LVwG-100045/4/MK/SST

Linz, 16.08.2016

I M   N A M E N   D E R   R E P U B L I K

 

 

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat durch seinen Richter Mag. Markus Kitzberger über die Beschwerde des Herrn D R, x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 11.09.2015, GZ. BauR96-41-2015,

 

zu Recht   e r k a n n t :

 

I.         Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf € 900 und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 8 Stunden herabgesetzt werden.

 

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

II.      Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Bf für das Beschwerdeverfahren keinen Kostenbeitrag zu leisten. Die Kosten des behördlichen Verfahrens betragen 90 Euro (10% der nunmehr festgesetzten Geldstrafe, § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG).

 

III.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a VwGG eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

 


 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.             Verfahrensgang:

 

I.1. Den Ursprung in der gegenständlichen Beschwerdesache bildet der bereits rechtskräftige Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012, Zl. 131/9-Akt, betreffend die Beseitigung der baulichen Anlage „Baumhaus“ auf dem Grundstück Nr. x, EZ x, KG x.

 

Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn (in der Folge: belangte Behörde) vom 11.09.2015, GZ. BauR96-41-2015, wurde über D R (in der Folge: Bf), wegen einer Übertretung des § 57 Abs. 1 Z 11 iVm Abs. 2 Oö. BauO 1994, unter Zugrundelegung des obzitierten Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund zum bereits wiederholten Mal eine Geldstrafe, diesmal in der Höhe von € 1.200, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Stunden, verhängt.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

„Mit dem seit 14.02.2013 rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012, AZ: 131/9-Akt, wurde Ihnen gemäß
§ 49 Abs. 1 Oö. Bauordnung 1994, LGBL. Nr. 66/1994 idgF vorgeschrieben die bauliche Anlage ‚Baumhaus‘ auf dem Grundstück Nr. x, EZ x,
KG x, als Eigentümer der baulichen Anlage binnen einer Frist von sechs Monaten zu beseitigen.

 

Nunmehr konnte von der Gemeinde St. Radegund bei einer am 18.08.2015 durchgeführten Überprüfung festgestellt werden, dass das konsenslos errichtete Baumhaus auf Grst. Nr. x, EZ x, KG x, Gemeinde x, nach wie vor besteht und dem baubehördlichen Auftrag zur Beseitigung des Baumhauses nicht nachgekommen worden ist.

 

Sie haben somit zumindest vom 24.06.2015 bis zumindest 18.08.2015 eine baubehördliche Anordnung und zwar den seit 14.02.2013 rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012,
AZ: 131/9-Akt, nicht bescheidgemäß erfüllt, zumal Sie die bauliche Anlage ‚Baumhaus‘ als Eigentümer der baulichen Anlage nicht binnen einer Frist von sechs Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides entfernt haben.“

 

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei aufgrund der Aktenlage in objektiver Hinsicht erwiesen, dass der nunmehrige Bf die ihm angelastete Verwaltungsübertretung begangen habe. Aufgrund der Tatsache, dass der Bf zum Tatvorwurf keine Rechtfertigung abgegeben habe, sei anzunehmen, dass er dem Tatvorwurf nichts entgegenzusetzen habe.

 

Zum Verschulden werde ausgeführt, dass gemäß § 5 Abs. 1 VStG, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge. Fahrlässigkeit sei bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung des Gebotes ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehöre und der Täter nicht glaubhaft mache, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Eine solche Glaubhaftmachung sei dem Bf nicht gelungen. Im gegenständlichen Fall werde dem Bf jedoch Vorsatz zur Last gelegt, zumal er in einem bereits durchgeführten Vollstreckungsverfahren mehrere Male aufgefordert worden sei seiner Verpflichtung nachzukommen.

