die angezeigte Änderung des Verwen­dungszweckes zu untersagen. Daraus ergibt sich, dass die Benützung des Gebäudes von Frau Dr. P für teilweise Wohnnutzung dem baurechtlichen Konsens entspricht.“

 

Seit Oktober 2015 wird von Familie P Beschwerde bei der Bezirkshaupt­mannschaft Freistadt über unzumutbare Lärmbelästigung durch Zu- und Ab­fahren von LKW (insbesondere Tanklaster), Tankvorgänge mit laufendem Motor und Ankoppeln von Tankanhängern in den Nachtstunden vorgebracht.

 

Weiters wurde von Familie P ein Antrag auf Vorschreibung nachträglicher Auflagen bei der Bezirkshauptmannschaft Freistadt eingebracht.

 

Auf Grund dieser Eingaben wurde von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt ein Verfahren nach § 79 GewO 1994 eingeleitet und im Zuge dessen ein lärmtech­nisches sowie ein medizinisches Gutachten betreffend Betriebszeit des Tank­lagers zur Nachtzeit und Auswirkungen auf die Nachbarn eingeholt. Auf Grund­lage dieser Gutachten erging von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt der nun­mehr angefochtene Bescheid.

 

5. Hierüber hat das LVwG erwogen:

 

5.1. Gemäß § 79 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach Genehmigung der Anlage ergibt, dass die gemäß § 74 Abs. 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissen­schaft zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs. 1) vorzuschreiben. ...

Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnis­mäßig sind, vor allem, wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Auf­wand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehen­den Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungs­dauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.

 

Nach § 79 Abs. 2 leg. cit. sind zu Gunsten von Personen, die erst nach Geneh­migung der Betriebsanlage Nachbarn im Sinne des § 75 Abs. 2 und 3 geworden sind, Auflagen im Sinne des Abs. 1 nur soweit vorzuschreiben, als diese zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens und der Gesundheit dieser Personen notwendig sind.

 

Gemäß § 75 Abs. 2 GewO 1994 sind Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige ding­liche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorigen Satzes dinglich berechtigt sind.

 

5.2. Die Bestimmung des § 79 GewO 1994 enthält nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die gesetzliche Ermächtigung der Behörde für den Fall, dass das Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage abgeschlossen ist, mit den in diesem Verfahren vorgeschriebenen Auflagen aber nicht das Auslangen gefunden werden kann, um die in § 74 umschriebenen Interessen hinreichend zu schützen, ungeachtet der Rechtskraft des Genehmigungsbescheides, andere oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben. Sie ermöglicht es der Behörde, in beste­hende Rechte einzugreifen, wobei es schon nach dem bloßen Wortlaut des § 79 GewO 1994 nicht darauf ankommt, worauf es zurückzuführen ist, dass nach der Genehmigung der Betriebsanlage die in Rede stehenden Interessen nicht hinrei­chend geschützt sind, welche Umstände also eine Situation eintreten ließen, die die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen nach Erteilung der Betriebs­anlagengenehmigung im Sinne dieser Gesetzesstelle erforderlich machen (vgl. VwGH 20.10.1999, Zl. 99/04/0016).

Im vorgenannten Erkenntnis spricht der Verwaltungsgerichtshof zudem aus, dass aus dem Wortlaut des § 75 Abs. 2 leg. cit. sich auch ergibt, dass als Nachbar
- nicht bloß vorübergehender Aufenthalt vorausgesetzt - jede Person anzusehen ist, die sich rechtmäßig in der Nähe der Betriebsanlage aufhält. Nachbarn sind sohin nur jene Personen, deren Aufenthalt durch die Rechtsordnung gedeckt ist.

Bei der Frage der Rechtmäßigkeit der Benützung einer Wohnung handelt es sich um eine rechtliche Vorfrage, die nicht mit dem Hinweis auf eine Rechtsansicht eines Behördenvertreters (hier gemeint auf Gemeindeebene) beantwortet werden kann, sondern vielmehr eigenständig anhand der jeweiligen Bauordnung im Rahmen des Verfahrens nach § 79 GewO 1994 zu prüfen ist.

 

Zu prüfen ist nun, ob sich Familie P rechtmäßig zu Wohnzwecken in der Nähe der Betriebsanlage aufhält, das heißt, ob für das gegenständliche Wohn­haus eine Baubewilligung vorliegt.

Für die Beantwortung dieser Frage ist vorweg auf das Baubewilligungsverfahren zu GZ: Bau-153/9-73-2012, betreffend das in Rede stehende Gebäude der Familie P einzugehen.

Familie P bringt in der Stellungnahme vom 25. Juli 2016 vor, es sei stets von vornherein die Errichtung eines sogenannten kanadischen Holzblockhauses und die gemischte Nutzung dieses Gebäudes, nämlich einerseits zur Wohnnut­zung und andererseits zur Büronutzung, geplant gewesen. Aus steuerlichen Gründen sei schließlich das Gebäude in der planlichen Darstellung als „Büro­gebäude“ bezeichnet worden. Um auch die jederzeitige Wohnnutzung des Gebäu­des zu gewährleisten, sei allerdings gleichzeitig der Verwendungszweck in der Baubeschreibung entsprechend weit gefasst (und eben nicht eingeschränkt auf ausschließlich „Büronutzung“) worden, damit unter Verweis auf die zugrunde­liegende Flächenwidmung sämtliche im Kerngebiet zur Verfügung stehenden Nutzungsarten, wie insbesondere auch die Wohnnutzung, vom Baukonsens um­fasst und genehmigt seien.

 

Dem ist entgegenzuhalten, dass es sich bei der Erteilung der Baubewilligung um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt. Das heißt, dass die Erteilung der Bewilligung nur auf Grund eines entsprechenden Antrages, dem die in § 28 Oö. BauO bezeichneten Unterlagen anzuschließen sind, erfolgen darf. Das Ansu­chen im Zusammenhang mit den Projektsunterlagen bestimmt auch den Umfang der Entscheidungsbefugnis. Umgekehrt wird damit auch der Bewilligungskonsens festgelegt und begrenzt.

Vorliegend wurde von Frau Dr. P im Ansuchen vom 19. Dezember 2012 eindeutig die Erteilung der Baubewilligung für den „Neubau eines Bürogebäudes“ beantragt, von einem Wohngebäude bzw. von einer Wohnnutzung ist im Ansu­chen nicht die Rede. Dementsprechend stellt auch der Einreichplan ausschließlich auf Bürogebäude ab (siehe unter 4.1.). Auch die Baubeschreibung enthält als Beschreibung des Bauvorhabens den „Neubau eines Bürogebäudes“.

Der Ansicht der Familie P, durch die Angabe des Verwendungszweckes mit „bestehende Widmung“ sei auch die Wohnnutzung vom Antragsumfang umfasst, kann nicht gefolgt werden. Diese Angabe enthält im Zusammenhang mit Ansu­chen, Plan und Betitelung des Bauvorhabens in der Baubeschreibung nur die Aussagekraft, dass die Errichtung des geplanten Bürogebäudes der vorliegenden Flächenwidmung entspricht. Sämtliche im Zuge der Antragstellung vorgelegten Unterlagen nehmen ausschließlich Bezug auf die Errichtung eines Bürogebäudes, insofern liegt auch kein Widerspruch zwischen Einreichplan und Baubeschreibung vor. Ausgehend vom Grundsatz des Projektsverfahrens ist es auch unwesentlich, welche Eindrücke der Betriebsanlageninhaber vom Bauvorhaben hätte haben können; abgesehen davon, lässt sich aus der Optik eines Bauvorhabens kein Ver­wendungszweck schließen.

Dementsprechend wurde von der Baubehörde die Baubewilligung ausdrücklich für ein Bürogebäude erteilt; der Bewilligungsbescheid erwähnt weder im Spruch, der normativen Charakter besitzt, noch in der Begründung in irgendeiner Form eine Wohnnutzung. Ebenso ist im Gutachten des Sachverständigen über das Bau­ansuchen, das dem Baubewilligungsbescheid zugrunde liegt, lediglich von einem Bürogebäude die Rede.