 

Bei der Strafbemessung seien die geschätzten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse berücksichtigt worden. Strafmildernde Umstände würden nicht vorliegen. Als straferschwerend sei zu werten, dass der Bf dem rechtskräftigen Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund vom 04.12.2012, GZ. 131/9-Akt, seit nunmehr eineinhalb Jahren nicht nachgekommen sei und sich beharrlich weigere, das Baumhaus zu entfernen. Zur Strafhöhe sei anzumerken, dass sich diese im untersten Bereich des Strafrahmens bewege und keinesfalls als überhöht angesehen werden könne, wenn man die lange Zeitdauer bedenke, in der der Bf untätig geblieben sei. Weiters lägen auch bereits rechtskräftige Vorstrafen vor.

 

Von der Bestimmung des § 20 VStG bzw. des § 45 Abs. 1 Ziffer 4 VStG könne nicht Gebrauch gemacht werden, zumal einerseits keine Milderungsgründe vorhanden gewesen seien und andererseits auch das Verschulden des Bf, die Bedeutung des geschützten Rechtsgutes und die Intensität dessen Beeinträchtigung keinesfalls als geringfügig anzusehen sei.

 

I.2. Dagegen erhob der Bf rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Begründend wurde – soweit wesentlich – ausgeführt, der Bf werde das Baumhaus nach der Aufhebung der Strafen entfernen, da es ihm zuvor nicht möglich gewesen sei, weil ihm der Naturschutz in diesem Zeitraum davon abgeraten habe und die Gemeinde die Schilder noch nicht entfernt habe. [Zur Erläuterung: In einer zum gleichen Sachverhalt in einem anderen Tatzeitraum bereits rechtskräftig erledigten Beschwerde behauptete der Bf mit Letzterem, dass ihn die von der belangten Behörde angebrachten Schilder mit der Aufschrift „Betreten verboten“ daran hindern würden, das Baumhaus auftragsgemäß zu beseitigen.]

 

Der Bf begehrte, die Geldstrafen mögen aufgehoben werden. Danach fange er mit dem Abbauen des Baumhauses an.

 

I.3. Mit Vorlageschreiben vom 06.10.2015 eingelangt am 09.10.2015, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zur Entscheidung vor.

 

I.4. Dem Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wurde durch Medienberichte, ua. der OÖN vom 29.03.2015, bekannt, dass der Bf – nach eigenen Angaben – das Baumhaus Ende 2015 entfernt habe. Auf Anfrage bei der belangten Behörde teilte diese unter Vorlage von Lichtbildern mit, dass das Baumhaus im Dezember 2015 entfernt wurde, wobei die letzten Abrissarbeiten am 31.12.2015 stattfanden. 

 

 

II.            Beweiswürdigung

 

II.1. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt der Behörde (einschließlich der Schriftsätze des Bf), der seit Beschwerdeerhebung ergänzenden Aktenbestandteile, insbesondere den Lichtbildnachweis über die Beseitigung des Baumhauses zum 31.12.2015 sowie der bereits rechtskräftig vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erledigten Verwaltungsstrafakte über den gleichen Verstoß in anderen Tatzeiträumen (GZ LVwG-100039-2015, LVwG-100042-2015, LVwG-100043-2015). Daraus ließ sich bereits der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären. Es waren ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen. Somit konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 44 VwGVG abgesehen werden.

 

II.2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich geht von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Mit Bescheid vom 04.12.2012, AZ. 131/9-Akt, erteilte der Bürgermeister der Gemeinde St. Radegund dem Bf gemäß § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 den baupolizeilichen Auftrag, das auf dem Grundstück Nr. x, EZ x, KG x, errichtete Baumhaus binnen einer Frist von sechs Monaten zu beseitigen. Dieser Bescheid ist seit 14.02.2013 rechtskräftig. Der Bf ist diesem rechtskräftigen Bescheid bis zumindest 18.08.2015 nicht nachgekommen. Es wurden mehrere Strafverfahren für unterschiedliche Tatzeiträume durchgeführt und der Bf mehrfach rechtskräftig bestraft. Zuletzt wurde über den Bf mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 19.06.2015 zu GZ BauR96-25-2015 für den Tatzeitraum vom 17.04.2015 bis zumindest 26.05.2015 eine Verwaltungsstrafe von € 800 verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde vom Landesverwaltungsgericht Oberösterreich am 22.07.2015 zu GZ. LVwG-100042-2015 bestätigt. Am 31.12.2015 kam der Bf dem Beseitigungsauftrag letztlich nach. Der Bf bezieht ein monatliches Nettoeinkommen von € 1.000, hat sonst kein Vermögen und keine Sorgepflichten.

 

 

III.           Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich hat erwogen:

 

III.1. Der Bf bringt vor, dass er das Baumhaus nach Aufhebung der Strafen entfernen werde. Zuvor wäre ihm eine Entfernung nicht möglich, weil ihm der Naturschutz in diesem Zeitraum davon abgeraten habe und die Gemeinde die Schilder (gemeint: die von der Gemeinde St. Radegund angebrachten „Betreten verboten“-Schilder) noch nicht entfernt habe.

 

Mit dem Verständnis des Bf, der Abbau des Baumhauses sei Voraussetzung für die Aufhebung der Verwaltungsstrafen und er habe Naturschutzerwägungen berücksichtigen müssen, die dem Abriss entgegengestanden seien, verkennt er, dass im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren die Rechtmäßigkeit des rechtskräftigen baupolizeilichen Auftrages nicht mehr zu überprüfen ist. Vielmehr ist – ausschließlich – relevant, ob der Bf dem Beseitigungsauftrag nachgekommen ist. Die Annahme der belangten Behörde, dass der rechtskräftige Beseitigungsauftrag zumindest bis 18.08.2015 nicht fristgerecht erfüllt worden sei, stellt der Bf, wie bereits im Vorverfahren, nicht in Abrede.

 

Nach § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 hat die Baubehörde – wenn sie feststellt, dass eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne Baubewilligung ausgeführt wurde, dem Eigentümer der baulichen Anlage mit Bescheid aufzutragen, die bauliche Anlage innerhalb einer festzusetzenden angemessenen Frist – wenn die Möglichkeit der nachträglichen Bewilligung aufgrund der Rechtslage nicht gegeben ist – zu beseitigen und gegebenenfalls den vorherigen Zustand wieder herzustellen.

 

Gemäß § 57 Abs. 1 Z 11 Oö. BauO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, wer baupolizeiliche Anordnungen nicht bescheidmäßig erfüllt. Eine solche Verwaltungsübertretung ist nach § 57 Abs. 2 Oö. BauO 1994 mit Geldstrafe bis zu € 36.000 zu bestrafen.

 

Das objektive Tatbild der genannten Verwaltungsübertretung begeht daher, wer einer behördlichen Anordnung, worunter der hier relevante rechtskräftige baupolizeiliche Beseitigungsauftrag zweifellos fällt, nicht innerhalb der festgesetzten Erfüllungsfrist nachkommt.

 

Der dem Bf gemäß § 49 Abs. 1 Oö. BauO 1994 erteilte Beseitigungsauftrag ist seit 14.02.2013 rechtskräftig. Der Bf ist dieser behördlichen Anordnung, wie auch aus den eigenen Angaben des Bf hervorgeht, zumindest bis 18.08.2015 und damit jedenfalls nicht binnen der vorgeschriebenen Erfüllungsfrist von sechs Monaten (arg: „... das Baumhaus nach der Aufhebung der Strafen entferne [...]“) nachgekommen.

 

Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist daher zweifelsfrei davon auszugehen, dass der Bf den objektiven Tatbestand verwirklicht.