Frau Dr. P selbst ist offenbar davon ausgegangen, dass der mit der Bau­bewilligung erteilte Konsens ausschließlich ein Bürogebäude umfasst, ansonsten sie wohl die Anzeige vom 25. August 2014, mit der eine teilweise Wohnnutzung des Gebäudes angezeigt wurde, für nicht erforderlich erachtet hätte. Zudem wird in der Fertigstellungsanzeige ausdrücklich auf ein Bürogebäude verwiesen.

 

In Gesamtbetrachtung ist sohin davon auszugehen, dass eine Wohnnutzung nicht vom mit Baubewilligungsbescheid vom 17. Jänner 2013,
GZ: Bau-153/9-73-2012HH, erteilten Konsens umfasst ist.

 

Ebenso wenig kann aber von einer rechtmäßigen Wohnnutzung durch die Anzeige der Frau Dr. P vom 25. August 2014 betreffend Änderung des Verwen­dungszweckes auf Wohnnutzung ausgegangen werden.

Diesbezüglich ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 18. Sep­tember 2014, GZ: B917/2012, betreffend die hier relevante Bestimmung des § 24 Abs. 1 Z 3 Oö. BauO 1994 hinzuweisen.

In diesem Erkenntnis spricht der Verfassungsgerichtshof deutlich aus, dass § 24 Abs. 1 Z 3 Oö. BauO 1994 (auch in der Fassung LGBl. Nr. 34/2013) so auszu­legen ist, dass bei Änderung des Verwendungszweckes eines Bürogebäudes hin zu Wohnzwecken eine Baubewilligungspflicht jedenfalls auch dann entsteht, wenn von einer bestehenden benachbarten Betriebsanlage ausgehende Umwelt­einwir­kungen zu erwarten sind, die eine Verwendung als Wohngebäude beein­trächtigen könnten. § 24 Abs. 1 Z 3 Oö. BauO 1994 ist nämlich so zu verstehen, dass diese Bestimmung nicht ausschließlich die Emissionswirkungen des Gebäudes, sondern auch Immissionen auf das Gebäude zum Gegenstand hat, welche von einem in der Nachbarschaft bestehenden Betrieb ausgehen. Es würde nämlich dem Zweck dieser Bestimmung widersprechen, wenn die vom Gesetz verpönten, erwarteten schädlichen Umwelteinwirkungen nur dann eine Bewilli­gungspflicht auslösen, wenn die Quelle der Umwelteinwirkungen geschaffen wird, nicht jedoch in dem Fall, dass erst durch die Änderung des Verwendungszweckes die - bereits beste­henden - Umwelteinwirkungen ihre allfällige schädigende Wirkung entfalten kön­nen. Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass im baurechtlichen Bewil­ligungsverfahren es dem Eigentümer von Grundstücken mit bestehenden Betriebsanlagen, welcher auf Grund des gewerberechtlichen Immis­sionsschutzes im Falle heranrückender Wohnbebauung mit zusätzlichen Auflagen nach § 79 Abs. 2 GewO 1994 zu rechnen hätte, freisteht, Einwendungen gemäß § 31 Abs. 5 Oö. BauO 1994 zu erheben.

 

Gegenständlich steht fest, dass sich dem Grundstück P benachbart eine gewerbebehördlich genehmigte Betriebsanlage, nämlich das Mineralöltanklager der A S GmbH, befindet, von der für das Gebäude der Familie P beeinträchtigende Umwelteinwirkungen ausgehen können.

Im Lichte der vorgenannten Judikatur des Verfassungsgerichtshofes besteht demnach für die Änderung des Verwendungszweckes des Gebäudes der Frau Dr. P von einem Bürogebäude zu einem Wohngebäude eine Baubewil­ligungspflicht. Eine solche Baubewilligung liegt jedoch nicht vor, weshalb auch vor dem Hintergrund der Anzeige der Änderung des Verwendungszweckes nicht von einer rechtmäßigen Wohnnutzung des Gebäudes der Familie P auszu­gehen ist.

 

Daraus folgend ergibt sich, dass Familie P im Grunde des § 75 Abs. 2 eine Nachbarstellung, was die Benützbarkeit des Gebäudes als Wohnhaus betrifft, nicht besitzt.