 

III.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der dem Bf angelasteten Übertretung der Nichtbefolgung eines baupolizeilichen Auftrages für einen bestimmten Zeitraum (hier: 24.06.2015 bis zumindest 18.08.2015) um ein Dauerdelikt, bei welchem das Unrecht der Tat mit der Vornahme der Handlung beginnt und erst mit deren Aufhören – konkret der Beseitigung der Konsenswidrigkeit – endet (vgl. VwGH 31.01.2012, 2009/05/0123). Daher steht der Bestrafung für einen anderen („neuen“) Zeitraum nicht entgegen, dass der Beschuldigte bereits für einen anderen Zeitraum, in dem der gesetzwidrige Zustand aufrecht erhalten wurde, bestraft worden war (vgl. VwGH 26.06.2009, 2008/02/0001).

 

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat der Bf initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die „Glaubhaftmachung“ nicht.

 

Ein solcher Entlastungsbeweis wurde vom Bf nicht geführt. Wenn der Bf vorbringt, der „Naturschutz“ habe ihm von der Beseitigung abgeraten, verkennt er – wie oben bereits ausgeführt – die Rechtskraft des Beseitigungsauftrages. Zur Behauptung, der Entfernung stehen die Schilder der Gemeinde (gemeint: „Betreten verboten“-Beschilderung) entgegen, verkennt der Bf abermals, dass diese Hinweistafeln offenkundig die Abwendung von Gefahren für andere Menschen bezwecken. Selbst wenn durch das Baumhaus niemand gefährdet wird, vermag dies nichts daran zu ändern, dass dem Beseitigungsauftrag nicht nachgekommen wurde (vgl. VwGH 05.07.2007, 2006/06/0159). Eine konkrete Gefährdung durch die unterbliebene Beseitigung wäre allenfalls bei der Strafbemessung im Sinne eines Erschwerungsgrundes zu berücksichtigen, einen solchen hat die belangte Behörde aber ohnedies nicht angenommen.

 

Der Bf hat daher die ihm vorgeworfene Tat auch subjektiv zu verantworten.

 

III.3. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Nach Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Geht es um die Bestrafung (und nicht um die Vollstreckung) eines Beseitigungsauftrages, kann der Milderungsgrund des Wohlverhaltens seit der Begehung der Tat von Bedeutung sein (vgl. VwGH 28.02.2006, 2005/06/0061).

 

Gemäß § 34 Abs. 1 Z 18 StGB ist es insbesondere ein Milderungsgrund, wenn der Täter die Tat schon vor längerer Zeit begangen und sich seither wohlverhalten hat. Liegt die Tat zum Urteilszeitpunkt schon längere Zeit zurück und hat sich der Täter seither wohlverhalten, kommt ihm dieser Umstand nach
§ 34 Abs. 1 Z 18 StGB mildernd zugute. Als „längere Zeit“ ist eine Zeitspanne zu verstehen, die sich an der fünfjährigen Rückfallsverjährungszeit des § 39 Abs. 2 StGB orientiert. Die Beurteilung des geforderten Wohlverhaltens ist nach denselben Kriterien vorzunehmen wie sie für die Annahme eines ordentlichen Lebenswandels (§ 34 Abs. 1 Z 2) maßgebend sind (vgl. Ebner in Höpfel/Ratz, WK2 StGB § 34 Rz 39 mVa § 32 Rz 46).

 

Die verfahrensgegenständliche Tat liegt erst 12 Monate zurück. Darüber hinaus beseitigte der Bf das Baumhaus erst am 31.12.2015, sohin knapp fünf Monate nach dem verfahrensgegenständlichen Tatzeitraum (hier: nach dem 18.08.2015). Er verhielt sich daher nicht von Anbeginn an (arg: „seither“) wohl. Darüber hinaus ging der Beseitigung eine mehrjährige beharrliche Verweigerung voraus, weil er den Auftrag erst rund drei Jahre (!) nach Rechtskraft des Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde St. Radegund erfüllte. Ob daher überhaupt ein Wohlverhalten des Bf angenommen werden darf ist diskussionswürdig, kann aber dahingestellt bleiben. Der einstweilen vorgenommene Abbau des Baumhauses stellt daher weder den Milderungsgrund des Wohlverhaltens noch einen anderen Milderungsgrund iSd § 19 VStG iVm § 34 StGB dar und führt nicht zu einer Strafmilderung durch das Landesverwaltungsgericht.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist (vgl. ua. VwGH 28.11.1966, 1846/65). In Verwaltungsstrafsachen normiert Art 130 Abs. 3 B-VG eine umfassende Ermessenskontrolle. Demnach kann das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis innerhalb des Ermessensspielraums zu einem anderen Ergebnis kommen und dieses an die Stelle des verwaltungsbehördlichen setzen.

 

Über den Bf verhängte die belangte Behörde für unterschiedliche Tatzeiträume bereits mehrere Verwaltungsstrafen, zuletzt mit Straferkenntnis vom 19.06.2015 zu GZ. BauR96-25-2015, bestätigt durch das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich zu GZ LVwG-100042-2015, eine Geldstrafe in Höhe von € 800 wegen der Nichtbeseitigung des Baumhauses im Zeitraum vom 17.04.2015 bis zumindest 26.05.2015. Im gegenständlichen Verfahren verhängte die belangte Behörde eine Strafe in Höhe von € 1.200. Angesichts des ähnlich langen Tatzeitraumes von rund eineinhalb Monaten bei gleichbleibender Vermögenslage (der Bf bringt unverändert ein monatliches Nettoeinkommen von € 1.000 ins Verdienen) und unverändertem Tatbestand, ist die von der belangten Behörde vorgenommene Straferhöhung um 50% insbesondere vor dem Hintergrund des Strafrahmens  (bis € 36.000) und der damit drohenden „Progressionseskalation“ tendenziell überzogen. Dass die verhängten Beträge generell im unteren Bereich des Strafrahmens angesiedelt sind, ist im gegenständlichen Fall den Einkommens- und Vermögensverhältnissen geschuldet, weshalb auch ein allfälliger Verweis auf die objektiv-abstrakte Bewertung der Strafsumme nicht greifen kann. Aus general- und spezialpräventiven Erwägungen ist freilich eine höhere Geldstrafe geboten. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich befindet jedoch eine Straferhöhung um € 100, sohin eine Geldstrafe von € 900 als tat- und schuldangemessen.

 

Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die zur Last gelegte Tat sowohl objektiv als auch subjektiv als erwiesen anzusehen ist. Das Strafmaß ist nach den Umständen des Einzelfalles, auch in Berücksichtigung der durch die faktische Entfernung des Bauwerks letztlich nun doch geänderten Sachlage, auf € 900 herabzusetzen.

 

Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind die Kosten des Beschwerdeverfahrens dem Bf nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist.

 

Aufgrund der Reduktion der Strafe hat der Bf keine Kosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren zu bezahlen. Der von ihm zu leistende Kostenbeitrag zum behördlichen Verfahren beträgt gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG € 90 (= 10 % der neu bemessenen Geldstrafe, mindestens jedoch
€ 10).

 

 

IV.          Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

 

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

 

 

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen dieses Erkenntnis besteht innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist unmittelbar bei diesem einzubringen, eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich. Die Abfassung und die Einbringung einer Beschwerde bzw. einer Revision müssen durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin erfolgen. Für die Beschwerde bzw. Revision ist eine Eingabegebühr von je 240.- Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

H i n w e i se

1.           Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer außerordentlichen Revision sind unmittelbar beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen.

2.           Bitte erachten Sie den von der belangten Behörde mit der angefochtenen Entscheidung übermittelten Zahlschein als hinfällig. Sie erhalten von der genannten Behörde einen aktualisierten Zahlschein zugesandt.

Landesverwaltungsgericht Oberösterreich

Mag. Markus Kitzberger