 

Der angefochtene Bescheid stützt sich ausnahmslos auf Gefährdungen durch den Betrieb des Mineralöltanklagers, die bei einer Wohnnutzung der Familie P zur Nachtzeit zu erwarten sind, im Konkreten auf Gesundheitsgefährdungen durch zu erwartende Schlafstörungen, insbesondere unter Berücksichtigung des Ruhebedürfnisses eines Kleinkindes. Eine solche Wohnnutzung ist jedoch, wie oben ausgeführt, nicht rechtmäßig.

Eine rechtmäßige Nutzung ist zwar für das Gebäude als Büro zu sehen, allerdings dienen Büros als Arbeits- und nicht als Schlafräume. Sohin sind bei der Frage, ob durch den Betrieb des Mineralöltanklagers Personen, die das Gebäude als Büro nutzen, Gesundheitsgefährdungen zu erwarten haben, Schlafstörungen nicht relevant und war sohin der angefochtene Bescheid zu beheben.

 

 

II. Antrag der Familie P auf Zuerkennung der Parteistellung:

 

1. Gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1994 haben im Verfahren betreffend die Vorschrei­bung anderer oder zusätzlicher Auflagen (§ 79 Abs. 1), im Verfahren betreffend die Genehmigung der Sanierung (§ 79 Abs. 3), im Verfahren betreffend die Auf­hebung oder Abänderung von Auflagen (§ 79c Abs. 1), im Verfahren betreffend Abweichungen vom Genehmigungsbescheid einschließlich seiner Bestandteile (§ 79c Abs. 2), im Verfahren betreffend eine Betriebsübernahme (§ 79d), im Verfahren betreffend die Anpassung einer bereits genehmigten Betriebsanlage an eine Verordnung gemäß § 82 Abs. 1 (§ 82 Abs. 2), im Verfahren betreffend die Festlegung der von den Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 82 Abs. 1 ab­weichenden Maßnahmen (§ 82 Abs. 3) und im Verfahren betreffend die Vor­schreibung der über die Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 82 Abs. 1 hinausgehenden Auflagen (§ 82 Abs. 4) jene Nachbarn Parteistellung, deren Parteistellung im Verfahren gemäß Abs. 1 aufrecht geblieben ist.

 

2. Was die von Familie P beantragte Zuerkennung der Parteistellung betrifft, ist auszuführen, dass der angefochtene Bescheid auf der Rechtsgrund­lage des § 79 GewO 1994 beruht.

In einem Verfahren nach § 79 leg. cit. haben gemäß § 356 Abs. 3 nur jene Nach­barn Parteistellung, deren Parteistellung im ursprünglichen Genehmigungs­ver­fahren (gegenständlich betreffend das Mineralöltanklager) aufrecht geblieben ist. Vorliegend ist unbestritten, dass Familie P zum Zeitpunkt der Genehmigung noch nicht Nachbar war und demgemäß auch keine Parteistellung ge­geben war. Hingewiesen wird auch darauf, dass nach der Aktenlage die Vor­eigentümer keine Einwendungen im Genehmigungsverfahren „Mineralöltank­lager“ erhoben haben.

Eine Parteistellung der Familie P im gegenständlichen Verfahren nach § 79 GewO 1994 ist somit nicht gegeben.

Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass bei einem Antrag eines Nachbarn nach § 79a GewO 1994 der Nachbar nachweisen muss, dass er bereits im Zeitpunkt der Genehmigung der Betriebsanlage Nachbar im Sinne des § 75 Abs. 2 leg. cit. war.

 

 

III. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtspre­chung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungs­gerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichts­hof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwal­tungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwer­de bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240,- Euro zu entrichten.

 

H i n w e i s

Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzu­bringen.

 

 

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag.a Michaela Bismaier

 

Beachte:

Die Behandlung der Beschwerde wurde abgelehnt.

VfGH vom 24. November 2016, Zl.: E 2397/2016-5

 

Beachte:

Die Revision wurde zurückgewiesen.

VwGH vom 21. November 2018, Zln.: Ra 2017/04/0033, Ra 2017/04/0042 bis 0043-3